Die stationäre Mutter-Kind-Therapie bezieht sich im Regelfall auf die Behandlung von postpartal erkrankten Müttern und ihren Kindern, wobei das primäre Behandlungsziel in der Remission der postpartalen Erkrankung sowie der Arbeit an der Mutter-Kind-Bindung liegt (Wortmann-Fleischer et al. 2016). Die Rolle der Väter, ihre Belastungen und ihr Einfluss auf die postpartale Krise und Therapie sind in den Behandlungskonzepten und -angeboten meist unterrepräsentiert (Bielawska-Batorowicz und Kossakowska-Petrycka 2006; Müller 2021; Ramchandani et al. 2011). Dies ist der Fall, obwohl empirische Befunde auf eine zentrale Rolle des Vaters bei der Entwicklung und Behandlung von postpartalen Erkrankungen hinweisen.

Hintergrund und Fragestellungen

Der Einbezug des Elternpaars ist in den Indikationskriterien und Prozedurenschlüsseln stationärer Mutter-Kind-Behandlungen ausdrücklich vorgesehen (OPS 9‑643). Nach eigener Recherche gibt es im deutschsprachigen Raum bislang an einigen Mutter-Kind-Stationen (meist monatliche) Angehörigengruppen sowie einzelne Pilotprojekte (Trautmann-Villalba et al. 2010), aber noch kein systematisches Programm zur Einbindung von Vätern in die stationär-psychiatrische Mutter-Kind-Therapie, das empirisch auf seine Wirksamkeit untersucht wurde. Als Vorbilder können u. a. Interventionsprogramme wie die Elternschulen, „Starke Eltern, starke Kinder“ (Deutscher Kinderschutzbund, DKSB), Selbsthilfegruppen sowie überregionale Programme wie „Stark ins Leben“ oder das „Caring-Dads“-Programm dienen; diese sind aber nicht spezifisch auf die stationäre Mutter-Kind-Behandlung zugeschnitten.

Die vorliegende Studie hat zum Ziel, Väter systematisch anhand eines Interventionsprogramms („Mit Papa geht es besser“) während einer stationären Behandlung der Mütter einzubeziehen. In diesem Zusammenhang soll untersucht werden, inwiefern sich der Einbezug der Väter auf das Outcome der Mutter-Kind-Behandlung auswirkt.

Auf Basis der Forschungsbefunde kann vermutet werden, dass die Rolle des Vaters in der postpartalen Krise sowohl mit der Schwere und Entwicklung der mütterlichen Erkrankung sowie mit der kindlichen Entwicklung zusammenhängt. Die Einbindung des Vaters in die Behandlung könnte somit sowohl die Behandlung der Mutter als auch die Frühprävention kindlicher Entwicklungsbeeinträchtigungen günstig beeinflussen.

Forschungsstand

Wissenschaftliche Arbeiten haben das Beziehungsdreieck „Mutter-Vater-Kind“ im Rahmen postpartaler psychischer Krisen aus unterschiedlichen Perspektiven adressiert, wobei für die Fragestellung dieser Studie v. a. die im Folgenden skizzierten 3 Perspektiven hervorgehoben werden sollen.

Wie geht es Vätern/PartnernFootnote 1 von postpartal erkrankten Müttern?

Eine Reihe von Untersuchungen weist darauf hin, dass auch Väter nach der Geburt eines Kindes in psychische Krisen geraten können (Garstick 2013; Kim und Swain 2007). Paulson und Bazemore (2010) finden in ihrer Metaanalyse, die ca. 28.000 Väter einschließt, eine Verdopplung der Prävalenzrate von väterlichen Depressionen nach der Geburt gegenüber der Zeit der Schwangerschaft (10 % vs. 5 %). Dabei sind neben einer klassisch-depressiven Symptomatik Gefühle von Ausgeschlossenheit und Wertlosigkeit in der neuen Familiensituation, spezifische Rollenkonflikte, Überforderung, aber auch externalisierende Verhaltensweisen oder ein starker Rückzug charakteristisch. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass väterliche und mütterliche postpartale Depressionen (Paulson und Bazemore 2010) miteinander korreliert sind (Goodman 2008). Die Partner von postpartal erkrankten Müttern sind oftmals selbst hoch belastet, wobei sich die psychischen Krisen der beiden Elternteile gegenseitig verstärken können (Bradley und Slade 2011).

