Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sind oftmals mit sehr langen Wartezeiten auf eine leitliniengerechte traumafokussierte Therapie konfrontiert. Unabhängig vom eingesetzten Verfahren müssen die PatientinnenFootnote 1 dabei eine gewisse Stabilität mitbringen, um sich dem Traumaerlebnis zuwenden zu können. Stabilisierungsorientierte Verfahren bieten die Möglichkeit, okönomisch im Gruppensetting eingesetzt zu werden und damit entweder eine traumabearbeitende Einzeltherapie vorzubereiten, oder aber auch Symptome direkt zu reduzieren.

Hintergrund und Fragestellung

Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sind häufige und schwerwiegende psychische Störungen (Kilpatrick et al. 2013; Maercker et al. 2008) mit einem hohen Grad an Komorbidität (Kessler et al. 1995). In der Behandlung ist Psychotherapie das Mittel der Wahl. Für eine einfache PTBS empfiehlt die deutschsprachige S3-Leitlinie (Schäfer et al. 2019) den Einsatz von Interventionen, bei denen „der Schwerpunkt auf der Verarbeitung der Erinnerung an das Trauma oder/oder seiner Bedeutung liegt“ (Schlüsselempfehlung Nr. 5); in der Forschungsliteratur sind dies fast ausschließlich konfrontationsorientierte Ansätze. Für eine komplexe PTBS soll diese Empfehlung um „Techniken zur Emotionsregulation und zur Verbesserung von Beziehungsstörungen im Sinne der Bearbeitung dysfunktionaler zwischenmenschlicher Muster“ ergänzt werden (Schlüsselempfehlung Nr. 12). Grundlage dieser Empfehlungen sind v. a. publizierte randomisierte kontrollierte Studien (RCT), die in ihrer überwiegenden Mehrzahl im weiteren Sinne expositionsbasierte Verfahren getestet haben.

In der klinischen Praxis gilt jedoch, dass Patientinnen in der Lage sein müssen, sich traumakonfrontativen Verfahren zuzuwenden, sie also eine gewisse Stabilität mitbringen sollten, um zu profitieren (Seidler 2013). Dies lässt sich u. a. mit hohen Drop-out-Raten (Najavits 2015) in RCT und naturalistischen Studien konfrontationsorientierter Therapieverfahren begründen, die eine weniger fordernde Form der Intervention nahelegen können. Auf der anderen Seite ist die generelle Wirksamkeit von expositionsbasierten Verfahren klar etabliert, und es fehlen qualitativ hochwertige Studien zum Effekt von stabilisierungsorientierten Methoden (Neuner 2008). Zudem wird nach stabilisierenden Interventionen in der Praxis ebenfalls v. a. stabilisierend weitergearbeitet (Rosner et al. 2010), sodass dem Stufenmodell des Stabilisierens, Bearbeitens und Integrierens nicht genügend Rechnung getragen wird. Nochmals komplexer wird die Debatte durch metaanalytische Untersuchungen, die deutliche Hinweise geben, dass die in den Leitlinien beschriebenen expositionsbasierten Verfahren möglicherweise nicht substanziell wirksamer als andere Bona-fide-Therapien sind (Tran und Gregor 2016).

Neben den expositionsbasierten Verfahren in der Einzeltherapie gibt die aktuelle Studienlage jedoch auch Hinweise auf die Wirksamkeit anderer Ansätze in der Traumabehandlung. Dazu gehören z. B. die Interpersonelle Psychotherapie (IPT; Markowitz et al. 2015), aber auch Gruppenbehandlungen (Schwartze et al. 2019). Im deutschsprachigen Raum sind stabilisierungsorientierte Ansätze, die sich oftmals aus der Psychodynamisch-Imaginativen Traumatherapie (PITT; Reddemann 2020) heraus entwickelt haben, in der Praxis weit verbreitet.

