Einleitung

Etwa 1,6 Mio. Deutsche leiden unter Vorhofflimmern, das die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung hierzulande darstellt [1]. Zu den Therapieoptionen zählen in zunehmendem Maße auch minimal-invasive Verfahren: Katheterablationen werden bei symptomatischen Patienten als effektive Methode, vor allem bei Versagen oder Ablehnung einer medikamentösen Therapie, bei ausgewählten Patienten sogar als Mittel der Wahl, empfohlen [2]. Im Rahmen der sog. Pulmonalvenenisolation wird mittels elektrischer oder Kryoablation eine Impulsunterbrechung zwischen linkem Vorhof und den Pulmonalvenen und somit eine Unterbrechung der fortwährenden, unkontrollierten Erregungsbildung und -weiterleitung angestrebt. Hierzu wird zunächst ein Katheterdraht, in der Regel über die V. femoralis, in den rechten Vorhof vorgeschoben. Anschließend ist zum Erreichen des linken Vorhofs bei den meisten Patienten eine Perforation des Vorhofseptums erforderlich.

Der Eingriff ist technisch anspruchsvoll und insgesamt mit einer nicht zu vernachlässigenden Komplikationsrate verbunden; der Erfolg hängt vor allem mit dem Alter sowie weiteren Vorerkrankungen der Patienten und der Erfahrenheit des Operateurs/der Operateurin zusammen [3]. Zu den häufigsten beschriebenen Komplikationen der Kryoablation in Deutschland zählen Blutungen oder Infektionen der Punktionsstelle (7,3 % der Fälle) sowie Perikardergüsse (ca. 3 % der Fälle) [4]. Auch das Auftreten von Schlaganfällen/transitorischen ischämischen Attacken (TIA) und Lungenentzündungen wird in ca. 0,5 % der Fälle beschrieben [4].

Unter den beschriebenen Komplikationen der Pulmonalvenenisolation finden sich in der Literatur auch Luftembolien, vor allem zerebrale Luftembolien [4, 5]. Fälle koronarer Luftembolien wurden als Folge eines raschen Kathetereinbringens/-wechsels beschrieben [6].

Im Folgenden werden die postmortal erhobenen Befunde im Fall einer tödlich verlaufenen Luftembolie der rechten Koronararterie im Rahmen einer Pulmonalvenenisolation mittels Kryoablation präsentiert.

Kasuistik

Bei einer 77 Jahre alten Patientin erfolgte eine Kryoablation der Pulmonalvenen aufgrund von symptomatischem, paroxysmalem Vorhofflimmern und atypischem Vorhofflattern.

Im Rahmen der Operation mit Zugangsweg über die Vv. femoralia beidseits sei es im Verlauf zu einer Lungenblutung im rechten Unterlappen (Segment 6) gekommen, die im Operationsbericht als „hellrote Blutung“ aus der Mundhöhle beschrieben wird. Es sei intraoperativ zu einem Sättigungsabfall auf bis zu 88 % gekommen. Die Patientin habe jedoch mittels Sauerstoffgabe sowie zeitweiser Beatmung mittels Ambubeutel stabilisiert werden können. Die Blutung habe durch Spülung mit kalter Kochsalzlösung und einer Antagonisierung der vorangegangenen Heparinisierung gestillt werden können. Kardiale Verletzungen hätten – mit Ausnahme der Vorhofseptumperforation – sonographisch ausgeschlossen werden können.

Nach erfolgreicher Blutstillung sei die Patientin zunächst kreislaufstabil gewesen. Noch vor Verlegung auf die Intensivstation sei es jedoch zu einem therapierefraktären, persistierenden Kammerflimmern gekommen. Die eingeleiteten Reanimationsmaßnahmen seien nach 25 min bei frustranem Verlauf eingestellt worden.

Bei unklarer Todesursache wurde durch die behandelnden Ärzte der Todesfall polizeilich gemeldet. Da der Verdacht einer Luftembolie geäußert wurde, erfolgte vor Durchführung der angeordneten gerichtlichen Obduktion eine postmortale CT-Untersuchung.

