Late-Onset-Endophthalmitiden sind seltene, teilweise schwer diagnostisch erfassbare Infektionen [1]. Wir berichten im Folgenden über eine Late-Onset-Pilzendophthalmitis, die initial schwer zu diagnostizieren war und letztendlich durch eine Retinabiopsie und mit einer Polymerasekettenreaktion (PCR) nachgewiesen werden konnte.

Fallbericht

Im September 2020 stellte sich erstmalig ein 83-jähriger Patient mit unscharfem Sehen ohne Schmerzen seit 3 Tagen am linken Auge vor. Vor zwei Wochen sei ein Zoster ophthalmicus mit Beteiligung der linken Gesichtshälfte bei ihm diagnostiziert worden. Außer einer künstlichen Intraokularlinse waren keine Augenerkrankungen bekannt. Der Patient war multipel vorerkrankt (Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, koronare Herzerkrankung mit Z. n. Stenting, Asthma bronchiale). In der klinischen Untersuchung des linken Auges ergab die Visusbestimmung eine Sehschärfe im Metertafelbereich. Weiterhin zeigten sich speckige Beschläge am Endothel, ein Vorderkammerreiz sowie massive Infiltrate des Glaskörpers. Eine gemischte Injektion, Fibrin oder ein Hypopyon im Sinne einer Endophthalmitis waren nicht erkennbar. Soweit beurteilbar, fanden sich keine retinalen Gefäßeinscheidungen, Blutungen oder organisiert angeordnete Infiltrate. Der Intraokulardruck des linken Auges lag bei 13 mm Hg. Das rechte Auge war bis auf eine Cataracta provecta (Visus 0,5) klinisch unauffällig.

Unter der Arbeitsdiagnose herpetische Keratouveitis wurden systemisch, an die reduzierte Nierenfunktion angepasst, Aciclovir sowie topisch Ganciclovir 4 × tgl., Dexamethason 3 × tgl. und Cyclopentolat 2 × tgl. ordiniert (siehe Abb. 1). Außerdem wurde eine umfassende Serologie (Toxoplasmen, Yersinien, Lues, CMV, HIV, Borrelien, VZV, EBV, HSV) abgenommen. Ein Anhalt für eine akute Infektion (Leukozyten: 7470/µl, CRP 4,09 mg/l) oder eine rheumatologische Grunderkrankung ergaben sich nicht. Unter der Therapie stellte sich eine rasche Befundverbesserung ein. Der damit verbundene bessere Funduseinblick machte einen chorioretinitischen Herd (CR) temporal inferior sichtbar. Die Therapie wurde um 100 mg Prednisolon i.v. erweitert. Nach einwöchigem stationären Aufenthalt wurde der Patient entlassen. Es zeigten sich feine, abgegrenzte Rückflächenbeschläge, kein Vorderkammerreiz sowie eine deutliche Abgrenzung des CR-Herds. Der Visus des linken Auges war auf 0,2 angestiegen, der Intraokulardruck lag bei 12 mm Hg. Die intravenöse Therapie mit Aciclovir und Prednisolon (Reduktion 20 mg alle 7 Tage) wurde oralisiert. Topisch erfolgte die Therapie mit Ganciclovir 4 × täglich, Dexamethason 5 × täglich sowie Dexamethason zur Nacht.

Abb. 1
figure 1

Klinischer Ablauf

Bei der ambulanten Kontrolle nach vier Wochen wurden weiterhin eine Visusminderung sowie Glaskörpertrübungen festgestellt. Es fanden sich wenige, alte Rückflächenbeschläge, die Vorderkammer war reizfrei und ohne Hinweis auf Fibrin oder ein Hypopyon. Der CR-Herd hatte sich vollständig aufgelöst, die Netzhaut wies einen regelrechten Befund ohne Blutungen, „snow balls“ oder eine Retinanekrose auf. Anamnestisch berichtete der Patient über verschwommenes Sehen, Schmerzen bestanden weiterhin nicht. Der Visus betrug 0,2, der Intraokulardruck lag bei 14 mm Hg am linken Auge. Die Durchführung der topischen und systemischen Therapie konnte nicht genau eruiert werden. Insgesamt lagen Hinweise auf eine mangelnde Compliance vor, sodass eine intravitreale Injektion eines Dexamethason-Implantats durchgeführt wurde. Postoperativ vereinbarte Verlaufskontrollen wurden von dem Patienten nicht wahrgenommen.

Im Januar 2021, zwei Monate nach Injektion, erfolgte eine erneute notfallmäßige Vorstellung des Patienten. Dieser berichtete über Schmerzen und eine Visusabnahme am linken Auge seit zwei Tagen. Die Anamnese ergab weiterhin eine unregelmäßige Einnahme der Medikation. Es zeigte sich ein Visusabfall auf Fingerzählen, der intraokulare Druck lag mit 12 mm Hg im Normbereich. In der klinischen Untersuchung war auch dieses Mal ein massiver intraokularer Reiz am linken Auge zu sehen. Der Augenvorderabschnitt präsentierte einen deutlichen Vorderkammerreiz mit Zellen und Tyndall-Phänomen. Fibrin oder insbesondere ein Hypopyon konnten nicht nachgewiesen werden. Fundoskopisch zeigte sich ein deutlich reduzierter Einblick. Sonographisch waren dichte, aufgereihte Glaskörperinfiltrate zu erkennen. Im Hinblick auf die Vorgeschichte wurde zunächst von einem Rezidiv der herpetischen Keratouveitis ausgegangen. Unter der erneuten Therapie kam es nur zu einer mäßigen Befundverbesserung. Es war zwar ein deutlicher Rückgang des Vorderkammerreizes zu erkennen, jedoch entwickelte der Patient ein ausgeprägtes Epithelödem. Die Fundoskopie ergab weißliche Glaskörperinfiltrate im superioren Bereich, der restliche Fundus war massiv mit Glaskörpertrübungen durchsetzt und der Einblick kaum möglich.