Stabilisierungsorientierte Therapien in der Traumabehandlung

Ansätze zur Stabilisierung von Patientinnen mit Traumafolgestörungen finden sich international z. B. bei Cloitre et al. (2010) oder auch Dorrepaal et al. (2012). Im deutschsprachigen Raum haben in der klinischen Praxis v. a. imaginative Ansätze eine weite Verbreitung gefunden (Sack und Gromes 2013). Diese haben zum Ziel, die emotionale Stabilisierung und Fähigkeiten der Selbstregulation mithilfe erlernbarer Techniken zu fördern, werden oft in Kliniken eingesetzt und sind im Gruppensetting vermittelbar. Für den stationären Kontext geben mehrere Studien Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit von stabilisierungsorientierten Ansätzen (Lampe et al. 2008, 2014; Sachsse et al. 2006; Müller und Sachsse 2009). Steinert et al. (2016) testeten eine Form von stabilisierungsorientierter Therapie („Resource-Oriented Trauma Therapy and Resource Installation combined with Eye Movement Desensitization and Reprocessing Resource Installation“, ROTATE) in einem RCT-Design in Kambodscha. Hier war die stabilisierungsorientierte Therapie signifikant und mit bedeutsamen Effekten der Warteliste überlegen und verzeichnete kaum Nebenwirkungen oder Behandlungsabbrüche, was auf eine hohe Akzeptanz hinweisen kann. Im Bereich der Versorgung von Geflüchteten werden Stabilisierungsübungen erfolgreich angewendet und gehen mit einer signifikanten Symptomreduktion und guten Akzeptanz einher (Zehetmair et al. 2019). Im Rahmen einer weiteren publizierte Studie zu ambulanten stabilisierungsorientierten Gruppeninterventionen (Müller et al. 2007) schätzte die überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden die Gruppe als hilfreich ein, allerdings fehlen belastbare Zahlen zur Veränderung der Fähigkeit der Selbstberuhigung.

Unabhängig davon, ob tatsächlich eine im weiteren Sinne expositionsorientierte Herangehensweise die einzig wirksame Form der PTBS-Behandlung ist, lässt sich festhalten, dass die meisten Empfehlungen aus Leitlinien und klinischer Praxis darauf abzielen, dass Patientinnen mit Traumafolgestörung von Therapeutinnen behandelt werden sollten, die eine Expertise in Traumatherapie mitbringen. Dies ist in der Praxis jedoch oft nicht zeitnah möglich. Auf Bundesebene scheitert allgemein für mehr als die Hälfte der Patientinnen mit entsprechender Indikation eine Vermittlung in die ambulante Richtlinientherapie (BPtK 2018). In einer Untersuchung an einer Stichprobe einer Universitätsambulanz hatten 4 Monate nach Indikationsstellung nur 55 % der Patientinnen eine ambulante Richtlinienpsychotherapie tatsächlich begonnen (Nikendei et al. 2020). Die genannten Wartezeiten werden für Patientinnen mit PTBS bei einer deutlich niedrigeren Zahl zertifizierter Traumatherapeutinnen wesentlich höher sein.

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass es eine Vielzahl traumaorientierter Behandlungsverfahren gibt, von denen manche empirisch deutlich häufiger als andere untersucht sind. Die Wartezeit auf eine traumatherapeutische Fachpsychotherapie ist lang. Neben den expositionsorientierten und ähnlichen traumafokussierten Ansätzen gibt es unter anderem stabilisierungsorientierte Verfahren, die sich durch eine hohe Akzeptanz auszeichnen und prinzipiell im Gruppenformat angewandt werden können. Sie können damit ökonomisch in der Wartezeit auf eine Traumatherapie eingesetzt werden, um die dortige Traumabearbeitung zu erleichtern und die Wartezeit zu reduzieren. Ziel der vorliegenden Untersuchung war daher das Überprüfen der Machbarkeit eines Gruppenangebotes zur Stabilisierung und Selbstregulation bei Patientinnen mit Traumafolgestörungen mithilfe von in der Routineversorgung erhobenen Daten.

Machbarkeitsstudie

Ziel

Im Rahmen der vorgestellten Untersuchung sollte die Machbarkeit eines Gruppenangebots zu Stabilisierung und Selbstregulation bei Patientinnen mit Traumafolgestörungen mithilfe von Daten, die in der Routineversorgung erhoben wurden, überprüft werden.

Studiendesign

Es handelt sich um eine Machbarkeitsstudie mit einem einfachen Prä-post-Design und einer Katamneseuntersuchung. Spezifisches Augenmerk lag auf Aspekten von Akzeptanz, Implementierung, Praktikabilität und ersten Hinweisen zur möglichen Effektivität (Bowen et al. 2009).

