Tödliche Verletzungen durch Kreis- und Kettensägen sind selten. Die Wundmorphologie variiert in Abhängigkeit von der verwendeten Säge und den technischen Merkmalen. Die differenten Verletzungsbilder ergeben Hinweise auf das jeweilig verwendete Werkzeug, was in der Praxis hilfreich sein kann, wenn dieses am Vorfallsort nicht auffindbar ist. Die technischen Gegebenheiten ermöglichen im konkreten Einzelfall zudem die Differenzierung zwischen Unfällen und Suiziden, weil daraus die Einwirkzeit und der notwendige Kraftaufwand für die Entstehung eines bestimmten Verletzungsmusters abgeleitet werden können.

Kreissägen sind Werkzeugmaschinen zur Trennung von Werkstücken, wie beispielsweise von Holz oder anderen Baustoffen. Sie verfügen im Wesentlichen über ein Kreissägeblatt, also eine Stahlscheibe, auf deren äußerem Rand sich Schneidezähne befinden. Dieses wird meist direkt durch einen Elektromotor angetrieben oder indirekt über einen Riemen [12]. Kreissägen werden sowohl als Arbeitswerkzeug wie auch in der Freizeit verwendet. Die Anwender im privaten Bereich sind in der Regel älter und haben, statistisch gesehen, ein höheres Verletzungsrisiko [2]. Tödliche Verletzungen durch Kreissägen sind selten, können aber speziell nach Manipulation oder Entfernung von Schutzvorrichtungen auftreten. In suizidaler Absicht beigebrachte Verletzungen mittels Kreissägen sind in der Gerichtsmedizin bekannt und von Simon und Heckmann zusammengefasst worden [25]. Beschrieben werden dabei ein eigener Fall der Autoren sowie 5 Fälle aus der Literatur. In 5 Fällen befanden sich die tödlichen Verletzungen in der Hals-Nacken-Region und in nur einem Fall am Arm.

Kettensägen werden für die Holzgewinnung und (grobe) Holzbearbeitung eingesetzt. Bei der Kettensäge erfolgt die Zerteilung des Werkstoffes durch eine rotierende Sägekette, welche von einem Benzin- oder Elektromotor angetrieben wird. Der Grundaufbau der Sägekette ist dabei mit einer Fahrradkette vergleichbar, wobei dazwischen genietete Schneideglieder den Schnitt ermöglichen [1]. Man unterscheidet zwischen Schwachholzsägen, typischerweise für den Hausgebrauch, und Starkholzsägen für den land- und forstwirtschaftlichen Gebrauch. Unfallbedingte Verletzungen sind großteils auf sog. Rückschlageffekte bzw. Rückstoßeffekte („kick back effects“) der Kettensäge zurückzuführen. Dabei kommt es zum ruckartigen Rück- bzw. Hochschlagen des Sägeblattes in Richtung Kopf bzw. Oberkörper des Kettensägenführers. Typisch dafür ist das Sägen mit der Kettensägenspitze, wobei sich die Sägezähne im Sägegut verhaken können, was zu einem abrupten Stopp der Sägekette führt. Ein anderer Mechanismus ist das plötzliche Verhaken der Kette, wenn in Holz gesägt wird, welches unter Spannung steht. Dabrowski konnte zeigen, dass es je nach Art des Holzes, besonders bei erhöhter Feuchtigkeit und höheren Temperaturen des Holzes, zum Auftreten von Rückschlageffekten kommt [9]. Selbst wenn die Kettenbremse im Falle eines Rückschlages zu einem sofortigen Stopp der Kettensäge führt, kann das bloße Zurückschlagen der Kettensäge bereits ausreichen, um erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Die diesbezüglich typischen Verletzungsmuster betreffen, wenn das Sägegut von oben angesägt wird, Gesicht, Schultern und Oberkörper [17, 23, 26, 29]. Wird das Sägegut von unten angesägt, liegen die Verletzungen oftmals im Bereich der unteren Extremitäten [26].

Suizidale Verletzungen mit Kettensägen sind selten, dennoch sind in der Fachliteratur einige Fallschilderungen dazu zu finden [3, 5, 24].

Da sich sowohl unfallbedingte als auch suizidale Verletzungen bei der Verwendung von Kreis- wie auch von Kettensägen im Bereich von Kopf, Hals und Nacken befinden, können Suizid und Unfall schwer voneinander zu differenzieren sein. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn keine sog. Zauderverletzungen vorhanden sind oder zusätzliche Hinweise, wie ein Abschiedsbrief, fehlen.

