Falldarstellung

Anamnese

Ein seit vielen Jahren in der Universitäts-Augenklinik Bonn bekannter 75-jähriger Patient stellte sich im November 2021 zu einer Verlaufskontrolle eines Aderhautnävus am rechten Auge vor. Er berichtete, keinerlei Veränderungen des Sehvermögens wahrgenommen zu haben.

Der Aderhautnävus am rechten Auge war 1990 erstmalig diagnostiziert worden. Damals hatte sich bei einer Routineuntersuchung beim niedergelassenen Augenarzt fundoskopisch eine hyperpigmentierte Läsion gezeigt, sodass der Patient zur Mitbeurteilung an die Augenklinik überwiesen wurde. Im Mai 1990 wurde in der Universitäts-Augenklinik ein Aderhauttumor unterhalb des inferioren Gefäßbogens am hinteren Pol festgestellt, der eine Größe von etwa 1 Papillendurchmesser hatte und eine Prominenz von 0,9 mm aufwies. „Orange Pigment“ war nicht vorhanden, sodass in der Gesamtschau der klinischen Befunde die Diagnose eines Aderhautnävus gestellt wurde. Der Patient war daher zunächst zu einer erneuten Kontrolluntersuchung 3 Monate später einbestellt worden. Bei weiterhin fehlenden Malignitätskriterien und einem unveränderten Befund war die nächste Kontrolle nach 1 Jahr geplant worden. Die Kontrollen erfolgten ab 1992 im Jahresintervall und wurden bei einem stabilen Befund durch den niedergelassenen Kollegen durchgeführt. Einer letztmaligen Kontrolluntersuchung in der Augenklinik im Jahr 2014 folgte im Mai 2021 die nächste Vorstellung bei uns. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich am rechten Auge die bekannte hyperpigmentierte chorioidale Läsion mit Drusen, die an den unteren Gefäßbogen angrenzte (Abb. 1a). Sonographisch zeigte sich eine Prominenz von 1,45 mm bei einer Ausdehnung von transversal (T) 5,97 mm und longitudinal (L) 6,13 mm (Abb. 2a). In der optischen Kohärenztomographie (OCT) zeigte sich kein Vorliegen von intra- oder subretinaler Flüssigkeit (Abb. 3a). Es zeigte sich auch weiterhin kein „Orange Pigment“. Aufgrund des klinischen und sonographischen Befunds werteten wir die Läsion weiterhin als Aderhautnävus. Wir bestellten den Patienten zur Kontrolluntersuchung für November 2021 wieder ein.

Abb. 1
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a Fundusfotografie im Mai 2021: Es zeigte sich ein hyperpigmentierter chorioidaler Prozess, der an den unteren Gefäßbogen grenzt, und als Aderhautnävus gewertet wurde. „Orange Pigment“ war zu diesem Zeitpunkt klinisch nicht sichtbar. b Fundusfotografie im März 2022: Der hyperpigmentierte chorioidale Prozess hat deutlich an Größe zugenommen und imponiert klinisch wie ein Aderhautmelanom mit „Orange Pigment“

Abb. 2
figure 2

Sonographische Befunde mit einer Prominenz von 1,45 mm im Mai 2021 (a), 1,9 mm im November 2021 (b), 2,1 mm im März 2022 (c). Die Binnenreflektivität ist in allen Aufnahmen als eher niedrig zu bewerten

Abb. 3
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Im Mai 2021 zeigte sich in der OCT-Aufnahme keine sub- oder intraretinale Flüssigkeit (a). Im November 2021 sowie im März 2022 ließ sich subretinale Flüssigkeit über der chorioidalen Läsion in der OCT nachweisen. Außerdem zeigte sich eine Größenzunahme der Prominenz (bc)

