Zusammenfassung
Wir berichten über die Befunde einer Plazenta der 31. Schwangerschaftswoche bei intrauterinem Fruchttod (IUFT) mit ungewöhnlich ausgeprägter maternaler Malperfusion und chronisch-histiozytärer Intervillositis im Sinn einer SARS-CoV-2(„severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“)-Plazentitis. Mikrobiologisch sowie mittels Realtime-PCR wurde SARS-CoV-2- und B‑beta-Coronavirus-spezifische RNA am Plazenta‑, Nabelschnur- und Eihautgewebe nachgewiesen. Die bei SARS-CoV-2-Infektion inzwischen wiederholt beschriebene maternale Malperfusion ist in der vorliegenden Ausprägung Ausprägung im Rahmen einer schweren SARS-CoV-2-Plazentitis ungewöhnlich. Es betont die Notwendigkeit einer maternalen Thromboembolieprophylaxe.
Abstract
We report a case of a placenta with extensive maternal vascular malperfusion and chronic histiocytic intervillositis corresponding to SARS-CoV‑2 placentitis in the context of fetal demise at 31 weeks of gestation. Placental swamp and PCR of the placental parenchyma, umbilical cord and amnion–chorion membrane showed SARS-CoV-2- and B‑betacoronavirus-specific RNA. Maternal vascular malperfusion has been described in cases of SARS-CoV‑2 infection; however, the manifested severity of this case in the setting of a severe SARS-CoV‑2 placentitis is rare. It emphasizes the need of a maternal prophylactic anticoagulation.
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Es mehren sich Berichte über mit SARS-CoV-2(„severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“)-Infektion assoziierte intrauterine Fruchttode (IUFT) bzw. neonatale Todesfälle. Dabei werden Kombinationsbefunde aus maternaler und fetaler Malperfusion, Villitiden und/oder einer Intervillositis gefunden. Wir berichten über die Plazenta einer Patientin der 31. Schwangerschaftswoche (SSW) mit Zustand nach SARS-CoV-2-Infektion mit einem Kombinationsbefund aus massiven Fibrinablagerungen, villöser Infarzierung, intervillösen Thromben, chronisch histiozytärer Intervillositis (CHI) im Sinn einer SARS-CoV-2-Plazentitis, definiert als Trias aus CHI, perivillösen Fibrinablagerungen und Trophoblastnekrose und konsekutivem intrauterinen Fruchttod [6].
Anamnese
Die 36-jährige Patientin (Gravida 3, Para 0) stellte sich in der 31. SSW mit beginnender Wehentätigkeit im Kreißsaal bei bekannter, drei Wochen zuvor durchgemachter Infektion mit SARS-CoV‑2 vor. Zu diesem Zeitpunkt war im Nasen-Rachen-Abstrich keine Virus-RNA mehr nachweisbar. Eine Heparin-Gabe war in häuslicher Quarantäne und subjektiv mildem Krankheitsverlauf nicht erfolgt. In der Ultraschalluntersuchung zeigte sich ein Fetus mit sonographisch mildem Hydrops fetalis und negativer Herzaktion. Die Geburt wurde daraufhin eingeleitet. Eine Obduktion des Fetus wurde von den Eltern abgelehnt.
Bei Zustand nach zwei vorangegangenen Frühaborten in der 7. und 11. SSW war vor dieser Schwangerschaft bei der Mutter eine Thrombophiliediagnostik erfolgt. Aufgrund einer mäßiggradig verminderten Faktor-VII-Aktivität mit daraus gegebenenfalls resultierender Blutungsneigung bestand aus hämostaseologischer Sicht der Verdacht auf einen hereditären, heterozygoten Faktor-VII-Mangel.
