Hintergrund

Die World Health Organization (WHO) schätzt, dass weltweit ca. 18 Mio. Menschen an einer (beidseitigen) Katarakt erblindet sind („blinding cataract“). Die Katarakt ist mit 48 % die Hauptursache für behandelbare Erblindung.

Während sich die Kataraktchirurgie zur Behandlung des grauen Stars in den westlichen Industrienationen zu einem der erfolgreichsten Operationsverfahren in der Medizin überhaupt entwickelt hat und Menschen auch in hohem Lebensalter eine exzellente Sehqualität ermöglicht, steigt in weniger entwickelten Ländern die Zahl der Kataraktblinden kontinuierlich. Diese Entwicklung kommt nicht unerwartet [16] und hängt wesentlich mit dem Anstieg der Zahl älterer Menschen weltweit zusammen und das, obwohl es erhebliche Anstrengungen gibt, vermeidbare Blindheit wirkungsvoll zu bekämpfen [20].

Nach wie vor ist in Afrika 1 Augenarzt für ca. 1.000.000 Menschen verantwortlich, die „cataract surgical rate“ (CSR), also die Zahl der Operationen pro Jahr pro 1 Mio. Menschen, liegt im südlichen Afrika (Sub-Sahara-Afrika [SSA]) bei unter 500, in Tansania 2010 bei 518 Operationen [3]. Die CSR sollte zwischen 2000 bis 5000 Eingriffen auf 1 Mio. Menschen betragen, um Kataraktblindheit adäquat behandeln zu können [2, 11].

Programme zur Blindheitsverhütung bestehen mancherorts schon sehr lange. Seit Mitte der 90er-Jahre gibt es nachhaltige Strukturen, die dennoch an Effektivität zu wünschen übrig lassen [11].

Sumbawanga, eine 150.000-Einwohner-Stadt, liegt im Südwesten Tansanias und ist Hauptstadt der Region Rukwa. Die augenchirurgische Versorgung wird dort seit knapp 10 Jahren von einem einzelnen Kataraktchirurgen (Assistent Medical Officer [AMO], nicht universitärer staatlich anerkannter Ausbildungsberuf) für die gesamte Rukwa-Region mit etwa 1,5 Mio. Menschen sichergestellt.

Um die Versorgung zu verbessern, hat das Deutsche Komitee zur Verhütung von Blindheit (DKVB) seit 2017 Augencamps eingerichtet: Zweimal jährlich fliegt ein Team aus mehreren Ärzten und medizinischem Fachpersonal nach Sumbawanga, um in einem jeweils 2‑wöchigen Einsatz Patienten zu untersuchen und zu operieren. Pro Einsatz werden 800 bis 1000 Patienten untersucht und etwa 200 Operationen durchgeführt – Tendenz steigend. Die Patienten kommen aus der gesamten Rukwa-Region, im Einzelfall über Entfernungen von mehreren 100 Kilometern angereist. Die Bedingungen in solchen Einsätzen mit Augencamp-Charakter sind naturgemäß schlechter als in einer etablierten Klinikstruktur [2]. Dennoch scheint es nach dem nunmehr vierten Camp in Sumbawanga angemessen, sich mit der Qualität der geleisteten Arbeit auseinanderzusetzen, zumal die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sehr klare Vorgaben für die Ergebnisqualität in der Kataraktchirurgie formuliert [20].

Vielleicht ist es eine Schwäche von Hilfseinätzen, sich mehr auf die Zahl der Untersuchungen und Eingriffe zu konzentrieren als auf die Qualität der Ergebnisse. Das ist bedauerlich, zumal es nicht neu ist, dass Qualität eine gleichermaßen hohe Aufmerksamkeit verdient wie Quantität. Speziell aus der SSA-Region gibt es keine veröffentlichten Studien über an Augenkliniken durchgeführte Kataraktserien, bei denen die Qualitätsziele der WHO erreicht wurden. Diese Tatsache hat dazu geführt, dass in den betroffenen Ländern – auch in Tansania – eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Bedeutung der Qualität in der Kataraktchirurgie im öffentlichen Gesundheitswesen entstanden ist [1, 22].

