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Falldarstellungen
Wir berichten über 3 Patienten, die sich aufgrund unterschiedlicher Grunderkrankungen in unserer Augenklinik vorstellten, bei denen sich nebenbefundlich eine fokale choroidale Exkavation im Bereich der Makula zeigte.
Patient 1
Bei dem ersten Patienten handelte es sich um einen 70-jährigen Mann, der sich notfallmäßig bei peripherer rhegmatogener Amotio retinae am linken Auge vorstellte. Er hatte bei initialer Vorstellung außerhalb noch keine Verschlechterung des Sehens bemerkt. Die Netzhautablösung sei im Rahmen einer Routinekontrolle beim niedergelassenen Augenarzt aufgefallen, der den Patienten daraufhin in die Universitäts-Augenklinik Bonn zur operativen Versorgung überwies.
Der bestkorrigierte Visus lag rechts bei 0,8 und links bei 0,5. Es bestand beidseits eine Myopie bei einem sphärischen Äquivalent von −2,5 dpt. Spaltlampenmikroskopisch zeigten sich beidseits ein reizfreier Befund sowie eine inzipiente Katarakt. Fundoskopisch waren am linken Auge zentral keine Auffälligkeiten ersichtlich. Peripher imponierte die Amotio retinae, die eher älterer Genese zu sein schien und sich von 2 bis 4 Uhr erstreckte. Das rechte Auge war fundoskopisch unauffällig.
Die bildgebende Diagnostik umfasste eine optische Kohärenztomographie (OCT). Hier zeigten sich am linken Auge eine zentral anliegende Netzhaut sowie eine epiretinale Gliose. Auffällig war darüber hinaus eine sich im Bereich der Fovea befindliche Einsenkung der Bruch-Membran und der Chorioidea. Diese war sowohl in der horizontalen (Abb. 1a, b) als auch in der vertikalen (Abb. 1c, d) Aufnahme sichtbar. Die Aderhautdicke betrug zentral gemessen 162 µm.
Ein 70-jähriger Patient stellte sich aufgrund einer peripheren Netzhautablösung vor. Nebenbefundlich zeigte sich in der OCT die im Bild a, b und c, d ersichtliche Exkavation der Chorioidea im Bereich der Fovea. Ein horizontaler (a, b) und vertikaler (c, d) Schnitt helfen dabei, die Läsion morphologisch richtig einzuordnen. Abbildung (e, f) zeigt den postoperativen Befund
Die Amotio retinae und die epiretinale Gliose konnte operativ mittels 23 Gauge-Pars-plana-Vitrektomie mit Membranpeeling, Laserkoagulation und C2F6-Endotamponade kombiniert mit einer Kataraktoperation behandelt werden. Bei der postoperativen Nachuntersuchung zeigte sich eine vollständig anliegende Netzhaut.
Die fokale choroidale Verdünnung zeigte sich im Vergleich zu den Vorbefunden unverändert. Der Visus verbesserte sich im weiteren Verlauf auf 1,0.
Patient 2
Der zweite Patient stellte sich aufgrund einer subjektiven Sehverschlechterung des rechten Auges bei uns vor. Der 52-jährige männliche Patient habe seit 2 Wochen ein Verschwommensehen des rechten Auges bemerkt. Das Sehvermögen des linken Auges sei seit Längerem schlechter, da hier eine chronische idiopathische Chorioretinopathia centralis serosa (CCS) bestand.
Der bestkorrigierte Visus betrug 1,0 am rechten Auge und 0,1 am linken Auge. Spaltlampenmikroskopisch zeigte sich beidseits ein altersentsprechender Normalbefund. Fundoskopisch zeigten sich zentral am rechten Auge irreguläre Hypo- und Hyperpigmentierungen, am linken Auge eine zentrale Atrophie.
In der OCT-Untersuchung zeigten sich am rechten Auge zentral subretinale Flüssigkeit sowie eine Pigmentepithelabhebung im Rahmen einer akuten CCS. Außerdem fand sich eine parafoveale Ausbuchtung der Chorioidea (Abb. 2a, b). Die Aderhautdicke betrug 218 µm im Enhanced-Depth-Imaging(EDI)-OCT subfoveal. Es wurden eine Fluoreszein- sowie eine Indocyaningrünangiographie durchgeführt (Abb. 2c, d). Dabei war eine Leckage im Bereich des oberen Gefäßbogens erkennbar. Die Stelle der Ausbuchtung der Chorioidea zeigte keine angiographischen Auffälligkeiten. Im Verlauf kam es zu einer Spontanresorption der subretinalen Flüssigkeit nach etwa 4 Monaten (Abb. 2e, f), die mit einer subjektiven Sehverbesserung bei stabilem Fernvisus von 1,0 einherging.
