Hintergrund und Fragestellung

Die Bestattungskultur in Europa wird traditionell von zwei Bestattungsformen bestimmt: die Erdbestattung und die Kremierung mit anschließender Beisetzung der Asche.

Die „Reerdigung“ der Circulum Vitae GmbH Berlin wandelt den Körper durch Zugabe von pflanzlichem Substrat in einem Behälter durch körpereigene Bakterien in Humus („Erdsubstrat“) um. Durch eine Regulierung der Feuchtigkeit und Temperatur kann die bakterielle Zersetzung gesteuert werden. Nachdem das Weichgewebe zersetzt ist, werden die Knochen entnommen, gemahlen und anschließend der Erde beigegeben.

Die vorliegende Studie soll diese neue Bestattungsform aus forensischer Sicht beurteilen, um eine bereits vorliegende kritische Veröffentlichung zu ergänzen [13].

Ähnliche Prozesse, bekannt unter dem Namen „natural organic reduction“ (NOR), werden in einigen Bundesstaaten der USA bereits in unterschiedlichen Ausführungen praktiziert [3, 11], sind aber aufgrund anderer Prozessabläufe (abweichende Zersetzungszeiträume, anderer Aufbau und Mechanik der Behälter) sowie abweichender ethischer und rechtlicher Regularien über den Verbleib des entstehenden Substrats, auch mit Hinblick auf eine in den US-Bundesstaaten fehlende Bestattungspflicht auf Friedhöfen, für vorgelegte Ergebnisdarstellung nicht vergleichbar.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Im Rahmen einer Pilotstudie wurden zwei Reerdigungsprozesse wissenschaftlich begleitet. Es wurden Proben während und nach den Prozessen entnommen und im Institut für Rechtsmedizin in Leipzig morphologisch, toxikologisch, molekulargenetisch und bodenkundlich untersucht.

Prozess der Reerdigung

Ein Leichnam wird unbekleidet in ein Substrat aus pflanzlichem Material (Trockenschnitt aus Klee, Lupine und Stroh) in einen geschlossenen Behälter aus Edelstahl oder recyceltem Hartplastik („Kokon“) gelegt. Mit Wasser wird der Grünschnitt befeuchtet und der Behälter verschlossen [5]. Chemikalien werden nicht hinzugeben. Die Zersetzung durch die körpereigenen Bakterien lässt die Temperatur bis auf 70 °C ansteigen. Ab dem 10. Tag wird der Behälter mechanisch leicht bewegt, um eine Verklumpung des Substrats zu verhindern. Zu- und Abluft für die Steuerung von Temperatur und Luftfeuchte im Behälter werden durch Software und Datalogger überwacht. Die Abluft wird durch ein Filtersystem gereinigt. Nach ca. 40 Tagen wird der Behälter geöffnet. Das Erdsubstrat wird nach Entfernung von metallischen Prothesen, Herzschrittmachern und sonstigen körperfremden Materialien mit den Knochen mittels einer Hammermühle gemahlen und homogenisiert. Das so entstandene Erdsubstrat wird in einem abbaubaren Leinentuch bestattet. Der Kokon wird dabei nicht bestattet, sondern gereinigt und wiederverwendet. Durch die zwischenzeitlichen Temperaturen bis 70 °C findet eine Hygienisierung des Materials statt; die Vorgaben der Bioabfallverordnung (BioAbfV) [2] werden dabei erfüllt. Die Ausgestaltung der Grabart obliegt dann den Friedhöfen und den Angehörigen [5].

Untersuchungsproben

Die Proben stammten von zwei Körperspendern: Person A (65 Jahre, weiblich, 170 cm, 50 kg) und Person B (63 Jahre, männlich, 175, 75 kg), von denen jeweils eine individuelle Spendervereinbarung vorlag. Aus diesem Grund wurden für diese Pilotstudie nur von einer Person Knochenproben für eine molekulargenetische Untersuchung entnommen.