Gruppenangebot STABILI-T

Inhalt des Angebots war, Personen mit Traumafolgestörungen in einem Gruppensetting therapeutisch dosiert Übungen zu Stabilisierung und Selbstregulation nahezubringen. Das Angebot hatte folgende 3 Ziele:

  • Erlernen des Einsatzes von Stabilisierungsübungen,

  • Verbesserung der Selbstregulation sowie des Nutzens von Ressourcen und Fantasien im krankheitsbezogenen Umgang mit sich und der Symptomatik,

  • Verbesserung der PTBS-Symptomatik und komorbider Belastungen.

Die Gruppe fand in 9 wöchentlichen Sitzungen von jeweils 90 min über einen Zeitraum von 3 Monaten als eines von vielen ambulanten Versorgungsangeboten an einer großen psychosomatischen Universitätsklinik statt. Im Vorgespräch wurden mit jeder Patientin einzeln die Rahmenbedingungen erörtert und später in der Gruppe wiederholt. Dazu gehörten der Verweis auf das Wahren der Grenzen von sich und anderen, z. B. durch den Verzicht, im Detail von eigenen belastenden Traumaerfahrungen zu berichten, ebenso wie das Verschwiegenheitsgebot bezüglich der Gruppe sowie die Einschränkung von persönlichen Kontakten außerhalb der Sitzung auf das, was auch in der Gruppe möglich wäre (d. h., z. B. keine intimen Kontakte einzugehen). Zudem wurden Umgang mit Überforderung sowie Krisen in und außerhalb der Gruppe besprochen.

Neben initialer Psychoedukation über Stabilisierung und dem Etablieren der Rahmenbedingungen hatten 3 Sitzungen im Fokus, einen Einstieg in die Übungen sowie das Üben selbst zu ermöglichen, 3 weitere, einen kreativen Umgang mit den Übungen zu fördern, um in den verbleibenden 3 Sitzungen die Verankerung des Übens im Alltag zu stärken (Tab. 1). Bereits zu Beginn wurde eine Übung zum Dissoziationsstopp („5-4-3-2-1-Übung“) eingeführt. Die Übungen basieren auf Interventionstechniken aus der Psychodynamisch-Imaginativen Trauma-Therapie (Firus et al. 2012).

Tab. 1 Gesamtstruktur des Gruppenangebots

Die Sitzungen folgten einer Struktur, beginnend mit einer 15-minütigen Blitzlichtrunde. Einerseits wurde darin die aktuelle Stimmung erfasst, andererseits wurden mit den Fragen „Was lief in der letzten Woche mit den Übungen gut? Was war herausfordernd?“ der Umgang mit den Übungen, sowie mit der Frage „Was ist in der letzten Woche insgesamt besser gelaufen als erwartet?“ Veränderungsressourcen aktiviert. Im Anschluss an das Blitzlicht wurde/wurden eine oder maximal 2 Übungen eingeführt bzw. wiederholt, gemeinsam ausprobiert und die diesbezüglichen Erfahrungen der Patientinnen diskutiert. Dieser Abschnitt dauerte jeweils 60 min. Während des 15-minütigen Abschlusses wurden die Sitzung reflektiert, erneut die Stimmung erfragt und die offene Frage gestellt, was die Patientinnen aus der jeweiligen Sitzung mitnehmen. Leitfragen zur Diskussion der Übungen orientierten sich an der Phase der Behandlung (Kennenlernen der Übungen, sich die Übungen kreativ zu eigen machen, die Übungen in den Alltag integrieren). Bei Bedarf konnten weitere Interventionen zur Ressourcenaktivierung spontan eingesetzt werden (Lambert et al. 2016).

Für die Zeit zwischen den Sitzungen wurden den Patientinnen die Texte der Übungen sowohl in ausgedruckter als auch in Form von Audiofiles mitgegeben, eingesprochen sowohl mit männlicher wie auch weiblicher Stimme, um sie möglichst den individuellen Bedürfnissen anzupassen und gleichzeitig die Selbstwirksamkeit durch die Wahlmöglichkeit anzuregen.