In diesem Sinne stellen die Auswertung und Darstellung dieser zweifelsohne ernüchternden Daten den Beginn eines kontinuierlichen Ergebnismonitorings dar mit dem Ziel, auch unter „einfachen“ Bedingungen die eigene Ergebnisqualität zu dokumentieren, zu analysieren und Verbesserungspotenzial für die Zukunft zu evaluieren. Ergebnisqualität ist einer der wesentlichen Faktoren in einer „patientenfreundlichen“ Prozesskette, die das Wohl des Patienten im Blick hat [21]. Susan Lewallen hat bereits vor Jahren beschriebenen, dass es gut durchdachter, qualitativ hochwertiger und langfristig geplanter Programme bedarf, um die Cataract-surgical-Rate zu steigern [11, 22].

Material und Methoden

Das vierte Sumbawanga-Augencamp des Deutschen Komitees zur Verhütung von Blindheit fand im April 2019 statt. In diesem Zeitraum wurden 993 Patienten untersucht und insgesamt 212 operative Eingriffe durchgeführt, davon 161 Kataraktoperationen. Beteiligt war medizinisches Personal aus Deutschland, der Schweiz und Tansania.

Alle Patienten, die einer Kataraktoperationen zugeführt wurden, wurden zuvor in einem EDV-basierten System mit Namen, Geburtsdatum und Geschlecht erfasst. Die Anamnese erfolgte mittels eines kisuaheli/englisch sprechenden Krankenhausmitarbeiters. Es folgten im Weiteren Sehtest, Untersuchung an einer Spaltlampe und das Prüfen der Lichtreaktion.

Der Sehtest wurde jeweils prä- und postoperativ von einer „opthalmic nurse“ auf einer 5‑m-Strecke mit E‑Haken als „presenting visual acuity“ (PVA) vorgenommen: also Patienten, die keine Brille haben ohne Brille, bei Vorhandensein einer Brille auch mit Sehhilfe, postoperativ immer ohne (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Sehtest im Augencamp

Eine Kataraktoperation wurde nur bei vorhandener Lichtreaktion durchgeführt. Messung des Augendruckes oder Fundoskopie konnten aufgrund der eingeschränkten Ausstattung nicht routinemäßig durchgeführt werden.

In die Studie wurden nur Patienten ohne vorhergehende okuläre Traumata aufgenommen. Andere Begleiterkrankungen wie Glaukom, Pseudoexfoliationssyndrom, Vernarbungen der Hornhaut wurden nicht ausgeschlossen. Alle Patienten hatten zum Zeitpunkt der Operation eine mature Katarakt. Sie Sehschärfe betrug weniger als 6/60.

Präoperativ wurde bei allen Patienten eine Keratometrie mit einem Nidek ARK-1-Autorefraktionskeratometer (Nidek, Tokio, Japan) durchgeführt. Außerdem eine Achslängenmessung im Ultraschall-A-Mode mit einem Tomey AL-100-Biometriegerät (Tomey, Nürnberg, Deutschland).

Da der Schwerpunkt des Camps v. a. auch in der Ausbildung der tansanischen Kolleginnen und Kollegen bestand, wurden diese beiden Untersuchungen überwiegend von qualifizierten tansanischen Mitarbeitern („eye nurses“) unter Anleitung der deutschen Kollegen durchgeführt.

Die Linsenkalkulation erfolgte mittels der SKR-T-Formel mit einer Zielrefraktion für die jeweils operierten Augen von −0,5 dpt.

