Radiologisch wurde ein 15 cm durchmessender Tumor in der rechten Nebennierenloge festgestellt. Die Tumorresektion entfernte einen histiozytären, nicht neoplastischen Tumor, der pathohistologisch und trotz umfangreicher Immunhistologie große differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereitete und letztendlich als xanthogranulomatöse Adrenalitis klassifiziert wurde. Die verschiedenen differentialdiagnostisch in Frage kommenden Entitäten werden diskutiert.

Fallbericht

Eine 29 Jahre alte, zuvor gesunde Frau wurde wegen einer seit 10 Tagen bestehenden Obstipation mit Appetitlosigkeit, rechtsseitigen epigastrischen Schmerzen und Fieber bis 39 °C sowie einer hausärztlich sonographisch nachgewiesener Raumforderung im Morrison-Pouch stationär aufgenommen. Im CT ergab sich eine inhomogene solide, malignomverdächtige Raumforderung am Oberpol der rechten Niere von 11,7 × 9,1 × 10,5 cm mit nicht sicherer Abgrenzung zur rechten Niere und Leber sowie Kontakt zur V. cava inferior. Auffällige Laborwerte waren eine deutliche Vermehrung der Thrombozyten, eine Erhöhung des C‑reaktiven Proteins (143 mg/l), der alkalischen Phosphatase (203 U/l) und der Gamma-GT (98 U/l). Eine Hormondiagnostik erfolgte nicht. Als klinische Diagnose wurde der Verdacht auf eine komplizierte Nierenzyste, differenzialdiagnostisch eine akute Cholezystitis oder ein Leberabszess gestellt.

Die Operation erfolgte zur Diagnostik der unklaren tumorösen Läsion mit parakolischer Inzision des parietalen Peritoneums und Mobilisation des Colon ascendens nach medial mit Darstellung der Niere. Der Tumor erschien schlecht abgrenzbar, verwachsen und nicht zystisch sondern solid. Die Punktion ergab keine Flüssigkeit. Die Niere wurde freigelegt und der Tumor vom Leberunterrand, der V. cava und von der Niere abpräpariert und geborgen. Die Schnellschnittuntersuchung ergab einen Tumor unklarer Dignität und unsicherer Herkunft. Der postoperative Verlauf war komplikationslos.

Material und Methode

Das Operationspräparat wurde in üblicher Weise gemessen, gewogen, zerlegt und in 10 % gepuffertem Formalin fixiert. Die Paraffinschnitte wurden mit HE, PAS und EvG gefärbt. Die eingesetzten immunhistologischen Marker verzeichnet die Tab. 1.

Tab. 1 Immunhistologische Markerexpressionen im histiozytären Tumor

Makroskopische Befunde

Das Operationspräparat wog 636 g und maß 145 × 115 × 90 mm und schloss die rechte Nebenniere ein. Die Oberfläche erschien kapselartig mit Verwachsungen. Die Schnittflächen zeigten in der Peripherie einen schmalen Saum gelblichen Nebennierenrindenrestparenchyms. Der darunter liegende Tumor erschien mäßig fest, solide, bräunlich, leicht glasig und ohne Nekrosen oder Zysten.

Durch den ihn umgebenden Nebennierensaum konnte er eindeutig der Nebenniere zugeordnet werden.

Mikroskopische Befunde

Die tumorartige Läsion zeigt eine ausgedehnte diffuse Proliferation aus relativ großen, monomorphen histiozytären Zellen (Abb. 1). Ihre Kerne sind gleichförmig rund bis rundoval und Chromatin-arm. Die Nukleolen sind klein (Abb. 2). Das recht breite Zytoplasma ist schwach eosinophil und PAS-positiv (Abb. 3). Die Zellmembranen sind undeutlich. Zwischen den Zellen ist etwas Fasergewebe septenartig oder feinnetzig entwickelt. Fokal kommen mehrkernige histiozytäre Riesenzellen zur Darstellung (Abb. 4). Begleitend zeigt sich ein gemischtes Entzündungsinfiltrat aus Lymphozyten und Plasmazellen sowie eingestreuten Mastzellen, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. Pilze sind in der PAS-Färbung nicht identifizierbar. Stellenweise unscharf begrenzt sieht man Nebennierenrindenrestgewebe mit mehr spongiozytären als kompakten Zellen mit immunhistochemisch nukleärer Positivität für SF1 (Abb. 5). Nebennierenmarkgewebe war nicht nachweisbar.