Plazentabefund
Es zeigte sich eine 303 g schwere (Norm 31. SSW: 335, 230–420 g) und 23 × 12 × 2 cm messende Plazenta mit peripher inserierender, dreigefäßführender Nabelschnur und spiegelnden Eihäuten. Auf der Schnittfläche zeigte sich subtotal abgeblasstes Parenchym mit disseminiert darin dunkelbräunlichen teils pünktchenförmigen, teils bis zu 1 cm messenden Arealen, die ca. 40 % der Schnittfläche ausmachten. Histologisch zeigten sich neben einer regelhaften, entzündungsfreien Nabelschnur im Chorion laeve abschnittsweise vermehrt Lymphozyten und einzelne Neutrophile neben entzündungsfreiem Amnion. Hauptbefund im Parenchym war eine subtotale Infarzierung mit ausgedehnten, unterschiedlich alten perivillösen Fibrinablagerungen mit ausgedehnten Trophoblastnekrosen (Abb. 1), mit auch teils älteren, teils frischeren intervillösen Thromben (Abb. 2). Daneben fanden sich im Intervillosum der kleinen, noch vitalen Parenchyminseln immer wieder Infiltrate aus CD68-positiven Makrophagen (Abb. 3) und mäßig viele CD8-positive Lymphozyten, entsprechend einer CHI. Eine Villitis oder Deziduitis war nicht nachweisbar. Die kleinherdig noch vorhandenen vitalen Zotten zeigten eine Zottenreifungsretardierung. Eine Atherose der maternalen Deziduagefäße fand sich nicht, ebenso keine avaskulären Zotten innerhalb der vitalen Zottenareale. Während die vitalen Zotten keine fetale vaskuläre Malperfusion (z. B. in Form von Thromben in der fetalen Strombahn) aufwiesen, fand sich in einem einzelnen Deckplattengefäß ein rekanalisierter Thrombus.
Immunhistochemisch zeigte sich eine Positivität in den Synzytiotrophoblasten gegen das SARS-CoV-2-S-Antigen und -N-Antigen (Abb. 4) sowie eine C4d-Aktivierung (Abb. 5).
Molekularpathologischer Befund
Am Nabelschnur‑, Plazenta- und Eihautgewebe erfolgte eine Untersuchung auf SARS-CoV-2- und B‑beta-Coronaviren-spezifische RNA durch Amplifikation eines spezifischen Fragments mittels RealStar® SARS-CoV‑2 RT-PCR Kit 1.0 (Altona Diagnostics GmbH, Hamburg, Germany). Die Realtime-PCR wurde auf dem Bio-Rad CFX96™ Real-Time PCR Detection System durchgeführt. In allen untersuchten Geweben konnte SARS-CoV-2- und B‑beta-Coronaviren-spezifische RNA nachgewiesen werden. Dies entsprach dem Ergebnis des bereits im Kreißaal durchgeführten mikrobiologischen Plazentaabstrichs, bei dem mittels PCR SARS-CoV-2-spezifische RNA mit N501Y-Mutation sowie einer Del69/70-Mutation detektiert worden war.
Diagnose und Diskussion
Im Rahmen von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus sind erhöhte Frühgeburtlichkeitsraten beschrieben [21]. Wir stellen eine Plazenta der 31. SSW eines IUFT vor, bei der sich mittels der Trias aus ausgedehnten intervillösen Fibrinablagerungen, einer CHI und Trophoblastnekrosen die Diagnose einer SARS-CoV-2-Plazentitis stellen lässt [19]. Dies führte zu einer ausgeprägten maternalen vaskulären Malperfusion in Form einer subtotalen (fast 95 %) Parenchyminfarzierung sowie intervillösen Thromben und zusätzlich einer fokalen fetalen vaskulären Malperfusion.
Die hieraus resultierenden Perfusions- und Diffusionsstörungen erklären den IUFT auf dem Boden einer ausgeprägten Plazentainsuffizienz. Drei Wochen vor dem IUFT war eine COVID-19-Infektion der Mutter mit mildem Krankheitsverlauf diagnostiziert worden. Der mikrobiologische Plazentaabstrich war positiv für SARS-CoV‑2. Mittels Realtime-PCR wurde im Plazentaparenchym, in der Nabelschnur und den Eihäuten SARS-CoV-2-RNA nachgewiesen, sodass die hier nachgewiesenen Befunde als SARS-CoV-2-assoziiert eingestuft werden können. Bei SARS-CoV-2-Infektion sind für die Plazenta zu Beginn keine SARS-CoV-2-pathognomonischen Veränderungen beschrieben worden [4, 14]. Vielmehr werden folgende, auch in der Prä-COVID-19-Zeit bekannte und somit zunächst unspezifische Plazentabefunde gehäuft bei SARS-CoV‑2 gefunden: eine fetale und/oder maternale Malperfusion, Villitiden, eine (chronische) Intervillositis und Chorioamnionitis [1, 3, 4, 6, 8, 15, 16].
