Der Zentralarterienverschluss (ZAV) der Netzhaut ist einer der wenigen ophthalmologischen Notfälle, bei dem jede Minute zählt! Deshalb ist es notwendig, dieses Krankheitsbild mehr in die Öffentlichkeit zu tragen und es bei Gesundheitspersonal sowie Patientinnen und Patienten bekannter zu machen. Der plötzliche Visusverlust muss mit einem möglichen Schlaganfall assoziiert werden, da bei ca. 30 % zeitgleich zum ZAV ein stummer Schlaganfall besteht [1]. Deshalb sollte ein frischer ZAV auch wie ein frischer Apoplex behandelt werden und schnellstmöglich an ein entsprechendes Zentrum weitergeleitet werden [2, 3].

Nach aktueller Datenlage könnte eine intravenöse Lysetherapie innerhalb der ersten 4,5 h nach Symptombeginn zu einer Visusverbesserung auf 0,2 oder besser in ca. 38 % der frischen ZAVs führen [4]. Um dieses Zeitfenster bei möglichst vielen Patienten jedoch nicht zu verpassen, ist ein aktives Fragen bereits des ärztlichen Assistenzpersonals beim Erstkontakt mit dem Patienten notwendig. Da Patienten mit einem ZAV eine sehr typische Anamnese haben und bereits durch 2 einfache Fragen ein hochgradiger Verdacht auf einen arteriellen Gefäßverschluss gestellt werden kann, möchten wir Sie ermuntern, den Algorithmus „Plötzliche Sehverschlechterung“ in die tägliche Routine zu übernehmen (Abb. 1) und die Patienten möglichst sofort an eine Augenklinik mit Schlaganfallkompetenz am Standort zu überweisen.

Abb. 1
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Algorithmus „Plötzliche Sehverschlechterung“. ZAV Zentralarterienverschluss

Dieser Algorithmus wurde zusammen mit den Kollegen aus Göttingen für die aktuell anlaufende REVISION-Studie (Early REperfusion Therapy with Intravenous Alteplase for Recovery of VISION in Acute Central Retinal Artery Occlusion) entworfen. Das Ziel der prospektiven, randomisierten und placebokontrollierten REVISION-Studie ist es, die frühe intravenöse Lysetherapie des frischen ZAV innerhalb der ersten 4,5 h nach Symptombeginn zu untersuchen. Etwa 24 deutsche Zentren werden partizipieren.

Mit den 3 folgenden Beiträgen möchten wir Sie mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft bezüglich des frischen ZAVs vertraut machen und Ihnen eine Idee geben, was zukünftige Wege in der Diagnostik und Therapie sein könnten.

Prof. Feltgen et al. werden Ihnen darstellen, warum ein ZAV-Patient nicht nur bezogen auf die Augenheilkunde ein echter Notfallpatient ist. Der Beitrag von Dr. Wenzel et al. wird Ihnen einen Überblick über die aktuellen, aber auch zukünftigen diagnostischen Möglichkeiten zur besseren Einordnung eines frischen ZAVs geben. Hierbei werden auch mögliche Biomarker diskutiert werden, die prognostisch und im Hinblick auf eine intravenöse Lysetherapie zukünftig von Bedeutung sein könnten. Zuletzt dürfen wir, die Initiatoren der REVISION-Studie zusammen mit Prof. Hattenbach, Sie mit der aktuellen Datenlage bezüglich der intravenösen Lysetherapie mit einer Nutzen-Risiko-Analyse und den Eckpunkten der REVISION-Studie vertraut machen.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Themenheft Lust auf mehr in Bezug auf den Zentralarterienverschluss machen zu können und dass Sie uns bei der REVISION-Studie tatkräftig unterstützen werden!