Hintergrund und Fragestellung

Die Teleophthalmologie ist ein Zweig der Telemedizin, der sich auf die ophthalmologische Versorgung mittels digitaler Ferntechnologien spezialisiert hat. Seit der ersten Beschreibung in der Fachliteratur im Jahr 1975 hat die Teleophthalmologie in den letzten Jahren aufgrund der raschen Digitalisierung enorm an Bedeutung gewonnen [8]. Als praktischer und allgemein zugänglicher Ansatz für die Patientenversorgung wurde die Teleophthalmologie erfolgreich bei der Behandlung einer zunehmenden Anzahl von ophthalmologischen Erkrankungen eingesetzt. Man unterscheidet zwischen asynchronen (speichern und weiterleiten) und synchronen (Live-Videokonsultation) Methoden der telemedizinischen Versorgung. Eine andere Methode ist eine hybride Konsultation, bei der die Voruntersuchungen an Geräten mit der folgenden Live-Videokonsultation kombiniert werden. In den meisten Ländern ist die teleophthalmologische Versorgung auf der asynchronen Methode basiert, wobei das Screening und die Kontrolle unterschiedlicher Augenerkrankungen primär mittels diagnostischer Geräte beim Optometristen stattfinden, der diese Befunde dem Augenarzt zur Verfügung stellt. Zahlreiche ausländische Studien haben die Effizienz der Telemedizin beim Screening und bei der Verlaufskontrolle der diabetischen Retinopathie (DR) in Kliniken der Grundversorgung nachgewiesen [1, 12]. Modjtahedi et al. kamen zu dem Schluss, dass die Telemedizin eine vielversprechende Methode ist, um Patienten mit Glaukomverdacht zu kontrollieren [15]. Die Studie von De Bats et al. bewies den erfolgreichen Einsatz der nichtmydriatischen Fundusfotografie und Telemedizin beim Screening auf altersbedingte Makuladegeneration (AMD) [5]. Ting et al. stellten in ihrer Studie eine durch künstliche Intelligenz unterstützte Telemedizinplattform für das Screening und Management von Katarakten dar [20]. Ergebnisse von Kern et al. zeigten, dass die Teleophthalmologie die Anzahl unnötiger Überweisungen an ophthalmologische Gesundheitseinrichtungen wirksam reduziert [10]. Außerdem führten die verbesserte Zugänglichkeit zur ophthalmologischen Versorgung und die Förderung des DR-Screenings in ländlichen Gebieten durch Teleophthalmologie zu einer hohen Zufriedenheit sowohl der Patienten als auch des medizinischen Personals [22]. Die synchrone Methode der Teleophthalmologie entspricht einer Live-Videokonsultation, wobei die Anamneseerhebung als auch die Inspektion online über eine Videoverbindung ohne Voruntersuchung durchgeführt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass dieses Konsultationsverfahren zuverlässig zur Diagnose und Überwachung pädiatrischer Augenerkrankungen eingesetzt werden kann und durch die Zusammenarbeit von Optikern und Ophthalmologen mithilfe von Videokonferenztechnologien die Betreuung unterversorgter Bevölkerungsgruppen sichergestellt werden kann [16]. Außerdem kann die Telemedizin erfolgreich chirurgische Eingriffe über Telementoring unterstützen [19]. Diese teleophthalmologische Konsultationsmethode spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung unter komplizierten Umständen. Es wurde von der Armee der Vereinigten Staaten ein teleophthalmologisches Konzept erfolgreich etabliert, um eine angemessene und rechtzeitige Einweisung der eingesetzten Offiziere sicherzustellen und in einigen Fällen eine unnötige Evakuierung zu vermeiden [14].