Erst in den letzten Monaten wird die Kombination aus massiven intervillösen Fibrinabscheidungen, Trophoblastnekrose und einer CHI unter dem Begriff der SARS-CoV-2-Plazentitis als COVID-19-typischer Plazentabefund bei einer akuten Infektion beschrieben [6, 19].
Zu den maternalen Perfusionsstörungen zählen gemäß den Amsterdam-Kriterien [12] intervillöse Fibrinablagerungen bzw. Infarkte und intervillöse Thromben, wie sie hier vorlagen. Als Ursache für die hier vorliegenden Plazentabefunde ist bei vor dieser Schwangerschaft hämostaseologisch ausgeschlossener Thrombophilie, verminderter, mit erhöhter Blutungsneigung einhergehender Faktor-VII-Aktivität, gesicherter maternaler SARS-CoV-2-Infektion und molekularpathologischem Nachweis von SARS-CoV-2- und B‑beta-Coronaviren im Plazentagewebe die SARS-CoV-2-Infektion anzusehen, zumal eine gesteigerte Gerinnung bei COVID-19-Infektion in der Schwangerschaft gesichert ist [18].
Eine vertikale Transmission von SARS-CoV‑2, wie wir sie mittels PCR und Immunhistochemie hier nachweisen konnten, tritt in ca. 1–3 % der COVID-19-assoziierten Schwangerschaften auf [2, 20]. Baergen und Heller beschreiben eine fetale vaskuläre Malperfusion als COVID-assoziierte Veränderung [1]. Popescu et al. berichten von einem neonatalen Autopsiefall mit systemischer Thrombose mit frischen oder älteren Thromben in kleinen und mittelgroßen fetalen Gefäßen sowie frischen Thromben in der Umbilikalvene, Choriongefäßen und Stammzottengefäßen. Einziger Hinweis auf eine fetale vaskuläre Malperfusion war im vorliegenden Fall ein rekanalisiertes Deckplattengefäß, bei allerdings ausgeprägten, infarktbedingten Zottennekrosen, sodass eine fetale Malperfusion innerhalb der Zotten weder ausgeschlossen noch bestätigt werden kann. Auch das Auftreten eines IUFT mit Hydrops fetalis bei COVID-19-Erkankung der Mutter ist beschrieben [9]. Eine erhöhtes Risiko für IUFT infolge einer SARS-CoV-2-Plazentitis wird bei Infektion mit der COVID-19-Variante B.1.1.7 diskutiert [19]. Für die eine SARS-CoV-2-Plazentitis überlebenden Neugeborenen besteht aufgrund der massiven perivillösen Fibrinablagerungen das gleiche erhöhte Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen, wie es für die massiven perivillösen Fibrinablagerungen bereits bekannt ist [19]. Weitere Plazentabefunde bei COVID-19-Infektion sind eine von Popescu et al. beschriebene, milde floride Subchorionitis, die in unserem Fall fehlte, sowie (vergleichbar zu unserem Fall) ausgedehnte frische Thromben [10]. Im vorliegenden Fall fehlte eine Villitis. Hingegen war eine CHI nachweisbar, wie sie auch in einer Fallserie von fünf IUFT in der 21. bis 38. SSW von Richtmann et al. beschrieben wird [13]. Stonoga et al., Marton et al. und Schwarz und Morotti diskutieren das kombinierte Auftreten einer CHI und einer Trophoblastnekrose als Risikofaktor für die maternal-fetale Transmission des Virus und einen hier wirksamen Mechanismus, mittels dessen das Coronavirus die maternofetale Grenze verletzt werden kann [7, 14, 17]. Neben der auch von Linehan et al. vertretenen Hypothese einer viral induzierten Trophoblastnekrose gehen Kirtsman und Pulinx hingegen von einer infarkt-/ischämiebedingten Trophoblastnekrose aus [5, 11]. Watkins et al. wiesen, wie auch wir, eine C4d-Ablagerungen entlang der Trophoblastoberfläche nach und schlossen daraus, dass die Trophoblastnekrose zumindest in großen Teilen durch eine Aktivierung des Komplementsystems herbeigeführt wird. Sie gehen dabei davon aus, dass die Komplementablagerung entlang der Zottengrenze zum einen die mikrovillöse absorptive apikale synzytiotrophoblastäre Membran zerstört, zum anderen durch die Komplementaktivierung eine lokale Zytokinhochregulation erfolgt, die die Histiozytenaggregation fördert. Darüber sehen sie in dieser lokalen Zytokinaktivierung die Ursache für ein lokales prokoagulantes Milieu, das im Weiteren zu den Fibrinablagerungen führt [19].
