Kontaktlinsen sind eine Option zur Korrektur von Refraktionsfehlern. Allerdings müssen Hygienestandards bei der Anwendung berücksichtigt werden. Diese Fallbeschreibung zeigt eine Reihe möglicher Komplikationen bis hin zu einer zeitlich stark verzögerten Endophthalmitis nach Keratoplastik à chaud.

Fallbeschreibung

Anamnese

Die 16-jährige Trägerin von weichen Monatskontaktlinsen stellte sich mit seit 3 Wochen bestehender Rötung und Schmerzen am linken Auge vor. Seit 2 Wochen erfolgte eine Behandlung mit Dexa-Gentamicin-Augentropfen. Da sich der Befund nicht besserte, wurde die Patientin in unsere Klinik überwiesen.

Klinischer Befund

Der korrigierte Visus war rechts 1,0 (−1,00 sph −2,50 cyl 176°) und links 0,1 (−1,00 sph −1,00 cyl 128°). Der intraokulare Druck betrug links 12 mm Hg. Es zeigten sich am linken Augenvorderabschnitt eine Bindehautinjektion, granulomatöse Endothelbeschläge, Descemet-Falten und mehrere Punktinfiltrate des Hornhautstromas. Ein Hypopyon war nicht nachzuweisen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Der Initialbefund mit granulomatösen Endothelbeschlägen (blaue Pfeile) ohne Hypopyon

Erstdiagnose

Wir stellten die Diagnose einer granulomatösen Keratouveitis vermutlich herpetischer Genese am linken Auge.

Therapie und Verlauf

Wir nahmen die Patientin stationär auf und therapierten lokal mit Ganciclovir-Augengel und Prednisolonpivalat-Augensalbe jeweils 5‑mal täglich am linken Auge sowie systemisch mit Aciclovir 5‑mal 800 mg p.o. täglich für 1 Woche. Nach deutlicher Befundbesserung betrug der Visus am linken Auge 0,5 (−4,50 cyl 168°) und der intraokulare Druck 12 mm Hg, sodass die Patientin entlassen werden konnte. Ambulant applizierte die Patientin Ganciclovir-Augengel (TheaPharma, Berlin, Deutschland) und Prednisolonpivalat-Augensalbe (Agepha Pharma, Senec, Slowakei) jeweils 5‑mal täglich weiter und nahm Aciclovir 5‑mal 400 mg p.o. täglich ein. Nach 1 Woche erfolgte eine poststationäre Kontrolle in unserer Klinik. Der Visus am linken Auge betrug 1/35 MTV, der intraokulare Druck 9 mm Hg. Klinisch zeigte sich nun ein hauchiges angedeutetes Ringinfiltrat (Abb. 2). Das PCR-Ergebnis der Kontaktlinsenflüssigkeit wies Akanthamöben nach. Die Therapie wurde auf Brolene‑, Lavanid- und Polyspectran-Augentropfen viertelstündlich im Wechsel umgestellt. Es erfolgte die Überweisung der Patientin in eine externe Universitätsaugenklinik zur Weiterbehandlung. Dort wurde eine Keratoplastik à chaud am linken Auge durchgeführt.

Abb. 2
figure 2

Ein hauchiges Ringinfiltrat weist auf eine Akanthamöbenkeratitis hin

Zehn Monate später stellte sich die Patientin mit der Anamnese einer Contusio des linken Auges mit einer Handykante vor. Ätiologisch erschien das beschriebene Trauma für den Befund fraglich adäquat, da sich kein Hornhautdefekt zeigte. Der Visus betrug HBW (Handbewegungen), der intraokulare Druck 5 mm Hg. Es zeigten sich ein massiver purulenter Vorderkammerreiz bei klarem Hornhauttransplantat und eine GK-Infiltration. Es bestand kein Hinweis auf eine Manipulation der Nähte des Hornhauttransplantats. Wir stellten die Diagnose einer Endophthalmitis. Es wurde das Magdeburger Schema Stufe III (intravenös Vancomycin 2‑mal 1 g und Ceftazidim 3‑mal 2 g täglich) eingeleitet. Zur weiteren Abklärung erfolgte eine diagnostische Vitrektomie. Im Glaskörpermaterial wurden histopathologisch keine Akanthamöben, aber Diplokokken nachgewiesen. Mikrobiologisch ließen sich Streptokokken (Abiotrophia defectiva) kultivieren. Die initiale Therapie mit Inflanefran forte (Allergan, Westport, Co. Mayo, Irland), Brolene (Sanofi, Vernier, Schweiz), Lavanid (in hauseigener Apotheke hergestellt), Zyklolat (Bausch und Lomb, Berlin, Deutschland) und Gentamicin (Ursapharm, Saarbrücken, Deutschland) wurde mit Polyspectran-Augentropfen (Infectopharm, Heppenheim, Deutschland) intensiviert. Unter dieser Therapie besserte sich der Vorderkammerreizzustand, aber die Vitritis nicht. Daher wurden Vancomycin-Augentropfen (in hauseigener Apotheke hergestellt) zusätzlich appliziert. Zudem erfolgte die intravitreale Eingabe von Vancomycin. Im Verlauf entwickelte sich eine Amotio retinae, weshalb eine Re-Vitrektomie mit Vorderkammerspülung mit Lübecker-Lösung, Exokryokoagulation sowie anschließender SF6-Gasfüllung erforderlich wurde. Nach Befundstabilisierung wurde die Patientin mit Vancomycin‑, Inflanefran forte‑, Lavanid- und Brolene-Augentropfen sowie Dexagel (Bausch und Lomb, Berlin Deutschland) und Decortin H (Merck, Weiterstadt, Deutschland) per os entlassen; 14 Tage später stellte sie sich erneut in unserer Sprechstunde mit klarem Hornhauttransplantat und anliegender Netzhaut vor.