Während der aktuellen Corona (COVID-19)-Pandemie hat die Nachfrage nach teleophthalmologischen Lösungen extrem zugenommen. Die weite Verbreitung von moderner Kommunikationstechnologie in der Bevölkerung und bereits entwickelter Telekonsultationsplattformen führten zu einer einfachen Implementierung der Teleophthalmologie innerhalb kurzer Zeit. Videosprechstunden (VISP) wurden in ophthalmologischen Praxen und Kliniken weltweit als Alternative zur konventionellen Konsultation eingeführt, um das Risiko einer Infektionsübertragung zu verringern, das mit einem engen Kontakt zwischen Patient und Arzt während der Untersuchung an der Spaltlampe und zwischen den Patienten in einem Wartezimmer verbunden ist. Die VISP basiert auf der Live-Videokonsultation. Dieses Konsultationsverfahren bietet im Gegensatz zur asynchronen Methode eine komplett kontaktlose Patientenberatung. Dadurch könnte dies zur maximalen Infektionsprophylaxe beitragen und gleichzeitig eine angemessene medizinische Versorgung ophthalmologischer Patienten gewährleisten. Darüber hinaus könnte die Teleophthalmologie Lösungen für Praxen und Kliniken anbieten, um eine pandemiebedingte geringere Anzahl von Patientenvorstellungen zu kompensieren.

Im Rahmen dieser Studie sollen die häufigsten Gründe für die Patientenvorstellungen in der VISP, der Anteil an Patienten, die sich trotz VISP nochmals in der Praxis vorstellen mussten, die praktischen Herausforderungen bei der Einführung einer VISP sowie die Patientenzufriedenheit in einer Augenarztpraxis (Dres. Kortüm, Ludwigsburg) während der Frühphase der COVID-19-Pandemie evaluiert werden.

Material und Methoden

In diese retrospektive Kohortenstudie wurden Patienten eingeschlossen, die sich für eine VISP im Zeitraum zwischen dem 20.03. und dem 09.04.2020 in der Praxis angemeldet haben. Die VISP führten wir über die Videoplattform https://arztkonsultation.de/ durch, die nach einer Marktanalyse von Videodienstanbietern (zertifiziert von der Kassenärztlichen Vereinigung [2]) ausgewählt wurde. Im Zuge der Corona-Krise bieten viele Anbieter eine kostenlose Nutzung des Dienstes an. Danach entstehen Kosten von 1,99 €/Anruf bzw. gibt es monatliche Pauschalpreise für die Nutzung zwischen 9,90 € und 49 €.

Die Abrechnung gegenüber der Krankenkasse erfolgte über die normale Kassenabrechnung. Bei der Abrechnung ist der Videosprechstundenfall mit der EBM(einheitlichen Bewertungsmaßstab)-Ziffer 88220 zu kennzeichnen, falls nur eine Videosprechstunde und nicht noch zusätzlich eine persönliche Begegnung in der Praxis erfolgte. Diese Ziffer bewirkt bei Augenärzten einen 30 %igen Abschlag der Grundpauschale als auch der Zuschlagsziffer 06225 für konservativ tätige Augenärzte. Dem gegenüber stehen eine Ziffer zur Anschubfinanzierung (EBM-Ziffer 01451, 10 €/Patient, maximal 50 Patienten/Quartal, befristet auf 2 Jahre) sowie ein Technikzuschlag (EBM-Ziffer 01450, 4,33 €/Patient, gedeckelt auf 205,52 €/Quartal).

Die Patienten wurden über die Internetseite der Praxis, eine Ansage vor jedem Telefonat, eine Zeitungsanzeige sowie durch persönliche Ansprache über die VISP informiert. Aufgrund der gültigen Musterberufsordnung (MBO) in Baden-Württemberg durften nur Patienten telemedizinisch behandelt werden, die zuvor in der Praxis persönlich behandelt wurden. In den meisten anderen Bundesländern ist eine neue Fassung der MBO schon verabschiedet worden, die auch eine Erstbehandlung erlaubt.