Welchen Einfluss haben Väter auf die Entstehung, Aufrechterhaltung bzw. Therapie postpartaler mütterlicher Krisen?

Insbesondere Partnerschaftskonflikte bzw. eine geringe Partnerschaftszufriedenheit gehören zu den zentralen Risikofaktoren für die Ausprägung einer postpartalen psychischen Erkrankung (Fagan und Lee 2010; Giardinelli et al. 2012). Dennis und Ross (2006) identifizierten die – aus der mütterlichen Perspektive – soziale Unterstützung durch den Vater, sein Engagement und seine Fürsorge bei der Versorgung des Kindes sowie seine eigene Belastung als zentrale Einflussfaktoren. Gelingt es dem Elternpaar, im Sinne einer funktionierenden Koelternschaft, Belastungen aufzuteilen und sich gegenseitig praktisch und emotional zu unterstützen, können elterliche postpartale psychische Krisen besser bewältigt werden (Feinberg 2003; Lamb 2010). Ist die Beziehung hingegen konfliktreich oder selbst hoch belastet, wirkt sie als verstärkender oder aufrechterhaltender Faktor auf die postpartale Krise. Dies gilt etwa auch, wenn der Vater der Erkrankung der Mutter wenig Verständnis entgegenbringt und sie mit Erwartungen überfordert (Fonseca und Canavarro 2017; Sampson et al. 2015; Yargawa und Leonardi-Bee 2015).

Welchen Einfluss haben Väter auf die kindliche Entwicklung im Rahmen postpartaler mütterlicher Krisen?

Postpartale psychische Erkrankungen der Mutter gehen oftmals mit einer negativen Verzerrung der subjektiv wahrgenommenen Bindung zum Kind und im weiteren Fortgang mit Störungen in der Mutter-Kind-Interaktion einher (Lee und Hans 2015). Hieraus können gravierende Folgen für die kindliche Entwicklung resultieren (Beck 1998; Grace et al. 2003). Kinder von postpartal erkrankten Müttern können aber mit ihren Vätern kompensatorische Beziehungserfahrungen machen, wenn diese nicht selbst psychisch belastet sind (Tissot et al. 2016). Mitunter intensiviert sich die Beziehung zwischen Vater und Kind (Hossain et al. 1994), wodurch negative Folgen für die kindliche Entwicklung abgemildert werden können (Edhborg et al. 2003; Goodman et al. 2014). Unabhängig von den Beziehungserfahrungen mit der Mutter ist die frühe Vater-Kind-Bindung von zentraler Bedeutung für die kindliche Entwicklung. Störungen in der frühen Vater-Kind-Interaktion gehen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für emotionale, soziale und Verhaltensauffälligkeiten in der kindlichen Entwicklung einher, wobei diese Folgen mit einer größeren zeitlichen Verzögerung als bei maternalen Interaktionsstörungen sichtbar werden und Jungen stärker als Mädchen betreffen (Letourneau et al. 2009; Ramchandani et al. 2013). Eine plötzliche Unterbrechung der Vater-Kind-Bindung, etwa durch einen stationären Aufenthalt von Mutter und Kind im Rahmen psychiatrischen Behandlung, kann aus dieser Perspektive daher als weiterer Risikofaktor bewertet werden.

Interventionsprogramm „Mit Papa geht es besser“

Das Projekt „Mit Papa geht es besser“ hat zum Ziel, Väter systematisch in die stationäre Behandlung von postpartal erkrankten Müttern einzubinden. Ansatzpunkte der Intervention sind:

  • Vermittlung von Wissen über (postpartale) psychische Erkrankungen,

  • Bearbeitung von Paarkonflikten,

  • Förderung von Koelternschaft und väterlicher Involviertheit,

  • Reduktion der väterlichen Belastung,

  • Förderung der Vater-Kind-Bindung.

Die Väter nehmen parallel zur Behandlung an einem niedrigschwelligen Begleitprogramm teil, das zu einem festen Termin am Wochenende zur Besuchszeit stattfindet (etwa 60–75 min/Woche). Das Programm ist auf eine durchschnittliche Behandlungszeit von 42 Tagen ausgelegt (Hornstein et al. 2007; Müller 2021). Es setzt sich aus 4 Modulen zusammen, die sich an dem interaktionszentrierten Therapieleitfaden für postpartale Störungen ausrichten (Wortmann-Fleischer et al. 2016; Abb. 1):

  • Modul 1: 2 Einzelgespräche (zu Beginn und zum Ende der Behandlung, anhand eines Leitfadens, je 30 min):

    Die Väter werden angeregt, über eigene Belastungen und Schwierigkeiten zu sprechen, wie sie die Vaterschaft und ihre Beziehung zum Kind erleben. Die Einzelsitzungen werden audiografiert.