Alle Patienten wurden nach unter Zeugen erfolgter mündlicher Einwilligung in der ortsüblichen „manual small incision cataract surgery“ (MSICS) mit Peribulbäranästhesie operiert [15]: Nach Anschlingen der M. rectus superior und Eröffnen der Bindehaut wurde ein ca. 6–7 mm großer sklerokornealer Tunnel bei 12 Uhr präpariert. Die Kapseleröffnung erfolgte mittels Can-opener-Technik. Nach Linsenentfernung wurde entsprechend der Biometrie eine faltbare Acryllinse (Acryl IOL Basis K, 1stQ, Mannheim) unter Eingabe von Viskoelastikum in den Kapselsack implantiert. Die Implantation der Intraokularlinsen erfolgte manuell und ungefaltet durch den sklerokornealen Tunnel. Das Absaugen von Rinde und Viskoelastikum nach der Linsenimplantation erfolgte mithilfe einer Simco-Kanüle. Zum Operationsende wurde das Auge mit balancierter Salzlösung (BSS) tonisiert und die Bindehaut über dem sklerokornealen Zugang mit Dexamethason unterspritzt. Alle in der Studie ausgewerteten MSICS-Operationen wurden durch 2 mit der Technik vertrauten tansanischen Kataraktchirurgen durchgeführt.

Eine obligatorische Kontrolle mit Visus und Spaltlampenmikroskopie erfolgte für alle operierten Patienten am Tag nach der Operation.

Die in Woche 1 operierten Patienten wurden gebeten, sich in Woche 2 des Camps zu einer zweiten postoperativen Kontrolle vorzustellen. Es wurde erneut eine Messung der Sehschärfe (PVA) durchgeführt, außerdem erfolgten eine Untersuchung an der Spaltlampe und eine Vermessung des operierten Auges mit dem Autorefraktometer.

Die Untersuchungsergebnisse wurden auf einem Untersuchungsbogen erfasst, in die EDV übertragen und später ausgewertet.

Soweit möglich wurden bei der Auswertung die Anforderungen der Deklaration von Helsinki in der aktuellen Fassung beachtet und eingehalten.

Ergebnisse

Von 161 operierten Kataraktpatienten kamen 42 Patienten zu einer weiteren postoperativen Kontrolle innerhalb des definierten Zeitfensters.

Das mittlere Kontrollintervall betrug 7 Tage, mindestens 5 und maximal 9 Tage.

Es konnte in jedem Fall die kalkulierte Intraokularlinse (IOL) implantiert werden. Die mittlere Stärke betrug 22,0 dpt. Die kleinste implantierte Linsenstärke war 17 dpt, die stärkste Linse hatte eine Brechkraft von 26 dpt.

Die mittlere postoperative Sehschärfe lag zum Zeitpunkt der zweiten Kontrolle bei 0,26 „presenting visual acuity“ (PVA), also unkorrigierte Sehschärfe auf der 5‑m-Sehstrecke. Das schlechteste Ergebnis war Handbewegung, das beste Ergebnis 0,67.

Der mittlere Brechfehler (sphärisches Äquivalent) war −2,82 dpt, Minimum −7,25 dpt, Maximum 0,625 dpt.

Der Astigmatismus betrug im Mittel −2,2 dpt und variierte von −5,75 bis −0,25 dpt. Die mittlere Achslage der Hornhautverkrümmung lag bei 113 Grad, was einem Astigmatismus gegen die Regel entspricht (Tab. 1).

Tab. 1 Postoperative Ergebnisse DKVB Sumbawanga Eye Camp 2019

Die Weltgesundheitsorganisation hat Zielvorgaben für die Sehschärfe nach Kataraktoperation formuliert. Diese Zielvorgaben werden für die bestkorrigierte (BCVA) und unkorrigierte (UCVA) Sehschärfe unterschiedlich angegeben; 80 % der operierten Patienten sollten eine unkorrigierte Sehschärfe von mehr als 0,3 erreichen – in unserem Kollektiv 14,2 %. Idealerweise haben nur 15 % der operierten Patienten einen postoperativen Visus von 0,1–0,3 und 5 % von kleiner 0,1. Bei den von uns nachuntersuchten Patienten hatten 62 % eine Sehschärfe zwischen 0,1 und 0,3 und 23,8 % eine Sehschärfe unterhalb von 0,1 (Tab. 2).

