Knorpeldefekte am Talus werden mit guter Evidenz durch die Mikrofrakturierung therapiert [19, 22]. Allerdings verschlechtern sich die Ergebnisse der Mikrofrakturierung nach etwa 5 Jahren [7, 8]. Auch sind die Ergebnisse bei Defekten >1,5 cm2 nach Mikrofrakturierung schlechter als bei kleinen Defekten [17]. Gleiches gilt für die Mikrofrakturierung in stark belasteten Zonen wie der Taluskante.

Das Ziel der autologen matrixinduzierten Chondrogenese (AMIC) ist es, den durch die Mikro- oder Nanofrakturierung freigesetzten Stammzellen eine bessere biologische Umgebung zu bieten. Durch eine Kollagenmembran kann der Superclot stabilisiert werden, was die Stammzellen an der gewünschten Lokalisation hält [24]. Verschiedene Arbeiten konnten zeigen, dass durch eine Kollagenmembran die Differenzierung der Stammzellen in Richtung Chondrozyten unterstützt wird [23]. Trotzdem kann auch mit dieser Technik kein hyaliner Knorpel erreicht werden. Allerdings ist die Differenzierung der Stammzellen in Richtung Chondrozyten in einer Kollagenmembran anhand von biologischen Markern nur marginal von den Zellen zu unterscheiden, die nach einer wesentlich aufwändigeren und kostenintensiveren Chondrozytentransplantation (ACI) gefunden werden [13]. Entsprechende Untersuchungen wurden am Tiermodell durchgeführt, vergleichende Studien am Menschen stehen bisher allerdings aus.

Indikationen

Die Indikation zur matrixinduzierten Chondrogenese besteht immer dann, wenn durch eine Mikrofakturierung wahrscheinlich kein zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen ist.

Dies betrifft v. a. Läsionen an der Taluskante mit hoher mechanischer Belastung sowie Defekte mit einer Größe von mehr als 1,5 cm2, wobei einige nordamerikanische Arbeitsgruppen die Grenze bei 1,0 cm2 sehen [15]. Weitere Indikationen sind fehlgeschlagene Mikrofakturierung, Revisionen nach OATS® („osteochondral autograft transfer system“) oder auch traumatische Knorpelschäden im Rahmen von Frakturversorgungen.

Operativer Zugang mit Innenknöchelosteotomie

Die über die letzten Jahre am häufigsten durchgeführte Operationstechnik ist die Knorpelrekonstruktion über eine Osteotomie des medialen Malleolus. Der Innenknöchel ermöglicht eine sehr gute Visualisierung der medialen Taluskante und damit auch eine exzellente Versorgung von osteochondralen Läsionen in diesem Bereich [33]. Ein wesentlicher Nachteil ist, dass trotz aller Maßnahmen, wie Vorbohren der Schraubenlöcher für die spätere Ostsynthese vor der eigentlichen Osteotomie, Einsatz einer zusätzlichen Schraube parallel zum Gelenksspalt, Durchtrennen des Knochens mit dem Meißel oder auch einer domförmigen Osteotomie, häufig kleine Stufen verbleiben, die als Risikofaktor für eine spätere Arthroseentwicklung angesehen werden. Dies wird umso deutlicher, je häufiger Schnittbildverfahren im weiteren Krankheitsverlauf angefertigt werden [5, 18].

Trotz aller operationstechnischen Herausforderungen finden sich in der Literatur gute Ergebnisse für die AMIC mit Innenknöchelosteotomie, ein direkter prospektiver randomisierter Vergleich ist bisher aber nicht erfolgt.

Operativer Zugang ohne Innenknöchelosteotomie

Aufgrund der beschriebenen Nachteile einer Innenknöchelosteotomie versuchen verschiedene Autorengruppen, den operativen Eingriff ohne Osteotomie durchzuführen. Hierzu wurden verschiedene Techniken entwickelt. Anhand anatomischer Studien konnte demonstriert werden, dass über eine entsprechende Wahl der Zugänge nahezu die gesamte Talusoberfläche ohne Osteotomie erreicht werden kann [21, 35]. Die Möglichkeit, auf die Innenknöchel zu verzichten, bietet sich an, da zur Implantation einer AMIC kein Zugang im 90° Winkel zur Knorpeloberfläche notwendig ist, wie z. B. bei der Implantation eines osteochondralen Stanzzylinders. Über den ventral-medialen Zugang, den ventral-zentralen Zugang sowie auch den ventral-lateralen Zugang lassen sich die ventralen zwei Drittel der Taluszirkumferenz gut erreichen. Der dorsale Sektor ist über einen dorsomedialen bzw. dorsolateralen Zugang besser zu adressieren [31].

