Zusammenfassung
Das adenoid-zystische Karzinom ist ein bösartiger epithelialer Tumor mit langsamem Wachstum, welcher vor allem die Tränendrüse, sehr selten auch akzessorisches Tränendrüsengewebe befallen kann. Durch sein perineurales Vordringen sind lokale Rezidive nach Exzision ein häufiges therapeutisches Problem. In diesem Beitrag stellen wir einen Patienten mit einem ausgedehnten adenoid-zystischen Karzinom des Oberlids vor, welches fehldiagnostiziert und als Chalazion (ohne histologische Bestätigung) behandelt wurde. Seinen Ursprung nahm dieser Tumor aller Wahrscheinlichkeit nach aus akzessorischem Tränendrüsengewebe.
Abstract
Adenoid cystic carcinoma (ACC) is a rare epithelial malignancy, which tends to grow slowly. ACC is an intractable neoplasm due to its ability to invade perineural spaces. Local recurrence after excision is not unusual. ACC most commonly arises in the lacrimal gland. Very rarely, ACC originates from accessory lacrimal gland tissue. Here, we present a patient with a large ACC of the central upper eyelid, which had been misdiagnosed and treated as a chalazion without histological examination. Its origin most likely is an accessory lacrimal gland.
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Anamnese
Ein 57-jähriger Patient wurde uns mit einer seit 2 Jahren schmerzlos wachsenden Läsion des rechten Oberlids überwiesen. Diese wurde zuvor als „Chalazion“ diagnostiziert und mit topischen Antibiotika sowie wiederholten Exzisionen behandelt, ohne dass eine histopathologische Gewebsuntersuchung durchgeführt wurde.
Klinischer Befund
Die klinische Untersuchung zeigte einen 2,0×2,5 cm großen, multinodulären Tumor, welcher die medialen zwei Drittel des Oberlids einnahm (Abb. 1). Dieses wies eine Blepharoptose von 3 mm auf. Die regionalen Lymphknoten waren palpatorisch unauffällig. Der Tumor wurde unter Wahrung des Lidrands und eines Sicherheitsabstands totalexzidiert. Das 3,5×3,0×1,2 cm große resezierte Gewebestück mit einem Durchmesser von knapp 2,0 cm wies einen weißlichen, soliden, nichtzystischen multinodulären Aspekt auf.
Diagnostik
Die mikroskopische Untersuchung ergab einen subkonjunktivalen epithelialen Tumor mit cribriformem Wachtumsmuster sowie mikrozystische Räume, welche mit mukoidem Material angefüllt waren (Abb. 2a). Die Zellen enthielten runde bis ovale hyperchromatische Nuklei und nur wenig Zytoplasma, was die klinische Diagnose eines adenoid-zystischen Karzinoms bestätigte. Fokal wude zudem eine Insel von bereits vorhandenem akzessorischem Tränendrüsengewebe bestimmt. Die Schnittränder waren frei von Tumor, ein perineurales Wachstum konnte nicht festgestellt werden.
Therapie und Verlauf
Das Oberlid wurde nach der primären Exzision rekonstruiert. Der postoperative Verlauf war unauffällig und 1 Jahr nach der Behandlung zeigte sich ein gutes kosmetisches und funktionelles Resultat ohne Rezidive.
Diskussion
Das adenoid-zystische Karzinom kann in jedem Lebensalter auftreten, zeigt aber eine Häufung in der 5. Lebensdekade [6]. Periokulär findet sich das adenoid-zystische Karzinom am häufigsten in der Tränendrüse [6]. Andere Lokalisationen umfassen die Schweißdrüsen [7, 8], ektopisches [10] und akzessorisches [3] Tränendrüsengewebe sowie den Tränensack [9].
Während adenoid-zystische Karzinome der Tränendrüse typischerweise rasch zu Symptomen wie Schmerz und Gefühllosigkeit führen [6], sind Patienten bei Befall der akzessorischen Tränendrüsen oder anderen periokulären Geweben häufig symptomlos [7, 8, 10]. Dies kann wie in diesem Fall dazu führen, dass der Arztbesuch erst in einem fortgeschrittenen Stadium erfolgt. Bösartige Tumoren der akzessorischen Tränendrüsen wurden bisher nur selten beschrieben, eine Literatursuche ergab ein mukoepidermoides [2], ein unspezifisches [4] und ein adenoid-zystisches Karzinom des superonasalen konjunktivalen Fornix [3] sowie des Unterlids [5]. Im vorliegenden Fall lag eine reine Oberlidschwellung ohne Beteiligung der Lidkante vor. Differenzialdiagnostisch sollte auch ein primär kutanes adenoid-zystisches Karzinom berücksichtigt werden. In der Frühphase kann ein solcher Tumor durchaus den Aspekt eines Chalazions aufweisen, jedoch sollte die Tatsache der „leeren Kürette“ [1] den Chirurgen dazu veranlassen, eine Gewebebiopsie durchzuführen.
Dieser Fall soll vor Augen führen, dass das adenoid-zystische Karzinom in die Differenzialdiagnose der langsam wachsenden Lidtumoren miteinbezogen werden sollte.
Literatur
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Paarlberg, J., den Hollander, J., Hafezi, F. et al. Adenoid-zystisches Karzinom des Oberlids. Ophthalmologe 104, 1066–1067 (2007). https://doi.org/10.1007/s00347-007-1503-3
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00347-007-1503-3