Anamnese

Eine 61-jährige Patientin stellte sich aufgrund einer seit mehr als 4 Monaten anhaltenden Keratitis am rechten Auge in unserer Klinik vor. Die Patientin benutzte vor Beginn der Symptome Kontaktlinsen. Sie berichtete von einer kontinuierlichen Verschlechterung der Sehkraft und starken Schmerzen am rechten Auge. Die Patientin war zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits mit Antibiotika‑, Propamidin-Isethionat- und Polyhexamethylenbiguanid-Augentropfen behandelt worden. Die Sehschärfe bei der Erstuntersuchung lag bei Fingerzählen. Die Untersuchung des vorderen Augenabschnittes zeigte eine Hornhauterosio und -trübung sowie Endothelbeschläge. Wir führten eine Limbokeratoplastik [4, 5] durch. Bei der histopathologischen Untersuchung des Hornhautschutzes wurden Akanthamöbenzysten festgestellt.

Befund

Zwei Wochen nach der Limbokeratoplastik wurde eine Abszedierung der Sklera bemerkt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Abszess im Bereich der Sklera 2 Wochen nach Limbokeratoplastik bei Akanthamöbenkeratitis

Diagnose

Nekrotisierende Skleritis nach Akanthamöbenkeratitis

Therapie und Verlauf

Es wurde eine Thermokauterisation des Abszesses durchgeführt (Abb. 2). Zudem erfolgte eine Amnionmembrantransplantation. Die topische Behandlung umfasste Propamidin-Isethionat, Polyhexamethylenbiguanid und Moxifloxacin-Augentropfen. Die systemische Behandlung wurde mit Methylprednisolon und Voriconazol durchgeführt. Im Laufe der folgenden 5 Monate kam es zu mehreren Episoden von skleralen Entzündungen und Einschmelzungen in verschiedenen Teilen der Sklera des rechten Auges. Es wurden mehrere Thermokauterisationen und Amnionmembrantransplantationen durchgeführt. Die Hornhauttransplantation zeigte während dieses Zeitraumes keine Anzeichen für ein Rezidiv der Akanthamöbenkeratitis. Letztendlich bestand eine zirkuläre Ausdünnung der Sklera um den Limbus (Abb. 3). Die histopathologische Untersuchung des Skleralgewebes ergab keinen Anhalt für Akanthamöben. In der weiteren Nachbeobachtung zeigte sich kein Rezidiv über die folgenden 12 Monate.

Abb. 2
figure 2

a Skleraldefekt nach Thermokauterisation. In diesen Bereich wurde anschließend eine Amnionmembran transplantiert. b Defekt nach Amnionmembrantransplantation. Nur eine der Nähte ist noch zu sehen

Abb. 3
figure 3

Zirkuläre Skleraausdünnung um den Limbus

Diskussion

Die nekrotisierende Skleritis ist eine seltene Komplikation der Akanthamöbenkeratitis [2]. In unserem Fall wurden bei der histopathologischen Untersuchung des Hornhautgewebes Akanthamöbenzysten nachgewiesen, aber nicht im Skleragewebe. Dies war auch der Fall in einem Bericht von Chatterjee et al. Die Autoren vermuten, dass nicht nur Akanthamöben, sondern auch eine immunologische Entzündung für das Einschmelzen des Gewebes verantwortlich sein könnte [1]. Daher sollte nicht nur eine Behandlung der Akanthamöben, sondern auch eine entzündungshemmende Behandlung durchgeführt werden. In unserem Fall zeigte das Hornhauttransplantat bei der Skleraverdünnung keine Anzeichen für ein Wiederauftreten der Akanthamöben. Der Einsatz von Amnionmembran bei postoperativer nekrotisierender Skleritis nach Mitomycin C-Behandlung wurde von anderen Arbeitsgruppen beschrieben [3]. Wir behandelten die Entzündung mit einem Wunddébridement und einer Thermokauterisation sowie mit zusätzlichen systemischen Steroiden. Zudem erfolgte eine Transplantation von Amnionmembran zur Oberflächenrekonstruktion. Dies musste mehrmals in Kombination mit einer kontinuierlichen Anti-Akanthamöben-Therapie (Voriconazol und topische Behandlung mit Propamidin-Isethionat, Polyhexamethylenbiguanid und Moxifloxacin-Augentropfen) wiederholt werden, um eine stabile Situation ohne Rezidiv der Skleritis zu erreichen. Nach unserem Wissensstand ist dies der erste Fall einer Akanthamöben-assoziierten Sklerokeratitis, welcher mit einer Kombination aus entzündungshemmender Therapie, Thermokauterisation und Amnionmembrantransplantation behandelt wurde. Diese Behandlung könnte in ausgewählten Fällen eine Alternative zur etablierten Kryotherapie sein und sollte in weiteren Studien evaluiert werden.

Fazit für die Praxis

Die nekrotisierende Skleritis ist eine seltene Komplikation der Akanthamöbenkeratitis. Eine Behandlung mittels einer Kombination aus entzündungshemmender Therapie, Thermokauterisation und Amnionmembrantransplantation kann in schweren Fällen notwendig sein.