Tab. 2 Postoperative Sehschärfe entsprechend WHO-Definition

Bei der ausgewerteten postoperativen Kontrolle zeigte sich am 5. bis 9. Tag bei 71 % der Patienten ein regulärer postoperativer Befund. Insgesamt 29 % der Patienten hatten Auffälligkeiten: v. a. vermehrte Descemet-Falten, aber auch in 2 Fällen Fibrin in der Vorderkammer und bei 1 Patienten ein Glaskörperstrang vor der Linse (Tab. 3).

Tab. 3 Dokumentierte Komplikationen bei der zweiten postoperativen Kontrolle

Diskussion

Vorangestellt werden muss dem Diskussionsteil wohl die Frage, warum denn überhaupt Kataraktchirurgie in Form eines Augencamps und damit losgelöst von einer etablierten klinischen Versorgungsstruktur durchgeführt wird [2, 9].

Vergleichbare Untersuchungen, von denen in der Literatur berichtet wird, wurden im Regelfall in Augenkliniken erhoben mit festen Strukturen im Hinblick auf räumliche und personelle Ressourcen [5, 6, 13, 16,17,18].

An dieser Stelle sind 2 Antworten zu geben: Eines der nur teilweise gelösten Probleme ist in der Sub-Sahara-Afrika-Region die Durchdringung der Bevölkerung mit der benötigten und nun auch zur Verfügung stehenden medizinischen Leistung. Es gibt eine Vielzahl von Barrieren, warum Menschen trotz Blindheit die Möglichkeit einer Kataraktoperation nicht Anspruch nehmen: Alter, fehlende finanzielle Mittel, keine Transportmöglichkeit, Skepsis gegenüber dem Verfahren … [9,10,11,12, 19].

Es benötigt komplexe Programme, um das, was erwiesenermaßen gut ist, zu den Menschen zu bringen. Ein Augencamp ist einer der möglichen Lösungsansätze: Wenn die Menschen nicht zum Augenarzt kommen, kommt der Augenarzt zu den Menschen …

Der zweite Grund für die Konzeption als Camp liegt in diesem Projekt darin, dass ein wesentliches Ziel der Arbeit in Sumbawanga die Ausbildung tansanischer Mitarbeiter zu Fachkräften in der augenmedizinischen Versorgung ist. Insofern ist das in Sumbawanga durchgeführte Camp ein Teilschritt hin auf dem Weg zu einer etablierten Versorgungsstruktur vor Ort. Bis dahin muss wohl in Kauf genommen werden, dass die Ergebnisse in etablierten Strukturen besser sind als in ländlichen [2, 10].

Es konnten 42 von 161 kataraktoperierten Augen (26 %) nachkontrolliert werden.

Die mittlere Nachbeobachtungszeit bis zur zweiten postoperativen Kontrolle betrug 7,2 Tage.

Das relativ kurze Kontrollintervall resultiert aus der Struktur des nur 2‑wöchigen Camps. Ein Mindestintervall von 5 Tagen zwischen Operation und zweiter Kontrolluntersuchung wurde festgelegt, um eine relative Refraktionsstabilität und Reproduzierbarkeit bei der Auswertung der Daten zu erzielen; ebenso die Zahl der in die Studie eingeschlossenen Patienten im Verhältnis zur Zahl der operierten Patienten. Da in beiden Wochen operiert wurde, prinzipiell aber nur Patienten aus der ersten Woche nachkontrolliert werden konnten, sind nur 26 % der operierten Patienten eingeschlossen worden. Eine gewisse Fluktuation liegt zum Teil vermutlich auch in den weiten Anreisewegen der Patienten wegen der überregionalen Bedeutung des Camps begründet.