Abb. 1
figure 1

In der Übersicht (HE, Vergr. 1:100) zahlreiche monomorphe Histiozyten (rechts). Begleitend ein gemischtes Entzündungsinfiltrat prädominant aus Lymphozyten und Plasmazellen sowie eingestreuten eosinophilen Granulozyten (links)

Abb. 2
figure 2

In höherer Vergrößerung (HE, Vergr. 1:400) Histiozyten mit breitem eosinophilem Zytoplasma und rundovale Kernen, teils mit einem kleinen Nukleolus

Abb. 3
figure 3

Histiozyten mit kräftig PAS-positivem Zytoplasma (PAS, Vergr. 1:400)

Abb. 4
figure 4

Neben den zahlreichen mononukleären Histiozyten sieht man Ansammlungen von mehrkernigen Riesenzellen (HE, Vergr. 1:400)

Abb. 5
figure 5

Residuales Nebennierengewebe (nukleär SF1-positiv), umgeben von ausgeprägtem Entzündungsinfiltrat (Vergr. 1:400)

Die immunhistologischen Befunde verzeichnet die Tab. 1. Sie führten zum Ausschluss eines primär adrenokortikalen (SF-1- und Melan-A-negativ) oder adrenomedullären (Synaptophysin- und Chromogranin-negativ) Tumors und einer Karzinommetastase (Keratin-negativ).

Die Struktur erschien gut vereinbar mit einer histiozytenreichen granulomatösen Läsion, gut passend zu einer xanthogranulomatösen Adrenalitis (XA).

Diskussion

Tumorartige histiozytäre Prozesse der Nebenniere sind sehr selten. Da die Langerhans-Zellhistiozytose in der Nebenniere sehr wahrscheinlich nicht vorkommt [1] und die läsionalen Zellen negative Färbereaktionen gegenüber S100, CD1a und Langerin zeigten (Tab. 1), kann die Differenzialdiagnose auf Non-Langerhans-Zellhistiozytosen beschränkt werden, die in der Literatur beschrieben sind (Tab. 2).

Tab. 2 Differenzialdiagnose von histiozytären Tumoren in der Nebenniere

Der fehlende Nachweis charakteristischer schaumzelliger Makrophagen, das junge Patientenalter sowie der fehlende Hinweis auf eine knöcherne Beteiligung machen eine Erdheim-Chester-Erkrankung weitestgehend unwahrscheinlich.

Hinweise auf eine extranodale Rosai-Dorfman-Erkrankung ergeben sich ohne konventionell histologisch sichtbare Emperipolese und fehlener immunhistochmischer Positivität der Histiozyten für S100 nicht.

Die für eine Malakoplakie charakteristischen Michaelis-Gutmann-Körper sind nicht nachweisbar.

Ein adrenales Neoplasma ist sowohl konventionell histologisch und bei Negativität aller immunhistochemischen Nebennierenmarker ausgeschlossen, ebenso wie die Metastase eines epithelialen Tumors.

In der Literatur finden sich weitere Einzelkasuistiken zur xanthomatösen Adrenalitis. In dem Fall von Atiemo et al. [2] wird eine sehr schaumzellreiche Adrenalitis beschrieben, die 15 Monate nach Entfernung eines Renalzellkarzinoms auf der Gegenseite sich entwickelt hatte und die als Folge des zurückliegenden Eingriffs angesehen wurde. Bei einem weiteren Fall [6] wurden bei einem Diabetiker ebenfalls reichlich Schaumzellen, aber auch erhebliche akute wie chronische entzündliche Infiltrate sowie Methicillin-resistente Bakterien vom Streptococcus aureus nachgewiesen. Beide Fälle unterscheiden sich somit deutlich von unserem Fall, bei dem keine Ursache gefunden wurde und die Struktur der Histiozyten nur stellenweise angedeutet schaumzellig erschien, aber eine Fiebersymptomatik auf ein entzündliches, wenn auch nicht sicher bakterielles Geschehen hinwies.

Fazit für die Praxis

  • Zusammenfassend konnten wir zeigen, dass die xanthogranulomatöse Adrenalitis eine seltene, aber wichtige Differentialdiagnose adrenaler Tumoren ist, welche sich jedoch erst am Operationspräparat offenbarte.

  • Ferner kann die Abgrenzung gegenüber Histiozytosen erhebliche Schwierigkeiten bereiten, welche eine sorgfältige Differenzierung des entzündlichen Zellinfiltrates erfordert.

  • Zusätzlich sichert die abschließende Korrelation mit Klinik und Bildgebung die diagnostische Einordnung.

  • Im vorliegenden Fall ist die klinische Symptomatik mit Fieber und Verdacht auf Cholezystitis/Leberabszess im Einklang mit der Diagnose einer xanthogranulomatösen Adrenalitis.