Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags …

  • kennen Sie die unterschiedlichen Subtypen der gastrointestinalen Stromatumoren (GIST).

  • wissen Sie, welche immunhistochemischen Marker Ihnen die Diagnose ermöglichen.

  • können Sie schon anhand des Subtyps erste prognostische Vorhersagen des jeweiligen GIST treffen.

  • können Sie die klinisch tätigen Kollegen bezüglich der weiteren zu favorisierenden Therapie beraten.

  • sind Sie in der Lage, syndromale und hereditären Subtypen zu erkennen.

Einleitung

Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) stellen die häufigsten mesenchymalen Tumoren im Magen-Darm-Trakt dar. Ihre jährliche Inzidenz beträgt in Deutschland ca. 6 bis 10 Neuerkrankungen/100.000 Einwohner, was etwa 8000 Neuerkrankungen/Jahr entspricht [1]. Die molekulare Diagnostik dieser Tumoren wurde schon frühzeitig als hoch relevant für Diagnostik, Prognose und Prädiktion erkannt und etabliert. Die schon damals gewonnenen Erkenntnisse zu sekundären Resistenzen nach Verabreichung von Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) deckten Mechanismen auf, die heute paradigmatisch auch bei anderen mit TKI behandelten Tumorentitäten beobachtet werden [2]. Der zunehmende Einsatz der Tiefensequenzierung hat zudem alternative Pathomechanismen bei GIST, die jenseits von KIT- oder PDGFRA-Mutationen liegen, aufgedeckt.

Epidemiologie

Die meisten GIST treten im höheren Lebensalter auf, mit einem Altersgipfel zwischen der 6. und 7. Dekade. Gleichwohl können sich GIST in allen Altersstufen und insbesondere bei Kindern entwickeln. Etwa zwei Drittel der Tumoren finden sich im Magen, bis zu 30 % im Dünndarm (makroskopisches Beispiel in Abb. 1). Mit etwa 5 % wird ihre Häufigkeit im Rektum angegeben, während das restliche Kolon nur exzeptionell selten betroffen ist [1]. Seltener werden GIST ohne eindeutigen Bezug zum tubulären Gastrointestinaltrakt beobachtet und von einigen Gruppen als „extragastrointestinale (E-)GIST“ bezeichnet, ohne dass diese Möglichkeit bislang sicher histogenetisch bewiesen worden wäre. In etwa 1 % der Fälle kommen GIST primär im Ösophagus vor [3].

Abb. 1
figure 1

Makroskopisches Bild eines partiell zystisch regressiven gastrointestinalen Stromatumors im Dünndarm

Merke

Gastrointestinale Stromatumoren kommen am häufigsten im Magen vor.

Immunhistochemisches Markerprofil

Der erste Antikörper, der die Diagnostik von GIST als eigene Entität ermöglicht hat, ist der KIT-Rezeptor (CD117; Abb. 2a). Bis zu 90 % aller GIST exprimieren diesen Marker häufig auch kräftig, wobei membranäre, zytoplasmatische und dotförmige Färbemuster einzeln oder kombiniert auftreten. Ein noch sensitiverer Antikörper insbesondere bei GIST ohne KIT-Mutation ist DOG1 („detected on GIST1“), ein Kalziumkanalprotein (Abb. 2b). Die absolute Ausnahme sind DOG1-negative GIST (≪ 1 %). Diagnostisch hilfreich kann außerdem der Nachweis von CD34 sein; dieser gelingt in 70–80 % der GIST ([4]; Abb. 2c). Die Proliferationsaktivität kann mithilfe von Ki67 dargestellt werden, auch wenn der Ki67-Index bislang in keinen Risikoscore für diese Tumoren aufgenommen wurde. Ein weiterer relevanter immunhistochemischer Marker ist die Succinatdehydrogenase-Isoform B (SDHB), die sich als zytoplasmatisches granuläres Protein nachweisen lässt (Abb. 2d). Bei einer inaktivierenden SDH-Mutation (weiteres zum SDH-defizienten GIST s. Abschn. „Sporadische und hereditäre SDH-defiziente GIST“) fällt diese Expression in den Tumorzellen unabhängig davon, welche der 4 SDH-Isoformen inaktiviert ist, aus. Der Antikörper eignet sich daher hervorragend für Screeningzwecke [5].

