Here comes the „SUN“ …

Nein – in diesem Falle handelt es sich nicht um einen spätsommerlichen Gruß …

Sie erinnern sich sicherlich: SUN steht für „Standardization of Uveitis Nomenclature Working Group“. Eine Gruppe von amerikanischen Kollegen hatte zuletzt 2005 eine international akzeptierte Einteilung der intraokularen Entzündung nach anatomischen Kriterien eingeführt [1]. Seitdem hat sich die Klassifizierung der Uveitis in anteriore, intermediäre und posteriore/Panuveitis bewährt und ist als weltweiter Standard anerkannt.

Nun hat die SUN-Arbeitsgruppe ein wahres „Feuerwerk“ entfacht und gleich 25 Krankheitsbilder in einem mehrphasigen Prozess aufgearbeitet und klassifiziert [2]. Interessant schon das Vorgehen: Zunächst wurden in vorläufigen Datensätzen Diagnosekriterien von Experten herausgearbeitet. Für jedes einzelne Krankheitsbild wurden zunächst Leitbefunde von einem Expertenkreis festgelegt, in einem Datenpool von jeweils mehreren 100 Uveitispatienten auf ihre Validität geprüft und schlussendlich einer Auswertung mittels künstlicher Intelligenz (AI) unterworfen. Es resultiert ein Katalog von 3 bis 5 Leitbefunden, der die einzelnen Krankheitsbilder definiert. Da neben morphologischen Befunden auch Laborergebnisse eingehen, wird damit auch eine zielgerichtete Diagnostik gefördert. In einer lesenswerten Serie von Publikationen im American Journal of Ophthalmology (April bis Juni) werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vorgestellt. In der Auswahl der vorgestellten Uveitisformen finden sich nahezu alle klinisch häufigen und relevanten Entitäten. Einen orientierenden Querschnitt der Krankheitsbildern bieten wir in der Übersicht „Entwicklung von Klassifikationskriterien für Uveitiden von der Standardization of Uveitis Nomenclature (SUN) Working Group“ in diesem Heft [3].

Einige Krankheitsbilder, die häufig und für Sie relevant sind, seien an dieser Stelle herausgegriffen. Gleichzeitig muss auch festgestellt werden, dass im „Pulverdampf“ des Feuerwerks doch auch etwas Nebel den klaren Blick verschleiert und die Sichtweise sich je nach Standpunkt (USA vs. Europa) etwas unterschiedlich darstellt. Ein Beispiel: Die Fuchs-Uveitis ist relativ häufig, betrifft etwa 2–3 % aller intraokularen Entzündungen und wird seit der Erstbeschreibung durch Ernst Fuchs (1906) als „Syndrom“ verstanden – ein Terminus, der auch in der aktuellen SUN-Klassifikation so beibehalten wird. E. Fuchs hatte damals sein Augenmerk auf die Heterochromie gerichtet und alle weiteren klinischen Beobachtungen diesem Befund nachgeordnet [4]. In der aktuellen SUN-Klassifikation wird die Heterochromie zwar noch berücksichtigt, aber den wesentlich häufigeren klinischen Kennzeichen wie unilateralem Auftreten, wenig ausgeprägtem Reizzustand, begleitender Glaskörperentzündung etc. untergeordnet [5]. Dies entspricht den klinischen Erfahrungen und reicht sicherlich aus, um dieses Krankheitsbild von anderen Formen der „Iridozyklitis“ zu differenzieren. Etwas verwundert es allerdings, dass dabei weitere aktuelle Erkenntnisse unerwähnt bleiben. Es ist gut etabliert, dass bei der Fuchs-Uveitis bereits frühzeitig intraokular Antikörper gegen Rötelnviren nachgewiesen werden können – eine Tatsache, die erstmals von C. Quentin aus Göttingen berichtet und unabhängig bestätigt wurde [6,7,8]. Es ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass die Antikörperbestimmung in den USA faktisch unbekannt ist und auch in Europa nicht allerorts verfügbar ist. Aber die Fuchs-Uveitis als „Syndrom“ zu deklarieren ist aus aktueller Kenntnis nicht mehr zeitgemäß, da die Hinweise auf eine infektassoziierte Form der Uveitis doch deutlich sind [8]. Frühzeitig und valide die Diagnose zu stellen ist von praktischer Bedeutung. Viele dieser Patienten weisen einen chronischen Verlauf auf und laufen Gefahr, längerfristig mit Steroiden oder gar Immunsuppressiva behandelt zu werden. Diese haben sich hier als ineffektiv und fehl am Platze erwiesen und verstärken den Verlauf durch Katarakt und Glaukom eher negativ.

Gerade den viralen Infektionen als Ätiologie der anterioren Uveitis wurde in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit geschenkt. Vor allem bei streng unilateralem, rezidivierendem Auftreten wird rasch der Verdacht auf Viren der Herpesfamilie gelenkt. Da intraokulare HSV- und VZV-Infektionen gezielt antiviral behandelt werden können, profitieren diese Patienten von einer frühzeitigen adäquaten Diagnostik. Auch hier hat die SUN-Arbeitsgruppe einen klaren Kriterienkatalog aufgestellt [9, 10]. Klinische Leitbefunde stehen wieder im Mittelpunkt. Ein sorgfältiger Blick z. B. auf Irisveränderungen sowie der Ausschluss einer Beteiligung des hinteren Augenabschnittes werden als Leitkriterien definiert. Als eine weitere diagnostische Säule wird der intraokulare Nachweis von HSV- oder VZV-DNA mittels PCR eingebracht.

Zusammenfassend ist hervorzuheben, dass die SUN-Arbeitsgruppe lesens- und wissenswerte Definitionen für die klinisch wichtigsten Krankheitsbilder vorgegeben hat. Es ist ihr gelungen, klinische Kriterien herauszustellen, die eine Unterscheidung der Entzündungsformen erlauben. Bei vielen Krankheitsbildern wird gleichzeitig die Ätiopathogenese hervorgehoben und damit auch eine zielgerichtete (Labor‑)Diagnostik gefördert. Dass dabei einige Wermutstropfen einfließen, kann verschmerzt werden.

Zur Erinnerung: „Here comes the sun“ – dieser Song entstand 1969, in einer für die Beatles damals eher schwierigen Zeit. Am Ende wurde er doch zum erfolgreichen „Hit“ und hat Jahrzehnte überdauert – dies kann auch für die neuen SUN-Klassifikationskriterien erwartet werden.

Eine interessierte Lektüre und Lesevergnügen wünschen

Uwe Pleyer und Arnd Heiligenhaus

(Sprecher der Sektion Uveitis/DOG)