Befund

Im November 2021 lag beidseits ein Visus von 0,8 vor. Fundoskopisch zeigte sich am rechten Auge am hinteren Pol angrenzend an den unteren Gefäßbogen weiterhin die bereits bekannte hyperpigmentierte chorioidale Läsion, die jedoch an Prominenz und Größe zugenommen hatte. In der OCT zeigte sich zudem auch subretinale Flüssigkeit (Abb. 3b). In der Fundusautofluoreszenzuntersuchung zeigten sich im superioren Bereich der Läsion hyper- und hypoautofluoreszente Areale (Abb. 4a). In der Sonographie zeigte sich eine Zunahme der Prominenz auf 1,9 mm bei einer Basis von T 7,1 mm und L 6,9 mm (Abb. 2b). In Zusammenschau der Befunde stuften wir die hyperpigmentierte Läsion, die über mehr als 30 Jahre bekannt war und bisher einen stabilen Verlauf gezeigt hatte, nun als hochgradig verdächtig bezüglich einer malignen Transformation in ein Aderhautmelanom ein. Zur Sicherung der Diagnose ohne Durchführung einer Biopsie entschieden wir uns zu einer kurzfristigen Wiedervorstellung.

Abb. 4
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FAF-Aufnahmen: Vorliegen von hyper- und hypoautofluoreszenten Arealen im superioren Bereich der Läsion im November 2021 (a); Vorliegen von hyper- und hypoautofluoreszenten Arealen im Bereich der gesamten Läsion im März 2022, die ein typisches Muster bei „Orange Pigment“ zeigten (b)

Verlauf

Bei der kurzfristigen Verlaufskontrolle im März 2022 lag beidseits weiterhin eine Sehschärfe von 0,8 vor. Der Patient berichtete, keine Beschwerden hinsichtlich des Sehvermögens zu haben und unter keinerlei Allgemeinsymptomen zu leiden. Fundoskopisch zeigte sich die hyperpigmentierte chorioidale Läsion nun mit einer weiteren Größenzunahme mit Überschreiten des unteren Gefäßbogens in Richtung Fovea (Abb. 1b). Außerdem zeigte sich klinisch nun auch „Orange Pigment“ im gesamten Bereich der Läsion, das sich in der FAF mit einem dazu passenden Muster präsentierte (Abb. 4b). In der OCT zeigte sich im Bereich der Läsion weiterhin subretinale Flüssigkeit (Abb. 3c). In der sonographischen Untersuchung lag die Prominenz nun bei 2,1 mm, bei einer Basis von T 8,11 mm und L 8,52 mm (Abb. 2c).

Diagnose

In der Zusammenschau der Befunde werteten wir den Aderhautprozess als Transformation eines Aderhautnävus in ein Aderhautmelanom. Der Aderhautnävus bestand dabei über mehr als 30 Jahre und hatte bisher stets einen stabilen Verlauf gezeigt. Es wurde außerdem eine Dünnschichtmagnetresonanztomographie (cMRT) mit Kontrastmittel der Orbitae durchgeführt. Es zeigte sich eine T1-hyper- und T2-hypointense Läsion mit Kontrastmittelaufnahme im Bereich der Läsion an der Bulbusrückwand des rechten Auges. Es zeigte sich kein Nachweis eines organüberschreitenden Wachstums oder eine Infiltration umliegender Strukturen.

Zum Ausschluss von Filiae erfolgte eine Blutabnahme mit Kontrolle der Leberenzyme, insbesondere der Laktatdehydrogenase (LDH), der alkalischen Phosphatase (AP), der Aspartat-Aminotransferase (ASAT), der Alanin-Aminotransferase (ALAT) sowie der γ‑Glutamyl-Transferase (γ-GT). Alle Laborwerte zeigten sich im Normbereich. In der Computertomographie des Thorax und des Abdomens zeigte sich ebenfalls kein Anhalt für eine hepatische oder pulmonale Metastasierung.

Therapie

Aufgrund der vorliegenden Diagnose eines Aderhautmelanoms, besprachen wir mit dem Patienten die therapeutischen Optionen. Gemeinsam entschieden wir uns aufgrund der posterioren Lage in unmittelbarer Nähe zur Fovea für eine Protonentherapie, für welche wir den Patienten an die Augenklinik der Charité in Berlin überwiesen. Hier erfolgte zunächst die Aufbringung von Tantalum-Clips auf die Sklera zur Positionskontrolle während der Bestrahlung. Die Gesamtdosis von 60 Cobalt-Gray-Äquivalent wurde fraktioniert auf 4 Sitzungen mit einer Einzeldosis von 15 Cobalt-Gray-Äquivalent.