Die Terminvergabe für die VISP erfolgte telefonisch durch die medizinischen Fachangestellten (MFA) der Praxis. Der Patient musste eine Mobilfunknummer angeben. Während des Telefonats mit der Praxis erhielt der Patient eine SMS mit den Zugangsdaten zur VISP. Alle Studienteilnehmer sollten vor ihrem VISP-Termin eine Einverständniserklärung unterzeichnen und der Praxis zukommen lassen. Patienten mit neu aufgetretenen akuten Sehverschlechterungen und starken Augenschmerzen wurden nicht in die VISP einbestellt, sondern sollten sich persönlich in der Praxis vorstellen. Die Videokonsultation auf dieser Plattform führte ein Facharzt in der Regel innerhalb von 24 h nach Terminvereinbarung auf der Webseite des Videodienstanbieters durch. Videokonsultationen wurden zwischen einem Arzt an einem Computer und dem Patienten unter Verwendung eines Geräts mit einer Frontkamera und einem Mikrofon durchgeführt. Es konnte ein gegenseitiger verbaler und visueller Kontakt aufgebaut werden. Zuerst wurde die Anamnese erhoben, dann wurden die Patienten gebeten, ihre Augen mit der Frontkamera ihres Geräts in verschiedene Blickrichtungen und Anhebung der Augenlider zu filmen. In Fällen, in denen keine sichtbare Pathologie festgestellt werden konnte oder die Anamnese nicht eindeutig war, wurde eine konventionelle Vorstellung in der Praxis vereinbart. Alle Patienten wurden während der Videokonsultation über die Möglichkeit informiert, sich im Falle einer Verschlechterung oder anhaltenden Symptomatik konventionell zu präsentieren. Wir erstellten einen Fragebogen, der 8 Fragen beinhaltete (Tab. 1). Die Fragen wurden dem Patienten (innerhalb von 48 h nach VISP-Termin) in einem Telefonat durch einen Arzt gestellt. Die Evaluation der VISP erfolgte mittels eines Schulnotensystems in der Skala von 1 bis 6, wobei (1) – sehr gut, (2) – gut, (3) – befriedigend, (4) – ausreichend, (5) – mangelhaft und (6) – ungenügend bedeutet. Aus den Patientenakten haben wir das Geschlecht und das Alter der Studienteilnehmer erhoben. Es wurde der Grund der Patientenvorstellung in der VISP notiert (postoperative Patienten und andere). Symptomatische Patienten wurden je nach Symptomatik in 2 Gruppen (vordere und hintere Abschnittsymptomatik) unterteilt. Eine weitere Gruppe stellten asymptomatische Patienten dar. Im Beobachtungzeitraum von 3 Wochen nach der letzten Videokonsultation haben wir die Daten über erneute persönliche Patientenvorstellungen in der Praxis oder wiederholte teleophthalmologische Beratungen aufgrund der gleichen Symptomatik erhoben. Für die Datenauswertung wurde die Software Excel, Version 16.36 (Microsoft, Redmond, Washington, USA, 2020), verwendet. Die Daten wurden durch eine proportionale und prozentuelle Verteilung sowie den Mittelwert dargestellt.

Tab. 1 Fragen zur Zufriedenheit mit der Videosprechstunde

Ergebnisse

Insgesamt wurden 29 Patienten in diese Studie eingeschlossen. Das mittlere Alter lag bei 59,3 Jahren; 16 (55,17 %) Patienten waren weiblich, 13 (44,83 %) männlich. Das mittlere Alter der weiblichen Patienten betrug 64,7 Jahre, das der männlichen Teilnehmer 52,6 Jahre. Die Videokonsultation konnte bei 20 von 29 (68,97 %) der Teilnehmer abgeschlossen werden, mit 9 von 29 (31,03 %) konnte keine Videoverbindung aufgebaut werden. Der Anteil der erfolgreich durchgeführten Videokonsultationen lag bei 9/16 (56,25 %) der weiblichen und 11/13 (84,62 %) der männlichen Patienten (Tab. 2).

Tab. 2 Patientencharakteristik. VISP Videosprechstunde

Die Terminvergabe für die VISP wurde von allen 29 Studienteilnehmern mit der Durchschnittsnote 1,4 bewertet; 20 Studienteilnehmer, die durch eine Videotelefonie erfolgreich konsultiert wurden, bewerteten sowohl den Aufruf der Videotelefonie als auch die Stabilität der Verbindung hinsichtlich des Tons und der Bildqualität durchschnittlich mit der Note 1,5 (Tab. 3; Abb. 1). Die gesamte Erfahrung mit der VISP wurde von den konsultierten Patienten mit der Durchschnittsnote 1,6 bewertet. Alle 20 videokonsultierten Patienten gaben an, dass sie die VISP weiterempfehlen würden.