Die Sitzungen wurden von einer ärztlichen und einer psychologischen Therapeutin durchgeführt, die beide im fortgeschrittenen Teil ihrer Therapieausbildung waren und über mehrjährige Erfahrung mit Traumabehandlung, Gruppentherapien sowie strukturbezogenen und psychodynamisch-imaginativen Interventionen verfügten. Während das Verständnis der Gruppenprozesse auf der Basis psychodynamischer Modelle erfolgte, waren zentrale Haltungen im Umgang mit den Patientinnen und möglichen Gruppenphänomenen begrenzend, erklärend, lösungsorientiert und ressourcenfördernd. Es fand wöchentlich eine Supervisionssitzung unter Anleitung des Erstautors statt.

Auf das Gruppenangebot wurde mithilfe eines Flyers bei niedergelassenen Therapeutinnen, in der Traumaambulanz des Universitätsklinikums sowie in stationären Behandlungseinrichtungen hingewiesen. Interessierte Personen konnten sich über eine Telefonnummer oder E‑Mail-Adresse direkt melden. In einem orientierenden Telefonat wurde zunächst die Indikation vorgeprüft. Bei entsprechender Eignung wurden das Vorliegen einer Traumafolgestörung nach Kriterien des DSM-IV im Gespräch mit einer Ärztin festgestellt, die Indikation gestellt sowie eine mündliche und schriftliche Aufklärung über die Behandlung und das Erheben von Daten im Rahmen von Routinediagnostik und Qualitätssicherung vorgenommen.

Einschlusskriterien waren Volljährigkeit und das Vorliegen einer Traumafolgestörung im Sine einer PTBS nach DSM-IV. Ausschlusskriterien waren:

  • akute Suizidalität,

  • mehr als 2 Selbstverletzungen in den letzten 8 Wochen vor der Erstvorstellung,

  • eine Substanzabhängigkeit oder der regelmäßige Gebrauch von Tranquilizern,

  • akute wahnhafte oder demenzielle Erkrankungen,

  • schwere somatische Erkrankungen mit akutem Behandlungsbedarf,

  • ein nichtausreichendes Verständnis der deutschen Sprache,

  • starke Schwerhörigkeit,

  • anhaltende Gefährdung durch z. B. regelmäßigen Täterkontakt,

  • eine stationäre oder teilstationäre Psychotherapie in den letzten 2 Monaten vor Behandlungsbeginn oder

  • eine zu Beginn der Intervention bestehende ambulante Psychotherapie im Sinne regelmäßiger Sitzungen, die bereits über die Probatorik hinausgegangen war.

Instrumente

Demografische Daten.

Zu Beginn der Behandlung wurden zentrale demografische Daten erfasst.

Einsatz von Stabilisierungsübungen.

Vor der Behandlung wurde erfragt, ob die Teilnehmerinnen bereits Vorerfahrungen mit Stabilisierungsübungen hatten. Um den Einsatz von Stabilisierungsübungen zu erfassen, wurden die Patientinnen zum Behandlungsende befragt, ob sie die gelernten Übungen im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Gruppenintervention häufiger einsetzen. Die Antwortoptionen reichten von 1 („trifft nicht zu“) bis 7 („trifft zu“).

Stimmung vor und nach der Sitzung.

Jeweils vor und nach jeder Gruppensitzung wurde die aktuelle Stimmung aufsteigend positiv von 0 „schlechtmöglichste Stimmung“ bis 10 „bestmögliche Stimmung“ mündlich erfragt und dokumentiert.

Selbstberuhigungsfähigkeit.

Zur Erfassung der Fähigkeit zur Selbstberuhigung wurde die Selbstberuhigungsskala (SBS; Beck et al. 2017) eingesetzt. Diese misst mithilfe von 8 Items, die auf einer Skala von 0 bis 10 eingeschätzt werden, allgemeine Fähigkeiten zur Selbstberuhigung und Impulskontrolle. Die SBS ist spezifisch für den Einsatz bei Interventionen im Kontext von stabilisierungsorientierten und imaginativen Verfahren in der Traumatherapie entwickelt worden (Lampe et al. 2008).

Traumabelastung.