Zusammenfassend liegt hier eine ausgedehnte Plazentainfarzierung mit intervillösen Thromben sowie Kriterien einer COVID-19-assoziierten Plazentitis vor, die bei ausgeschlossener mütterlicher Thromboseneigung nächstliegend als COVID-19-assoziierte Plazentitis zu bewerten ist. Für hospitalisierte schwangere Patientinnen empfehlen die gemeinsamen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM), Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Deutschen Gesellschaft für Pränatal- und Geburtsmedizin (DGPGM), Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (GNPI) und der Nationalen Stillkommission (NSK) daher auch eine Thromboembolieprophylaxe (https://www.dggg.de/fileadmin/documents/Weitere_Nachrichten/2020/Update_COVID_Empfehlungen.pdf). Diese war im vorliegenden Fall nicht durchgeführt worden. Der hier vorliegende Fall betont die Notwendigkeit einer Thromboembolieprophylaxe auch bei mildem Verlauf in häuslicher Quarantäne.
Fazit für die Praxis
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Plazentabefunde bei maternaler SARS-CoV-2(„severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“)-Infektion können vielfältige Zeichen einer maternalen Perfusionsstörungen aufweisen, die für sich nicht pathognomonisch für eine COVID-19(„coronavirus disease 2019“)-Infektion der Plazenta sind, so wie perivillöse Fibrinablagerungen und Trophoblastnekrosen, Infarkte, intervillöse Thromben und eine chronisch histiozytäre Intervillositis (CHI).
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Jedoch gilt die hier nachweisbare Kombination aus perivillösen Fibrinabscheidungen, Trophoblastnekrosen und CHI inzwischen als diagnostische Trias einer SARS-CoV-2-Plazentitis.
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Der vorliegende Fall zeigt, dass diese hier zu einem intrauterinem Fruchttod führenden Plazentabefunde auch bei mildem Krankheitsverlauf auftreten können und unterstreicht die Empfehlung der Leitlinien verschiedener klinischer Fachrichtungen für eine Thromboembolieprophylaxe bei COVID-19-Infektion in der Schwangerschaft auch bei klinisch mildem Infektionsverlauf.
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M.-L. Eich, T. Menter, N.F. Mokwa, B. Grüttner und A.M. Müller geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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M. Gaida, Mainz
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Eich, ML., Menter, T., Mokwa, N.F. et al. Intrauteriner Fruchttod bei massiver SARS-CoV-2-assoziierter („severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“) plazentarer maternaler Malperfusion im Rahmen einer SARS-CoV-2-Plazentitis. Pathologe 43, 135–139 (2022). https://doi.org/10.1007/s00292-021-01035-3
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-021-01035-3
Schlüsselwörter
- Perivillösen Fibrinablagerungen
- Trophoblastnekrose
- Chronische histiozytäre Intervillositis
- SARS-CoV-2-Plazentitis
- Maternale Malperfusion