Hintergrund und Fragestellung

Durch das DRG-System wird in allen Bereichen der Medizin eine Schaffung von Fehlanreizen beobachtet, indem bestimmte diagnostische und operative Maßnahmen hoch vergütet bzw. der Anreiz zur Erlössteigerung vermittelt werden [5]. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Analyse der neuen Abrechnungsmodalitäten nach dem aG-DRG-System (ausgegliedertes G‑DRG-System), das zum 01. Januar 2020 eingeführt wurde, für chronische periprothetische Hüftinfektionen mit der Frage, ob auch hier ökonomische Anreize für ein bestimmtes Therapieregime bestehen.

Periprothetische Hüftinfektionen sind schwerwiegende und medizinisch sowie ökonomisch herausfordernde Komplikationen in der Endoprothetik [1, 6, 22, 26], deren Häufigkeit nach primärer Prothesenimplantation mit 0,5–2 % und bei Hüftprothesenrevisionen mit 4 % angegeben wird [8, 10, 28]. Bei weltweit zunehmender Anzahl an Primärimplantationen von Hüftprothesen ist von einem Anstieg periprothetischer Infektionen in den nächsten Jahren auszugehen [12, 25]. Entsprechend der demografischen Entwicklung sind die betroffenen Patienten häufig in hohem Lebensalter und haben zahlreiche Komorbiditäten, sodass die Verläufe periprothetischer Hüftinfektionen meist komplex und mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden sind [13, 23, 24, 29].

In Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Ausgangssituation ist bei periprothetischen Hüftinfektionen oft ein Prothesenwechsel erforderlich, der in der Regel zweizeitig mit langem prothesenfreiem Intervall von mindestens 4 Wochen (Slow-Track) durchgeführt wird. Alternativ kann der Prothesenwechsel als Fast-Track mit kurzem prothesenfreien Intervall (2–4 Wochen) durchgeführt werden, falls dies von Seiten der Knochen- und Weichteilsituation sowie des Keim- und Resistenzmusters möglich ist [16, 19]. Voraussetzung hierfür ist die Abwesenheit eines Problemkeims, der nicht mit biofilmgängigen Antibiotika, wie z. B. Rifampicin oder Ciprofloxacin, therapiert werden kann. Generell wird ein Fast-Track-Konzept aufgrund des besseren Gewebezustandes bei der Prothesenreimplantation, der schnelleren Mobilisation und Verkürzung der Gesamtbehandlungsdauer als vorteilhaft angesehen [16].

Im Allgemeinen sind die Behandlungen periprothetischer Hüftinfektionen sehr kostenintensiv und gelten als nicht kostendeckend, sodass sie für die Kliniken ein wirtschaftliches Problem darstellen [3, 4, 9, 21]. Daher spielen bei der Planung der stationären Behandlung beim zweizeitigen Prothesenwechsel neben medizinischen Gründen zunehmend auch ökonomische Aspekte eine Rolle, die sich aus dem G‑DRG-System mit pauschaliertem Abrechnungsverfahren ergeben. Erfolgt die Wiederaufnahme nach Entlassung aus dem ersten stationären Aufenthalt bei gleicher Basis-DRG innerhalb der oberen Grenzverweildauer oder 30 Kalendertage ab Aufnahmetag des ersten Aufenthaltes, führt dies laut Fallpauschalenvereinbarung (§2) zu einer Fallzusammenführung. Hierdurch kommt es gerade bei der Behandlung äußerst kostenintensiver periprothetischer Hüftinfektionen häufig zu ökonomischen Fehlanreizen, indem der zweizeitige Prothesenwechsel mit entsprechend langem Intervall geplant wird, um eine Fallzusammenlegung zu umgehen und zwei stationäre Fälle abrechnen zu können. Eine Fast-Track-Behandlung mit einem oder zwei stationären Aufenthalten mit kurzem Intervall von 2–4 Wochen ist für die Kliniken demzufolge meist mit großen Erlösverlusten verbunden [20]. Jedoch kann dieses Vorgehen insbesondere bei multimorbiden Patienten, deren Versorgung im prothesenfreien Intervall sich häufig schwierig gestaltet, einen geeigneten Behandlungsweg darstellen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist dieses Konzept allerdings nachteilig für die Kliniken, da solche Fälle mit einem stationären Aufenthalt bzw. bei einer Fallzusammenlegung aufgrund des kurzen Intervalls im G‑DRG-System nur unzureichend abgebildet werden [20].