Kettensägen und auch Kreissägen können prinzipiell auch bei Tötungsdelikten bzw. bei der defensiven Leichenzerteilung Anwendung finden. In solchen Fällen kann es durchaus schwierig sein, sich auf eine mögliche Tatwaffe festzulegen, wenn diese am Tatort nicht auffindbar ist. In Abhängigkeit von Blattlänge, Blattstärke und Zähnung findet sich bei der Verletzung mit einer Kettensäge typischerweise ein Lefzenmuster mit gezähntem Wundrand [18], bei Verletzung mit einer Kreissäge sind die Wundränder dagegen eher glattrandig. Zusätzlich wird die Wundmorphologie von der Art der verwendeten Kreis- bzw. Kettensäge, dem auftreffenden Winkel sowie der Intensität und der Dauer, mit der das Sägeblatt bzw. die Sägekette Kontakt zur jeweiligen anatomischen Struktur hat, beeinflusst. Ebenso wirken sich die Motorstärke, die Rotationsgeschwindigkeit und die Schärfe des Werkzeuges auf die entstehenden Verletzungsmuster aus [16]. So erzielt eine benzinbetriebene Kettensäge durch ihre höhere Leistung eine höhere Geschwindigkeit, eine stärkere Vibration und laterale Oszillation der Kette, was im Vergleich mit einer elektrischen Kettensäge zu rascherer und aggressiverer Zerstörung von anatomischen Strukturen führt [20].

Im Folgenden wird anhand von technischen Daten und Beispielen im Detail auf die unterschiedliche Wundmorphologie von Ketten- und Kreissägenverletzungen eingegangen.

Methodik

Für die vorliegende Arbeit wurde das Datenarchiv des Instituts für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck retrospektiv auf tödliche Ketten- und Kreissägenfälle in den letzten 26 Jahren (seit Beginn der Führung der elektronischen Datenbank) durchsucht. Dabei wurden die Schlagworte „Motorsäge“, „Kettensäge“ sowie „Kreissäge“ verwendet und die detektierten Fälle auf deren Eignung zur detaillierten Analyse der Wundmorphologie geprüft. Für die ausgewählten Fälle wurden die Sektionsprotokolle sowie die vorliegenden Lichtbilder ausgewertet. Zusätzlich wurde die verfügbare Literatur zum Thema miteinbezogen.

Ergebnisse

Technischer Hintergrund Kreis- und Kettensäge

Kreissäge

Einer der Hauptfaktoren für die Schnittqualität und die notwendige Vorschubleistung einer Kreissäge ist die Anzahl der Sägezähne des Sägeblatts. Dabei gilt, je weniger Sägezähne, desto schneller und gröber der Schnitt. Bei einem solchen Sägeblatt sind die Lücken zwischen den Sägezähnen in der Regel tiefer, was eine aggressivere Meißelwirkung erzeugt. Diese Art des Sägeblatts eignet sich besonders für einen schnellen, geraden Schnitt durch weiches Material (z. B. Weichholz). Je mehr Sägezähne und den dadurch geringeren Abstand dazwischen, desto feiner und genauer wird der Schnitt. Darüber hinaus beeinflusst nicht nur die Anzahl der Sägezähne die Sägeleistung, sondern auch deren Form und Stellung [21]. So unterscheidet man im Wesentlichen folgende Zahnformen: Flachzahn, Wechselzahn, Hohlzahn, Trapezzahn, Dachzahn und den einseitig spitzen Zahn ([4, 10]; Abb. 1). Die empfohlene Schnittgeschwindigkeit liegt je nach dem zu bearbeitenden Werkstoff zwischen 40 und 90 m/s [13].

Abb. 1
figure 1

Übersicht über die gängigen Sägezahnformen von Kreissägen

Kettensäge

Was bei der Kreissäge das Sägeblatt ist, ist bei der Kettensäge die Sägekette. Diese besteht aus Schneidezähnen, Treibgliedern, Verbindungsgliedern, Tiefenbegrenzern und Nieten (Abb. 2; [22]).

