Avoid common mistakes on your manuscript.
Anamnese
Ein 56-jähriger Patient stellte sich zur weiteren Behandlung eines postoperativ persistierenden zystoiden Makulaödems in unserer Praxis vor. Bei epiretinaler Gliose durch eine Uveitis unklarer Ursache wurden beide Augen vor 5 Jahren mit Membranpeeling plus Vitrektomie ophthalmochirurgisch versorgt. Binnen der letzten 3 Jahre erfolgte bereits mehrfach die intravitreale Gabe von VEGF-Inhibitoren durch einen niedergelassenen Kollegen. Hierdurch wurde am linken Auge ein stabiler, trockener Netzhautbefund mit einer bestkorrigierten Sehschärfe (BCVA) von 0,7 dezimal erreicht. Bei ausgeprägterem Befund und schwankender BCVA zwischen 0,3 und 0,5 am rechten Auge fand die letzte intravitreale Injektion mit Aflibercept 8 Wochen vor Erstvorstellung in unserer Praxis statt. Laut Übernahmebericht wurde im Behandlungsverlauf unter Aflibercept das beste therapeutische Ansprechen erreicht.
Klinischer Befund
Bei Erstuntersuchung präsentierte sich der Patient mit einer BCVA von 0,6 am rechten und 0,8 am linken Auge. Die vorderen Augenabschnitte waren reizfrei, der Patient pseudophak. Bis auf Pigmentepithelverschiebungen im Bereich der Makula und einem zystoiden Makulaödem war der fundoskopische Befund am rechten Auge unauffällig. In der optischen Kohärenztomographie (OCT) zeigten sich am rechten Auge im Bereich der Fovea intraretinale Zysten im Bereich der äußeren plexiformen Schicht im Sinne eines zystoiden Makulaödems bei einer Netzhautdicke von 350 µm (Abb. 1).
Behandlungsverlauf
Aufgrund der uveitischen Genese des Makulaödems und damit assoziierter entzündlicher Komponente entschieden wir uns initial für die probatorische Gabe von Nepafenac 3 mg/ml Augentropfen 2‑mal täglich am rechten Auge und Verlaufskontrollen im Abstand von 6 Wochen. Dies entspricht nicht den Leitlinien der DOG zur Behandlung des Makulaödems bei Uveitis [1], jedoch wurde vom Patienten zunächst eine nichtinvasive Therapie gewünscht.
Hierunter verschlechterte sich die BCVA auf 0,2 mit Zunahme der intraretinalen Flüssigkeit in der OCT. Bei schwankendem therapeutischem Ansprechen auf die Gabe von VEGF-Inhibitoren in der Vergangenheit entschieden wir uns deshalb für Dexamethason intravitreal (0,7 mg Dexamethason; Ozurdex, Pharm Allergan GmbH, Frankfurt/M., Deutschland). Die Injektion des Implantats verlief komplikationslos.
Der Patient bemerkte jedoch sofort bei der Injektion eine plötzliche Visusverschlechterung, teilte dies der behandelnden Ärztin nicht mit, wie wir retrospektiv erfahren haben. Den Infektionsängsten zu Beginn der COVID-19-Pandemie geschuldet, erschien er nicht zur vereinbarten postoperativen IVOM-Kontrolle in unserer Praxis.
Bei Wiedervorstellung 8 Wochen später wurde eine BCVA von 1/25 Metervisus erreicht, der Augeninnendruck lag bei 31 mmHg. Fundoskopisch zeigten sich im papillomakulären Bereich intraretinale Blutungen und eine gelbliche scharf umschriebene Läsion parafoveal (Abb. 2 und 3).
Wie lautet Ihre Diagnose?
Therapieverlauf
Zur Therapie verordneten wir am rechten Auge topisch Nepafenac 3 mg/ml Augentropfen 2‑mal täglich und Dorzolamid 20 mg/ml /Timolol 5 mg/ml Augentropfen 2‑mal täglich sowie oral 90 mg Celecoxib 1‑mal täglich. Hierunter wurde im weiteren Behandlungsverlauf eine BCVA von 0,16 unter fundoskopischer Remission der Blutung und Resorption der Fibrinmassen erreicht (Abb. 4).
Bei Rückgang der subretinalen soliden Pigmentepithelabhebung blieb in der OCT ein Verlust der äußeren Netzhautschichten, vornehmlich der ellipsoiden Zone zurück (Abb. 5). Das linke Auge zeigte im gesamten Behandlungszeitraum einen stabilen Befund klinisch und in der OCT.
Diskussion
Das persistierende intraretinale zystoide Makulaödem nach vitreoretinaler Chirurgie konfrontiert behandelnde Ärzte oft mit ausbleibenden Visusverbesserungen, jedoch begrenzten therapeutischen Optionen. Bei intraretinalem zystoidem Ödem nach Uveitis ist die Gabe von Ozurdex auch im vitrektomierten Auge eine therapeutische Option mit gutem Sicherheitsprofil und in der Regel komplikationsarmem Behandlungsverlauf [2, 3]. Bisher unauffällige Anti-VEGF-Injektionen und eine Bulbuslänge von 22,3 mm haben uns ex ante keinerlei Hinweise für ein erhöhtes Komplikationsrisiko gegeben. Gemäß den Herstellerangaben wurde der Applikator parallel zum Limbus eingebracht und für die Injektion senkrecht zum Zentrum des Auges Richtung hinterer Augenpol ausgerichtet [3].
Dies führte bei unserem Patienten zu einem traumatischen Netzhautschaden, welcher in der Literatur als eine äußerst seltene Komplikation sowohl bei vitrektomierten als auch in nicht ophthalmochirurgisch versorgten Augen bereits vorbeschrieben wurde [4,5,6,7].
