Das Schwerpunktthema „Lunge“ zum traditionellen Long Course des Symposions der Deutschen Division der Internationalen Akademie für Pathologie stellt für alle Referenten eine besondere Herausforderung dar. Kein Gebiet der Personalisierten Krebsmedizin hat sich in den letzten Jahren so rasch weiterentwickelt wie die auf molekularen Biomarkern basierende Lungenkrebstherapie. Innerhalb von nur wenigen Monaten sind neue, hochpotente zielgerichtete Therapien wie KRAS-, CMET-, CRET und NTRK-Inhibitoren sowie multimodale Immun- und Immunchemotherapien eingeführt worden. Dies stellt eine besondere Herausforderung an den diagnostisch tätigen Pathologen dar, denn er muss an den immer kleiner werdenden bioptischen und zytologischen Proben eine zugleich sparsame, aber ebenso umfassende Biomarkeranalytik durchführen und die Ergebnisse in die interdisziplinäre Diskussion insbesondere mit dem Onkologen einbringen.

Daher nehmen Beiträge in diesem Heft die notwendige und sparsame immunhistochemische Diagnostik ebenso wie die molekularpathologische Diagnostik in den Blick. Ein weiterer wichtiger Beitrag betrifft die Zytologie, die im Rahmen der Lungenkrebsdiagnostik einen ganz neuen Stellenwert erhalten hat. Die Nukleinsäuren aus zytologischen Präparaten sind den formalinfixierten Proben hinsichtlich ihrer Qualität überlegen und sollten daher auch umfassend für die molekulare Biomarkeranalytik genutzt werden. Hier gilt es unter anderem durch eine sorgfältige Aufarbeitung der Präparate im Labor, das gesamte Material optimal für die weitere zytologische, immunzytologische und molekulare Analytik zu nutzen. Zugleich sei aber darauf hingewiesen, dass die Beiträge nur den derzeitigen Stand des Wissens wiedergeben können und somit im Hinblick auf weitere molekulare und immunologische Therapien rasch veralten.

Ebenso wie die Tumordiagnostik haben das Verständnis der Pathogenese und die therapeutischen Möglichkeiten bei interstitiellen und autoimmunologischen Lungenerkrankungen große Fortschritte gemacht. Neben neuen immunsuppressiven Medikamenten sind Tyrosinkinasinhibitoren in die Therapie eingeführt worden. Daher stellt die pathologische Diagnostik von interstitiellen Lungenerkrankungen eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe dar, die nur in der multidisziplinären Diskussion mit den Radiologen und Pneumologen gewährleistet werden kann. Dies wird in den beiden Beiträgen zur Multidisziplinären Diskussion und zum Update deutlich. Der Pathologe sollte hier im Gespräch mit den klinischen Kollegen eine umfassende Information zur Anamnese, zu den Medikamenten und zu den radiologischen wie serologischen Parametern einfordern. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass auch die Diagnostik von infektiösen Lungenerkrankungen eine enge klinische Interaktion erfordert und somit der Pathologe in das Zentrum der klinischen Interaktionen rückt.

Das wird auch an dem beiliegenden histologischen Bild deutlich, das nur interdisziplinär aufzulösen war (Abb. 1, imatinibassoziierte Pneumonitis). Somit ist es sinnvoll die interstitiell-fibrosierenden und die entzündlichen Lungenerkrankungen in einem gesonderten multidisziplinären Board mit den Kernexpertisen Radiologie, Pathologie, Pneumologie und Rheumatologie zu besprechen und die malignen Tumorerkrankungen in einem gesonderten multidisziplinären Tumorboard mit den Kernexpertisen Radiologie, Pathologie, Pneumologie, Thoraxchirurgie, Onkologie und Radiotherapie.

Abb. 1
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Imatinibassoziierte Pneumonitis. Die interdisziplinäre Befundung einer flauen bilateralen Zeichnungsvermehrung, einer respiratorischen Störung und dem pathologischen Befund eines diffusen Alveolarschadens führte zusammen mit der Klinik zur korrekten Zuordnung der Ätiologie dieser Pneumonitis

Ich hoffe auf eine rege Diskussion beim 56. Symposion der Deutschen Division der Internationalen Akademie für Pathologie in Bonn.

Ihr

Prof. Dr. Reinhard Buettner