  • Modul 2: 4 Sitzungen Psychoedukation in der Gruppe und Teilnahme an der monatlichen offenen Angehörigengruppe (je 50 min):

    Die Väter erhalten ein manualisiertes Programm, das sich an der Psychoedukation der stationär behandelten Mütter orientiert (Wortmann-Fleischer et al. 2016) mit den Themen: postpartale psychische Krisen, Rollenkonflikte, Bindung und Mentalisieren sowie kindliche Entwicklung. Zudem beinhaltet die Gruppe einen offenen Teil, in dem Väter über ihre aktuellen Anliegen sprechen können. Einmal im Verlauf der Behandlung nehmen die Väter an der pflegerisch geleiteten offenen Angehörigengruppe für Väter auf der Station teil.

  • Modul 3: ein Paargespräch (50 min):

    Teil des Programms ist ein Paargespräch mit dem oder der jeweiligen BehandlerIn (bereits Teil des üblichen Behandlungsprogramms/„treatment as usual“ [TAU]), das einmal im Verlauf der Behandlung durch den/die Bezugstherapeuten/Bezugstherapeutin mit dem Paar vereinbart wird.

  • Modul 4: Eine Sitzung Video-Interaktionsschulung (50 min):

    Die Väter erhalten eine Interaktionsschulungssitzung, in der eine videografierte Vater-Kind-Interaktion im Hinblick auf die in der Psychoedukation aufgeworfenen Themen besprochen wird.

Abb. 1
figure 1

Zeitplan der Intervention

Das übliche Behandlungssetting (TAU, das zugleich die Kontrollgruppe in dieser Studie beschreibt) beinhaltet die einmalige Teilnahme an der offenen Angehörigengruppe und ein Paargespräch.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Fragestellungen

Die Pilotstudie zum Programm mit „Papa geht es besser“ verfolgt die folgende Fragestellung: Führt eine Einbindung von Vätern zu einem verbesserten Outcome der Mutter-Kind-Behandlung im Vergleich mit einer Kontrollgruppe (TAU)? Als Zielvariablen werden in der Pilotstudie die folgenden Werte erfasst:

  • verbesserte Symptomreduktion (Zielvariable 1),

  • verbesserte Mutter-Kind-Bindung (Zielvariable 2),

  • verbesserte wahrgenommene Partnerschaftsqualität (Zielvariable 3).

Als weitere Variable wurde die väterliche psychische Belastung zu Beginn der Behandlung der Mütter erfasst.

Ablauf der Studie

Die Studie findet auf einer psychiatrischen Mutter-Kind-Station statt. Die teilnehmenden Mütter füllen jeweils zu Beginn (t0) und nach dem Abschluss (t1) der Behandlung ein Fragebogenset zu ihrer Symptombelastung, zur Einschätzung der Paarbeziehung sowie zur Mutter-Kind-Bindung aus. Zugleich werden die Partner/Kindsväter zu Beginn der Behandlung über das Projekt informiert, nehmen bei Einwilligung an der Intervention teil und füllen ebenfalls zu Beginn und zum Ende der Behandlung ein Fragebogenset aus. (In der Pilotstudie wurde für die Väter nur der erste Messzeitpunkt erhoben.)

Die Interventionsgruppe wird mit einer Kontrollgruppe TAU verglichen, die (im Rahmen einer naturalistischen Studie auf der Station) vor dem Beginn der Pilotstudie nach demselben Studiendesign erhoben wurde. Die Väter wurden in der TAU-Bedingung nicht in die Behandlung einbezogen, ausgenommen ein Paargespräch, das zur Standardbehandlung gehört.

Das Ziel der Pilotstudie ist, die Umsetzbarkeit der Intervention in der Praxis zu erproben und erste Daten über die Wirksamkeit zu gewinnen. Die Studie hat daher explorativen Charakter.