Abb. 2
figure 2

Typisches immunhistochemisches Markerprofil eines gastrointestinalen Stromatumors: a KIT, b DOG1, c CD34, d SDHB (Originalvergrößerung ×100)

Merke

Der sensitivste Marker für gastrointestinale Stromatumoren ist DOG1 gefolgt von CD117.

Risikoklassifikation

Die gängigste Risikoklassifikation stellt nach wie vor die von Miettinen und Lasota 2006 publizierte Einteilung dar. Hier werden Lokalisation, Größe und Mitosenzahl/5 mm2 als Prognoseparameter berücksichtigt ([1]; Tab. 1). Es sind 5 Risikogruppen vorgesehen: kein nennenswertes, sehr niedriges, niedriges, intermediäres und hohes Risiko. Außerdem sollte berücksichtigt werden, dass eine prä- oder intraoperative Tumorruptur das Rückfallrisiko drastisch erhöht [6]. Dieser zusätzliche Parameter ist in die ebenfalls hilfreichen „contour maps“ von Joensuu et al. [7] integriert.

Tab. 1 Risikoklassifikation nach Miettinen und Lasota [1]

Pathogenese

Pathogenetisch stellen Mutationen in den RezeptortyrosinkinasegenenKIT oder alternativ PDGFRA in 80–85 % aller GIST die größte Subgruppe dar. Bis zu 75 % aller GIST weisen als treibende genomische Alteration eine aktivierende Mutation im KIT-Gen oder in etwa 10–15 % der Fälle im sehr verwandten PDGFRA-Gen auf. Die jeweiligen Frequenzen in den verschiedenen Genabschnitten von KIT und PDGFRA finden sich in Tab. 2 [8].

Tab. 2 Mutationshäufigkeiten im KIT- und im PDGFRA-Gen in gastrointestinalen Stromatumoren (n = 1351). (Modifiziert nach Huss et al. [8])

Merke

Gastrointestinale Stromatumoren sind am häufigsten im KIT-Gen gefolgt vom PDGFRA-Gen mutiert.

Dabei handelt sich um sporadische, nur im Tumorgewebe nachweisbare Mutationen, deren genomische Lokalisation und Art vermutlich prognosebestimmend und zudem hoch relevant für ein Therapieansprechen auf die etablierte Erstlinientherapie mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib sind. Die KIT- und PDGFRA-Mutationen werden schon in sehr kleinen Frühformen (sog. Mikro-GIST, bis 1 cm groß) nachgewiesen, was auf ein frühes pathogenetisches Ereignis hindeutet. Ein Teil dieser kleinen GIST wird insbesondere mit steigendem Alter inzidentell als Zufallsbefund z. B. bei tumorbedingten Magenresektionen oder in Autopsiemägen gefunden. Da die Inzidenz der Mikro-GIST viel höher ist als die der klinisch relevanten, ist anzunehmen, dass weitere onkogenetische Ereignisse für den weiteren Tumorprogress vonnöten sind [9, 10, 11].

Die verbleibenden 10–15 % ohne nachzuweisende Mutation in KIT oder PDGFRA wurden früher auch als sog. Wildtyp-GIST bezeichnet [12, 13]. Mittlerweile zeigt sich, dass eine weitere große Gruppe der GIST ohne KIT- oder PDGFRA-Mutation stattdessen einen Defekt im Succinatdehydrogenasekomplex (SDH) aufweist. In einem Teil der Fälle liegen ursächlich inaktivierende Mutationen in der Keimbahn vor, daneben kann der SDH-Komplex auch epigenetisch inaktiviert werden. Schließlich sind Keimbahnmutationen deutlich seltener auch im Neurofibromatose-Typ 1-Gen, in KIT und PDGFRA beschrieben. Außerdem existieren eine kleine Fallserien mit sporadischen Mutationen im RAS/RAF-Signalweg (BRAF, KRAS, HRAS, NRAS) sowie kasuistisch Mitteilungen über Translokationen mit verschiedenen Fusionstranskripten [14].