Im Verlauf bildete sich eine Katarakt mit hinterer Schalentrübung mit einem bestkorrigierten Visus von 0,1 (+7,5 sph −7,25 cyl 105°), woraufhin nach Hornhauttransplantatnahtteilentfernung eine Kataraktoperation mit HKL-Implantation durchgeführt wurde. Postoperativ betrug der Visus am linken Auge 0,5 (+2,0 sph −5,25 cyl 110°) (Abb. 3) bei noch liegenden Hornhautfäden nach Keratoplastik à chaud.

Abb. 3
figure 3

Der Befund nach erfolgter Keratoplastik à chaud, pars-plana-Vitrektomien und Kataraktoperation

Nach 3 Monaten zeigten sich beginnende Endothelbeschläge, sodass die Therapie mit Inflanefran forte 1‑mal täglich fortgesetzt wurde. Bei der Kontrolle der Endothelschläge 6 Wochen später zeigte sich neben den weiterhin bestehenden Beschlägen eine Hornhauteintrübung, sodass wir die Patientin bei Verdacht auf Transplantatabstoßungsreaktion mit einem Visus von 0,25 (−0,50–4,00/169°) wiederum in eine externe Universitätsaugenklinik schickten. Dort wurde eine Vorderkammerspülung mit Fortecortin durchgeführt. Postoperativ applizierte die Patientin Inflanefran forte- und für eine weitere Woche Floxal-Augentropfen (Bausch und Lomb, Berlin, Deutschland). Im Verlauf bildeten sich die endothelialen Beschläge zurück, sodass eine Abstoßungsreaktion wahrscheinlich war. Nach dieser Therapie betrug der Visus 0,5 (−1,75–4,50/170°). Nach 2 Monaten stellte sich die Patientin mit einem Makulaödem mit intraretinaler Flüssigkeit bei einem Visus von 0,4 (−2,00–5,50/170°) vor (Abb. 4). Nach Lokaltherapie mit Nevanac persistierendem Makulaödem führten wir 3‑malig parabulbäre Triamcinolon-Injektionen durch (bei der letztmaligen Injektion erfolgte ebenfalls eine YAG-Kapsulotomie), woraufhin sich ein trockener Befund in der Makula mit einem Visus von 0,32 zeigte (−4,5–5,75/6°).

Abb. 4
figure 4

Im Verlauf entwickelte sich ein Makulaödem mit intraretinaler Flüssigkeit

Diskussion

Durch Tragen beim Schwimmen, irreguläres sowie unsachgemäßes Desinfizieren haben Kontaktlinsenträger ein erhöhtes Risiko einer Keratitis [1]. Dabei ist die Akanthamöbenkeratitis durch ihren fulminanten Verlauf und die häufige Notwendigkeit einer perforierenden Keratoplastik (in ca. 20–30 % der Fälle) gefürchtet [2, 3]. Nach erfolgter perforierender Keratoplastik kann eine Reihe an Komplikationen das Outcome der Operation beeinträchtigen: Fadendehiszenz, Störungen des Heilungsprozesses der Hornhaut, Hornhauttrübungen und -narben, Abstoßungsreaktion, Transplantatversagen, Sekundärglaukom und schwere intraokulare Entzündungen in Form einer Endophthalmitis. Ein stark zeitlich verzögertes Auftreten einer Endophthalmitis nach perforierender Keratoplastik wie in diesem Fall kann durch im Kulturmedium des Hornhauttransplantats vorhandene Erreger mit Antibiotika und durch Mikrobensequesterbildung im Transplantat in der nachfolgenden postoperativen langfristigen Kortisontropfengabe bedingt sein [4]. Eine Durchwanderungskeratitis entlang der verbliebenen Hornhautfäden nach Keratoplastik ist ebenso möglich. Bei fehlendem Hornhautinfiltrat ist dies jedoch schwer zu verifizieren. Eine Keimdurchwanderung durch das Interface zwischen Transplantat und Empfängergewebe ist ebenfalls denkbar. Bei dem Visus nach erfolgter Therapie des Makulaödems ist zu bedenken, dass es sich hier um Zustand nach Endophthalmitis sowie um einen irregulären Astigmatismus handelt, welcher ggf. durch eine harte Kontaktlinse ausgeglichen werden kann. Bisher wurden bei zeitlich verzögerten Endophthalmitiden nach perforierender Keratoplastik vermehrt wie auch in unserem Fall grampositive Kokken im Glaskörper nachgewiesen [5]. Besonders an diesem Fall ist die stark verzögert auftretende Endophthalmitis (10 Monate nach erfolgter perforierender Keratoplastik).

Fazit für die Praxis

  • Falsches Handling von Kontaktlinsen kann bei fulminantem Verlauf eine perforierende Keratoplastik notwendig machen. Selbst stark zeitlich verzögerte Endophthalmitiden sind nach diesem Eingriff möglich neben weiteren Komplikationen. Auch bei länger zurückliegenden intraokularen Eingriffen ist im Falle eines Reizzustandes an eine Endophthalmitis zu denken. Zudem sollte der Gebrauch von Kontaktlinsen angesichts möglicher dramatischer Komplikationen nie unkritisch gesehen werden.