Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist ein vielfältiges, aber individuell spezifisches Krankheitsbild, das sich mit zunehmendem Lebensalter manifestiert. Hierbei findet sich auch im Rahmen der exsudativen AMD ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Manifestationsformen, bei denen chorioidale oder retinale Gefäßeinsprossungen mit unterschiedlichen Flüssigkeitsansammlungen unter dem RPE und in der Netzhaut einhergehen können. Eine dieser spezifischen Flüssigkeitsansammlungen und Manifestationen der exsudativen AMD ist die seröse Pigmentepithelabhebung. Mit den spezifischen Hintergründen und Therapieoptionen dieser AMD-Manifestation befasst sich das aktuelle Leitthema in Der Ophthalmologe.

Klinisch und angiographisch sind die seröse Pigmentepithelabhebung und ihre evtl. assoziierten Gefäßneubildungen durch ihre scharfe Abgegrenztheit und ihr spezifisches Anfärbemuster charakterisiert (Abb. 1). OCT-Verfahren haben hier noch zusätzliche diagnostische Sicherheit gebracht. Generell gelten auch bei dieser, etwa 10% der Patienten mit exsudativer AMD betreffenden Manifestationsform die bekannten Risikofaktoren für eine exsudative AMD. Auch der genetische Hintergrund – insbesondere mit Risikopolymorphismen im CFH- und ARMS2-Gen – sind hier als Grundlage der inividuellen Spezifität zentral. Sie sind deshalb in einem ersten, auf den Ergebnissen der Münsteraner Alter und Retina Studie (MARS) basierenden Übersichtsartikel dargestellt.

OCT-Verfahren haben bei seröser Pigmentepithelabhebung noch zusätzliche diagnostische Sicherheit gebracht

Im Weiteren stellt sich aber die Frage, welche morphologischen Veränderungen im RPE und in der Bruch-Membran (BM) sich vor diesem genetischen Hintergrund entwickeln, die zu einer solchen spezifischen Manifestationsform der exsudativen AMD führen. Das pathogenetische Konzept der Ausbildung einer hydrophoben Barriere in der BM, das J. Marshall und A.C. Bird 1985 postulierten, konnte in der Folge durch zahlreiche morphologische und biochemische Untersuchungen untermauert werden. Diese Ergebnisse zur Analyse der möglichen Grundlagen zur Entstehung einer serösen Pigmentepithelabhebung, die z. T. im Münsteraner grundlagenwissenschaftlichen Labor Ophthalab vorgenommen wurden, sind in einem zweiten Artikel zusammengefasst.

Die klinische Differenzierung der exsudativen AMD bis zur spezifischen Diagnose einer serösen Pigmentepithelabhebung mit eventueller assoziierter Neovaskularisation (chorioidalen oder retinalen Ursprungs, CNV bzw. RAP) hat außerdem wesentliche klinisch-therapeutische Implikationen. Bei allen bisherigen Therapieverfahren (Laserkoagulation und photodynamische Therapie), so auch bei der gegenwärtig als Standarttherapie angewendeten Anti-VEGF-Therapie, zeigten Patienten mit einer neovaskularisationsassoziierten serösen Pigmentepithelabhebung einen besonderen Verlauf. So ist der therapeutische Effekt auf die retinalen Flüssigkeitsansammlungen durch diese Antipermeabilitätstherapie hervorragend, während die sub-RPE-Flüssigkeit sich sehr unterschiedlich zurückentwickelt. Auch die Wiederbehandlungskriterien und Visusaussichten sind bei dieser individuellen Manifestation der exsudativen AMD spezifisch zu evaluieren. Aber insbesondere ist der im Vergleich zu z. B. einer klassischen CNV wesentlich langsamere natürliche Verlauf der Erkrankung und das therapieassoziierte Risiko der Entwicklung eines RPE-Einrisses mit häufig schlechter Visusprognose (etwa 10–15% aller behandelten Augen) bei der Indikationsstellung unbedingt mit einzubeziehen. Diese therapeutischen Erfahrungen und Spezifizierungen bei der serösen Pigmentepithelabhebung, denen wir uns in Münster intensiv gewidmet haben, sind deshalb in einem dritten Artikel zusammengefasst dargestellt.

Wir hoffen, mit diesem Überblick den Lesern die klinische und wissenschaftliche Grundlage für die dringende Notwendigkeit einer spezifischen Differenzierung der serösen Pigmentepithelabhebung im klinischen Alltag geben zu können.

Daniel Pauleikhoff

Abb. 1
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Seröse Pigmentepithelabhebung mit assoziierter CNV am temporalen Rand. a Klinisches Bild, Visus 0,4. b Frühe Phase der Fluoreszenzangiographie mit Anfärbung der assoziierten CNV am temporalen Rand. c Späte Phase der Fluoreszenzangiographie mit Anfärbung der zentralen serösen Pigmentepithelabhebung