Neue Veröffentlichungen und ein Zugewinn an Informationen zum Thema Tumor sind nahezu täglich zu konstatieren. Wöchentliche Listungen von Veröffentlichungen in medizinischen Suchmaschinen wie Medline verdeutlichen, dass sich auch in der Augentumorbehandlung das evidenzbasierte Wissen massiv erweitert. Gerade vor diesem Hintergrund, aber auch mit der Abkehr von strikt vorgegebenen Behandlungspfaden für Krankheiten in der Medizin befreien sich Arzt und Patient ein wenig aus den bisherigen engen Denkstrukturen. Die Nutzung von pharmakogenetischen Aspekten, bei denen spezifische Mutationsänderungen im Tumorgewebe Ansätze für eine Therapie ergeben, sind hier ein einfach verständliches Beispiel und der bekannteste Ansatz der personalisierten Medizin. Allerdings sind weitere Differenzierungsmöglichkeiten von Tumoren in der Diagnostik auf Protein- oder Mediatorenebene von besonderer Bedeutung und weisen auf unterschiedliche Therapiestrategien als „best care“ abhängig vom vorliegenden Fall hin.

Neben der molekularbiologischen und genetischen Individualisierung einer Augentumorerkrankung sollen und werden andere Aspekte wie Klinik und Komorbiditäten, aber auch die persönliche Lebenssituation und Wünsche eines Patienten in die Waagschale zur Therapieentscheidung geworfen. Während Klinik und Komorbiditäten z. B. zur Limitation einer körperlich belastenden zielgerichteten Systemtherapie führen können, sind persönliche Lebenssituationen, wie z. B. eine fehlende Versorgung des Patienten zu Hause, eine Schwangerschaft oder auch die fehlende Möglichkeit, die ambulanten Therapietermine wahrzunehmen, Kriterien für eine Therapieauswahl.

Bei der Therapieentscheidung werden Lebenssituation und Wünsche des Patienten berücksichtigt

Letztendlich ist der Paradigmenwechsel von einer Algorithmen-gesteuerten Behandlung zu einer vom Patienten ausgewählten Therapie die vielleicht größte Veränderung zu vorherigen Behandlungsstrategien. Das onkologische Team, zu dem auch der augentumorerfahrene Augenarzt gehört, bietet nach dem Diskurs der Patientensituation in einer Tumorkonferenz ein Behandlungskonzept an. Dieses orientiert sich an den molekularbiologischen und -genetischen Charakteristika des Tumors zum einem, aber zum anderen auch an der Klinik, an der individuellen Lebenssituation und an den Wünschen des Patienten. Die Vorteile bei der Berücksichtigung der Wünsche des Patienten liegen auf der Hand. Der Patient ist Subjekt in dem Prozess der Behandlung und braucht eine Therapie nicht nur „über sich ergehen zu lassen“. Ebenso kann die positive Haltung des Patienten gegenüber der ausgewählten Therapie genutzt werden und so dem Behandlungsprozess zugutekommen. Arzt und Patient kommen sich in diesem individuellen und weniger mechanischen Ansatz der Therapieauswahl deutlich näher.

In diesem Sinne sind exemplarisch 3 Bereiche aus der Augentumortherapie in diesem Heft aufgegriffen und im Hinblick auf die personalisierte Medizin neu beleuchtet worden. Mit den Aderhautmelanomen, den okulären Lymphomen sowie den Tumoren im Lidbereich und auf der Augenoberfläche kann in diesem Heft durchaus gelungen dargestellt werden, inwieweit die personalisierte Medizin in der Behandlung der Augentumoren bereits greift und wie dieser Ansatz weiter vertieft werden kann und sollte [1,2,3].

Ihr

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PD. Dr. Vinodh Kakkassery