Morphologisch-osteologische Untersuchung

Ein Oberschenkelknochen sowie der Schädel von Person A wurden nach dem Prozess entnommen und nach den Methoden von Hunger und Leopold [6] zur Bestimmung der Bodenliegezeit untersucht. Teile des Oberschenkelknochens wurden in einem Muffelofen verascht, um den Rohaschegehalt zu bestimmen.

Toxikologische Untersuchung

Für die toxikologischen Untersuchungen wurden Knochensubstrat (A1), Erdsubstrat ohne (A2) und mit (A3) beigemischten Knochen, Knochenreste (A4 und A5) und Überreste aus dem Schädelinneren (A6) von Person A sowie Erdsubstrat (B1), Haare vor der Reerdigung (B2) und Haare mit Erdsubstrat nach der Reerdigung (B3) von Person B analysiert.

Alle Asservate beider Personen wurden sowohl durch verschiedene Fest-Flüssig-Extraktionsverfahren als auch durch Proteinfällung aufgearbeitet und zielgerichtet (Tab. 1) mittels Multi-Target HPLC-MS/MS (Sciex QTrap 5500, Sciex, Darmstadt, Deutschland) sowie nicht zielgerichtet mittels HPLC-MS-QTOF (Agilent 6530) und HPLC-DAD (G1312A) analysiert (Agilent Technologies, Waldbronn, Deutschland). Zur Analytik der Haare wurden diese zunächst zweifach mit Wasser und Methanol gewaschen, getrocknet, zerkleinert und schließlich methanolisch extrahiert. Methodische Details können auf Anfrage übermittelt werden.

Tab. 1 Analyten der verwendeten zielgerichteten HPLC-MS/MS-Methoden

Molekulargenetische Untersuchung

Es wurden jeweils 2,0 g Erdsubstrat mit Knochensubstrat, reines Knochensubstrat sowie Knochenmaterial vom Schädel, ein Backenzahn, ein Finger- oder Fußnagel von Person A untersucht. Das Zahn- und Knochenmaterial wurde in einer Kugelschwingmühle M200 (Retsch, Haan, Deutschland) gemahlen. Von den gemahlenen Knochen wurden zwischen 1,5 und 3,0 g für die DNA-Extraktion mittels First-DNA all tissue kit (GEN-IAL, Troisdorf, Deutschland) verwendet. Die DNA-Extraktion aus dem Nagel fand mit dem NucleoSpin® Tissue Kit (Macherey-Nagel, Düren, Deutschland) statt. Zur DNA-Quantifizierung wurde das PowerQuantTM System (Promega, Madison, WI, USA) sowie ein Applied BiosystemsTM 7500 Real-Time PCR System (Applied BiosystemsTM, Waltham, MA, USA) verwendet. Zudem erfolgte eine DNA-Konzentrationsmessung mittels Qubit™ dsDNA HS Assay Kit am QuBitTM 4 Fluorometer (Thermo Fisher Scientific, Waltham, MA, USA).

Für die Bestimmung autosomaler STR-Merkmale wurden die PCR-Kits PowerPlex® ESX 17 und PowerPlex® ESI 17 Pro (Promega) eingesetzt. Die Fragmentanalyse wurde am Applied BiosystemsTM SeqStudio Genetic Analyzer (Thermo Fisher Scientific, Waltham, MA, USA) durchgeführt. Die Datenauswertung erfolgte mit der Software GeneMapper® ID‑X, Version 1.6 (Thermo Fisher Scientific, Waltham, MA, USA).

Bodenkundliche Untersuchung

Die Proben à 100 g (Erdsubstrat, Knochenmehl, Mischprobe) wurden makroskopisch sowie mikroskopisch (Olympus SZX9 mit einem Olympus Objektiv DF PL 1,5X mit einer 85,5-fachen Vergrößerung, der Firma Olympus K.K.; Shinjuku, Tokio, Japan) auf ihre Beschaffenheit überprüft und mittels Bestimmungstabelle [10] und Bodenkundlicher Kartieranleitung [15] eingeordnet.