Die Belastung durch ein oder mehrere traumatische Ereignisse wurde mithilfe der Impact of Event Scale (IES) gemessen, die Intrusions- und Vermeidungssymptome anhand von 15 Items zu einer Gesamtskala zusammenfasst (Sundin und Horowitz 2002).

Dissoziationen.

Dissoziative Beschwerden wurden mit dem Fragebogen zu Dissoziativen Symptomen (FDS; Spitzer et al. 2004) gemessen.

Generelle Symptombelastung.

Zur Beschreibung der allgemeinen psychischen Symptombelastung wurde die Gesamtskala der deutschen Version des Outcome Questionnaire (OQ-45; Haug et al. 2004) eingesetzt. Der OQ-45 ist ein in der Psychotherapieforschung weltweit genutztes Instrument mit guten psychometrischen Kennwerten (Blodworth et al. 2010). Der OQ-45 wurde einmalig vor Beginn der Gruppenbehandlung ausgefüllt.

Depression und Angst.

Depressivität und Ängstlichkeit wurden mithilfe des Patient Health Questionnaire (PHQ‑9; Levis et al. 2019) und der Generalized Anxiety Disorder Scale 7 (GAD‑7; Löwe et al. 2008) erhoben, beide gebräuchliche Kurzskalen zum Erfassen von spezifischer Symptomatik.

Kindheitserfahrungen.

Das Ausmaß aversiver Kindheitserfahrungen und protektiver Erlebnisse wurde mithilfe des Fragebogen zu Aversiven und Protektiven Kindheitserfahrungen (APK; Ehrenthal et al. 2020) erhoben. Der APK erfasst mit 40 Items aversive Erfahrungen in den Bereichen von emotionaler Vernachlässigung und Missbrauch, körperlicher Vernachlässigung und Missbrauch, sexuellem Missbrauch, sonstigen traumatischen Ereignissen, Trennungserfahrungen sowie dysfunktionaler Familiensituation und fehlenden oder dysfunktionalen Peergroup-Einflüssen. Zudem werden potenziell protektive Kindheitserfahrungen abgebildet. Der APK verfügt über gute bis sehr gute psychometrische Kennwerte und korreliert in Bezug auf aversive Erfahrungen zu r = 0,93 mit dem Childhood Trauma Questionnaire. Der APK wurde einmalig vor Beginn der Gruppenbehandlung ausgefüllt.

Persönlichkeitsfunktion.

Das Ausmaß struktureller Beeinträchtigungen der Persönlichkeit wurde mithilfe des OPD-Strukturfragebogens (OPD-SF; Ehrenthal et al. 2012; OPD: Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik) abgebildet. Dieser erfasst anhand von 95 Items auf einer Skala von 0 bis 4 das Strukturniveau der Persönlichkeit im Sinne der OPD‑2 und korreliert zu r = 0,62 mit dem Expertinnen-Rating der Strukturachse (Dinger et al. 2014).

Interpersonelle Probleme.

Das Ausmaß der selbstberichteten interpersonellen Schwierigkeiten wurde mithilfe einer Kurzversion des Inventars Interpersonaler Probleme erhoben (IIP-32; Thomas et al. 2011).

Erleben des Angebots.

Das Gruppenangebot wurde bei Behandlungsende in Bezug auf verschiedene Inhalte auf 2 Arten von Skalen eingeschätzt. 1) Wenn es um die Frage ging, wie hilfreich eine Komponente wahrgenommen wurde, schätzten die Patientinnen dies auf einer Skala von 1 (nichthilfreich) bis 7 (sehr hilfreich) ein. 2) Wenn es um die Frage ging, wie die Zeitdauer von Komponenten zu bewerten sei, wurde eine Skale vorgelegt, die von −3 bis +3 reichte, mit den Ankerwerten −3 („zu wenig“), 0 („genau richtig“) und +3 („zu viel“).

Fragen bezogen sich auf Informationen zu den Übungen, das gemeinsame Üben und Rückmeldungen durch Therapeutinnen und Mitpatientinnen. Ebenso erfolgte eine Einschätzung, inwiefern die jeweilige Teilnehmerin mehr als vor der Gruppenintervention übte, zudem eine Einschätzung zur Zufriedenheit mit der Zahl der Sitzungen sowie die Beantwortung der Frage, inwiefern Patientinnen ein Gruppenangebot dieser Art weiterempfehlen würden.

