Eine 90-jährige Patientin stellte sich in unserer Ambulanz mit einer seit 6 Monaten bestehenden progredienten Sehverschlechterung mit einem bestkorrigierten Fernvisus von 0,04 am rechten und 0,4 am linken Auge vor. In der Spaltlampenuntersuchung zeigte sich beidseits eine kortikal betonte Linsentrübung sowie eine Christbaumschmuckkatarakt am linken Auge (Abb. 1a). Die Namensgebung stammt von den diffraktiven und somit polychrom glänzenden nadelförmigen Kristallen, welche sich ungeordnet bevorzugt im Linsenkortex befinden. Es wird angenommen, dass diese Kristalle Abfallprodukte der Linsenfaserzellmembranen sind und somit aus Cholesterin bestehen [1]. Obwohl die Kristalle meistens keine Beschwerden hervorrufen und unabhängig von anderen Linsentrübungen auftreten, sind sie häufig bei Patienten zu finden, die unter einer myotonen Dystrophie Typ 1 leiden, wo die präsenile Katarakt ein häufiges Erstsymptom der Erkrankung darstellt [2,3,4]. Bei dieser Patientin ist allerdings keine myotone Dystrophie bekannt. Im horizontalen Schnitt der hochauflösenden optischen Kohärenztomographie (AS-OCT) sind die Kristalle als zahlreiche kleine hyperreflektive Areale v. a. im nasalen Bereich des Linsenkerns sichtbar (Abb. 1b ➝). Die distale Signalauslöschung zeigt, dass die Kristalle eine hohe Dichte besitzen, wodurch die Linse nicht weiter beurteilbar ist. Des Weiteren sind auch kleine Vakuolen (Abb. 1b ►) im anterioren Kortex zu sehen sowie lokale Areale mit einer erhöhten Dichte (Abb. 1b ►) im kortikonuklearen Übergang, welche am ehesten den speichenförmigen Trübungen in der unteren Linsenhälfte entsprechen.

Abb. 1
figure 1

Spaltlampenaufnahme (a) einer Katarakt mit Christbaumschmuck, der an den bunt glitzernden Kristallen zu erkennen ist. In der optischen Kohärenztomographie des vorderen Augenabschnitts (b) stellen sich die Kristalle als hyperreflektive Areale (➝) mit distaler Signalauslöschung dar. Zudem sind Vakuolen im Kortex sichtbar (►)