Abb. 2
figure 2

Bestandteile einer Sägekette. (Aus [7])

Dabei bilden die Tiefenbegrenzer den Rahmen des Schneidevorgangs, während die Verbindungsglieder den notwendigen Abstand zwischen den Treibgliedern gewährleisten, um Holzspäne, die beim Sägen entstehen, ableiten zu können. Die Nieten sichern die Verbindung der einzelnen Kettenglieder und ermöglichen die axiale Beweglichkeit der Kette. Einen Einfluss auf die Sägewirkung der Kettensäge hat auch das Schneidezahnprofil, d. h. die unterschiedlichen Sägezahntypen. Dabei unterscheidet man folgende Typen: Vollmeißelzahn, Niedrigprofil und Halbmeißelzahn (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Unterschiedliche Sägezahntypen von Kettensägen. (Adaptiert nach [7])

Vollmeißelketten findet man bei leistungsstarken Kettensägen, die klassischerweise für Forstarbeiten verwendet werden. Solche Sägen arbeiten schnell und effizient, weshalb sie gerade für die Verarbeitung von großen Holzmengen geeignet sind. Für Kettensägen mit schwacher Leistung wurde das Niedrigprofil entwickelt, welches sich in erster Linie zur Verarbeitung von Weichholz eignet. Die Halbmeißelkette ist ein Kompromiss aus den beiden Profilen und ist gut geeignet, um sowohl Hart- wie auch Weichholz zu sägen [7]. Halbmeißelketten haben eine geringere Schnittleistung im Vergleich zu Vollmeißelketten, aber auch eine geringere Wahrscheinlichkeit für einen Rückschlageffekt, weshalb sie gerade im privaten Bereich häufig zum Einsatz kommen [27]. Prinzipiell unterscheidet man auch zwischen benzinbetriebenen, elektrischen und Akku-Kettensägen [20]. Elektrische Kettensägen verfügen je nach Modell über eine Kettengeschwindigkeit von 6–12 m/s, Akku-Kettensägen über ca. 10–20 m/s [8], und benzinbetriebene Kettensägen erreichen Geschwindigkeiten von 16–28 m/s [20].

Wundmorphologie

Es werden nachfolgend 2 Kreissägenfälle und 2 Kettensägenfälle zur Veranschaulichung der Wundmorphologie präsentiert. Diese werden gegenübergestellt, auf Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede in der Wundmorphologie analysiert und nachfolgend zur Verdeutlichung der klassischen Befunde herangezogen. In Tab. 1 ist eine Übersicht der 4 Fälle dargestellt.

Tab. 1 Übersicht der 4 tödlichen Fälle

Bei den Fällen 1 und 2 wurde jeweils eine Kreissäge verwendet. Im Fall 1 fand man einen Mann in einem Sägewerk mit dem Oberkörper auf einem Sägetisch liegend vor, wobei der Kopf fast vollständig abgetrennt war. Die Rekonstruktion ergab, dass der Mann die Untertischkappsäge in Gang setzte, sich mit dem Oberkörper auf den Sägetisch legte und mit dem Fuß den Hebel betätigte, wodurch das Sägeblatt aus der Schutzvorrichtung nach oben bewegt wurde. Dabei kam es zur fast vollständigen Enthauptung. Da der Verstorbene zu Lebzeiten in diesem Sägewerk beruflich tätig war, war er mit der Benutzung dieser Säge vertraut. Es waren bereits psychische Probleme bekannt, wobei es kurze Zeit vor dem Suizid bereits zu einer Selbstverletzung mit einem Messer gekommen war. Diese Tat sei aber durch den Sohn unterbrochen worden. Ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden. Der in suizidaler Absicht selbst beigebrachte Schnitt mit dieser Kreissäge verursachte einen relativ glattrandigen, scharf begrenzten Wundbereich der zirkulär und ca. auf Höhe der Ohrläppchen verlief (Abb. 4). Durch die hohe Drehzahl und Leistung dieser Säge wurde die Halswirbelsäule zwischen dem 3. und 4. Halswirbelkörper vom Rumpf abgetrennt. Der Kopf hing nur mehr an Teilen der Muskulatur und der Haut im Nackenbereich. An der Halsvorderseite lag die Verletzung unmittelbar oberhalb des Kehlkopfes.

Abb. 4
figure 4

Fall 1: relativ glattrandiger Wundbereich nach fast vollständiger Abtrennung des Kopfes durch eine Kreissäge

Wie man in Abb. 5 erkennen kann, bleiben die Wundränder bei einer derartigen Verletzung adaptierbar, da kaum Gewebe an den Wundrändern verloren geht, weil die Haut und die darunterliegenden Strukturen relativ glatt durchtrennt werden. Toxikologisch konnten die Medikamentenwirkstoffe Amitriptylin, Citalopram und Trazodon (alle mit antidepressiver Wirkung) im Harn, jedoch nicht im Blut nachgewiesen werden. Zudem wurde eine geringgradige Alkoholisierung von 0,27 ‰ im Blut festgestellt.