Katamnesefragen.

Zwei Monate nach Behandlungsende wurde auf einer Skala von 0 („nichthilfreich“) bis 10 („sehr hilfreich“) gefragt, wie hilfreich die Patientinnen die Teilnahme an der Gruppe einschätzen, ob sie die Stabilisierungsübungen im Vergleich zur Zeit vor der Gruppenintervention häufiger einsetzen (auf einer Skala von 0 „trifft nicht zu“ bis 10 „trifft zu“). Zudem wurde mithilfe von Ja-nein-Fragen erfasst, ob die Teilnehmerinnen aktuell in ihrem Alltag das Gelernte üben, ob sie die Übungen in ihrem Alltag nutzen, ob sie im Vergleich zu Zeit vor der Gruppenintervention Handlungen und Tätigkeiten zur Selbstfürsorge neu begonnen oder alte wiederaufgenommen haben. Zudem wurde erfragt, ob sich die Patientinnen aktuell in einer Psychotherapie befinden oder sich an ihrem Behandlungsstatus etwas geändert hat, ebenso eine mögliche Medikation, Krankschreibung und Erwerbstätigkeit. Abschließend wurde gefragt, ob es ihnen im Vergleich zur Zeit vor der Behandlung besser, gleich oder schlechter gehe.

Auswertung

Primäres Ergebnismaß waren Veränderungen in der Häufigkeit des Übens vor und nach der Behandlung. Sekundäre Ergebnismaße waren Veränderungen in den Fragebogen sowie die Einschätzung der Erfahrung mit der Gruppe. Für die Auswertung werden absolute Häufigkeiten, Mittelwerte und Standardabweichungen deskriptiv dargestellt sowie Effektstärken für abhängige Stichproben (im Sinne einer Veränderung der Mittelwerte unter Berücksichtigung der gepoolten Standardabweichung der Anfangswerte und der Korrelation der Anfangs- mit den Endwerten; Morris und DeShon 2002).

Open Science.

Es werden der komplette auswertbare Datensatz und alle verfügbaren Daten, mit Ausnahme von qualitativen Ergänzungen zu den Fragen, berichtet. Aus Gründen der Gewährleistung der Anonymität können die Rohdaten nicht hinterlegt werden. Bei Bedarf können alle Instrumente, Daten und Auswertungssyntaxen beim Erstautor eingesehen werden.

Ergebnisse

Alle Patientinnen litten unter einer nach DSM-IV-Kriterien diagnostizierten PTBS; alle Gruppenteilnehmerinnen identifizierten sich als weiblich. Eine Patientin brach die Behandlung ab, sodass die Auswertungen nur über die restlichen 5 Teilnehmerinnen durchgeführt werden konnten. Vier der Personen hatten die mittlere Reife, eine das Abitur bzw. die Fachhochschulreife. Eine Patientin war vollzeit-, zwei waren teilzeitbeschäftigt, eine arbeitslos und eine weitere nichterwerbstätig. Zwei befanden sich in fester Partnerschaft. Vier der Patientinnen hatten bereits in Vorbehandlungen Stabilisierungsübungen kennengelernt, eine in einer ambulanten, 3 in stationären Psychotherapien.

Primäres Ergebnismaß: Häufigkeit des Übens

Insgesamt gaben die Teilnehmerinnen nach der Therapie an, die gelernten Übungen im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Gruppenintervention häufiger einzusetzen (Skala von 1 [„trifft nicht zu“] bis 7 [„trifft zu“], M = 5,80, SD ± 1,64, Minimum–Maximum = 3–7). Katamnestisch wurde die Frage, ob die Teilnehmerinnen 2 Monate nach Behandlungsende die Übungen häufiger einsetzten, beurteilt auf einer Skala von 0 („trifft nicht zu“) bis 10 („trifft zu“), ebenfalls insgesamt eher positiv beantwortet (M = 5,80, SD ± 3,35, Minimum–Maximum = 0–8, Median = 7,00).

Sekundäre Ergebnismaße: Veränderung der Stimmung im Lauf der Sitzungen

Die Stimmung verbesserte sich im Schnitt während der Sitzungen (Prä: M = 6,24, SD ± 1,00; Post: M = 6,97, SD ± 0,65; d = 1,10, 95 %-CId = −0,23–2,43).