Tab. 3 Bewertung der Videosprechstunde (VISP) mit den Durchschnittsnoten
Abb. 1
figure 1

Bewertung der Videosprechstunde (VISP). a Bewertung der Terminvergabe für die VISP, b Bewertung des Aufrufs von der VISP, c Bewertung der Stabilität der Verbindung hinsichtlich Ton- und Bildqualität, d Bewertung der Gesamterfahrung mit der VISP

Wir haben von allen 29 Studienteilnehmern die für die VISP verwendeten Endgeräte analysiert. Die meisten Studienteilnehmer (26/29, 89,66 %) versuchten die Videoverbindung an ihrem Smartphone herzustellen. Die anderen 3/29 (10,34 %) Patienten verwendeten dafür ihr Tablet. Die Mehrheit (16/26, 61,54 %) der Smartphone-Benutzer besaß ein Smartphone mit dem Betriebssystem Android (Google, Mountain View, CA, USA), der Rest 10/26 (38,46 %) ein iPhone (iOS-Betriebssystem) (Apple, Cupertino, CA, USA) (Abb. 2). Alle Tablets liefen auf Android-Basis. In allen Fällen konnte am Tablet eine Verbindung aufgebaut werden, bei den meisten der iPhone-basierten Verbindungen (80 %) und bei 56 % der Android-Smartphones (Abb. 3).

Abb. 2
figure 2

Anteil des für die Videosprechstunde (VISP) verwendeten Geräts je nach Betriebssystem

Abb. 3
figure 3

Anteil der erfolgreichen Verbindungen je nach Betriebssystem. VISP Videosprechstunde

In dieser Studie haben wir Informationen über den Grund der Patientenvorstellung in der VISP gesammelt. Diagnosen wurden während der Videokonsultationen anhand der anamnestischen Angaben und der Bilder von Live-Videoübertragung von Augen gestellt. Diese Liveübertragung ermöglichte oftmals die Erkennung der Pathologie des vorderen Augenabschnitts wie Rötung, Eiter oder Einblutungen. Nach unserer Einschätzung waren die Bild- und Tonqualität in den meisten Fällen suffizient. Die Ergebnisse zeigen, dass 12/20 (60 %) Patienten in der VISP aufgrund der vorderen Augenabschnittsymptomatik (Konjunktivitis, Blepharitis, Hordeolum, Iritis) konsultiert wurden. Bei 8/20 (40 %) Patienten erfolgte eine postoperative Kontrolle (Zustand nach intravitrealer operativer Medikamenteneingabe [IVOM], Kataraktoperation, Netzhautoperation); 2/8 (25 %) operierten Patienten stellten sich wegen der Symptomatik des vorderen und 1/8 (12,5 %) wegen der des hinteren Augenabschnittes vor; 5/8 (62,5 %) postoperativen Patienten waren asymptomatisch. Unsere Daten zeigen, dass innerhalb des Beobachtungszeitraums von 3 Wochen nach der letzten Videokonsultation bei 14/20 (70 %) Patienten keine Wiedervorstellung in der Praxis oder in der VISP stattgefunden hat, 6/20 (30 %) Patienten haben sich erneut aufgrund der persistierenden Symptomatik oder zur weiteren Abklärung vorgestellt.

