Die Trübung der natürlichen Augenlinse ist die weltweit am häufigsten auftretende Ursache für Erblindung. Allein in der Bundesrepublik beträgt die jährliche Anzahl der Katarakteingriffe über 600.000, weltweit schätzt man etwa 6–10 Mio [1]. Die Kleinschnittkataraktchirurgie ist ganz entscheidend mit zwei Ereignissen in den letzten 60 Jahren verbunden: 1. mit der ersten Implantation einer Kunstlinse vor 60 Jahren durch Harold Ridley in London, Großbritannien [2], und 2. mit der Einführung der Phakoemulsifikation durch Charles Kelman in New York, USA im Jahre 1967 [3]. Blickt man auf die Geschichte der Kataraktchirurgie mit Implantation einer Kunstlinse seit dieser Zeit zurück, zeigt sich im Besonderen eine kontinuierliche Verkleinerung der Inzisionsgrößen. Vorteile wie schnelle Wundheilung, schnelle visuelle Rehabilitation, geringeres Risiko von Wundleckagen und intraokularer Inflammation und der reduzierten Induktion von kornealen Irregularitäten waren maßgeblich für die Weiterentwicklung von Kleinschnittkatarakttechnologien. Vor allem die Einführung der Ultraschalltechnologie und der sich daran anschließende Siegeszug der faltbaren Implantate hatten entscheidenden Anteil daran. Im Vergleich zu den vorher praktizierten Verfahren der Kataraktextraktion konnten die Komplikationen der Operation erheblich verringert werden.

Immer häufiger werden heute in der ophthalmologischen Fachliteratur Studien und Berichte veröffentlicht, die diesen Trend hin zu immer kleineren Inzisionen in der Kataraktchirurgie aufzeigen [4, 5]. Inzisionen von 1,5–2,0 mm scheinen heute mit den bekannten Implantationstechniken und speziellen IOL möglich zu sein.

Drei Aspekte dieser sog. mikroinzisionalen Kataraktchirurgie (engl. „micro incision cataract surgery“ – MICS) möchten Ihnen die Autoren der Leitartikel dieser Ausgabe des Ophthalmologen näher bringen.

Müller und Kohnen gehen zunächst auf die kleinen Inzisionen selbst ein. Wie klein darf ein Schnitt sein, um noch ausreichende Wundstabilität und dem Operateur trotzdem den nötigen Raum zum Operieren zu bieten? Oder anders gefragt: Welchen Vorteil bringen Kleinstschnitte dem Patienten und dem Operateur hinsichtlich des Infektionsrisikos, des geringeren Astigmatismus und der geringeren kornealen Oberflächenveränderungen sowie der Rehabilitation? Wie klein können oder müssen die Inzisionen der Kataraktchirurgie also sein? Und welche Schnitttechniken können angewandt werden?

Fabian und Maier gehen in Ihrer Arbeit auf die technischen Voraussetzungen für die MICS ein. Spezielle Phakoinstrumente, Entwicklungen der Maschinentechnologien mit neuen U/S-Abgabe-Modi, mit verbesserten Regelungen der Irrigation und Aspiration sowie mit kleineren Phakotips und Sleeves sind nötig, um trotz der kleinen Tipdurchmesser noch gute Extraktionsergebnisse zu erhalten. Entscheidend sind hier die Fluidics (gutes Gleichgewicht von Zu- und Abfluss mit stabiler Vorderkammer) und Ultraschalleinstellungen.

Nicht zuletzt muss auch die zu implantierende MICS-Intraokularlinse den kleinen Implantationsdurchmessern gewachsen sein. Kohnen und Klaproth zeigen im abschließenden Beitrag auf, dass MICS-Intraokularlinsen trotz Ihrer sehr starken Faltung während der Implantation keinen Schaden nehmen und die allgemeinen Bedingungen der Stabilität und Biokompatibilität erfüllen. Außerdem werden refraktive Aspekte der MICS-Verfahren beurteilt.

Die Entwicklung hin zu kleineren Inzisionsgrößen in der Kataraktchirurgie muss unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Unterschiedliche Aspekte werden in dieser Ausgabe des Ophthalmologen zum Leithema MICS – Mikroinzisionale Kataraktchirurgie dargestellt und beleuchtet. Ein weiterer Schritt hin zum Siegeszug der Kleinschnittkataraktchirurgie scheint mit dieser neuen Variation gemacht zu sein.