Veränderungen von Fragebogenwerten während der Intervention

Von vor zu nach der Behandlung nahm die Fähigkeit zur Selbstberuhigung (SBS) im Mittel zu. Intrusionen und Vermeidungssymptome (IES-15), Dissoziation (FDS), Depressivität (PHQ-9), generalisierte Ängstlichkeit (GAD-7) sowie selbst eingeschätzte strukturelle Defizite der Persönlichkeitsstruktur nahmen ab, jeweils im Schnitt mit großen Effekten. Interpersonelle Probleme (IIP-32) verringerten sich deskriptivFootnote 2 mit mittleren Effekten (Tab. 2).

Tab. 2 Kennwerte und Fragebogendaten

Weitere Einschätzung des Gruppenangebots bei Behandlungsende

Der Inhalt der allgemeinen Informationen zu den Übungen durch die Therapeutinnen wurde insgesamt sehr positiv gewertet (M = 6,40, SD ± 0,89, Minimum–Maximum = 5–7). Die Menge der allgemeinen Informationen zu den Übungen wurde von allen Patientinnen als „genau richtig“ eingeschätzt.

Das gemeinsame Üben in der Gruppe wurde im Mittel wieder als sehr positiv erlebt (M = 6,60, SD ± 0,89, Minimum–Maximum = 5–7). Die Zeitdauer des gemeinsamen Übens in der Gruppe empfanden 2 Personen als genau richtig; zwei Personen fanden sie etwas zu kurz (−1), eine Person in einem mittleren Ausmaß zu kurz (−2).

Die speziellen Rückmeldungen der Therapeutinnen zur Gruppendiskussion wurde insgesamt positiv bewertet (M = 6,60, SD ± 0,89, Minimum–Maximum = 5–7). Alle Teilnehmerinnen schätzen die Menge der speziellen Rückmeldungen der Therapeutinnen zur Gruppendiskussion als „genau richtig“ (0) ein.

Im Schnitt wurden die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen positiv bewertet (M = 6,20, SD ± 1,89, Minimum–Maximum = 3–7). Die Menge der Rückmeldungen der Teilnehmerinnen wurden von 3 Personen als „genau richtig“ (0) eingeschätzt, eine Person hätte gern etwas mehr (−1), eine etwas weniger (+1) Rückmeldungen der Teilnehmerinnen gehabt.

Die Gesamtzahl der Sitzungen empfanden 3 Teilnehmerinnen als „genau richtig“ (0), eine Teilnehmerin fand die Anzahl merklich (−2), eine weitere deutlich zu gering (−3). Der Aussage, das Gruppenangebot weiterempfehlen zu würden, wurde insgesamt deutlich zugestimmt (M = 6,60, SD ± 0,89, Minimum–Maximum = 5–7).

Katamnestische Einschätzung 2 Monate nach Behandlungsende

Von allen 5 Teilnehmerinnen konnte eine telefonische Katamnese erhoben werden. Die Frage, wie die Teilnehmerinnen 2 Monate nach Behandlungsende ihre Teilnahme auf einer Skala von 0 („nichthilfreich“) bis 10 („sehr hilfreich“) einschätzten, wurde insgesamt sehr positiv beantwortet (M = 8,80, SD ± 1,25, Minimum–Maximum = 6,50–9).

Drei von 5 Teilnehmerinnen bejahten, aktuell im Alltag Stabilisierungsübungen durchzuführen, 4 von 5, sie im Alltag zu nutzen, im Sinne einer Anwendung bei spezifischen Problemen und Herausforderungen. Wiederum 3 von 5 Personen gaben an, aktuell selbstfürsorglicher als vorher zu sein, ebenso 3 von 5, aktuell in ambulanter Psychotherapie behandelt zu werden. Nur eine Person nahm Psychopharmaka ein. Drei Patientinnen waren aktuell krankgeschrieben, nur eine aktuell arbeitend. Eine Patientin berichtete von einer größeren Lebensveränderung seit der Gruppe. Auf die Frage, wie es ihnen ginge, antworteten 4 Patientinnen, dass es ihnen im Vergleich zu Zeit vor der Gruppenintervention besser ginge; eine Person antwortete, dass es ihr „gleich“ ginge, und keine, dass es ihr schlechter ginge.