Ein 52-jähriger Patient stellte sich aufgrund einer subjektiven Sehverschlechterung des besseren rechten Auges vor. In der OCT zeigten sich eine Pigmentepithelabhebung sowie das Vorhandensein von subretinaler Flüssigkeit. Des Weiteren, zeigte sich perifoveal eine schüsselformige Exkavation der Choroidea (a, b). In der Fluoreszein- und Indocyaningrünangiographie zeigte sich eine Hyperfluoreszenz am oberen Gefäßbogen, nicht aber im Bereich der FCE (c, d). Nach Spontanresorption der subretinalen Flüssigkeit zeigte sich keine Veränderung der Exkavation der Chorioidea (e, f)
Patient 3
Bei der dritten Patientin handelte es sich um eine 32-jährige Frau, die sich zur Mitbeurteilung bei unklaren Veränderungen im Bereich der Makula vorstellte. Sie hatte keinerlei visuelle Beschwerden. Beim Vater (55 Jahre) und der Großmutter (80 Jahre) väterlicherseits sei eine nicht näher spezifizierte „Makuladegeneration“ bekannt.
Die bestkorrigierte Sehschärfe lag bei der Patientin beidseits bei 0,8. Spaltlampenmikroskopisch lag ein reizfreier Befund mit altersentsprechender Linse vor. Fundoskopisch zeigten sich beidseits gelbliche Veränderungen im Bereich der Makula (Abb. 3a).
Eine 32-jährige Frau stellte sich bei unklaren Makulaveränderungen zur Mitbeurteilung vor. Fundoskopisch zeigten sich gelbliche Flecken im Bereich der Makula (a). In der Fundusautofluoreszenz zeigten sich hyper- und hypoautofluoreszente Bereiche (b). In der OCT war eine Verplumpung der äußeren Photorezeptorenbanden zu erkennen. Zudem war am rechten Auge eine perifoveale Ausbuchtung der Chorioidea mit Hypertransmission in Richtung der Choroidea zu sehen (c)
In der OCT war eine Verplumpung der äußeren Photorezeptorenbanden zu erkennen. Zudem war am rechten Auge eine perifoveale Ausbuchtung der Chorioidea (Abb. 3c) mit Hypertransmission in Richtung der Choroidea zu sehen. Die Dicke der Chorioidea dieser Patientin betrug zentral 241 µm. In der Fundusautofluoreszenz (FAF) zeigte sich ein symmetrisches hypo- und hyperautofluoreszentes Muster (Abb. 3b). Eine 30-2-Gesichtsfelduntersuchung zeigte zentrale Defekte bei einer Mean-Deviation von −7,01 Dezibel (dB) sowie einer Pattern Standard Deviation von 7,37 dB. Bei diesen Befunden kommt differenzialdiagnostisch eine genetisch determinierte Makuladystrophie infrage mit z. B. autosomal-dominantem Erbgang. Wir vereinbarten mit der Patientin einen Termin zur Kontrolluntersuchung im Verlauf.
Hintergrund und Diskussion
Bei allen 3 vorgestellten Patienten zeigte sich in der optischen Kohärenztomographie eine umschriebene Ausbuchtung der Chorioidea im Bereich der Makula. Diese bereits 2006 durch Jampol et al. beschriebene Veränderung [2], wurde erstmals 2011 als „focal choroidal excavation“ (FCE) bezeichnet. Wakabayashi et al. benannten das klinische Bild zunächst als „unilateral choroidal excavation“ [11], da es sich in allen von der Arbeitsgruppe beobachteten Fällen um solitäre, unilaterale Exkavationen im Bereich der Aderhaut handelte. Margolis et al. berichteten jedoch, dass die Erkrankung auch bilateral auftreten kann [7].
Die FCE wird als eine umschriebene Verdünnung der Chorioidea definiert, die vorwiegend im Bereich der Makula auftritt. Die Diagnose wird mithilfe der optischen Kohärenztomographie (OCT) gestellt. Das Durchschnittsalter bei Erstdiagnose ist heterogen. So hatten in der Kohorte von Margolis et al. 12 Patienten mit einer FCE ein Durchschnittsalter bei Diagnosestellung von 45 Jahren (zwischen 22 und 62 Jahre) [10]. Shinojima et al. beschrieben in ihrer Kohorte 26 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 59 Jahren (zwischen 30 und 86 Jahre) [4].