Befunde der postmortalen CT-Untersuchung

Unmittelbar vor Durchführung der Obduktion erfolgte (4 Tage postmortal; Leichenlagerung im Kühlraum) eine computertomographische Bildgebung des Thorax und Schädels, in welcher sich die nachfolgenden, wesentlichen Befunde nachweisen ließen:

  • langstreckige arterielle Gaseinschlüsse in der rechten Koronararterie und der angrenzenden Aorta ascendens, der proximalen linken A. subclavia sowie den rechten Aa. carotis communis, carotis interna sowie in mehreren Ästen der A. carotis externa bis nach intrakraniell in die A. pericallosa reichend. (Abb. 12 und 3);

  • kein Hinweis auf postmortale Gasbildung in den hierfür typischen anatomischen Lokalisationen (RA-Index: 6 [7]; Abb. 4).

Abb. 1
figure 1

Abbildung der Aortenwurzel und der rechten Koronararterie in axialer Schnittführung im Lungenfenster. Isoliert finden sich Gaseinschlüsse an der Aortenwurzel, unmittelbar angrenzend an das rechte Koronarostium. Diese sind langstreckig im Verlauf der rechten Koronararterie zu verfolgen (blaue Kreise). a proximaler Abschnitt, b zentraler Abschnitt, c distaler Abschnitt

Abb. 2
figure 2

Darstellung der rechten Koronararterie in der postmortalen Computertomographie mit Längs- und Querdarstellung. Das Gefäß ist aufgrund der Gaseinschlüsse trotz nativem Untersuchungsprotokoll gut darstellbar. Das Gas fungiert als negatives Kontrastmittel im Sinne einer Angiographie. a Längsschnitt, b Querschnitt des promimalen Abschnittes (A, rot), c Querschnitt des zentralen Abschnittes (B, gelb)

Abb. 3
figure 3

Dreidimensionale Rekonstruktion der intrathorakalen Gasanteile mittels „volume rendering technique“ (VRT, Siemens Healthineers, Forchheim, Deutschland). 1 gasgefüllte proximale rechte Koronararterie

Abb. 4
figure 4

Axiale Rekonstruktion des Thorax im Lungenfenster. In den typischen Lokalisationen der postmortal beginnenden Gasbildung (Pfeile) Herzhöhle (a), linke Niere (b), Pektoralismuskulatur (c) und Lendenwirbelkörper 3 (d) finden sich keine Gaseinschlüsse

Ergebnisse von Obduktion und histologischen Untersuchungen

Die Obduktion erfolgte 4 Tage nach Versterben. Der Leichnam hatte eine Masse von 54 kg und war 162 cm lang. Äußerlich lagen keine Fäulnisveränderungen vor.

Wesentliche Obduktionsbefunde waren:

  • negative Luftembolieprobe nach Richter [8];

  • Lungenblutung im rechten Unterlappen mit Einbruch in die Atemwege ohne erkennbare Verletzung der makroskopisch darstellbaren Atemwege;

  • kleine, polsterförmige Einblutungen zentral im Gewebe des linken Unterlappens;

  • Zeichen einer Vorschädigung des Herz-Kreislauf-Systems mit stellenweise hochgradiger allgemeiner Arteriosklerose und Koronararteriosklerose mit Zustand nach frischerer koronarer Stent-Implantation, Zeichen eines älteren Myokardinfarktes der linken Herzvorderwand sowie mehrerer älterer apoplektischer Insulte. Die Herzhöhlen waren schlaff ausgeweitet. Das Vorhofseptum wies keine erkennbaren Defekte auf; das Foramen ovale war verschlossen;

  • Punktionsstellen in beiden Leisten.