Ergebnisse

Morphologisch-osteologische Untersuchung

Am vollständigen menschlichen Schädel mit Zähnen wurden makroskopisch keine Weichteilreste festgestellt. Nach Reinigung war ein erdig-humoser Geruch wahrnehmbar. Die Knochenoberfläche erschien homogen bräunlich und makroskopisch ohne Beschädigungen.

Am Schädel ließen sich die Zähne leicht aus den Alveolen entnehmen. Die Knochensubstanz war fest, schwer und homogen feucht. Die Schädelnähte waren nicht gelockert. Ein frischer Sägeschnitt erzeugte einen geringen Geruch nach verbrannten Haaren. Es fanden sich keine Reste der harten Hirnhaut. In den Paukenhöhlen fand sich wenig erdig-krümelige Substanz. Die Sägeschnittfläche des Schädels zeigte eine homogene, vorwiegend bläulich-violette UV-Fluoreszenz. Nach Behandlung mit Ninhydrin zeigte sich auf der Sägeschnittfläche eine kräftige blauviolette Färbung.

Am Oberschenkelknochen fand sich äußerlich ein gleichartiger Befund. In der Markhöhle zeigte sich mäßig viel Fettwachs. Auf der Sägeschnittfläche war nach Behandlung mit Ninhydrin eine mäßig kräftige blauviolette Anfärbung erkennbar. Der frische Sägeschnitt der Kompakta fluoreszierte im ultravioletten Licht außen nur schwach, innen teils scharf abgegrenzt kräftig bläulich-violett (Abb. 1). Zur Markhöhle hin flaute die Fluoreszenz stellenweise wieder ab.

Abb. 1
figure 1

Bläulich-violette UV-Fluoreszenz am frischen Sägeschnitt

Nach Bestattung im Erdgrab wären die o. g. Befunde am Oberschenkelknochen nach Berg [1] nach einer Liegezeit von etwa 20–50 Jahren zu erwarten. In der Trockensubstanz betrug der Rohaschegehalt über drei Veraschungsansätze gemittelt 67,87 %. Diese Glührückstände entsprechen Knochen mit einer Liegezeit unter 150–200 Jahren [9].

Toxikologische Untersuchung

In allen Proben von Person A konnten mittels zielgerichteter Analytik (Tab. 1) Fentanyl (Opioid-Analgetikum), THC-Carbonsäure (Metabolit von THC) sowie Diazepam (Benzodiazepin) nachgewiesen werden. Die nicht zielgerichtete Analyse verlief für alle Proben negativ.

Die zielgerichtete Analyse der Haarproben von Person B vor (B2) und nach (B3) der Reerdigung verliefen positiv auf Lorazepam (Benzodiazepin), wobei in Probe B3 lediglich noch Spuren zu detektieren waren (Abb. 2). Mittels nicht zielgerichteter Analytik konnten in den Haaren vor der Reerdigung (B2) Citalopram (Neuroleptikum), dessen Metabolit Norcitalopram, Trimethoprim (Antibiotikum) und ein Metabolit von Metamizol (Analgetikum) nachgewiesen werden (Abb. 3). In den zugehörigen Waschlösungen konnten ebenfalls Spuren von Citalopram und Norcitalopram detektiert werden. Die nicht zielgerichteten Analysen der Probe B3 verliefen negativ.

Abb. 2
figure 2

Chromatogramm der zielgerichteten Analyse der Haare vor (B2) und nach (B3) der Reerdigung auf Lorazepam

Abb. 3
figure 3

Chromatogramm der nicht zielgerichteten Analyse der Haare vor (B2) und nach (B3) der Reerdigung

Untersuchungen bezüglich einer potenziellen Bodenbelastung durch Schwermetalle wurden bereits durch die AGROLAB Agrar und Umwelt GmbH durchgeführt, wobei alle gesetzlichen Grenzwerte eingehalten wurden [12].