Sporadische KIT-Mutationen stellen die häufigsten Alterationen in GIST dar

Die KIT-Mutationen wurden 1998 erstmalig von Hirota et al. in einer kleinen Fallserie präsentiert [15]. Seither wurden zahlreiche Fallserien publiziert, die auf ein besonders breites Mutationsspektrum in dieser GIST-Gruppe hinweisen. Mittlerweile wurden bei zunehmend eingesetzter Paneldiagnostik folgende Hotspot-Regionen für Primärmutationen in KIT identifiziert: die Exone 8, 9, 11, 13, 14 und 17. Die Häufigkeitsverteilung in den verschiedenen Regionen ist ganz unterschiedlich, wobei gut zwei Drittel der KIT-Mutationen im Exon 11 zu finden sind. Dieser Genabschnitt kodiert die Juxtamembrandomäne, die eine autoregulatorische Region im KIT-Rezeptor darstellt. Das Mutationsspektrum ist breit und wird v. a. von unterschiedlich langen Deletionen, teilweise kombiniert mit Insertionen, und Punktmutationen dominiert. Tumoren mit Deletionen wird ein aggressiveres biologisches Potenzial als solchen mit Punktmutationen und Duplikationen zugeschrieben. Dies gilt insbesondere für Deletionen, die die Codone Trp557 und/oder Lys558 betreffen [16].

Gastrointestinale Stromatumoren mit KIT-Exon 9-Mutation sind ganz überwiegend im Dünndarm sowie im Rektum lokalisiert [1], während im Magen nur Einzelfälle beschrieben sind [2, 3, 13]. Zumeist verhalten sich intestinale Tumoren mit dieser Mutation klinisch aggressiv [1, 4], wobei die prognostische Relevanz einer KIT-Exon-9-Mutation nach wie vor kontrovers diskutiert wird [17]. Im Rahmen der SSG18-Studie zur Frage der Dauer der adjuvanten Behandlung von GIST konnte gezeigt werden, dass lokalisierte GIST mit einer KIT-Exon-9-Mutation mit einem ungünstigen biologischen Verhalten verknüpft sind [18].

Gastrointestinale Stromatumoren mit einer KIT-Mutation besitzen morphologisch mehrheitlich einen spindelzelligen Phänotyp (Abb. 3a), zumeist mit sehr monomorphem Aspekt. Eine eher selten zu beobachtende epitheloide Erscheinungsform KIT-mutierter GIST geht häufiger mit einer hohen Zellularität und gesteigerter Proliferation einher, zudem kommen solche Phänotypen häufiger in Rezidiven unter TKI-Therapie vor [19].

Abb. 3
figure 3

Mikroskopische Phänotypen: a spindelzelliger KIT-mutierter gastrointestinaler Stromatumor, b epitheloider PDGFRA-mutierter gastrointestinaler Stromatumor (HE, Originalvergrößerung ×200)

Merke

Das Mutationsspektrum in KIT Exon 11 ist breit, der Mutationstyp prognoserelevant.

PDGFRA-mutierte GIST sind die zweitgrößte Gruppe von GIST mit sporadischer Mutation

Seltener als GIST mit KIT-Mutationen sind PDGFRA-mutierte GIST; sie machen vermutlich 10–15 % aller Fälle aus. Mehrere größere Untersuchungen zeigen übereinstimmend, dass es sich offenbar um eine besondere Subgruppe mit differenter Tumorbiologie handelt. Die PDGFRA-mutierten GIST sind fast ausschließlich im Magen zu finden und mehrheitlich gering proliferationsaktiv. Häufiger kommt es bei diesen Tumoren zu einer regressionsbedingten zystischen Transformation. Seltener als bei KIT-mutierten GIST werden bei diesen Fällen ungünstige klinische Verläufe beobachtet.

Ganz gehäuft zeigen die GIST einen epitheloiden (Abb. 3b) oder gemischt spindelzellig-epitheloiden Phänotyp, während dieses morphologische Merkmal bei KIT-mutierten GIST seltener anzutreffen ist. Es können perinukleäre oder perizelluläre Höfe vorkommen, die Schrumpfartefakte darstellen. Die immunhistochemische KIT-Rezeptor-Expression ist häufig nur schwach oder nur fokal nachzuweisen, weshalb ein wesentliches diagnostisches Kriterium von GIST fehlt [20]. Gerade in dieser Gruppe erweist sich der noch sensitivere GIST-Marker DOG1 als hilfreich. Auch der Nachweis von CD34 stützt die GIST-Diagnose. Typisch für PDGFRA-mutierte GIST ist außerdem das Auftreten von mehrkernigen Tumorriesenzellen, die teilweise an „flower cells“ erinnern.

Seltene sporadische Mutationstypen bei GIST

Sehr selten treten alternative Mutationen in BRAF [21] oder noch seltener in KRAS, HRAS oder NRAS auf [22] auf. Diese sind bevorzugt im Dünndarm anzutreffen und weisen einen spindelzelligen Phänotyp auf. Hierzu und zu ebenfalls äußerst seltenen Translokationen gibt es eine umfassende Übersicht von Brcic et al. [14].