Diskussion

Aderhautnävi sind benigne melanozytäre Tumore, die häufig bei einer Routineuntersuchung beim Augenarzt auffallen. Sie treten häufiger bei Kaukasiern auf, und die Prävalenz nimmt mit dem Alter zu. In den USA wird die Prävalenz für eine kaukasische Bevölkerung mit schätzungsweise 4–8 % angegeben [1]. Bei Hispanoamerikanern wird eine Prävalenz von ca. 3 % und bei Afroamerikanern von etwa 1 % beschrieben [2, 3]. Aderhautnävi sind zumeist asymptomatisch und haben bei extrafovealer Lage meist keinen Einfluss auf die Sehfunktion. Eine Sehverschlechterung kann jedoch durch die Ausbildung einer Pigmentepithelabhebung oder aufgrund subretinaler Flüssigkeit, die durch eine Exsudation bedingt ist, auftreten [4]. Aderhautnävi sind zumeist scharf begrenzt und hyperpigmentiert. Sie treten häufig mit darüber liegenden Drusen auf, die als Benignitätszeichen zu werten sind [5]. Obwohl Aderhautnävi gutartig sind, können auch sie im Verlauf ein geringes Wachstum zeigen. Mashayekhi et al. zeigten, dass in einem Zeitraum von 15 Jahren 31 % der Aderhautnävi in ihrer Studie ein Wachstum aufwiesen, wobei keiner dieser Patienten zusätzliche Risikofaktoren für die Ausbildung eines Aderhautmelanoms entwickelte. Dabei trat ein Wachstum häufiger bei jüngeren Patienten auf; 54 % der betroffenen Patienten waren unter 40 Jahre alt, während 19 % der Patienten über 60 Jahre alt waren [6]. Im Falle unseres Patienten wurde der Aderhautnävus in einem Alter von 43 Jahren diagnostiziert und zeigte über Jahre einen stabilen Verlauf. Untypisch ist das lange Intervall zwischen Erstdiagnose und Feststellung einer Progression von nahezu 30 Jahren sowie das Alter zum Zeitpunkt der Transformation von etwa 74 Jahren.

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die deutliche Mehrzahl der Aderhautmelanome sporadisch entsteht. Ein geringerer Teil kann sich jedoch auch aus einem Aderhautnävus entwickeln. Das allgemeine Risiko dieser Transformation wird insgesamt als gering angesehen. In der Literatur werden Raten von 0–15 % beschrieben [7]. Eine große Studie von Shields et al. untersuchte 3806 Aderhautnävi und gab eine Transformationsrate von 5,8 % nach 5 Jahren und 13,9 % nach 10 Jahren an. Daten für eine Transformationsrate nach 30 Jahren, wie im Falle unseres Patienten, sind uns nicht bekannt. In der Zusammenschau der Literatur, die in einer Übersicht von Singh et al. zusammengetragen wurde, wird davon ausgegangen, dass bei einem von 8845 Nävi pro Jahr eine Transformation auftritt [1].

Hinsichtlich der Transformation eines Aderhautnävus zum Aderhautmelanom spielt das Vorliegen verschiedener Risikofaktoren eine Rolle, die maßgeblich von Shields et al. zur Einordnung erarbeitet wurden (Tab. 1). Eine Besonderheit bei der Diagnostik des Aderhautmelanoms ist, dass aufgrund der intraokularen Lage Gewebe zur histologischen Sicherung nur über einen intraokularen Eingriff gewonnen werden kann. Zudem ist der Ausschluss eines Melanoms anhand von Biopsiematerial bei einer melanozytären Läsion der Aderhaut histologisch oft nicht eindeutig möglich. Unter Berücksichtigung klinischer Zeichen sowie einer Bildgebung kann in den meisten Fällen eine ausreichende Sicherheit bei der Diagnoseetablierung erreicht werden. Der multimodalen Bildgebung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie für eine Differenzierung zwischen einem Aderhautnävus und einem Aderhautmelanom äußerst nützlich ist. Daneben sollte eine eingehende klinische Untersuchung, einschließlich der Bestimmung der bestkorrigierten Sehschärfe sowie einer Fundoskopie in Mydriasis, erfolgen. An bildgebenden Modalitäten sind eine OCT, eine FAF, eine Fundusfotografie sowie eine Sonographie empfehlenswert. Die so gewonnenen Informationen helfen dabei, das Risiko einer Transformation in ein Aderhautmelanom abzuschätzen. Die einzelnen Risikofaktoren, lassen sich mittels der Eselsbrücke „to find small ocular melanoma doing imaging“ gut einprägen [8, 9]. Dabei stehen die jeweiligen Anfangsbuchstaben für einen der Risikofaktoren, auf die in Tab. 2 eingegangen wird. Auch andere Studien bestätigten die Ergebnisse von Shields et al. [10]. Dabei gilt eine Transformation in ein Aderhautmelanom als umso wahrscheinlicher, je mehr dieser Risikofaktoren erfüllt sind (Tab. 2). Bei Vorliegen von 2 der Risikofaktoren ist das 5‑Jahres-Risiko einer Transformation bei ca. 22 %, bei 3 Risikofaktoren bereits bei 34 % und bei 4 oder mehr Risikofaktoren bei > 50 % [11].