Aufgrund der massiven Glaskörperinfiltration und des schlechten Ansprechens auf die Therapie mit Prednisolon musste differenzialdiagnostisch ebenfalls an ein Lymphom gedacht werden. Intraoperativ erfolgte daher eine Glaskörperprobenentnahme für die Pathologie zur Lymphomdiagnostik (siehe Abb. 2). Der gesamte Glaskörperraum war massiv infiltriert. Ausgeprägte Infiltrate und narbige Veränderungen hatten bereits dazu geführt, dass die Makula in Falten lag und sich die Netzhaut teilweise gelöst hatte. Nach Entfernen der inflammatorischen Stränge und Narben konnte eine Netzhautanlage unter einer Öltamponade erreicht werden. In den gewonnenen Proben des Glaskörpers ergab sich kein Hinweis auf ein Lymphom oder eine bakterielle beziehungsweise fungale Infektion.

Abb. 2
figure 2

Chorioretinale Probenentnahme. Es zeigen sich Glaskörpertrübungen und narbige Stränge mit Fältelung der Makula sowie einer partiellen Ablatio retinae, multiple Punktblutungen sowie eine weiße Membran

Die Genese der Pathologie blieb somit weiterhin unklar, sodass im Verlauf eine erneute Probenentnahme mit zusätzlicher Chorioretinektomie erfolgte. Mikroskopisch zeigten sich in der PAS-Färbung Pilzhyphen. In der molekularpathologischen Untersuchung (Fungi 2.1 Array Chip) wurde DNA von Candida albicans nachgewiesen (siehe Abb. 3). Die Lokaltherapie wurde dementsprechend um Amphotericin-B-Augentropfen erweitert, und es erfolgte eine Übernahme durch die Kollegen der Infektiologie zur Fokussuche und systemischen antimykotischen Therapie mit Fluconazol (200 mg, 1 × täglich). Eine Candidämie, eine zerebrale Beteiligung sowie eine abdominelle Candidose konnten ausgeschlossen werden (siehe Abb. 1).

Abb. 3
figure 3

Immunhistochemischer Nachweis von Pilzhyphen in der Retina. Es zeigten sich Pilzhyphen (rotlila Streifen) und infiltrierende Neutrophile im retinalen Pigmentepithel (Periodsäure-Schiff-Färbung)

Diskussion

Insbesondere Late-Onset-Endophthalmitiden (u.a. auch fungaler Genese) stellen in der klinischen Praxis eine diagnostische Schwierigkeit dar, da häufig nur ein geringer Entzündungsreiz der Vorderkammer sowie des Glaskörpers besteht. Wegweisende Befunde wie Fibrin, ein Hypopyon, „snow balls“ oder ein rascher Visusabfall können fehlen [2, 3]. Daher werden Late-Onset-Pilzendophthalmitiden zu Beginn häufig im Sinne einer Uveitis fehlgedeutet [4, 5]. In unserem Fall haben die klinischen Zeichen eher auf ein Malignom hingedeutet, sodass eine Glaskörperprobe in die Pathologie gesendet wurde.

Trotz der variablen Symptome ist die Endophthalmitis in erster Linie eine klinische Diagnose, unterstützt von einem kulturellen Nachweis aus einem Vorderkammer- oder Glaskörperbiopsat. In 30 % der Fälle ergeben die Kulturen ein falsch-negatives Ergebnis [6]. Eine negative Kultur schließt somit eine erregerbedingte Endophthalmitis (bakteriell oder mykotisch) nicht aus. Ein positiver kultureller Nachweis gelingt in etwa 40 % der Vorderkammer-, in 50–70 % der Glaskörperpunktate und in 90 % der Proben nach Vitrektomie [3]. Auch Blutkulturen erbringen z. B. bei Candida-Infektionen nur in 50–75 % der Fälle einen positiven Erregernachweis [4]. Obwohl der kulturelle Nachweis den Goldstandard in der Diagnostik darstellt, rückt die PCR daher immer weiter in den Fokus. Viele Studien haben gezeigt, dass die PCR dem kulturellen Nachweis bei den Pilzendophthalmitiden überlegen zu sein scheint. Sie zeichnet sich mit einer höheren Sensitivität und Spezifität aus und stellt bei kulturnegativen Befunden ein wichtiges Diagnostikum dar. Die diagnostische Sensitivität lässt sich durch Kombination beider Methoden deutlich erhöhen [3, 7].

Im Fall des 83-jährigen Patienten zeigte sich im Punktat des Glaskörpers kein morphologischer Hinweis für eine bakterielle oder fungale Infektion. Erst in dem Biopsat der Retina gelang mikroskopisch der Nachweis von Candida-Hyphen sowie durch eine molekularpathologische Untersuchung mittels des Fungi 2.1 LCD-Array Kit (Fa. Chipron, Berlin) der DNA-Nachweis von Candida albicans. Der zeitliche Abstand von mehr als 6 Wochen zur erfolgten Dexamethason-Injektion ohne anderweitigen Infektfokus legt nahe, dass es sich in diesem Fall um eine isolierte und chronische exogene Endophthalmitis durch Candida albicans handeln muss.

Fazit für die Praxis

Dieser Fall spiegelt die große Schwierigkeit der Diagnosesicherung der oft sehr heterogenen verlaufenden Candida-Endophthalmitis wider. Obwohl der kulturelle Nachweis aktuell weiterhin den Goldstandard darstellt, sollte man bei unklaren Fällen und negativem Erregernachweis an die PCR als sensitivere und spezifischere Nachweismethode denken.