Familiäre und syndromale GIST

Gastrointestinale Stromatumoren mit familiärer Häufung und hereditärer Genese sowie syndromale Formen präsentieren sich zumeist in Kombination mit anderen Tumorentitäten. Zwischen dem Auftreten der verschiedenen Tumorentitäten können große Zeitintervalle liegen, was die Einordnung als syndromale Erkrankung deutlich erschweren kann. Bei Erwachsenen kommen derartige GIST in etwa 10–15 % der Fälle vor, bei Kindern und jungen Heranwachsenden hingegen sind dies bis zu 85 % [23]. Das frühzeitige Erkennen einer derartigen Prädisposition hat erhebliche Konsequenzen für die Therapie aber auch für die Vor- und Nachsorge. Eine hereditäre Genese ist dringend zu vermuten, wenn in der Familienanamnese der Patientin/des Patienten mindestens eine weitere erkrankte Person bekannt ist. Erschwert wird die Herstellung eines Zusammenhangs dadurch, dass die diagnostische Einordnung dieser seltenen Tumorerkrankungen medizinisch nicht versierten Familienmitgliedern häufig nicht vorliegt.

Hereditäre GIST bei KIT- oder PDGFRA-Keimbahnmutation

Bislang sind über 50 Familien weltweit bekannt, die eine Keimbahnmutation in KIT oder in PDGFRA aufweisen und bei denen zumindest 2 Familienmitglieder von einem oder mehreren GIST sowie verschiedenen Begleiterkrankungen betroffen sind. Die ganz überwiegende Mehrzahl der Familien weist in der Mutationsanalyse eine heterozygote Keimbahnmutation im KIT-Gen auf, während bislang weniger als 10 Familien mit analoger PDGFRA-Mutation beschrieben wurden [24]. Bei erstgenannter Konstellation kann auch von einem KIT-Mutationssyndrom, bei Letzterer von einem PDGFRA-Mutationssyndrom gesprochen werden.

KIT-Mutationssyndrom

Die Patienten mit einer Keimbahnmutation in KIT haben zumeist eine Keimbahnmutation im Exon 11 des KIT-Gens, also dem Genabschnitt, der auch bei sporadischen GIST am häufigsten betroffen ist (65–70 %; [25]). Vordergründig sind Punktmutationen zu finden, nur selten treten stattdessen Deletionen auf (< 10 %), die zumeist nur ein Codon betreffen. Bei sporadischen GIST mit KIT-Exon-11-Mutationen kommen hingegen häufig längere Deletionen vor, was zu ihrer zumeist höheren Aggressivität beitragen mag [26]. Als Begleiterkrankungen und mit unterschiedlicher Frequenz je nach Mutationstyp treten in den syndromalen Fällen zusätzlich syn- oder metachron proliferative Prozesse in Zelltypen auf, die den KIT-Rezeptor exprimieren und bei einer Keimbahnmutation in KIT ebenfalls aktiviert werden können. Hierzu gehören die interstitiellen Cajal-Zellen (ICC) in der Muscularis propria des gesamten Gastrointestinaltrakts, die auch als GIST-Vorläuferzellen angesehen werden, sowie Mastzellen und Melanozyten. Entsprechend kommt es bei einem Teil der Patienten zu einer Dysphagie durch Hyperproliferation der ICC, die sich bandförmig oder mikronodulär zwischen glatter Längs- und Ringmuskulatur des tubulären Gastrointestinaltrakts vermehren. Diese stellen zugleich den Ursprung weiterer GIST bei den betroffenen Patienten dar, die nicht selten als Metastasen gedeutet werden. Die Mastzellvermehrung äußert sich in einer (zumeist systemischen) Mastozytose, die Aktivierung der Melanozyten durch Hyperpigmentierungen, die auch an den Schleimhäuten auftreten können. Melanome kommen im Rahmen der syndromalen Erkrankung hingegen nicht vor, wobei sporadische KIT-Mutationen in Melanomen keine Seltenheit sind. Keimzelltumoren wie etwa Seminome oder Dysgerminome sind im Rahmen des Syndroms nicht beschrieben, obwohl auch in diesen sporadische KIT-Mutationen vorkommen. Auch hämatologische Neoplasien kommen nicht gehäuft vor, obwohl in den jeweiligen Vorläuferzellen der KIT-Rezeptor kräftig exprimiert wird und diese ebenfalls sporadische KIT-Mutationen aufweisen können.