Abb. 5
figure 5

Fall 1: adaptierbare Wundränder

Bei Fall 2 wurde ein Mann mit offener Schädelfraktur zunächst in die Notaufnahme eingeliefert, wo er kurze Zeit darauf verstarb. Anamnetisch sei es zu einem Unfall mit einer Tischkreissäge gekommen, wobei der Mann in die laufende Kreissäge gestolpert sei und sich dabei links frontal eine offene Schädel-Gehirn-Verletzungen zuzog. Auch in diesem Fall war die Kopfschwarte glattrandig durchtrennt, wobei der Schnitt von der Unterlippe über die Oberlippe und das linke Auge bis hinter den Haaransatz reichte (Abb. 6). Die Schädelkalotte wies eine Eröffnung parallel zur Kopfschwartenverletzung auf, und es zeigten sich Trümmerfrakturen links parietal und des linken Orbitadaches sowie Frakturausläufer in der Umgebung. Das Großhirn wies im Wundbereich Substanzverluste sowie Einblutungen auf. Bei diesem Verstorbenen wurde keine forensisch-toxikologische Untersuchung angeordnet. Zudem war nicht bekannt, ob der Mann mit dem Umgang der Kreissäge vertraut war, oder ob psychische Probleme vorlagen. Auch in diesem Fall konnte kein Abschiedsbrief gefunden werden.

Abb. 6
figure 6

Fall 2: offenes Schädel-Hirn-Trauma links frontal mit glatten Wundrändern, verursacht durch eine Kreissäge

Bei den beiden suizidalen Kettensägeverletzungen der Fälle 3 und 4 (detailliert dargestellt in [29]) lagen die Verletzungen im Kopf- und Nackenbereich. Bei Fall 3 wurde ein Mann auf einer Forststraße in einer Blutlache liegend, neben einer laufenden Kettensäge, aufgefunden. Der Mann war offenbar zuvor mit Forstarbeiten beschäftigt gewesen, weshalb zunächst von einem Unfallgeschehen ausgegangen wurde. Aufgrund der mehrfachen Gewalteinwirkungen (zumindest 7 Einwirkungen), welche nur mit erhöhtem Kraftaufwand zu erreichen waren, wurde schließlich durch die Obduktion eine suizidale Handlung belegt. Zusätzlich ergaben die Ermittlungen der Polizei Hinweise auf private Probleme und der Mann galt zudem als sehr geübt im Umgang mit Kettensägen. Ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden. Zum Tatzeitpunkt war der Mann hochgradig alkoholisiert (BAK 3,00 ‰). Aufgrund der Obduktionsergebnisse konnte aber von einer Alkoholgewöhnung ausgegangen werden, weshalb der vorliegende Alkoholisierungsgrad nicht im Widerspruch zur Handlungsfähigkeit stand.

Bei Fall 4 wurde ein Mann auf einer Wiese neben einer Kettensäge aufgefunden. Auch hier kam es zu multiplen Einwirkungen gegen den Hals-Nacken-Bereich, was, unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse und Spuren am Tatort, mit einer suizidalen Handlung zwanglos in Einklang zu bringen war. Ein Abschiedsbrief wurde jedoch nicht gefunden. Die chemisch-toxikologischen Untersuchungen zeigten, dass der Mann zum Todeszeitpunkt gering- bis mittelgradig alkoholisiert war (BAK 1,00 ‰). Im Gegensatz zu den durch Kreissägen verursachten Wundrändern waren die Wundränder in diesen Fällen gezackt, mazeriert und zerrissen (Abb. 7 und 8). In beiden Fällen wurden Gewebeteile in der näheren Umgebung des Leichnams gefunden. Aufgrund dieser Gewebeteile und jenen, die in den Sägeketten verblieben sind, waren die Wundränder nicht adaptierbar.