Die Sehschärfe als „presenting visual acuity“ (PVA) entspricht der Lebenssituation vieler operierter Patienten. Oft ist eine Brille für die Patienten nicht verfügbar oder bezahlbar. Insofern ist dieser Wert, obwohl in anderen Teilen der Welt unüblich, ein sinnvoller Parameter zur Darstellung der Ergebnisse aus Sicht des Patienten in seinem Umfeld [5, 18].

Die gemittelte Sehschärfe für die Ferne von nur 0,26 hängt mit mehreren Faktoren zusammen.

Okuläre Komorbiditäten wurden aufgrund der beschränkten diagnostischen und sprachlichen Möglichkeiten nicht ausgeschlossen; 100 % der operierten Augen hatten zum Operationszeitpunkt eine mature Linse. Fortgeschrittene Glaukome, traumatische Schäden am N. opticus und retinale Vorerkrankungen konnten im Vorfeld nicht ausgeschlossen werden und haben die Ergebnisqualität mit beeinflusst.

Wesentlicher Grund für das Ergebnis ist aber die deutliche myope postoperative Refraktion in Verbindung mit der hohen Hornhautverkrümmung.

Obwohl eine moderate Myopie besonders in Verbindung mit Emmetropie am Partnerauge im Sinne einer Monovision akzeptabel, sogar wünschenswert wäre, sind hier besondere Anstrengungen nötig, um die Ergebnisqualität zu verbessern.

Natürlich ist bei der Vermessung des Auges, Auswahl der Intraokularlinse und Art der Operation ein Verfahren zu wählen, das die Notwendigkeit für das Tragen einer Brille nach dem operativen Eingriff minimiert [1, 14, 22].

Schlüsselparameter für die Wahl der optimalen Intraokularlinse sind Keratometrie und Biometrie. Auch kleine Fehler bei diesen diagnostischen Verfahren führen zu erheblichen Fehlrefraktionen postoperativ [2, 13, 22]. In Verbindung mit dem Ausbildungscharakter des Camps und in Anbetracht der ausschließlich maturen Ausgangssituationen mit fehlendem Fixationsvermögen bei den Achslängenmessungen und der Keratometrie ist hier offensichtlich ein deutlicher myoper Shift entstanden.

Einfluss haben sicher auch die voreingestellte myope Zielrefraktion von −0,5 dpt, ein zu hoher Anpressdruck mit der Biometriesonde, das kurze postoperative Kontrollintervall, der Verbleib von Resten des Viskoelastikums hinter der IOL und die Tatsache, dass doch ein größerer Teil der Intraokularlinsen mutmaßlich nicht, wie beabsichtigt, in den Kapselsack, sondern in den Sulcus ciliaris implantiert wurde. Ein einfacherer Implantationsvorgang und eine bessere Positionierung der IOL wären vermutlich auch mit nichtfaltbaren PMMA-Linsen zu erzielen gewesen, diese standen aber nicht zur Verfügung.

Interessanterweise konnte Sherwin et al. bei Kataraktoperationen mit einer +22,0-dpt-Standardintraokularlinse in Malawi deutlich bessere Ergebnisse erzielen, als das in Sumbawanga möglich war [17].

Die gemittelte Brechkraft der implantierten Linsen lag auch in Sumbawanga bei 22,0 dpt. Trotzdem war die postoperative Sehschärfe nicht auf gleichem Niveau wie in Malawi. Grund dafür könnte der zweite elementare refraktive Fehler sein, der hohe Astigmatismus.