Molekulargenetische Untersuchung

Für die Proben ergaben sich die in Tab. 2 aufgeführten DNA-Konzentrationen. Für den Fingernagel (VM 01), den Backenzahn (VM 03) sowie die Bodenproben mit und ohne Knochensubstrat (VM 07 und VM 09) wurden mittels qPCR-Verfahren für die autosomalen DNA-Targets nur geringe bzw. keine messbaren DNA-Konzentrationen (Undetermined; Wert unter der Nachweisgrenze) ermittelt. Der Vergleich der Ergebnisse der DNA-Targets deutet an den Proben vom Jochbeinhöcker (VM 04), Felsenbein (VM 05), der Kalotte (VM 07) sowie des Knochensubstrats (VM 08) auf DNA-Degradation hin, wobei zum Teil für das lange Target (435 bp) kein Wert messbar war (VM 05). Die photometrische Messung ergab im Vergleich teils deutlich höhere Konzentrationswerte, was auf eine Koextraktion von nichthumaner DNA hindeutet, welche vermutlich von am Zersetzungsprozess beteiligten Mikroorganismen stammt.

Tab. 2 Ergebnisse der DNA-Konzentrationsmessung und STR-Analyse

Aufgrund der Ergebnisse der DNA-Quantifizierung erfolgte für die Proben vom Backenzahn (VM 03), Jochbeinhöcker (VM 04), Felsenbein (VM 05), Kalotte (VM 06) sowie das Knochenmehl (VM 08) jeweils eine STR-Analyse. Für die Proben VM 04, VM 06 und VM 08 wurden jeweils übereinstimmende, vollständige STR-Profile einer weiblichen Person nachgewiesen (16 von 16 untersuchten autosomalen STR-Systeme auswertbar), für VM 03 waren lediglich 6 STR-Systeme auswertbar. Die hier erhaltenen Befunde stimmten mit den Merkmalen der Proben VM 04, VM 06 und VM 08 überein. Für VM 05 ergaben sich keine reproduzierbaren Befunde. Deutlich abfallende Signalintensitäten bei den längeren DNA-Fragmenten (Abb. 4) deuten ebenso wie die Quantifizierungsbefunde auf eine DNA-Degradation hin.

Abb. 4
figure 4

Elektropherogramm der Probe VM 08 (Knochenmehl) unter Verwendung des Kits PowerPlex ESX 17 (Promega, Madison, WI, USA) mit erkennbarem Ski-slope-Effekt (qPCR ohne Hinweis auf Inhibitoren) als Zeichen für DNA-Degradation

Bodenkundliche Untersuchung

Entgegen der bodenkundlichen Einteilung des Humus [15] war im Probenmaterial kein Edaphon (Zusammensetzung der Bodenlebewesen) vorhanden. Die vorgelegte reine Erdsubstratprobe war von braunschwarzer Farbgebung. Wie für Humus typisch, fanden sich abgestorbene Pflanzenteile und Fasern in unterschiedlichen Zerfallsstadien. Weichgewebe menschlichen Ursprungs war makro- und mikroskopisch nicht erkennbar. Vereinzelt zeigten sich Fasern, die auch aus Haaren der Verstorbenen stammen könnten. Eine genaue Bestimmung war aufgrund fortgeschrittenen Zerfalls nicht möglich. Das Erdsubstrat war feinkörnig mit Korngrößen von unter 1 bis 4 mm mit lockerem Zusammenhalt. Nach Trocknung der Proben ließ sich das Material ohne Kraftanstrengung zu einer Art Staub zerdrücken. Das Knochenmehl war in einer Mühle auf eine Partikelgröße zwischen 0,5 und 4 mm gemahlen worden. In der vermengten Probe waren Knochen makro- sowie mikroskopisch noch strukturell von den erdigen Bestandteilen zu unterscheiden, jedoch gelblich-bräunlich verfärbt.