Studiendesign

Es handelt sich um eine interventionelle Längsschnittstudie (Prä-post-Design) mit einem post hoc balancierten Kontrollgruppenvergleich. Um die Vergleichbarkeit zwischen Interventions- und Kontrollgruppe zu erhöhen, wurden die Gruppen mithilfe einer „Inverse-probability-of-treatment-weighting“(IPTW)-Schätzung von Propensity Scores (PS) gewichtet (s. Abschn. „Ergebnisse“). Mütter ohne Partner wurden nicht in den Kontrollgruppenvergleich einbezogen.

Messinstrumente

Symptom-Checklist 90

Die maternale Symptomatik (Zielvariable 1) wurde anhand der deutschsprachigen Version der Symptom-Checklist 90 erhoben (SCL-90-R), die eine valide Erfassung der globalen psychischen Symptombelastung ermöglicht. Patienten schätzen hierzu jeweils ihre Belastung auf einer 5‑Punkte-Likert-Skala in verschiedenen Symptombereichen ein (u. a. Depressivität, Angst, Somatisierung; Franke 2002). Zum Gruppenvergleich konzentriert sich die Arbeit auf den Global-Severity-Index (GSI) des SCL-90, d. h. die durchschnittliche Belastung auf allen 90 Items. Der GSI weist in testtheoretischen Überprüfungen gute psychometrische Kennwerte und eine hohe interne Konsistenz von α = 0,97 auf (Hessel et al. 2001).

Parental Bonding Questionnaire

Die Mutter-Kind-Bindung (Zielvariable 2) wurde anhand der deutschsprachigen Version des Parental Bonding Questionnaire erfasst (PBQ: Brockington et al. 2006). Die Mütter schätzen auf einer 6‑Punkte-Likert-Skala auf 25 Items ihre empfundene Bindung zu ihrem neugeborenen Kind ein. Zum Gruppenvergleich konzentriert sich die Arbeit auf die Skala „Verzögerte Bindung“, in der die subjektiv empfundene Beeinträchtigung der Bindung zum Kind zusammengefasst ist (so etwa das Fehlen von Liebesgefühlen oder eine emotionale Distanz zum Kind). Für die Skala „Verzögerte Bindung“ werden Summenwerte berechnet, die Werte von 0 bis 40 annehmen können. Höhere Werte zeigen ein größeres Ausmaß an wahrgenommener Bindungsstörung an, wobei der Cut-off-Wert für eine klinisch relevante Bindungsstörung ≥12 beträgt. Die Skala erreicht in Validitätsstudien eine interne Konsistenz von α = 0,78 (Reck et al. 2006).

Kurzversion des Partnerschaftsfragebogens

Die maternale Partnerschaftszufriedenheit (Zielvariable 3) wurde anhand der Kurzversion des Partnerschaftsfragebogens erfasst (PFB‑K; Kliem et al. 2012). Auf diesem schätzen die Mütter auf einer 4‑Punkte-Likert-Skala auf 9 Items paarbezogene Verhaltensweisen (z. B. „Er nimmt mich in den Arm“) sowie ihre Zufriedenheit mit der Partnerschaft ein. Es wird ein Summen-Score berechnet, der Werte von 0 bis 27 annehmen kann, wobei höhere Werte eine größere Partnerschaftszufriedenheit anzeigen. Der PFB‑K ist an einer deutschsprachigen Stichprobe für unterschiedliche Altersstufen normiert und weist für weibliche Teilnehmer eine interne Konsistenz von α = 0,84 auf (Kliem et al. 2012).

Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme

Für alle teilnehmenden Mütter wurden die Haupt- und Nebendiagnosen, unter denen die stationäre Behandlung erfolgte, nach der 10. Version der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) klassifiziert. Die Diagnose wurde gemäß dem klinischen Urteil des/der behandelnden Ärzte/Ärztinnen gestellt.

Gendersensitives Depressionsscreening

Die väterliche Belastung wurde anhand des Gendersensitiven Depressionsscreenings (GSDS) erhoben. Das GSDS ist ein Fragebogen, der zu einer besseren Erfassung von depressiven Symptomen und psychischen Belastungen bei Männern konstruiert sowie an männlichen und weiblichen Stichproben validiert wurde. Auf (in der jüngsten Version) 25 Items bewerten die Teilnehmer ihre psychische Belastung auf einer 4‑Punkte-Likert Skala. Über alle Items hinweg wird ein Summenwert gebildet. Den kritischen Grenzwert für einen Verdacht auf Depression geben die Autoren bei einem Summenwert >19,5 an. Der GSDS weist eine gute interne Konsistenz von α = 0,88 auf (Möller-Leimkühler und Mühleck 2020).

