Zusammenfassung
Die seit kurzem verfügbare Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) für Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) bietet zwar einen Überlebensvorteil im Vergleich zur Chemotherapie, die Gesamtansprechrate beträgt aber nur etwa 20 %. Um Patienten zu identifizieren, die von einer ICI-Therapie profitieren, werden Biomarker zunehmend wichtiger. Die PD-L1-Expression war der erste entwickelte prädiktive Biomarker, konnte jedoch die Wirksamkeit von ICI nicht ausreichend vorhersagen. Ein weiterer Biomarker, die Tumormutationslast (TMB), ist definiert als die Anzahl der Mutationen pro Megabase analysierte DNA. Auch die Mikrosatelliteninstabilität (MSI) fungiert als prädiktiver Marker für ein Ansprechen auf ICI-Therapie. Viele Tumorentitäten weisen eine hohe Korrelation von MSI und hoher TMB auf. Studien zeigten für Patienten mit NSCLC und einer TMB von mindestens 10 Mutationen pro Megabase einen Vorteil für das progressionsfreie Überleben.
Abstract
Although therapy with immune checkpoint inhibitors (ICIs) for patients with non-small-cell lung carcinoma (NSCLC), which has recently become available, does offer a survival advantage compared with chemotherapy, the overall response rate is only around 20 %. Biomarkers are increasingly important in identifying patients who would benefit from ICI therapy. Expression of PD-L1 was the first predictive biomarker to be developed, but was unable to sufficiently predict the efficacy of ICI. Another biomarker, tumour mutation burden (TMB), is defined as the number of mutations per megabase of DNA analysed. Microsatellite instability also acts as a predictive marker for ICI therapy response. Many tumour entities demonstrate a high correlation between MSI and high TMB. Studies show a benefit of progression-free survival for patients with NSCLC and a TMB of at least 10 mutations per megabase.
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Als Teil des Netzwerks genomische Medizin (nNGM) Lungenkrebs wird in dieser Kurzübersicht der Stellenwert der Testung der Tumormutationslast (TMB) bei Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) zusammenfassend vorgestellt.
Seit kurzer Zeit sind Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) für die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC verfügbar. Obwohl die ICI-basierte Therapie einen Überlebensvorteil im Vergleich zur Chemotherapie in der Zweit- und auch Erstlinie zeigte, beträgt die Gesamtansprechrate nur etwa 20 %. Ein großer Teil der Patienten zeigt ein Fortschreiten der Erkrankung innerhalb der ersten Wochen unter ICI-Therapie. Daher sind prädiktive Biomarker für die Identifizierung von NSCLC-Patienten, die von einer ICI-Therapie profitieren, von zunehmender Wichtigkeit.
Der erste entwickelte prädiktive Biomarker war die Expression von PD-L1 („programmed cell death ligand 1“). Die PD-L1-Expression allein ist jedoch kein ausreichend guter Biomarker, um die Wirksamkeit von ICIs exakt vorherzusagen, und es besteht die Notwendigkeit, andere Biomarker zu identifizieren. Die Tumormutationslast ist definiert als die Anzahl der Mutationen pro Megabase analysierte DNA. Sie basiert auf der Beobachtung einer erfolgreichen Hemmung des Immun-Checkpoints bei soliden Tumoren mit hohem TMB wie NSCLC [1]. Präklinische Daten deuteten darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen TMB und einer ICI-Wirksamkeit durch die Bildung von Neoantigenen erklärt werden könnte, die durch Mutationsakquisition, Erhöhung der Tumorimmunogenität und Reaktion auf ICIs induziert werden. Zwischen PD-L1-Expression und TMB bestand in unterschiedlichen Studien keine signifikante Korrelation [2]. Ready et al. bestimmten in einer Phase-II-Studie [3] einen