Abb. 7
figure 7

Fall 3: mehrere parallel verlaufende Verletzungen am Hinterkopf eines Suizidenten mit lefzenartigen Wundrändern, verursacht durch eine Kettensäge

Abb. 8
figure 8

Fall 4: Verletzungen im Nackenbereich eines Suizidenten mit gezackten Wundrändern, verursacht durch eine Kettensäge sowie „Zauderschnitte“ in der Umgebung

Diskussion

Bei allen 4 Fällen handelt es sich um Männer, was im Einklang mit der Literatur steht, wobei es sich bei derartigen Vorfällen, speziell bei Suiziden mit Sägen, zum Großteil um männliche Opfer handelt [3].

Kreissägen führen, insbesondere bei hoher Anzahl an Sägezähnen, mit ihrer vergleichsweisen hohen Geschwindigkeit (40–90 m/s) zu einem geraden und relativ sauberen Schnitt [13]. Typisch für die Wundmorphologie von Verletzungen durch derartige Sägen sind daher gerade Schnitte mit glatten Wundrändern ohne relevante Schürfungskomponente. Bei Fall 2, bei dem der Betroffene mit dem Kopf voran in eine Tischkreissäge fiel, zeigten sich zudem Trümmerfrakturen im Bereich der Schädelkalotte. Bei der retrospektiven Untersuchung von 73 Kreissägenfällen mit Hand- bzw. Fingerverletzungen durch Tomaschewski fanden sich bei Knochenmitbeteiligung immer Trümmerfrakturen [28]. Dies verdeutlicht, dass diese Art der Verletzung bei Kreissägen zu erwarten ist.

Kettensägen sind so konzipiert, dass sie Holzteile aus dem Sägegut relativ grob herausreißen und über die Treibglieder ableiten. Beim Fällen von Bäumen und grobem Zuschneiden von Baumstämmen ist kein sehr akkurater Schnitt notwendig. Dies führt auch bei Kettensägeverletzungen oftmals zum Herausreißen von Gewebeteilen und zur Entstehung von fetzigen, geschürften Wundrändern. Diese können zusätzlich mit Kettenöl, Sägestaub, Holzteilen oder Ähnlichem verschmutzt sein, was in den beschriebenen beiden Fällen aufgrund der massiven Blutantragungen nicht eindeutig abgegrenzt werden konnte. In beiden Fällen wurde eine benzinbetriebene Kettensäge verwendet, welche über eine wesentlich höhere Motorleistung im Vergleich zu einer elektrischen Kettensäge verfügt [20]. Bei Fall 3 wurde eine Kettensäge der Marke Husqvarna Typ 550 XP (Husqvarna AB, Stockholm, Schweden) verwendet. Für diese Säge wird vom Hersteller die Sägekette SP33G mit Halbmeißelzahn empfohlen [15]. Bei dieser Kettensäge besteht eine Teilung von 0,325 Zoll, d. h., der Abstand zwischen 2 aufeinanderfolgenden Treibgliedern beträgt 0,325 Zoll, was 16,5 mm entspricht. Im Vergleich zu anderen Sägeketten ist diese Teilung gering (Abb. 9).

Abb. 9
figure 9

Teilung bei verschiedenen Sägeketten. Links der Wert in Millimetern und Zoll, rechts die dazugehörige Sägekette zur Veranschaulichung [11]

Folglich werden bei der Verwendung einer Sägekette mit 0,325 Zoll weniger große Holzspäne aus dem Sägegut entfernt als bei Sägeketten mit größerer Teilung. Außerdem verstopft diese Art von Sägekette, durch den geringeren Abstand zwischen den Treibgliedern, relativ leicht. Zudem verfügen Sägeketten mit größerer Teilung über eine schnellere Kette, da durch die größeren Kettenglieder auch das Kettenrad größer werden muss und pro Umdrehung mehr Kettenlänge bewegt wird als bei einer Kette mit geringerer Teilung [19]. Eine Verletzung mit einer solchen Sägekette kann daher dazu führen, dass sich vermehrt Gewebeteile in der Sägekette verfangen, was forensisch relevant sein kann – beispielsweise im Falle eines notwendigen DNA-Abgleichs. Ebenso kann es zur Behinderung des Sägevorgangs kommen und in Kombination mit der geringeren Kettengeschwindigkeit kann das dazu führen, dass große Knochen nur mit starkem Kraftaufwand durchgesägt werden können. Ohne diesen erhöhten Kraftaufwand kann es auch in so einem Fall zum Rückschlageffekt kommen. Beim zögerlichen Ansetzen der Kettensäge können so mitunter multiple Verletzungen entstehen, wie auch in den beiden beschriebenen Fällen. Das kann für die Unterscheidung von unfallbedingten und suizidalen Verletzungen hilfreich sein. Zusätzlich können diese Aspekte bei Suiziden mit Kettensägen zu einer längeren Überlebenszeit beitragen, was in die Interpretation des Spurenbildes miteinbezogen werden muss. In der näheren Umgebung des Verstorbenen können mitunter zahlreiche Gewebeteile aufgefunden werden, welche aus der Sägekette geschleudert wurden. Generell ist der zerstörerische Effekt von Kettensägen mit stärkerem Motor und höherer Kettengeschwindigkeit naturgemäß größer als bei schwächeren Kettensägen [20].