Diskussion

Hinweise auf die Machbarkeit des Angebots

In einer Studie in der Routineversorgung zu einem Gruppenverfahren zu Stabilisierung und Selbstregulation für Frauen mit PTBS wurde Hinweise auf die Machbarkeit des Angebots gefunden. Dies bezieht sich insbesondere auf die hohe Akzeptanz durch die Teilnehmerinnen, aber auch darauf, dass Gruppentherapie, Interventionen und die Qualitätssicherung wie geplant in einem Routinesetting durchgeführt werden konnten. Die positive Einschätzung bezüglich der Durchführbarkeit wurde auch seitens der Therapeutinnen geteilt. Die Fragebogendaten geben erste Hinweise auf mögliche Effekte der Behandlung. Diese können bei aller Vorsicht durch den Machbarkeitscharakter und die zugehörige kleine Stichprobe deskriptiv als groß für eine Zunahme der Selbstberuhigung und der strukturellen Fähigkeiten sowie eine Abnahme von Depressivität, Ängstlichkeit und Belastung durch das Trauma und die Dissoziation charakterisiert werden. In Bezug auf die Abnahme interpersoneller Problemen kann von mittelgroßen Effekten ausgegangen werden. Insbesondere ist die durchweg positive bis sehr positive Einschätzung der Behandlungserfahrung und der Komponenten des Angebots hervorzuheben.

Aus der Perspektive der Behandlerinnen war es wichtig, eine konsequent ressourcenorientierte, strukturbezogene Haltung einzunehmen. Die interpersonellen Angebote der Teilnehmerinnen sollten zwar durchaus psychodynamisch verstanden, aber aus einer beelternden Perspektive (Ehrenthal und Dinger 2019; Ehrenthal und Grande 2014) heraus beantwortet werden. Dies kann für die Behandlung und Verbreitung wichtig sein, da zumindest psychodynamisch ausgebildete Therapeutinnen kein explizit neues Grundmodell lernen müssen, sondern ihr bestehendes v. a. zu erweitern brauchen: Traumafolgestörungen können so neben anderen Modellen unter dem Gesichtspunkt des zumindest temporären Verlusts struktureller Fähigkeiten der Persönlichkeit betrachtet werden. Ebenso ist es möglich, stabilisierungsorientierte Interventionen im Sinne von strukturbezogenen Interventionen zu verstehen (Rudolf 2014).

Limitationen der Studie

Einschränkungen der Studie bestehen einerseits in der mit einer Machbarkeitsstudie einhergehenden kleinen Fallzahl. Insofern kann aus den Daten nicht auf die Wirksamkeit des Angebots geschlossen werden, sondern wie initial geplant nur auf die „feasibility“. In Bezug auf Indizes zur Machbarkeit wurden jedoch aufgrund der Durchführung als Versorgungsangebot z. B. Kennzahlen zur Teilnahmebereitschaft in der Zielpopulation nicht erfasst, was für eine Folgestudie wichtig wäre. Ebenso konnte der Abbruch einer Patientin nicht so nachverfolgt werden, wie es in einer regulären Therapiestudie möglich und nötig wäre. Auch wenn die Veränderungen in den Kennwerten der Fragebogen und der subjektiven Einschätzung der Patientinnen Mut machen, braucht es größere Untersuchungen, um Behandlungseffekte präzise schätzen zu können und somit den Weg zu einer randomisierten Studie zu ebnen.

Fazit für die Praxis

  • Insgesamt haben ambulante Interventionen wie das Gruppenangebot zur Stabilisierung und Selbstregulation bei Frauen mit Traumafolgestörungen STABILI‑T das Potenzial, ein wichtiges Bindeglied zwischen der Versorgungsrealität mit langen Wartezeiten auf der einen und einer hochspezialisierten traumaspezifischen Fachpsychotherapie auf der anderen Seite zu werden.

  • Im nächsten Schritt bedarf es weiterer Untersuchungen, um die generelle Wirksamkeit im Vergleich zu z. B. einer Wartelistenbedingung oder auch einer aktiven Vergleichsgruppe zu überprüfen.