Arthroskopische Verfahren

Grundsätzlich ist das Einbringen einer Kollagenmembran auch arthroskopisch möglich [9, 25, 26]. Voraussetzung ist, dass der Defekt arthroskopisch ausreichend gut erreicht wird. Limitierend können die knöchernen Veränderungen sein. Das Débridement größerer Knochenzysten gestaltet sich arthroskopisch oft schwierig, insbesondere wenn die Zystenwand vollständig entfernt werden soll. Auch kann sich bei größeren Zysten die arthroskopische Auffüllung schwierig gestalten. Einige Autoren empfehlen in dieser Situation lediglich eine Anbohrung von Zysten ohne Spongiosaplastik, unter der Vorstellung, dass sich die Zyste durch die Druckentlastung zurückbildet [31]. Die Größe des Defekts wird über die Referenz des Tasthakens abgeschätzt, dann wird das Sprunggelenk trockengelegt und die Membran eingebracht [25]. Die bisher publizierten Kurzzeitergebnisse sind vielversprechend, mittelfristige Ergebnisse stehen aber noch aus. Das arthroskopische Vorgehen unterscheidet sich ansonsten wenig von der offenen Technik.

Operatives Vorgehen

Der instabile Knorpel wird mit einer Kürette entfernt, bis zirkulär stabile Knorpelränder vorliegen (Abb. 1). Es hat sich bewährt, den Defekt rund oder ovalär zu präparieren, da dies das Einpassen der Membran deutlich erleichtert. Zysten am Talus werden vollständig ausgeräumt und die Zystenwand vollständig entfernt.

Abb. 1
figure 1

Knorpelläsion an der medialen Taluskante des linken Sprunggelenks

Anschließend erfolgt eine Mikrofrakturierung des subchondralen Knochens bzw. eine Anbohrung sklerosierter Zonen, wobei die Integrität der subchondralen Kortikalis als Auflagefläche möglichst erhalten werden sollte (Abb. 2). Möglicherweise bietet die Nanofrakturierung Vorteile [3]. Mit einem speziellen Instrument werden Perforationen von mindestens 9 mm Tiefe gesetzt. Verglichen zur Mikrofakturierung konnte am Kniegelenk eine bessere Freisetzung von Stammzellen nachgewiesen werden [6]. Ein weiterer Vorteil ist, dass bei dieser Technik die subchondrale Knochenlamelle besser erhalten werden kann als bei der klassischen Mikrofakturierung. Am Talus liegen allerdings überwiegend osteochondrale Läsionen vor, so dass dieser theoretische Vorteil von geringer praktischer Relevanz ist.

Abb. 2
figure 2

Anbohren von Sklerosezonen vor Auffüllung von Zysten mit Spongiosa, hier mit einem 0,8-mm-K-Draht

Kleinere Defekte können gut mit Spongiosa vom gleichseitigen Kalkaneus oder von der distalen Tibia aufgefüllt werden [20].

Die Defektgröße kann nun anhand einer Aluminiumschablone bestimmt werden. Ist die Schablone passgenau zugeschnitten, wird die Größe auf die Membran übertragen. Die Membran kann trocken oder nach Befeuchtung mit physiologischer Kochsalzlösung zugeschnitten werden (Abb. 3). Die feuchte Membran ist etwa 10–15 % kleiner als die trockene Membran, was beim Zuschneiden zu berücksichtigen ist. Das Zuschneiden der trockenen Membran ist einfacher in der Handhabung. Ziel ist es, die Membran passgenau zu präparieren, so dass diese ohne Überstand in den Defekt eingepasst werden kann (Abb. 4). Nachdem die Membran auf den Defekt aufgelegt wurde, wird sie mit Fibrinkleber unterspritzt. Zusätzlich wird Fibrinkleber an den Randbereichen aufgetragen. Dies führt zu einer stabilen Fixation der Membran, auf eine Naht kann aus eigener Erfahrung verzichtet werden. Anschließend wird das Gelenk reponiert. Nach dem Aushärten des Fibrinklebers wird das Gelenk mehrfach durchbewegt. Überschüssiger Fibrinkleber wird entfernt. Zeigt die Membran beim Durchbewegen eine Delaminationstendenz, so ist entweder die Spongiosaplastik zu hoch oder es ist zu einer Überlappung der Membran in den Randbereichen gekommen. Je nach Ursache ist entweder die Größe der Membran nochmals anzupassen oder die oberflächliche Schicht der Spongiosaplastik abzutragen. Sobald die Membran stabil verankert ist, wird die Gelenkskapsel verschlossen. Bei trockenen Wundverhältnissen kann auf eine Drainage verzichtet werden. Postoperativ wird das Sprunggelenk für 48 h mit einer dorsalen Gipsschiene ruhiggestellt. Danach erfolgt der erste Verbandswechsel.