Tab. 1 Multimodale Bildgebung und Risikofaktoren. (Nach Shields et al. [8])
Tab. 2 Wahrscheinlichkeit eines Tumorwachstums nach 5 Jahren beim Vorliegen von Risikofaktoren. (Nach Dalvin et al. [10])

Bei der Anamnese werden mögliche Symptome wie eine Sehverschlechterung („small“ → s → symptoms: Symptome) abgefragt, dabei gilt nach Shields et al. eine symptomatische Sehverschlechterung auf ≤ 20/50 (entspricht 0,4 nach Snellen) als Risikofaktor. Im Falle unseres Patienten war bei keiner Vorstellung eine subjektive Sehverschlechterung aufgefallen.

Eine OCT-Untersuchung der chorioidalen Läsion wird ebenfalls empfohlen, um das Vorliegen von subretinaler Flüssigkeit über der Läsion beurteilen zu können, das als Risikofaktor gilt („find“ → f → fluid: subretinale Flüssigkeit). Unser Patient hatte über Jahrzehnte kein Auftreten von Flüssigkeit gezeigt (Abb. 3a), bei der Vorstellung im November 2021 lag erstmalig subretinale Flüssigkeit über der Aderhautläsion vor (Abb. 3b). Diese bestand auch bei der letzten Vorstellung im März 2022 weiterhin (Abb. 3c; s. Tab. 3).

Tab. 3 Risikofaktoren bei unserem Patienten im Zeitraum von 05/2021 bis 03/2022

Eine FAF-Untersuchung der Läsion hilft bei der Beurteilung des Vorliegens von „Orange Pigment“, das bei dezenter Ausprägung klinisch schwieriger beurteilbar sein kann. Die Lipofuszinablagerungen stellen sich hyperautofluoreszent dar und zeigen oftmals ein typisches Muster. Das Vorkommen gilt als weiterer Risikofaktor („ocular“ → o → orange pigment: „Orange Pigment“). Bei unserem Patienten war über Jahrzehnte kein „Orange Pigment“ festgestellt worden. Erst in der Vorstellung im November 2021 zeigten sich hyperautofluoreszente Areale im superioren Bereich der chorioidalen Läsion (Abb. 4a), die hochverdächtig für eine maligne Transformation in ein Aderhautmelanom waren. Bei der zeitnahen Kontrolluntersuchung hatten sich diese Areale über der kompletten Läsion ausgebreitet und wiesen ein typisches Muster von „Orange Pigment“ auf (Abb. 4b).

Die Fundusfotografie ist von besonderem Nutzen, um den Befund zu dokumentieren und mögliche Veränderungen zu beurteilen. Zusätzlich kann diese neben der Sonographie verwendet werden, um den größten basalen Tumordurchmesser zu bestimmen. Dabei gilt ein Tumordurchmesser von mehr als 5 mm als Risikofaktor für die Ausbildung eines Aderhautmelanoms („doing imaging“ → di → diameter: Durchmesser). Unser Patient zeigte bereits bei der Vorstellung im Mai 2021 einen Tumordurchmesser über 5 mm, sodass dieser Risikofaktor schon länger erfüllt war.