Ethische Aspekte

Alle teilnehmenden Mütter und Väter wurden vorab ausführlich über den Zweck der Studie, alle enthaltenen Maßnahmen sowie die Möglichkeit zum jederzeitigen Widerruf aufgeklärt und willigten schriftlich in die Teilnahme ein. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät Heidelberg genehmigt.

Statistische Verfahren und Post-hoc-Balancierung

Die statistischen Analysen wurden mit der Software SPSS 28 durchgeführt. Gruppenunterschiede wurden mithilfe von t-Tests für unabhängige Stichproben, Prä-post-Veränderungen mit einem t-Test für abhängige Stichproben berechnet. Die Effektstärke von Prä-post-Veränderungen wurden mit Cohens d für wiederholte Messungen berechnet (dRM; Morris und DeShon 2002). Zur Post-hoc-Balancierung der Gruppen wurden PS mit der Erweiterung „psmatch“ in R berechnet (Kovariablen: initiale Partnerschaftszufriedenheit, initiale verzögerte Bindung und initiale Symptombelastung, caliper = 0,2). Die PS wurden invertiert und als Gewichtungsvariable in die Berechnung einbezogen. Der „overall balance test“ nach Hansen und Bowers (2008) ergab nach der Gewichtung keinen Hinweis auf eine Imbalance im Hinblick auf die Kovariablen (χ2 = 0,016; df = 1, p = 0,90).

Stichprobe

Die demografischen Daten für die teilnehmenden Mütter in den beiden Versuchsbedingungen sind in Tab. 1 aufgeführt.

Tab. 1 Demografische Merkmale der teilnehmenden Mütter

Teilnehmende Väter

An der Erhebung nahmen 15 Väter teil (Interventionsgruppe). Das durchschnittliche Alter betrug 38 Jahre (SD ± 7,6). Den Fragebogen zur Erfassung ihrer psychischen Belastung (GSDS-25) füllten 12 Väter aus. Der durchschnittliche Summenwert der Skala betrug M = 24,8 (SD ± 11,7). Bei 7 von 12 Vätern (58 %) überstiegen die Werte den kritischen Grenzwert von 19,5.

Teilnehmende Kinder

Das durchschnittliche Alter der teilnehmenden Kinder betrug 7 Monate (SD ± 4,9 Monate); sechs Kinder (40 %) waren weiblich, 9 (60 %) männlich.

Ergebnisse

Die Baseline-Charakteristika der Mütter für die Treatment- und Interventionsgruppe, jeweils mit der Angabe des Roh- und des Korrekturwerts durch die IPTW-Balancierung (Basis für die weiteren Berechnungen), zeigt Tab. 2. Zum Messzeitpunkt t0 (vor der Behandlung) bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der Zielvariablen.

Tab. 2 Baseline-Charakteristika: Outcome-Variablen, Mutter-Kind-Behandlung

Für alle Zielvariablen konnte sowohl für die Interventions- als auch die Kontrollbedingung eine Verbesserung im Verlauf der Behandlung erreicht werden. (Über beide Gruppen hinweg waren die Reduktionen der Symptomatik [t = 9,31, p < 0,001] und verzögerten Bindung [t = 3,43; <0,001] sowie die Erhöhung der Partnerschaftszufriedenheit [t = −3,85; p < 0,001] von t0 zu t1 signifikant). In allen 3 Zielvariablen zeigte die Interventionsgruppe ein im Vergleich zur Kontrollgruppe verbessertes Outcome, wobei keiner der Gruppenunterschiede zu t1 statistische Signifikanz erreichte (SCL-90/GSI: t = 0,69; p = 0,49; PBQ – Verzögerte-Bindung: t = 0,26; p = 0,79; PFB-K: t = −1,4; p = 0,16). Der größte Gruppenunterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe zu t1 lag für die Partnerschaftszufriedenheit vor (MW = 19,6, SD ± 6,7 vs. MW = 17,6, SD ± 5,9). Die Veränderung der Partnerschaftszufriedenheit von t0 zu t1 war in beiden Gruppen statistisch signifikant (Interventionsgruppe: t = −5,1; p = 0,000; Kontrollgruppe: t = −3,1; p = 0,004). Die Effektstärke betrug in der Interventionsgruppe dRM = 0,91 und in der Kontrollgruppe dRM = 0,44.