Die Bodenklasse nach der Einbringung des reerdigten Erdsubstrats würde der Bodenklasse der terrestrisch anthropogenen Böden (Y) entsprechen. Nach Erscheinung und Zusammensetzung lässt sich von einem Hortisol sprechen [7, 8]. Mit einer Besiedlung durch Bodenorganismen ist bereits nach kurzer Zeit zu rechnen, da sich das Material für diese im optimalen Zersetzungszustand befindet. So ist damit zu rechnen, dass auch die verbliebene fragmentierte menschliche DNA aus den gemahlenen Knochen nach kurzer Zeit aufgebrochen und verstoffwechselt wird.

Diskussion

Die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen zeigen, dass auch nach abgeschlossener Reerdigung noch Spuren von Medikamentenwirkstoffen nachweisbar waren. Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse wurde durch stets mitgeführte Leerproben bestätigt. Bei Person A bestand eine teilweise Übereinstimmung mit dem bekannten Medikationsplan. Einschränkend ist jedoch anzumerken, dass nicht bekannt war, welche Substanzen bis zu welchem Zeitpunkt vor dem Tod eingenommen wurden und ob ggf. weitere, nicht gelistete Wirkstoffe eingesetzt wurden. Zudem wurde nur ein Teil der übermittelten Medikamente nachgewiesen. Dies kann sowohl auf Zersetzungsprozesse während der Reerdigung oder eine zu lange zurückliegende Einnahme vor dem Tod zurückzuführen sein. Weiterhin zu beachten ist die prozessbedingte Verdünnung mit dem verwendeten Substrat, wodurch die individuellen Nachweisgrenzen der verwendeten analytischen Methoden unterschritten sein könnten. Die Untersuchung der Haarproben von Person B vor und nach der Reerdigung zeigt ebenfalls die deutliche Verringerung der Nachweisbarkeit von Medikamentenwirkstoffen nach Abschluss des Prozesses (Abb. 23). Anhand der Signalintensitäten ist davon auszugehen, dass nach abgeschlossenem Prozess lediglich Spuren von Medikamenten verbleiben. Somit ist von keiner relevanten Belastung des Personals, der Umgebung und des Bodens, wie sie in der Literatur unter anderem kritisch hinterfragt wurde [13], auszugehen. Im Gegensatz zur Reerdigung werden bei der klassischen Erdbestattung alle im Leichnam vorhandenen Medikamente/Metabolite unverändert in den Boden und ggf. das Grundwasser eingebracht. Umfassendere Untersuchungen von weiteren Körperspendern sind notwendig, um insbesondere stoffspezifische Daten zu erheben sowie ggf. Referenz- oder Richtwerte etablieren zu können.

Aus forensischer Sicht ist die vereinzelte Nachweisbarkeit von Wirkstoffen nach der Reerdigung positiv zu bewerten. Im Gegensatz zu Ascheresten nach der Kremierung sind toxikologische Nachuntersuchungen des Erdsubstrats teilweise noch möglich, wobei allerdings auch hier die Zeit zwischen Einbringung der neuen Erde in den Boden und den potenziellen Nachuntersuchungen sowie Witterungsbedingungen eine Rolle spielen. Insgesamt sind für forensisch-toxikologische Fragestellungen jedoch immer eine Sektion und deren Ergebnisse gegenüber der Untersuchung nach Reerdigung zu präferieren.