Die Echographie, insbesondere die standardisierte Echographie, kann bei der Differenzierung zwischen einem Aderhautnävus und einem Aderhautmelanom hilfreich sein. In der B‑Bild-Sonographie lässt sich die Konfiguration des Tumors gut beurteilen. Bei einem Aderhautmelanom gilt eine Kragenknopfkonfiguration als Korrelat für einen Durchbruch durch die Bruchmembran als pathognomonisch. Außerdem ist die interne Struktur des Tumors mittels der Sonographie beurteilbar. Dabei kann anhand einer qualitativen Bewertung des B‑Bild-Signals, insbesondere aber anhand der Reflektivität im A‑Bild der standardisierten Echographie, das Binnenecho beurteilt werden. Aderhautmelanome weisen im Gegensatz zu Aderhautnävi eine mittlere bis niedrige Reflektivität auf. Aderhautnävi zeigen hingegen eine hohe Reflektivität. Das erniedrigte Binnenecho stellt dabei ebenfalls einen Risikofaktor im Sinne des obigen Merksatzes dar („melanoma“ → m → melanoma hollowness by ultrasound: niedrige[s] Binnenecho/Reflektivität). Dieser Risikofaktor war bei unserem Patienten schon im November 2021 erfüllt, zu diesem Zeitpunkt lag daher bereits ein hochgradiger Anhalt für Malignität vor.

Die Echographie eignet sich außerdem, um die Prominenz des Tumors zu bestimmen. Nach Shields et al. wird dabei eine Prominenz von mehr als 2 mm als Risikofaktor angesehen („to“ → t → thickness: Dicke). Bei unserem Patienten lag im November 2021 eine Prominenz von 1,93 mm vor (Abb. 2b), sodass dieser Risikofaktor zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt war. Im März 2022 hatte die Läsion jedoch eine Prominenz von 2,09 mm (Abb. 2c).

Das Beispiel unseres Patienten verdeutlicht, dass Kontrollen eines Aderhautnävus zeitlebens notwendig sind. Auch Jahrzehnte nach der Erstdiagnose eines Aderhautnävus kann eine Transformation in ein Aderhautmelanom noch auftreten, auch wenn eine Zeitspanne von über 30 Jahren wie bei unserem Patienten äußerst selten ist.

Dieser Fall zeigt zudem, dass die multimodale Bildgebung einen hohen Stellenwert bei der Differenzierung eines Aderhautnävus und -melanoms hat. Mittels der Bestimmung obiger Risikofaktoren unter Zugrundelegung der klinischen Befunde und der bildgebenden Verfahren lässt sich eine potenzielle Transformation feststellen. Bei unserem Patienten hatte sich im Alter von 74 Jahren nach jahrzehntelang stabilem Verlauf plötzlich ein Wachstum gezeigt, das mit der Ausbildung zusätzlicher Risikofaktoren einherging (Tab. 2). Wie zuvor beschrieben, lagen im November 2021 erstmalig Auffälligkeiten vor, die für eine Malignität der chorioidalen Läsion sprachen, sodass der Befund zu diesem Zeitpunkt bereits als hochverdächtig für ein Aderhautmelanom anzusehen war. Der Patient wies jedoch zu diesem Zeitpunkt 2 bis 3 positive Risikofaktoren auf, sodass wir uns zunächst zu einer kurzfristigen Kontrolle des Befundes entschieden, um die Diagnose ohne Durchführung einer Biopsie bestmöglich zu sichern. Nach 3 Monaten zeigte sich eine Größendynamik, sodass nun insgesamt 5 von 6 Risikofaktoren erfüllt waren. Somit besprachen wir mit dem Patienten die Einleitung einer Therapie bei Aderhautmelanom.

Fazit für die Praxis

  • Die Transformation eines Aderhautnävus in ein Aderhautmelanom ist relativ selten, kann aber auch viele Jahre nach Erstdiagnose auftreten.

  • Die multimodale Bildgebung kann gemeinsam mit der klinischen Untersuchung bei der Differenzierung eines Aderhautnävus von einem Aderhautmelanom anhand verschiedener Risikofaktoren behilflich sein.

  • Der Merkspruch „to find small ocular melanoma doing imaging“ hilft als Gedächtnisstütze zur Abfrage der Risikofaktoren.

  • Patienten mit einem Aderhautnävus müssen zeitlebens kontrolliert werden.