Diskussion

Rolle der VISP im Patientenmanagement

Laut der Studie von Stagg et al., die in den USA durchgeführt wurde und mehr als 11 Mio. Patienten umfasste, stieg die Zahl der Teilnehmer, die die Notaufnahme wegen Augenproblemen besuchten, um 30 % (pro 10.000 Teilnehmer) ab 2001 bis 2014, und fast 25 % der Fälle stellten eine nicht dringende Augenerkrankung dar [17]. Diese Ergebnisse unterstützen die Bedeutung der Teleophthalmologie als mögliches Instrument zur Optimierung des Patientenmanagements. Wir haben während der COVID-19-Pandemie die VISP in unserer Praxis eingeführt, um die Anzahl vermeidbarer Patientenvorstellungen zu verringern und somit eine ausreichende Infektionsprophylaxe sicherzustellen. Nach den Ergebnissen unserer Studie bewerteten die meisten Studienteilnehmer (27/29, 93,1 %) die Terminvergabe für die VISP als sehr gut und gut, was auf eine sehr gute Akzeptanz von Videokonsultationen hinweist und die VISP zu einer attraktiven Alternative für konventionelle Konsultationen macht. Des Weiteren konnten unsere Studiendaten zeigen, dass die Mehrheit der Patienten (70 %) sich in der VISP wegen der Symptomatik des vorderen Augenabschnittes vorgestellt haben, 25 % der Patienten waren asymptomatisch, und 5 % der Vorstellungen erfolgten aufgrund von Beschwerden im hinteren Augenabschnitt. Bei 70 % aller videokonsultierten Patienten fanden innerhalb des Zeitraums von 3 Wochen nach der letzten Konsultation keine weiteren konventionellen Präsentationen oder Videokonsultationen statt. Der Rest (30 %) wurde entweder zur weiteren diagnostischen Abklärung einbestellt oder stellte sich selbst erneut aufgrund der ausbleibenden Besserung vor. Dies könnte auf eine hohe praktische Anwendungsmöglichkeit der VISP im Management nicht dringender Augenerkrankungen hinweisen.

Zufriedenheit mit Teleophthalmologie

Da die Teleophthalmologie zur Kontrolle einer zunehmenden Anzahl von ophthalmologischen Erkrankungen eingesetzt wird, wurden mehrere Studien durchgeführt, um die Zufriedenheit der Patienten mit der Teleophthalmologie herauszufinden. Die meisten von diesen Studien analysieren die Patientenzufriedenheit mit dem asynchronen telemedizinischen Konsultationsverfahren, wobei die Befunde gerätetechnisch erhoben werden und an anderer Stelle evaluiert werden. Es gibt viele Studien, die eine erfolgreiche Implementierung von dieser teleophthalmologischen Methode in ländlichen Gebieten belegen, was am häufigsten auf eine Unterversorgung der Patienten zurückzuführen ist. Die Studie von Host et al. zeigte eine hohe Zufriedenheit der Patienten mit teleophthalmologischen Videokonsultationen im ländlichen Westaustralien, wo die Mehrheit der 137 Teilnehmer unabhängig vom Alter entweder „sehr zufrieden“ (69,1 %) oder „zufrieden“ (24,5 %) mit dem Service war [7]. Eine weitere Studie von Tuulonen et al. in Nordfinnland zeigte, dass 96 % von 29 Patienten, die wegen eines Glaukoms über die VISP konsultiert wurden, nachher eine Videokonsultation in ihrem eigenen ländlichen Gesundheitszentrum einer konventionellen Konsultation in der Augenklinik der Universität vorzogen [21]. Die hohe Zufriedenheit der in ländlichen Gebieten lebenden Patienten mit Teleophthalmologie hängt mit der Reduktion des Zeitaufwands, der bequemeren Erreichbarkeit der ophthalmologischen Versorgung und der Reduzierung der Reisekosten zusammen. Die in Finnland durchgeführte Studie von Lamminen et al. kam zu dem Schluss, dass im Zeitraum von 1997 bis 2009 deutliche Kosteneinsparungen im Zusammenhang mit Telekonsultationen von ophthalmologischen und dermatologischen Patienten in Grundversorgungszentren in ländlichen Gebieten im Vergleich zu konventionellen Konsultationen im Krankenhaus erzielt werden konnten [11]. Der technologische Fortschritt führte im Beobachtungszeitraum zu einer Reduzierung der Kosten für teleophthalmologische Geräte, was einen Ausbau des teleophthalmologischen Angebots ermöglichte. Dies wiederum führte zu geringeren Kosten für Patienten, da sie weniger weite Strecken fahren mussten. Darüber hinaus hängt die hohe Zufriedenheit der Patienten mit der Teleophthalmologie mit Verbesserungen der ophthalmologischen Versorgung zusammen, die durch die Einführung verschiedener ophthalmologischer Screeningprogramme erreicht werden. Die Studie von Matimba et al. zeigte, dass 37 % der Studienpatienten, die in Simbabwe teleophthalmologisch auf diabetische Retinopathie untersucht wurden, Anomalien aufwiesen, die ansonsten ohne Screening nicht diagnostiziert worden wären [13]. Eine hohe Patientenzufriedenheit mit der synchronen teleophthalmologischen Methode (Live-Videokonsultation) wurde von einer in Israel durchgeführte Studie nachgewiesen, die zu dem Schluss kam, dass 98 % der über die VISP konsultierten Patienten in der Notaufnahme bei ihrem nächsten Besuch die VISP der konventionellen Untersuchung vorziehen würden [3]. In unserer Studie untersuchten wir die Zufriedenheit von Patienten mit der VISP, die während der COVID-19-Pandemie in der Praxis eingeführt wurde. Unsere Ergebnisse zeigen eine hohe Patientenzufriedenheit – 95 % unserer Patienten gaben ihre Gesamterfahrung mit der VISP als gut bzw. sehr gut an. Alle Studienteilnehmer gaben an, dass sie die VISP weiterempfehlen würden.