Die Ergebnisse aus der DNA-Analyse zeigen, dass nach dem abgeschlossenen Reerdigungsprozess zurückbleibendes Knochenmaterial, auch nach dem anschließenden Mahlvorgang, für eine molekulargenetische Typisierung geeignet ist. Aus dem Erdsubstrat vor und nach Durchmischung mit Knochenmehl konnten jedoch keine für eine DNA-Analyse geeigneten DNA-Mengen gewonnen werden. Es ist somit davon auszugehen, dass nach der Bestattung der Überreste und der weiteren Zersetzung keine humane DNA in ausreichender Qualität und Menge aus Mischproben gewonnen werden kann. Sollten sich nach der Beisetzung des Erdsubstrats Fragen zur Abstammung bzw. Identität der Person ergeben, ist zu erwarten, dass über eine DNA-Analyse somit keine Ergebnisse mehr erzielt werden können.

Unmittelbar nach dem Reerdigungsprozess im sog. Kokon sind Schädel und Langknochen noch unbeschädigt vorhanden und könnten ggf. auf vitale Verletzungen untersucht werden.

Die niedrige Zahl der untersuchten Leichname in der Pilotphase stellt eine Limitation dar, welcher ab 2024 in einer größeren Folgestudie Abhilfe geschaffen wird. Die Grundgesamtheit wird in einen mittleren zweistelligen Bereich erhöht. Die daraus gewonnenen Daten werden ebenfalls publiziert. Auch Forschungsarbeiten in weitere interdisziplinär mit der Rechtsmedizin verknüpfte Fachbereiche ist geplant.

Ausblick

Bei der Reerdigung handelt es sich um die beschleunigte Zersetzung eines Leichnams innerhalb von ca. 40 Tagen durch kontrollierte biologische und mechanische Einflüsse. Makro- und mikroskopisch finden sich im neuen Erdsubstrat keine Spuren von humanem Weichgewebe; es weist eine humusartige Struktur auf. Unmittelbar nach dem Reerdigungsprozess im sog. Kokon steht noch geeignetes Material für toxikologisch-chemische, molekulargenetische und osteologisch-morphologische Untersuchungen zur Verfügung. Die Knochen weisen morphologisch-osteologisch einen Zustand wie nach Erdliegezeit zwischen 20 und 50 Jahren auf. Anders als nach der klassischen Erdbestattung werden nach dem Reerdigungsprozess nur noch Spuren von Medikamentenwirkstoffen in den Boden bzw. das Grundwasser eingebracht. Grenzwerte für in den Boden eingebrachte Schwermetalle werden dabei nicht überschritten. Das nach dem abgeschlossenen Reerdigungsprozess entstandene Erdsubstrat enthält keine individualtypischen DNA-Fragmente mehr, ist hygienisch unbedenklich und gut für eine rasche Besiedlung durch Bodenmikroorganismen geeignet. Beim Umgang mit Verstorbenen vor und während des Reerdigungsprozesses genügen bereits heute standardisierte Hygienebestimmungen und persönliche Schutzausrüstungen [14]. Hochinfektiöse Leichen, welche nach den Infektionsschutzgesetzen der Bundesländer zwingend kremiert werden müssen, sind auch von der Reerdigung auszuschließen [4]. Weil bei der Reerdigung der Körper – wie bei einer Kremation oder nach länger zurückliegender Erdbestattung – weitestgehend zersetzt wird, sollte im Vorfeld unbedingt eine zweite rechtsmedizinische Leichenschau stattfinden, um Hinweise oder Beweise für einen nicht natürlichen Tod erkennen und entsprechende Meldepflichten einhalten zu können. Die niedrige Anzahl untersuchter Leichname in dieser Pilotstudie stellt eine Limitation dar. Weitere Untersuchungen zur Vergrößerung der Grundgesamtheit stehen in Aussicht.

Fazit für die Praxis

  • Die Reerdigung stellt eine neue, in Ablauf und Outcome eigenständige Bestattungsform dar.

  • Eine zweite Leichenschau ist wie bei der Kremation unerlässlich und durch Rechtsmediziner durchzuführen.

  • Die sterblichen Überreste sind für forensische Fragestellungen, insbesondere im Bereich der forensischen Toxikologie, teilweise auswertbar.