Christensen et al. vermuteten in Konsequenz einen verstärkten Einfluss des veränderten Injektionsmediums nach Vitrektomie durch Fehlen kollagener Fasern, Hyaluronsäure und Opticin und stellten unterschiedliche Kräfte bei Injektion von Ozurdex in verschiedene Medien fest [4]. Vorausgegangene komplikationslose Injektionen von Ozurdex im vitrektomierten Auge bei Casati et al. relativieren diese Vermutung und lassen den traumatischen Netzhautschaden als eher schwer quantifizierbar einstufen [5]. Meyer et al. vermaßen die Mündungsgeschwindigkeit des Ozurdex-Implantates beim Verlassen des Injektors mit einer Hochgeschwindigkeitskamera in Glaskörper und Wasser [8]. Ihre Ergebnisse lassen darauf schließen, dass der direkte Impakt auf die Netzhaut in beiden Fällen keinen Schaden auslösen sollte. Die Autoren stellen auch klar, dass die Injektionsgeschwindigkeit des Implantates durch den Druck gesteuert werden kann, mit dem man auf den Abzugsknopf drückt. Deshalb ist es gerade bei bereits vitrektomierten Augen wichtig, dass man den Auslöser langsam herunterdrückt. Darüber hinaus ist als Konsequenz aus unserem Fall der Injektionswinkel Richtung hinterer Pol, wie in der Gebrauchsanweisung beschrieben, im vitrektomierten Auge zu überdenken. Unserer Meinung nach sollte dieser nicht direkt auf den hinteren Pol, sondern leicht nach nasal ausgerichtet werden, um eine Läsion des papillomakulären Bündels, wie in unserem Fall, zu vermeiden. Eine Aufklärung über die Möglichkeit der traumatischen retinalen Läsion sollte immer und v. a. bei vitrektomierten Augen vor der Injektion erfolgen.
Diagnose: traumatischer Netzhautschaden nach Injektion eines Dexamethason-Implantates
In der OCT zeigte sich die fundoskopische Läsion als umschriebene fibrosierte Abhebung. Bei zentraler Netzhautdicke von 240 µm war nun eine Atrophie der vornehmlich äußeren Netzhautschichten mit komplettem Verlust der ellipsoiden Zone zu erkennen. In Zusammenschau der Befunde diagnostizierten wir deshalb einen durch das Dexamethason-Implantat hervorgerufenen traumatischen Netzhautschaden mit konsekutiver, vermutlich traumatisch und durch Blutabbauprodukte bedingter Atrophie im oberen Bereich des hinteren Pols in einem vitrektomierten Auge (Abb. 5).
Fazit für die Praxis
-
Injektionswinkel von Ozurdex im vitrektomierten Auge überdenken.
-
Abzugsknopf von Ozurdex bei vitrektomierten Augen langsam durchdrücken.
-
Wichtigkeit von Anamnese und postoperativen Druckkontrollen nach IVOM.
-
Hinzunahme der Videosprechstunde als postoperative Nachsorge bei COVID-19-bedingten Präsenzeinschränkungen.
Literatur
DOG, BVA, Retinologische Gesellschaft (2014) Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands zur intravitrealen Therapie des Makulaödems bei Uveitis. https://www.dog.org/?cat=7#9. Zugegriffen: 18.02.2021
Rajesh B, Zarranz-Ventura J, Fung AT et al (2020) Safety of 6000 intravitreal dexamethasone implants. Br J Ophthalmol 104(1):39–46. https://doi.org/10.1136/bjophthalmol-2019-313991
Pelegrín L, de la Maza M, Molins B et al (2015) Long-term evaluation of dexamethasone intravitreal implant in vitrectomized and non-vitrectomized eyes with macular edema secondary to non-infectious uveitis. Eye 29:943–950. https://doi.org/10.1038/eye.2015.73
Christensen L, Sanders R, Olson J (2016) “Magic bullet”: eccentric macular hole as a complication from dexamethasone implant insertion. Case Rep Ophthalmol Med. https://doi.org/10.1155/2016/1706234
Casati S, Bruni E, Marchini G (2016) Retinal and vitreous hemorrhage after traumatic impact of dexamethasone implant in a vitrectomized eye. Eur J Ophthalmol 26(3):e55–e57. https://doi.org/10.5301/ejo.5000716
Lee SM, Jung JW, Park SW, Lee JE, Byon IS (2017) Retinal injury following intravitreal injection of a dexamethasone implant in a vitrectomized eye. Int J Ophthalmol 10(6):1019–1020. https://doi.org/10.18240/ijo.2017.06.31
Ekinci C, Kayıran A, Özdemir H (2019) Extramacular retinal hole following intravitreal dexamethasone implant: case report. Turk J Ophthalmol 49(3):175–177. https://doi.org/10.4274/tjo.galenos.2019.98975
Meyer CH, Klein A, Alten F, Liu Z, Stanzel BV et al (2012) Release and velocity of micronized dexamethasone implants with an intravitreal drug delivery system. Retina 32:2133–2140
Funding
Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
I.M. Lanzl weist auf folgende Beziehungen hin: Honoraria für Vorträge von Bayer, Santen und Thea Pharma. C. Kern weist auf folgende Beziehungen hin: Honoraria für Vorträge von Bayer. V. Reitmeier und M. Poimenidou geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Rights and permissions
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Reitmeier, V., Kern, C., Poimenidou, M. et al. Visusverschlechterung nach intravitrealer Injektion von Dexamethason im vitrektomierten Auge. Ophthalmologe 118, 1051–1053 (2021). https://doi.org/10.1007/s00347-021-01328-1
Received:
Revised:
Accepted:
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00347-021-01328-1