PDGFRA-Mutationssyndrom

PDGFRA hat als Typ-III-Rezeptortyrosinkinase große Sequenzhomologien zu KIT; beide Gene liegen unmittelbar nebeneinander auf Chromosom 4 und sind vermutlich durch Duplikation entstanden. Gastrointestinale Stromatumoren mit PDGFRA-Mutation unterscheiden sich von KIT-mutierten GIST morphologisch, prognostisch und therapeutisch. In den wenigen beschriebenen Familien mit PDGFRA-Keimbahnmutation liegen entsprechend der differenten Lokalisation und Funktion von PDGFRA andere Begleiterkrankungen vor. Die Betroffenen entwickeln häufig weitere mesenchymale Tumoren im Gastrointestinaltrakt, z. B. inflammatorische fibroide Polypen, fibröse und lipomatöse Polypen sowie Mischtypen. Gehäuft, aber nicht ausschließlich treten diese im Magen auf. In 2 Familien sind als weitere Besonderheit große Hände beschrieben [27, 28].

Hereditäre GIST bei Neurofibromatose Typ I

Im Gegensatz zu den oben genannten Syndromen treten die NF1-assoziierten GIST ganz gehäuft im Dünndarm auf, wobei auch segmentale und rein intestinale Erscheinungsbilder beschrieben sind. Für die letztgenannte Konstellation wird von genomischen Mosaiken ausgegangen. Ansonsten sind die für NF1-Patienten typischen kutanen Manifestationen (Neurofibrome, MPNST, Café-au-lait-Flecken etc.) zu verzeichnen. Das lebenslange Risiko eines NF1-Patienten, an einem GIST zu erkranken, soll etwa 7–10 % betragen [29, 30].

Erwähnenswert ist, dass in einer jüngeren Arbeit auch in Patienten ohne typische Stigmata einer hereditären Prädisposition bei sog. Wildtyp-GIST gehäuft Keimbahnmutationen sowohl in NF1 als auch in KIT, PDGFRA und SDHA gefunden wurden, sodass bei sog. Wildtyp-GIST eine Tiefensequenzierung unter Einschluss aller bekannten GIST-relevanten Gene empfehlenswert ist.

Sporadische und hereditäre SDH-defiziente GIST

Der SDH-Komplex besteht aus den 4 Isoformen SDHA, SDHB, SDHC und SDHD und befindet sich als Mitglied des Krebs-Zyklus in den Mitochondrien sämtlicher Körperzellen. Bei einer inaktivierenden Mutation in einem der 4 Komplexpartner kommt es zum funktionellen Ausfall von SDH und in der Folge zu einer Akkumulation von Succinat in der Zelle. Über die Induktion einer Pseudohypoxie und einer Aktivierung von Hypoxie-induziertem Faktor 1α (HIF-1α) wird eine Signalkaskade ausgelöst, die pathogenetisch über eine Hypermethylierung zahlreicher Gene nicht nur GIST, sondern auch Paragangliome und pulmonale Chondrome verursachen kann. Bei einer Keimbahnmutation in einem der Gene, die für die Komplexpartner SDHA, SDHB, SDHC oder SDHD kodieren, wird die Erkrankung als Carney-Stratakis-Syndrom bezeichnet. SDH-Mutationen werden selten auch in sporadischen GIST gefunden, bisher beschrieben für SDHA [31, 32].

Im Fall einer somatischen methylierungsbedingten Inaktivierung von SDHC treten GIST, Paragangliome und pulmonale Chondrome auf; das Syndrom wird als Carney-Triade bezeichnet und kommt nicht familiär gehäuft vor.