Schlussfolgerungen

Die Wirksamkeit von stationären Mutter-Kind-Behandlungen ist in einer Reihe von Studien belegt (Gillham und Wittkowski 2015; Glangeaud-Freudenthal et al. 2014), wobei über den Einfluss von Vätern bislang wenige Daten existieren. Auch in dieser Studie lässt sich zunächst ein positiver Effekt der Behandlung in allen Versuchsbedingungen festhalten: Mütter in stationärer Behandlung profitierten in allen 3 Zielvariablen von der Behandlung, sowohl unter der Standardbehandlung als auch in der Interventionsgruppe.

Die Studie demonstriert in diesem Zusammenhang zunächst die Machbarkeit einer Einbindung von Vätern in die stationäre Behandlung. In allen Zielvariablen in der Interventionsgruppe ergab sich zudem im Vergleich zur Kontrollgruppe ein zumindest tendenziell verbessertes Outcome mit höheren Effektstärken, wenn Väter parallel zur Behandlung an dem Begleitprogramm teilnahmen, wobei die Unterschiede keine statistische Signifikanz erreichten. Für die Symptombelastung und verzögerte Bindung waren die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen allerdings nur marginal. Der deutlichste Unterschied zeigte sich für die Partnerschafszufriedenheit, die im Verlauf der Behandlung durch die Intervention eine im Vergleich mit der Kontrollgruppe größere Verbesserung erfährt. Die Ergebnisse können zunächst als ein Hinweis verstanden werden, dass Väter tatsächlich einen Einfluss auf den Erfolg von Mutter-Kind-Therapien haben könnten, und dies schon während der Behandlungszeit auf der Station. Dennoch ist dieser Einfluss möglicherweise differenziell zu betrachten und bezieht sich v. a. auf die stärker psychosozial bedingten Outcome-Bereiche (Partnerschaftszufriedenheit und darüber vermittelt ggf. die wahrgenommene soziale Unterstützung durch den Vater).

In der Studie wurden keine Wirkfaktoren erhoben, über die sich der väterliche Einfluss auf die Behandlung vermitteln könnte. Vorstellbar sind zwei Perspektiven, durch die ein Einbezug von Vätern einen positiven Einfluss auf die Behandlung haben könnte: einerseits, dass der Einbezug von Vätern ein bislang „unbemerktes Behandlungshindernis“ bewältigt – etwa im Sinne von fortbestehenden Paarkonflikten, Unverständnis für die Erkrankung der Partnerin, aber auch Stress des Kindes durch die plötzliche Trennung vom Vater (der ggf. bislang die Hauptbezugsperson war) oder väterliche psychische Symptome, die wiederum bei den erkrankten Müttern Schuldgefühle auslösen usf. Einen Hinweis liefern die Befunde zu den väterlichen Belastungen zu Beginn der Behandlung: Über die Hälfte der Väter berichten von einer deutlich erhöhten psychischen Belastung, die im verwendeten Messinstrument den Grenzwert überschreitet. Auch wenn sich daraus keine klinische Diagnose ableiten lässt, weisen die Befunde darauf hin, dass die Väter z. T. selbst hochgradig belastet sind. Durch das Väterprogramm werden Väter wieder näher an die Mutter-Kind-Dyade herangeführt und für eigene Belastungen sensibilisiert, was bereits einen entlastenden Effekt für das familiäre Feld haben könnte. Zum anderen ist die Perspektive denkbar, dass der Einbezug von Vätern eine bislang „ungenutzte Behandlungsressource“ für die Therapie fruchtbar macht: durch die (durch das Programm geförderte) Unterstützung bei der Behandlung, mehr Verständnis für die Belastung der Mutter und die Reaktion des Kindes, aber auch eine verbesserte väterliche Rollenübernahme. Der Einbezug von Vätern könnte die förderlichen Effekte einer gelingenden Koelternschaft und einer funktionalen Partnerschaft mit dem psychosozialen Feld der stationären Behandlung in Kontakt bringen und dadurch für die Therapie nutzbar machen (Feinberg 2003; Lamb 2010). Hierbei können insbesondere Langzeiteffekte nach Abschluss der stationären Behandlung, d. h. Rückkehr ins gewöhnliche soziale Umfeld, eine Rolle spielen, die nicht Teil der Pilotstudie waren.