Unfälle mit Tischkreissägen sind, speziell bei ordnungsgemäßer Verwendung von Schutzvorrichtungen, sehr selten. Man unterscheidet dabei Verletzungen durch Sägeblattkontakt und Verletzungen ohne Sägeblattkontakt, beispielsweise durch das Rückschleudern von Sägegut. Verletzungen durch direkten Kontakt mit dem Sägeblatt sind mit 85 % wesentlich häufiger und betreffen meistens die Finger (96,9 %). Dennoch kommt es nur in seltenen Fällen zu Knochenbrüchen (12,6 %) oder gar Amputationen (14,2 %) [6]. Mit 3,1 % sind Verletzungen im Kopf- oder Halsbereich noch seltener [25]. Suizidale Verletzungen mit Kreissägen sind ebenfalls selten, dennoch gibt es hierzu mittlerweile einige Falldarstellungen. Die tödlichen Verletzungen liegen meist im Kopf- oder Halsbereich [14, 16, 25], weshalb Verletzungen in diesen Körperregionen immer genauerer Betrachtung hinsichtlich einer absichtlich beigebrachten Verletzung bedürfen. In den beiden vorgestellten Fällen zeigte sich jeweils eine einzelne Verletzung im Hals- bzw. Kopfbereich, ohne Zauderverletzungen, im Gegensatz zu den multiplen Verletzungen bei den beiden Kettensägefällen. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass Kreissägen relativ rasch und auch ohne großen Kraftaufwand zu tiefen Verletzungen führen, welche die Betroffenen handlungsunfähig machen und somit weitere Verletzungen ausbleiben.

Da Todesfälle mit Sägen immer außergewöhnliche Todesfälle sind, sollte mit größter Sorgfalt vorgegangen werden, und zur Unterscheidung zwischen Unfall, Tötungsdelikt oder Suizid sollten einige Aspekte berücksichtigt sowie gut mit der Polizei zusammengearbeitet werden. Wichtig sind die Ermittlung hinsichtlich des mentalen Zustandes des Betroffenen, Hinweise auf einen vorangegangenen Suizidversuch oder das Vorhandensein eines Abschiedsbriefes und/oder anderer suizidtypischer Begleithandlungen. Zudem stellen Nachforschungen hinsichtlich des Berufes bzw. der Erfahrungen des Verstorbenen im Umgang mit Sägen einen wichtigen Teil zur Aufklärung dar. Im Rahmen der Obduktion sollte auf die genaue Verletzungslokalisation bzw. deren Erreichbarkeit, auf das Vorhandensein von „Zauderverletzungen“ bzw. von Abwehrverletzungen geachtet werden. Weiters sollte die Wundmorphologie mit dem aufgefundenen Tatwerkzeug abgeglichen werden. Auch der Grad der Verletzung und die Frage der Handlungsfähigkeit der Person nach der Verletzungsbeibringung sollten genau beleuchtet werden. Letztlich ist es die Aufgabe der toxikologischen Untersuchung, Hinweise auf den Grad einer allfälligen Beeinträchtigung durch Drogen, Medikamente oder Alkohol zu geben und die Handlungsfähigkeit einzuschätzen. Weiters kann der Nachweis von Psychopharmaka Hinweise auf psychische Probleme und damit auf eine etwaige Handlung in suizidaler Absicht geben.

Fazit für die Praxis

Im Zuge dieser Arbeit wurde anhand der technischen Daten und Falldarstellungen auf die unterschiedliche Wundmorphologie bei Verletzungen durch Kreis- bzw. Kettensägen eingegangen. Für die Praxis kann das hilfreich sein, da die typische Wundmorphologie Rückschlüsse auf das verwendete Werkzeug und konkrete Entstehungsmechanismen geben kann.