Bei der klinischen Untersuchung präsentiert sich die FCE zumeist als milde Pigmentepithelirregularität oder als kleine hypopigmentierte bzw. gelbliche Läsion. Sie kann jedoch auch fundoskopisch gar nicht zu erkennen sein [6, 9]. In der optischen Kohärenztomographie zeigt sich eine konkave Ausbuchtung der Choroidea und der Bruch-Membran, an die sich das retinale Pigmentepithel [8] anschmiegt. In unserem ersten Fall war die FCE fundoskopisch nicht detektierbar. Im zweiten Fall zeigten sich zwar zentrale Pigmentirregularitäten korrespondierend mit der FCE, die allerdings nur auf die Chorioretinopathia centralis serosa zurückführt wurde. Im dritten Fall war die FCE ebenfalls fundoskopisch nicht erkennbar. Die Makulaveränderungen waren am ehesten auf die Makuladystrophie zurückzuführen.
Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Unterteilungen vorgeschlagen. Keine wird regelhaft verwendet. Vorgeschlagen wurde unter anderem, eine „conforming“ von einer „non-conforming“ Variante zu unterscheiden. Im Falle einer „conforming“ FCE besteht keine Separierung zwischen den äußeren Photorezeptoren und dem darunter liegenden retinalen Pigmentepithel (RPE). Im Gegensatz dazu zeigt sich bei der „non-conforming“ FCE das Vorhandensein eines Spalts zwischen den Photorezeptoren und dem RPE. Dieser lässt sich in der OCT als hyporeflektiver Raum darstellen (s. Tab. 1; [7]).
Shinojima et al. haben eine Unterteilung in 3 unterschiedliche Muster der Exkavation vorgeschlagen: zapfenartig („cone-shaped“), schüsselförmig („bowl-shaped“) und gemischt („mixed“). Das zapfenartige Muster kommt wohl am häufigsten vor und zeigt sich im weiteren Verlauf meist stabil, da keine degenerativen Veränderungen in der FAG zu finden waren. Die schüsselförmige Variante geht häufiger mit Unterbrechungen des RPE einher und kann daher zu degenerativen Veränderungen im Bereich der FCE führen. Die gemischte Form erfüllt Kriterien beider Muster (s. Tab. 2; [10]).
Auch eine Differenzierung der FCE nach ihrer Lokalisierung in foveale und extrafoveale Untergruppen kann vorgenommen werden, wobei foveale FCE eher zu einer Sehstörung führen können [9].
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Einteilungsmöglichkeiten würde der Fall unseres ersten Patienten daher als foveale, „cone-shaped“ und „non-conforming“ FCE klassifiziert werden. Beachtet werden sollte jedoch, dass für eine adäquate Beurteilung sowohl ein horizontaler als auch ein vertikaler Scan, alternativ ein Stern-Scan, notwendig sind, weil wie in diesem Beispiel die FCE im horizontalen Scan als „non-conforming“ und im vertikalen Scan als „conforming“ eingeordnet werden würde.
Im zweiten Fall zeigt sich eine extrafoveale, „mixed-shaped“ und „conforming“ FCE, während sich im dritten Fall eine extrafoveale, „bowl-shaped“ und „conforming“ FCE zeigte. Initial wies diese zwar eine Separierung zwischen äußeren Photorezeptoren und dem RPE auf (Abb. 2a), diese war jedoch auf die subretinale Flüssigkeit im Rahmen der CCS zurückzuführen und zeigte sich nach Resorption der Flüssigkeit vollständig zurückgebildet.
All diese Einteilungen richten sich jedoch allein nach der Morphologie der FCE. Verschiedene Erklärungsansätze wurden für dieses Krankheitsbild herangezogen.
Von einigen Autoren wird postuliert, dass die FCE kongenital und häufiger bei myopen Patienten auftritt. In diesem Fall besteht keine Assoziation zu anderen chorioretinalen Erkrankungen, und die Läsion bleibt zumeist unverändert [4, 7].
In anderen Publikationen wird von einer sekundären Erkrankung ausgegangen, die unterschiedlichen Ursprungs sein kann.
