Das maligne Melanom der Bindehaut ist nach dem Karzinom das zweithäufigste Primärmalignom der Augenoberfläche [3, 4]. In den letzten 3 Jahrzehnten zeigt es, ähnlich wie das Hautmelanom, eine steigende Inzidenz bis zu 0,08 pro 100.000 Einwohner pro Jahr in einer kaukasischen Bevölkerung [5]. In seinem klinischen Verhalten ähnelt das Bindehautmelanom mehr dem Haut- als dem Uveamelanom. Bindehaut- und Hautmelanom neigen beide zur primären Metastasierung in die regionalen Lymphknoten, während das Uveamelanom nahezu ausschließlich hämatogen metastasiert, sofern kein extraokuläres Wachstum mit Zugang zum konjunktivalen und limbalen Lymphsystem besteht [2]. Auch neueste molekulargenetische Ergebnisse mit dem Nachweis von therapeutisch angehbaren BRAF- oder NRAS-Mutationen stellen das Bindehautmelanom in die Nähe des Hautmelanoms [1], sodass in Zukunft den Patienten mit metastasiertem Bindehautmelanom die Tür zu den großen klinischen Studien des metastasierten Haut- und Schleimhautmelanoms offen steht. Denn das Bindehautmelanom muss als Systemerkrankung aufgefasst werden, die trotz lokaler Tumorkontrolle eine 10-Jahres-Mortalität von bis zu 38 % aufweist [3, 4].

Das Bindehautmelanom muss als Systemerkrankung aufgefasst werden

Deshalb versucht das vorliegende Themenheft „Bindehautmelanom – eine Systemerkrankung“ die große Herausforderung der lokalen und systemischen Tumorkontrolle beim Bindehautmelanom darzustellen.

Die Übersichtsarbeit von Dr. Berta-Antalics aus der Erlanger Universitätsaugenklinik beschäftigt sich mit der Pathologie und den bekannten Prognosefaktoren konjunktivaler Melanome. Insbesondere extrabulbäres Tumorwachstum, große Tumorprominenz, lokale Rezidivierung, inkomplette chirurgische Exzision, noduläres Tumorwachstum, De-novo-Entstehung und die tumorassoziierte Lymphangiogenese sind entscheidende Risikofaktoren der melanomspezifischen Mortalität.

Priv.-Doz. Dr. Westekemper von der Essener Universitätsaugenklinik erörtert das lokale Vorgehen in Form von operativer Therapie und Bestrahlung bei konjunktivalen Melanomen. Besonderes Augenmerk wird hier auf die Brachytherapie mit Ruthenium-106 bei lokal umschriebenen Prozessen der bulbären Konjunktiva gelegt. Daneben wird auch die Protonenbestrahlung dargestellt als neue organerhaltende Alternative zur primären Exenteratio orbitae bei Bindehautmelanomen mit großflächiger, diffuser oder multilokulärer Ausdehnung.

In unserem Kölner Beitrag betonen wir die Bedeutung der adjuvanten Therapie nach mikroskopisch kontrollierter Tumorexzision in Form von Kryo-, Radio-, topischer Chemo- und/oder Immuntherapie. Darüber hinaus sollten alle Patienten mit Bindehautmelanom in ein interdisziplinäres Nachsorgeprogramm eingebunden werden mit vierteljährlichen Kontrollen innerhalb der ersten 5 Jahre und dem Angebot einer psychoonkologischen Betreuung.

Wir wünschen dem geneigten Leser eine anregende Lektüre und hoffen, dass diese Beiträge dazu beitragen, das Bindehautmelanom nicht nur als lokale, ophthalmologische, sondern auch als systemische, interdisziplinäre Herausforderung zu verstehen.

Mit besten kollegialen Grüßen aus Köln

figure c

Prof. Dr. L.M. Heindl

figure d

Prof. Dr. C. Cursiefen

FormalPara Interessenkonflikt

L. M. Heindl und C. Cursiefen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.