Abb. 3
figure 3

Übertragung der mit Alufolie bestimmten Größe auf die Chondro-Gide®-Membran (Geistlich Pharma AG, Wolhusen, Schweiz). Zu beachten ist die dem Gelenk zugewandte und die dem Knochen aufliegende Seite

Abb. 4
figure 4

Passgenaue Platzierung der Chondro-Gide®-Membran (Geistlich Pharma AG, Wolhusen, Schweiz) in der Defektzone. Ein Überstand im Randbereich erhöht das Risiko für eine Delamination

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung umfasst eine Teilbelastung mit 10 kg für 6 Wochen an Unterarmgehstützen [1]. Bei ausgedehnter Spongiosaplastik ist in Einzelfällen auch eine vollständige Entlastung angezeigt. Im Anschluss daran erfolgt ein schmerzadaptierter Belastungsaufbau über weitere 2 bis 4 Wochen. Bis zur Vollbelastung ist eine Thromboseprophylaxe indiziert. Nach Abschluss der Wundheilung und Fadenzug, 14 Tage postoperativ, kann bei gut überdachten Läsionen auf eine weitere Gipsrückstellung verzichtet werden. Bewährt haben sich in dieser Situation Sprunggelenkorthesen, die eine limitierte Dorsalextension und Plantarflexion ermöglichen, aber die Inversion und Eversion zuverlässig ausschalten. Ansonsten erfolgt die Rückstellung für 6 Wochen im Unterschenkel-Walker, wobei auch hier mehrfach täglich das Sprunggelenk bewegt werden sollte.

Eine physiotherapeutische Unterstützung des Belastungsaufbaus und der Mobilisation des Gelenks mit Kräftigung der Muskulatur und Training der Propriozeption ist von Vorteil, Lymphdrainage erfolgt nach Bedarf.

Alltagsaktivitäten sind 8 bis 10 Wochen postoperativ meist möglich. Sport ohne Impaktbelastung, wie Fahrradfahren und Schwimmen, können ab der 12. Woche begonnen werden. Die weitere Integration in den Sport gestaltet sich sehr unterschiedlich und ist neben Defektgröße und Lokalisation auch vom biologischen Regenerationsvermögen des individuellen Patienten abhängig [34]. Verlaufsuntersuchungen im MRT (Magnetresonanztomographen) haben gezeigt, dass die Regeneration des Knorpelgewebes 12 und mehr Monate in Anspruch nimmt, so dass Patienten auch nach einem Jahr auf intensive Belastung mit Beschwerden reagieren können ([16]; Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

MRT (Magnetresonanztomographie) 24 Monate nach autologer matrixinduzierter Chondrogenese (AMIC). Ein diskretes Spongiosaödem unter der Membran ist noch erkennbar. Der Knorpelbelag zeigt sich durchgängig, die Spongiosaplastik ist gut eingewachsen

Ergebnisse

Die Ergebnisse nach Rekonstruktion von Knorpeldefekten durch eine matrixinduzierte Chondrogenese liegen bei einem AOFAS-Score (American Orthopedic Foot and Ankle Society, AOFAS) von 80–90 Punkten [28, 32, 34]. Bei Ausgangswerten zwischen 50 und 60 Punkten bedeutet dies eine signifikante Verbesserung, allerdings ist auch ein AOFAS-Score von 90 Punkten weit von einem sportlich uneingeschränkt belastbaren Gelenk entfernt. Die genauere Analyse der Daten zeigt, dass die Verbesserung v. a. den Schmerz betrifft. Wierwiorsky et al. [34] untersuchten die Rückkehr zum Sport nach AMIC. Sie fanden, dass sich auch nach erfolgreicher Operation das sportliche Aktivitätsniveau im Vergleich zur Situation präoperativ nur geringfügig geändert hat. Als Ursachen werden möglicherweise noch vorhandene Restbeschwerden diskutiert, oder auch die Angst des Patienten, durch eine intensive sportliche Belastung das gute Operationsergebnis zu gefährden. Diese Zusammenhänge sollten beim Aufklärungsgespräch v. a. mit jungen und sportlich sehr aktiven Patienten sehr deutlich angesprochen werden. Das Verfahren ist nicht in der Lage, eine osteochondrale Verletzung rückgängig zu machen.

Einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis scheint das verwendete Trägermedium zu haben (Tab. 1). Die höchste Evidenz findet sich in der Literatur für Chondro-Gide® (Geistlich Pharma AG, Wolhusen, Schweiz). Die Daten deuten darauf hin, dass die Regenerationsphase deutlich länger als 12 Monate anhält. So ist der Mocart-Score in den Langzeitergebnissen besser als in den Studien mit kurzer Nachuntersuchungsdauer [9, 14, 16, 25, 26]. Die Ergebnisse können nach heutigem Kenntnisstand nicht undifferenziert auf andere Produkte übertragen werden. So wurde für die Orthocell-Membran (Orthocell LTD, Australien) in einer kürzlich erschienenen Arbeit am Schafmodell (Kniegelenk) eine vermehrte Zystenbildung beschrieben [2].

Tab. 1 Klinische Studien zur autologen matrixinduzierten Chondrogenese am Talus

Diskussion

Die Analyse der Daten zur Therapie von osteochondralen Läsionen am Sprunggelenk zeigt, dass sich bisher kein therapeutisches Verfahren als eindeutig überlegen durchgesetzt hat [1]. Die wissenschaftliche Evidenz ist für die Mikrofakturierung am höchsten, allerdings zeigen die Arbeiten auch klar die Grenzen der Mikrofakturierung, wie z. B. Defektgrößen >1,5 cm2, stark belastete Zonen sowie die Verschlechterung der Ergebnisse nach 5 Jahren [7, 8, 17]. Die aktuelle Evidenz zur AMIC, die inzwischen immerhin 5 Jahres-Ergebnisse umfasst, zeigt, dass mit der Verwendung von Kollagenmembranen in diesen Problemsituationen Ergebnisse erreicht werden können, wie sie sonst für die Mikrofakturierung im Allgemeinen beschrieben sind. Resultate mit einem AOFAS-Score deutlich über 90 Punkte erreicht keine der heute bekannten Techniken. Aufgrund klinisch vergleichbarer Resultate nach AMIC und nach Rekonstruktion von Knorpeldefekten mit einer autologen Chondrozytentransplantation wird heute der deutlich kostengünstigeren Membran der Vorzug gegeben.

Die Behandlung osteochondraler Läsionen mit Kollagenmembranen ist eine Schmerztherapie

Auch wenn fast alle Patienten über eine deutliche Schmerzlinderung berichten, lässt sich ein voll funktionsfähiges Sprunggelenk häufig nicht erreichen [34]. Dies betrifft insbesondere die hohe Erwartung an die sportliche Belastung. Hier ist unverändert ein realistisches Erwartungsmanagement Voraussetzung, um nicht mit einer großen Anzahl von enttäuschten Patienten konfrontiert zu werden.

Die Behandlung osteochondraler Läsionen mit Kollagenmembranen ist in erster Linie eine Schmerztherapie. Bei Patienten mit wenig Beschwerden und guter sportlicher Belastbarkeit ist daher die Indikation zur Operation sehr kritisch zu stellen, da möglicherweise ein operativer Eingriff keine für den Patienten wahrnehmbare Verbesserung der Situation ergibt. Eine MRT-Verlaufskontrolle in 12 Monaten sowie die Empfehlung einer Konsultation bei zunehmenden Beschwerden ist für solche Patienten häufig die bessere Therapie – dies gilt umso mehr, da bisher keine Studie belegt hat, dass es sich bei der Osteochondrosis dissecans um eine Präarthrose handelt, die zwingend einen prophylaktischen operativen Eingriff rechtfertigen würde [10].

Die heute verfügbaren Therapieoptionen sind definitiv nicht das Ende der Entwicklung. Aktuelle Forschungen beschäftigen sich v. a. mit der intraoperativen Beschichtung der Membran mit Stammzellen und der Applikation von Wachstumsfaktoren in der postoperativen Phase [4, 29, 30]. Es bleibt abzuwarten, mit welchem Verfahren es gelingen wird, die magische Grenze von 85–90 Punkten im AOFAS-Score zu durchbrechen.

Fazit für die Praxis

  • Die autologe matrixinduzierte Chrondrogenese ermöglicht die Rekonstruktion größerer osteochondraler Defekte am Talus.

  • Kollagenmembranen bieten v. a. in belasteten Zonen und bei Defekten >1,5 cm2 Vorteile.

  • Die Regenerationsphase dauert länger als 12 Monate.

  • Die Ergebnisse zeigen über einen 5‑Jahres-Nachuntersuchungszeitraum konstante Ergebnisse.

  • Das Verfahren lässt sich in der Mehrzahl der Fälle ohne Innenknöchelosteotomie durchführen.

  • Kleinere Defekte mit geringer ossärer Beteiligung können arthroskopisch therapiert werden.

  • Aktuell gibt es keine Evidenz, dass die wesentlich teurere und mit 2 Operationen aufwändigere autologe Chondrozytentransplantation der autologen matrixinduzierten Chondrogenese überlegen ist.