Eine FCE kann auch im Rahmen einer Inflammation, wie z. B. dem „multiple evanescent white dot syndrome“ oder der „punctate inner chorioretinopathy“, auftreten. Durch die Entzündung tritt eine Vernarbung des RPE auf, die aufgrund einer Kontraktion die Chorioidea in Richtung Sklera bewegt [8]. Es wird außerdem beschrieben, dass die FCE vermehrt bei Erkrankungen des pachychoroidalen Spektrums auftritt. Bei Patienten mit einer FCE lag sowohl im betroffenen als auch im nicht-betroffenen Auge häufig eine verdickte Aderhaut vor [1]. Als Pachychoroid wird in der Regel eine Aderhaut mit einer Dicke von mehr als 250 µm bezeichnet. In keinem der von uns vorgestellten Fälle waren diese Punkte jedoch zutreffend, da die Aderhautdicke zwischen 162 µm und 241 µm betrug.
Eine Assoziation mit Makuladystrophien, v. a. dem Morbus Best, ist beschrieben [5]. Dies trifft für unseren dritten Fall zu.
Darüber hinaus wird beschrieben, dass eine Myopie und choroidale Erkrankungen wie eine CCS als Risikofaktoren gelten [1]. Der Aspekt der Myopie war im ersten Fall zutreffend, die CCS beim zweiten Fall zu finden.
Die FCE ist in aller Regel nicht progredient. Die Läsion nimmt typischerweise nicht an Größe oder Tiefe zu [9]. Obata et al. haben 21 Augen mit einer FCE über einen Zeitraum von 37 Monaten beobachtet und keine Veränderung der Läsion festgestellt [9] Trotzdem kann es, wie zuvor beschrieben, zu degenerativen Veränderungen des RPE im Bereich der FCE kommen. Bei Vorliegen einer FCE sollten jedoch Begleiterkrankungen ausgeschlossen werden, die mit einer FCE einhergehen können. Inwieweit die FCE funktionelle Einschränkungen für den Patienten mit sich bringt, lässt sich nicht abschließend sagen. Einzelne Fallberichte lassen darauf schließen, dass im Bereich der FCE eine verringerte retinale Sensitivität in der Mikroperimetrie vorhanden ist [3, 12]. Keiner der von uns vorgestellten Patienten äußerte Symptome, die sich explizit auf die FCE zurückführen ließen, und sie stellten sich erst vor, nachdem Einschränkungen durch die entsprechenden Komorbiditäten auftraten.
In seltenen Fällen kann es beim Vorliegen einer FCE zur Ausbildung einer sekundären Neovaskularisation kommen. In diesem Fall sollte eine Anti-VEGF-Therapie initiiert werden.
Bei unserem ersten Patienten zeigten sich bis auf die Myopie keine weiteren ursächlichen Erkrankungen, die mit einer FCE in Verbindung stehen könnten. Postoperativ zeigte sich die FCE unverändert, und wir empfahlen ein beobachtendes Verhalten.
Bei dem zweiten Patienten lag eine CCS vor. Die Aderhaut zeigte sich aber nicht verdickt. Die FCE zeigte sich im Verlauf und auch nach Resorption der subretinalen Flüssigkeit unverändert.
Im Falle unserer dritten Patientin lag eine Makuladystrophie vor. Ob die FCE mit dieser assoziiert ist oder nebenbefundlich zu finden war, lässt sich aktuell noch nicht sicher sagen.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die FCE eine unbekannte Prävalenz hat, da sie möglicherweise häufig übersehen wird, auch aufgrund fehlender funktioneller Einschränkungen beim Patienten. Es werden verschiedene Risikofaktoren und ursächliche Erkrankungen beschrieben, letztlich lässt sich aber für kein Krankheitsbild eine definitive Assoziation belegen. In allen 3 beschriebenen Fällen waren dies auch bei uns Zufallsbefunde ohne klinischen Krankheitswert. Die Veränderung bedarf keiner Therapie und zeigt sich in der Regel ohne Progredienz.
Fazit für die Praxis
Die fokale choroidale Exkavation lässt sich mithilfe der optischen Kohärenztomographie darstellen und ist klinisch häufig unauffällig. Eine Therapie ist nicht notwendig, es sei denn, es kommt zur Ausbildung einer sekundären CNV. Das Vorliegen von möglichen Begleiterkrankungen sollte abgefragt werden.
Literatur
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Weber, C., Herrmann, P., Holz, F.G. et al. Die fokale choroidale Exkavation (FCE) – ein häufiger Zufallsbefund?. Ophthalmologie 119, 1304–1308 (2022). https://doi.org/10.1007/s00347-022-01636-0
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