Histologisch konnten Korrelate der zuvor auch makroskopisch festgestellten kardiovaskulären Vorschädigung mit ausgedehnten Myokardnarben ohne Hinweise auf eine frische Infarzierung festgestellt werden. Weiterhin fanden sich teils alveoläre Einblutungen, vor allem im rechten Lungenunterlappen. Nebenbefundlich lagen Kolloidknoten der Schilddrüse und vaskuläre Vernarbungen der Nierenoberflächen vor. Die übrigen Organe wiesen auf den entsprechenden Schnitten keine wesentlichen Auffälligkeiten auf.

Auf die Analyse des Gasgemischs in den Koronargefäßen musste verzichtet werden, da sich die Gasbläschen in den Koronargefäßen befanden und somit einer Punktion unzugänglich waren.

Diskussion

Im vorliegenden Fall sei es im Rahmen einer Pulmonalvenenisolation zu einem plötzlichen Kreislaufeinbruch mit Kammerflimmern gekommen. Die Patientin verstarb trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen noch im Operationssaal. Bereits klinisch sei eine Luftembolie vermutet worden, die durch die Obduktion und die zuvor durchgeführte CT-Untersuchung bestätigt werden konnte.

Als Eintrittspforte der Luft kommen prinzipiell zwei Wege in Betracht: Erstens wird, wie eingangs aufgeführt, in der Literatur eine Assoziation zu der Katheterisierung und dem Einbringen bzw. Wechsel des Drahtes und der Schleusen beschrieben. Des Weiteren kommt eine perforierende Verletzung durch den Draht mit Schaffung einer Verbindung zu einer gasgefüllten Struktur in Betracht. Die Entstehung einer ösophagoatrialen Fistel ist in der Literatur als seltene mögliche Langzeitfolge mit einhergehender Luftembolie beschrieben [9]. Im vorliegenden Fall lassen die Einblutungen in das Lungengewebe mit Anschluss an die Atemwege sowie die klinisch festgestellte, hellrote Blutung aus dem Mundraum trotz autoptisch nicht identifizierbarer Verletzung bei Zustand nach intraoperativ gestillter Blutung nur die Schlussfolgerung zu, dass es zu einer Verletzung von Lungengewebe und eines Pulmonalvenenastes gekommen ist. Hierbei konnte nicht nur Blut in die Atemwege, sondern auch Luft aus den Atemwegen in den linken Vorhof und von dort über den linken Ventrikel in die Aorta gelangen, wo sie sich an der „höchstgelegenen“ Stelle knapp oberhalb der Klappenebene ansammelte und von dort vor allem über die rechte Herzkranzschlagader verteilte. Auch zerebrale Luftansammlungen waren nachweisbar. Mit Blick auf das klinisch geschilderte, plötzlich aufgetretene Kammerflimmern ist davon auszugehen, dass die Patientin letztlich infolge der Verlegung der rechten Koronararterie verstarb. Die zunächst eingetretene intraoperative Stabilisierung der Patientin wäre dadurch erklärlich, dass die initial zu dem Sättigungsabfall führende Lungenblutung gestillt und Blut abgesaugt werden konnte, während sich das Gas noch in den Herzhöhlen befand. Die Dekompensation erfolgte dann zeitverzögert, nachdem das Gas die Koronararterie erreicht hatte.

Gemäß Leitlinien sollte bei Verdacht auf eine Luftembolie vor Obduktion eine bildgebende Untersuchung (Röntgen von Thorax und Schädel oder CT) erfolgen [10, 11]. Die Wichtigkeit einer solchen Untersuchung zur sicheren Feststellung der Todesursache wird im vorliegenden Fall unterstrichen. Ohne vorherige Bildgebung wäre die Diagnose kaum möglich gewesen. Weiterhin gestaltete sich auch die Identifikation der akzidentell gesetzten (erwartungsgemäß sehr kleinen) Läsionen schwierig. Diesbezüglich hätte unter Umständen die Durchführung einer postmortalen CT-Angiographie weitere Erkenntnisse liefern können, die bis dato in Deutschland jedoch noch nicht regelhaft zum Einsatz kommt bzw. zur Verfügung steht.