Sowohl das Carney-Stratakis-Syndrom als auch die Carney-Triade betreffen in mehr als 80 % der Fälle junge Frauen. Diese Geschlechtsprädilektion ist bislang unverstanden. Nicht selten sind Kinder oder Jugendliche betroffen. Charakteristisch sind das Auftreten von multinodulären Tumoren in der Magenwand sowie der mikroskopisch typische epitheloide Phänotyp. Im Gegensatz zu anderen GIST-Subtypen neigen diese Tumoren zu regionären Lymphknotenmetastasen und selbst bei bereits manifesten Lebermetastasen zu einem sehr protrahierten Verlauf. Darüber hinaus kommen selten und vornehmlich bei jüngeren Patienten GIST mit SDHB-Ausfall vor, ohne dass eine SDH-Keimbahnmutation oder eine Hypermethylierung des SDHC-Promotors nachzuweisen ist. Diese Tumoren werden als SDH-defiziente GIST zusammengefasst. Der Anteil von SDH-defizienten GIST an Magen-GIST beträgt nach neuen Untersuchungen etwa 8 %, mit einer hohen Metastasierungsrate, unabhängig von der Risikoklassifikation nach Miettinen und Lasota 2006 [1]. Trotz der Metastasierung zeigen viele (aber nicht alle) Patienten einen bemerkenswert indolenten Verlauf. Eine Wirksamkeit von Tyrosinkinaseinhibitoren, insbesondere von Imatinib, wird nicht angenommen. Einige Autoren vermuten, dass Sunitinib oder Sorafenib als Multityrosinkinaseinhibitoren im Fall eines aggressiveren Verhaltens vielleicht wirksamer als Imatinib sein könnten.

Die Therapie von GIST hängt vom Mutationstyp ab

Als Goldstandard bei der neoadjuvanten, adjuvanten und additiven Therapie von lokalisierten und metastasierten GIST gilt als Erstlinienbehandlung der Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib. Das beste Ansprechen zeigen GIST mit einer KIT-Exon-11-Mutation. Demgegenüber ist die Responsibilität von Tumoren mit KIT-Exon-9-Mutation schlechter als bei KIT-Exon 11-mutierten GIST. Die Analyse der europäisch-australischen Studie EORTC62005 sowie des North American Intergroup Phase III Trial (META-GIST) konnte zeigen, dass Patienten mit einem metastasierten KIT-Exon 9-mutierten GIST im Hinblick auf das progressionsfreie und Gesamtüberleben von einer Verdopplung der täglichen Imatinibdosis von 400 mg auf 800 mg profitieren [33, 34]. Diese Beobachtung wurde in die europäischen Guidelines zur GIST-Behandlung aufgenommen [35]. Ein größerer Teil der Patienten unter Imatinibbehandlung entwickelt im Laufe der Erkrankungen Sekundärresistenzen, zumeist in Form zusätzlicher sekundärer KIT-Mutationen, die die Bindung von Imatinib an die Tyrosinkinase behindern. Hier stehen als Zweitliniensubstanz Sunitinib, in der dritten Linie Regorafenib sowie in der vierten Linie Repritinib zur Verfügung.

Die PDGFRA-mutierten GIST weisen als häufigsten Mutationstyp die Punktmutation p.Asp842Val auf, die zu einer primären Resistenz gegenüber Imatinib führt. Diese Punktmutation in der Tyrosinkinase 2 und geht mit einer Daueraktivierung dieser Domäne einher. Eine Imatinibbindung ist aber nur an der inaktiven Konformation des Rezeptors möglich. Andere Punktmutationen und Deletionen im Exon 18 sind hingegen imatinibresponsibel [36]. In der überwiegenden Anzahl der Fälle ist die Tumorbiologie von PDGFRA-mutierten GIST günstig, sodass eine adjuvante oder additive Behandlung seltener erforderlich ist. Im Fall eines ungünstigen Rückfallrisikos eines PDGFRA-mutierten GIST ist die Gabe der kürzlich zugelassenen Substanz Avapritinib ggf. hilfreich.

Fazit für die Praxis

  • Die Diagnose von gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) ist in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle problemlos immunhistochemisch möglich.

  • Aufgrund der prognostischen und prädiktiven Relevanz ist die molekulare Typisierung von GIST mit relevantem Rückfallrisiko heute fester Bestandteil des diagnostischen Standards.

  • Die Risikoklassifikation von GIST ist unter Berücksichtigung der Lokalisation, der Größe, der Mitosezahl/5 mm2 und der Frage einer Tumorruptur möglich.

  • Bei mehr als einem GIST eines Patienten (syn- oder metachron) oder mindestens einem GIST in der engeren Verwandtschaft sowie bei Begleiterkrankungen (Mastozytose, Pigmentierungen, Dysphagie) sollte eine hereditäre Disposition ausgeschlossen werden.

  • Bei jungen, vornehmlich weiblichen Betroffenen kommt ein Succinatdehydrogenase(SDH)-defizienter GIST in Betracht, entweder syndromal oder hereditär.