In einer Studie aus den 60er-Jahren an Schülern aus der Region zeigt sich in der Population kein höherer Astigmatismus als üblich [7]. Dennoch betrug der postoperative Astigmatismus −2,2 dpt mit einer Achse von 113 Grad. Obwohl auch andere Autoren von ähnlichen Ergebnissen nach MSICS berichten [22], gibt es durchaus auch zahlreiche Artikel, die besonders im Vergleich zur Kataraktoperation mit Phakoemulsifikation darlegen, dass MSICS nicht zwingend zu höheren postoperativen Astigmatismen führt [4, 6, 10, 16, 19]. Insofern sind die in Sumbawanga gemessenen Astigmatismen durchaus eine Anfrage an die spezielle Technik der Tunnelpräparation und weisen hin auf Verbesserungspotenzial. Verschiedene Techniken sind in diesem Zusammenhang beschrieben, die geeignet sind, die Höhe der operativ induzierten Hornhautverkrümmung zu reduzieren oder Einfluss auf die Achslage zu nehmen [15].

Wenn das Verbesserungspotenzial komplexer Prozesse ausgeschöpft werden soll, erfordert dass die Kenntnis der eigenen Qualitätsparameter sowie ein gutes Komplikations- und Fehlermanagement. Einer der Qualitätsparameter ist dabei die Zahl der Kataraktoperationen pro Operateur und Jahr [1, 14]. Beide Operateure des Sumbawanga Camps waren seit Jahren mit der MSICS-Technik vertraut.

Robert Lindfield schlägt ein Benchmarking-System vor, das es erlaubt, die eigenen Ergebnisse zu analysieren, um für die Zukunft neue Ziele zu formulieren, die wiederum in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess münden [13, 14].

Am deutlichsten wird das Optimierungspotenzial der Ergebnisse aus dem Sumbawanga Camp beim Vergleich mit den Zielvorgaben der Weltgesundheitsorganisation. Hilfreich bei der Einschätzung sind dabei allerdings die Statements des Vision 2020 Research Mentorship Workshop in Moshi, Tanzani, vom Januar 2017. Internationale Experten unter anderem aus Tansania, Uganda und Kenia stellten in einem Delphi Prozess fest, dass die Zielsetzungen der WHO in der Sub-Sahara-Afrika-Region schwierig zu erreichen sind. Ähnliches wird auch aus anderen Regionen der Welt berichtet, so Trinidad und Tobago, Philippinen und Bangladesch [1, 13, 18]. Offensichtlich gibt es eine nicht unerhebliche Diskrepanz zwischen den wünschenswerten Zielvorgaben und den in der Realität erreichbaren Ergebnissen.

Diese Einschätzung soll nicht das Bemühen reduzieren, Verbesserungspotenzial zu identifizieren und einmal erkannte Parameter auch systematisch nachzujustieren, um die Ergebnisqualität zu verbessern.

In dem oben zitierten Workshop wurden folgende Punkte genannt, um die Ergebnisse der Kataraktchirurgie in Afrika zu verbessern [1]:

  1. 1.

    verbessertes Training der Kataraktchirurgen,

  2. 2.

    Biometrie optimieren,

  3. 3.

    Ausstattung verbessern (Instrumente/Mikroskope),

  4. 4.

    Monitoring der Ergebnisqualität der Kataraktchirurgie durch den Operateur,

  5. 5.

    Ausbildung aller Teammitglieder, die am Katarakt-OP-Prozess beteiligt sind,

  6. 6.

    Monitoring der refraktiven Ergebnisse,

  7. 7.

     …

Möglicherweise ist es sogar sinnvoll, solche Faktoren im Sinne eines „capacity building“ sehr regelmäßig nachzuhalten, um gemeinsam Anreize zu schaffen, den Verbesserungsprozess in Gang zu halten [8].

Am Ende gilt wohl wie überall auf der Welt, dass eine überzeugende Ergebnisqualität langfristig das beste Argument für eine erfolgreiche Kataraktchirurgie ist [2]. Es bringt den betroffenen Menschen gar nichts, wenn man sie von der Kataraktblindheit in eine Refraktionsblindheit überführt.

Die an diesem Prozess Beteiligten – auch im Rahmen eines Augencamp-Programmes – sind für die Qualität ihrer Ergebnisse verantwortlich.