Die Verbesserung der Partnerschaftszufriedenheit in der Interventionsgruppe könnte in diesem Zusammenhang und im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Behandlung von besonderer Relevanz sein: Eine beeinträchtigte Partnerschaftsqualität ist einer der wesentlichen negativen Faktoren für die Entstehung und Aufrechterhaltung postpartaler psychischer Krisen bei beiden Elternteilen (Fagan und Lee 2010; Giardinelli et al. 2012; Goodman 2008). Die Partnerschaftszufriedenheit ist in beiden Versuchsbedingungen zu Beginn der Behandlung im Vergleich mit altersspezifischen Normwerten unterdurchschnittlich (Werte unterhalb des Summenwerts von 17 nehmen einen Prozentrang unterhalb von 25 ein; Kliem et al. 2012), die Partnerschaften sind also aus Sicht der Mütter klar belastet. In der Interventionsgruppe entwickelt sich die Partnerschaftszufriedenheit im Verlauf der Behandlung zum altersspezifischen Medianwert, während sich in der Kontrollgruppe eine geringer ausgeprägte Verbesserung in diesem Bereich ergibt. Eine Veränderung im psychosozialen Umfeld der Mutter kann womöglich dazu beitragen, Therapieeffekte zu stabilisieren und den in der Klinik vollzogenen Rollenwechsel zur Elternschaft auch im alltäglichen Beziehungsnetzwerk zu etablieren (Akcinar und Baydar 2016; Zemp et al. 2017).

Limitationen

Es handelt sich um eine Pilotstudie, die allein aufgrund der geringen Fallzahlen nur einen explorativen Charakter beanspruchen kann. Die nichtrandomisierte Zuteilung zu Interventions- und Kontrollgruppe ist mit möglichen Verzerrungen behaftet, die auch durch eine nachträgliche Balancierung nicht ausgeglichen werden können (etwa durch nichterhobene Einflussfaktoren wie die Motivation der beteiligten Väter, an der Studie überhaupt teilzunehmen). Auch die väterliche Perspektive und Belastungen sowie die Vater-Kind-Bindung waren nicht Gegenstand dieser Pilotstudie. Das Ziel der Studie bestand vorwiegend in der Untersuchung der Durchführbarkeit und einer ersten Orientierung über die Wirksamkeit der Intervention. Die gefundenen Tendenzen sind in einem weiteren Schritt an einer größeren Stichprobe und in einem veränderten Studiendesign zu überprüfen.

Ausblick

Das Väterprogramm wird im Rahmen eines randomisierten kontrollierten Studiendesigns mit einer erweiterten Teilnehmerzahl in einem Kooperationsprojekt des Universitätsklinikums Heidelberg, Institut für Psychosoziale Prävention, und des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden, Station für Mutter-Kind-Behandlungen, untersucht. Hierbei werden auch die väterlichen Belastungen, die Vater-Kind-Bindung sowie Langzeiteffekte der Intervention erfasst. Das Projekt wird von der Dietmar-Hopp-Stiftung gefördert.

Fazit für die Praxis

  • Mutter-Kind-Stationen sollten erwägen, wie Väter nach gegebenen Möglichkeiten stärker in das Behandlungsprogramm einbezogen werden können. Sofern noch nicht eingerichtet, ist z. B. eine regelmäßige offene Vätergruppe eine Möglichkeit, Väter näher an die Behandlung heranzuführen. Die Behandlung der Mutter-Kind-Dyade auf einer psychiatrischen Station ist eine Gelegenheit, auch die Väter niedrigschwellig mit einem unterstützenden und beratenden Angebot zu erreichen. Entscheidungsträger sollten sich dafür einsetzen, dauerhafte Strukturen zu schaffen, um Väter in die Mutter-Kind-Behandlung einzubeziehen.

  • Vor dem Hintergrund der hohen väterlichen Belastungen und ihrer möglichen Bedeutung für die Nachhaltigkeit des Therapie-Outcome sollte erwogen werden, belastete Väter nicht nur supportiv in die Behandlung der Mütter einzubinden, sondern sie zu ermutigen, ggf. selbst entsprechende Hilfsangebote wahrzunehmen. Mutter-Kind-Stationen könnten eine wichtige Funktion in einer niedrigschwelligen Beratung und Vermittlung therapeutischer Hilfen für Väter in psychischen Krisen erfüllen.

  • Einen wichtigen Ausgangspunkt könnte zunächst das routinemäßige Erfragen der väterlichen Belastung bilden; hierfür bedarf es eines spezifischen und geschützten Gesprächsrahmens (ggf. mit dem Vater allein).