Grenzwert von 10 Mutationen pro Megabase bei fortgeschrittenen und metastasierten NSCLC-Patienten mit Nivolumab und Ipilimumab. Hierbei wurde der FoundationOne-CDx-Assay (Foundation Medicine, Cambridge, MA, USA) angewendet. Auch Hellmann et al. zeigten in der CheckMate-227-Studie [4] für Patienten mit NSCLC und mindestens 10 Mutationen pro Megabase einen Vorteil für das progressionsfreie Überleben, wobei allerdings nur 58 % der Proben auswertbar waren. Auch die Mikrosatelliteninstabilität (MSI) fungiert als prädiktiver Marker für ein Ansprechen auf ICI-basierte Therapie. Chalmer et al. [5] haben gezeigt, dass grundsätzlich für sehr viele Tumorentitäten eine hohe Korrelation von MSI und hoher TMB besteht. Derzeit gibt es mindestens 5 unterschiedliche TMB-Assays (Anbieter: Qiagen, Roche Foundation Medicine, Thermo Fisher Scientific, Neo New Oncology, Illumina). Die Initiativen zur Harmonisierung der Ergebnisse dieser unterschiedlichen Tests (QuiP, Friends of Cancer Research, EMQN/IQNPath) haben zu dem Ergebnis geführt, dass alle derzeit verfügbaren TMB-Panels funktionieren und eine TMB-Schätzung nach Panelsequenzierung gut möglich ist. Eine Exomsequenzierung, d. h. eine Analyse aller codierenden Sequenzen, ist für die TMB-Messung nicht notwendig, da die Korrelation zwischen panelbasiertem TMB (pTMB) und Exomsequenzierung (wesTMB) hoch war [6, 7]. Einschränkend ist anzumerken, dass der Grenzwert für die Beurteilung einer hohen Mutationslast immer noch unklar ist und vor allem die Abdeckung (Mapping > 1,1 Mb), der Tumorzellgehalt (mindestens 20 %) und die DNA-Menge (mindestens 20 ng) wichtige Parameter darstellen. Zukünftig könnten weitere Biomarker, wie z. B. der Plasma-TMB-Test [8], an Bedeutung gewinnen. Patienten mit mindestens 20 Mutationen pro Megabase zeigten einen Vorteil im Gesamtüberleben bei Therapie mit Durvalumab und Tremelimumab im Vergleich zur Chemotherapie (MYSTIC). Hierbei kam ein 2,145 Megabasen umfassender bTMB-Test von Guardant Health (Redwood City, CA, USA; 500 Gene) zum Einsatz.
Zahlreiche weitere prädiktive Biomarker sind derzeit in der klinischen Evaluation und werden hoffentlich zu einer verbesserten Stratifizierung der NSCLC-Patienten führen. Die Bedeutung des nNGM-Konsortiums für die Integration der Tests in die klinische Versorgung sei hervorzuheben. Ziel der nNGM-Zentren ist die Standardisierung der molekularpathologischen Testung in Deutschland unter Wahrung einheitlicher Qualitätsstandards.
Fazit für die Praxis
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Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) zeigen eine Gesamtansprechrate von nur etwa 20 % auf Immun-Checkpoint-Inhibitor(ICI)-Therapie.
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Die Testung der Tumormutationslast (TMB) ist ein wichtiger prädiktiver Biomarker, um NSCLC-Patienten zu identifizieren, die von einer ICI-Therapie profitieren.
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Derzeit existieren mindestens 5 TMB-Assays. Die Initiativen zur Harmonisierung der Ergebnisse dieser Tests zeigen, dass alle derzeit verfügbaren TMB-Panels funktionieren und eine TMB-Schätzung nach Panelsequenzierung gut möglich ist.
Literatur
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Ready N, Hellmann MD, Awad MM et al (2019) First-line nivolumab plus Ipilimumab in advanced non-small-cell lung cancer (checkmate 568): outcomes by programmed death ligand 1 and tumor mutational burden as Biomarkers. J Clin Oncol 37:992–1000
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Wild, P.J. Stellenwert der Testung der Tumormutationslast. Pathologe 40 (Suppl 3), 366–368 (2019). https://doi.org/10.1007/s00292-019-00717-3
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