Herausforderungen beim Aufbau der Videoverbindungen

Um eine hohe Patientenzufriedenheit mit der VISP zu erreichen, ist es auch sehr wichtig, die Funktionalität und die gute Qualität der Videoverbindung sicherzustellen. Trotz des aktuellen technologischen Fortschritts können Videokonsultationen durch verschiedene technische Störungen unterbrochen werden bzw. kommen erst gar nicht zustande. Nach den Ergebnissen einer Studie in Griechenland traten bei 13 von 56 (23,21 %) der telemedizinischen Untersuchungen technische Probleme auf [6]. Tan et al. erklärten, dass die diagnostische Genauigkeit einer Live-Videountersuchung vorwiegend von der Qualität der Internetgeschwindigkeit abhängt. Die Autoren schlugen vor, dass es alternativ vorteilhaft sein könnte, relevante klinische Informationen und Bilder vor einer Videokonsultation zu erfassen, um den Einfluss einer schlechten Internetverbindung auf die Qualität der VISP zu minimieren [18]. Darüber hinaus betonte die von Johansson et al. in Schweden durchgeführte Studie die Bedeutung einer gut funktionierenden Schulung und eines technischen Supportteams vor der Einführung von Videokonsultationen [9]. Unsere Studienergebnisse zeigen auch technologische oder benutzerdefinierte Herausforderungen im Zusammenhang mit der VISP, da 9 von 29 (31,03 %) Konsultationen nicht durchgeführt werden konnten. Die Rate erfolgloser Verbindungen war bei Benutzern von Smartphones und Tablets mit Android-Betriebssystem höher (36,84 %) als bei Apple iPhones (20 %). Ein Grund hierfür könnte an der unterschiedlichen Politik der Produktaktualisierungen liegen. So wird das iPhone ca. 4 bis 5 Jahre lang mit den neuesten Updates aktualisiert. Bei den Android-Handys und -Tablets sind es meist nur 18 Monate, wobei die Anzahl und Dauer der Updates je nach Hersteller sehr unterschiedlich sind. Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass die Bandbreite der Produktqualität im Android-Bereich erheblich breiter gestreut ist und dadurch mehr minderwertige Geräte im Einsatz sein könnten; 16/20 (80 %) Patienten, die erfolgreich über die VISP konsultiert wurden, bewerteten den Aufruf der Videoverbindung jedoch als sehr einfach bzw. einfach und nur 4/20 (20 %) als zufriedenstellend; 18/20 (90 %) Patienten empfanden die Qualität von Video und Ton der VISP als sehr gut und gut und nur 2/20 (10 %) als zufriedenstellend. Diese Ergebnisse könnten darauf hindeuten, dass erfolglose Videoverbindungen am ehesten auf individuelle Benutzerprobleme zurückzuführen sind.

Weitere technische Entwicklungen

Laut unseren Studienergebnissen versuchten die meisten Studienteilnehmer (26/29, 89,66 %), eine Videoverbindung über ihr Smartphone herzustellen, der Rest 3/29 (10,34 %) verwendete Tablets. Diese Daten stellen tragbare Geräte als leistungsstarke Plattform für Teleophthalmologie dar. Chhablani et al. beschrieben das Potenzial qualitativer Verbesserungen teleophthalmologischer Dienstleistungen durch die Implementierung zusätzlicher diagnostischer und therapeutischer Instrumente, auf die die Patienten mit ihren tragbaren Geräten zugreifen können [4]. Verschiedene Apps, die beispielsweise zum Testen der Sehschärfe entwickelt wurden, sollten zusätzliche relevante Informationen liefern, die zur Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit von Videokonsultationen beitragen können, und elektronische Rezepte sollten einen schnelleren Zugang zur Therapie ermöglichen [23]. Dies alles könnte zu einer höheren Attraktivität und Benutzerfreundlichkeit der VISP beitragen und somit zu einer weiteren Reduzierung vermeidbarer Patientenpräsentationen führen. Eine weitere Möglichkeit stellen Hybridlösungen dar. Dabei könnten bereits vorhandene Diagnostikgeräte besser genutzt werden, indem Patienten am Ende der Sprechstunde, abends oder am Wochenende vom Praxispersonal untersucht werden (z. B. Visus, Non-contact-Tonometer und Gesichtsfelduntersuchung). Die Besprechung der Ergebnisse dieser Expressuntersuchung würde dann zu einem späteren Zeitpunkt mit einem Arzt per Videosprechstunde erfolgen.

Einschränkungen

Unsere Studie ist durch eine relativ kleine Fallzahl begrenzt, und größere prospektive multizentrische Studien auf der Grundlage verschiedener Videokonsultationsplattformen sollten geplant werden, um die Anwendung der VISP in ophthalmologischen Praxen und Kliniken weiter zu untersuchen. Größere Studien sollten auch dazu beitragen, den Einfluss von Patientenalter und Bildungsniveau auf die Zugänglichkeit zur teleophthalmologischen Beratung herauszufinden. Weitere Studien sind ebenfalls erforderlich, um den Anteil der Patienten herauszufinden, die an Videokonsultationen interessiert sind, dies jedoch aufgrund fehlender Hardware oder technischen Verständnisses nicht können. Es ist unklar, ob die VISP nach einer Pandemie mit der gleichen Patientenzufriedenheit verbunden wäre. Weitere Studien sind auch notwendig, um die diagnostische Genauigkeit und die therapeutische Anwendbarkeit von Videokonsultationen besser zu definieren und die genauen technologischen und benutzerbezogenen Gründe für erfolglose Videokonsultationen zu analysieren.

Schlussfolgerung

Die VISP während der COVID-19-Pandemie in der Augenarztpraxis Dres. Kortüm in Ludwigsburg bot in ausgewählten Fällen eine Ergänzung zu konventionellen Konsultationen an und konnte zur Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen ophthalmologischen Versorgung und einer angemessenen Infektionsprophylaxe beitragen. Die VISP war mit einer sehr guten Patientenzufriedenheit verbunden, wurde jedoch durch eine relativ hohe Rate technologischer oder benutzerdefinierter Herausforderungen beim Aufbau einer Videoverbindung begrenzt. Eine kontinuierliche benutzerorientierte technologische Entwicklung ist entscheidend für die weitere Verbreitung dieser Konsultationsmethode.

Fazit für die Praxis

  • Die Teleophthalmologie wird erfolgreich zum Management verschiedener ophthalmologischer Erkrankungen eingesetzt.

  • Videokonsultationen sind attraktiv und für fast alle Patienten zugänglich, unabhängig von Alter und Wohnort.

  • Videosprechstunde bietet in ausgewählten Fällen eine vergleichbare Alternative zu konventionellen Konsultationen an und könnte zu einer angemessenen Infektionsprophylaxe während einer Pandemie beitragen.

  • Videokonsultationen sind mit einer hohen Patientenzufriedenheit verbunden.

  • Trotz des technologischen Fortschritts ist ein hoher Anteil der Videoverbindungen aufgrund einer technologischen oder benutzerbezogenen Problematik nicht möglich.

  • Die Qualität der Videokonsultation kann durch die Verwendung zusätzlicher Geräte in der Praxis und spezieller Programme auf tragbaren Geräten verbessert werden.