Gemäß Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurde zum 01. Januar 2020 die „Pflege am Bett“ aus der Finanzierung über G‑DRG ausgegliedert und das aG-DRG-System eingeführt, bei dem der Fallpauschalenkatalog um den Pflegeerlöskatalog erweitert wurde. Die Erstattung der Pflegekosten erfolgt ab 2020 über ein Pflegebudget per Selbstkostendeckungsprinzip. Bis zur Verhandlung des krankenhausindividuellen Pflegebudgets wurde der tagesbezogene Pflegeentgeltwert zum 01. Januar 2020 auf 146,55 € festgesetzt und aufgrund der Coronavirus-Pandemie zum 01. April 2020 bis 31. Dezember 2020 auf 185 € erhöht, gemäß COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz [7].

Vor diesem Hintergrund sollte die Erlössituation von Fast-Track und Slow-Track beim zweizeitigen septischen Hüftprothesenwechsel analysiert und erlösrelevante Einflussfaktoren im aG-DRG-System dargestellt werden. Eine spezifische Fragestellung war, ob das aG-DRG-System finanzielle Unterschiede hinsichtlich des Fast- vs. Slow-Track-Managements von periprothetischen Hüftinfektionen bewirkt und dadurch gewisse finanzielle Anreize zur Bevorzugung einer Methode geschaffen werden könnten.

Methodik

Fallsimulation

In Form einer Fallsimulation wurden die Gesamterlöse eines zweizeitigen septischen Hüftprothesenwechsels sowohl mit kurzem Intervall (Fast-Track) als auch mit langem Intervall (Slow-Track) ermittelt.

Mithilfe der Grouper-Software 3M KODIP® Suite (Version 2020; 3M Deutschland, Neuss, Deutschland) wurden für Fast-Track und Slow-Track jeweils zwei verschiedene Fallbeispiele einer chronischen periprothetischen Hüftinfektion mit Nachweis eines multisensiblen Staphylococcus aureus (MSSA) simuliert. Beim Fast-Track erfolgte der zweizeitige Prothesenwechsel in einem stationären Aufenthalt mit kurzem Intervall, beim Slow-Track wurde der Prothesenwechsel mit langem Intervall in zwei stationären Aufenthalten durchgeführt.

Die operativen Eingriffe des Hüftprothesenwechsels umfassten im ersten Schritt den Prothesenausbau mit Implantation eines Spacers aus antibiotikahaltigem Knochenzement sowie die Reimplantation einer zementfreien Hüftprothese nach Spacerentfernung im zweiten Schritt und wurden anhand der entsprechenden Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) kodiert.

Simulierte Fallbeispiele

Fast-Track

Im Fallbeispiel 1a ohne weitere Nebendiagnosen (Tab. 1) betrug die stationäre Verweildauer 25 Tage mit kurzem prothesenfreien Intervall von 2 Wochen. Im Fallbeispiel 1b (Tab. 2) wurden zusätzlich Nebendiagnosen kodiert, die einen Einfluss auf den PCCL (Patient Clinical Complexity Level) haben können, in der Annahme, dass dies zu einem höheren DRG-Erlös führt. Die Verweildauer war 42 Tage bei einem Interimsintervall von 3 Wochen. In beiden Fällen wurde nur mit einem stationären Aufenthalt kalkuliert.

Tab. 1 Fallbeispiel 1a: Zweizeitiger septischer Hüftprothesenwechsel als Fast-Track in einem stationären Aufenthalt ohne weitere Nebendiagnosen
Tab. 2 Fallbeispiel 1b: Zweizeitiger septischer Hüftprothesenwechsel als Fast-Track in einem stationären Aufenthalt mit weiteren Nebendiagnosen

Slow-Track

Beim Slow-Track wurden pro Fallbeispiel zwei stationäre Aufenthalte simuliert, wobei im ersten Aufenthalt der Hüftprothesenausbau erfolgte und mit einem langen Intervall im zweiten Aufenthalt die Reimplantation der Hüftprothese durchgeführt wurde. Die Verweildauer und Erlöse beider stationärer Aufenthalte wurden jeweils addiert.

Im Fallbeispiel 2a (Tab. 3) wurde ein Behandlungsfall simuliert, bei dem in beiden stationären Aufenthalten keine weiteren Nebendiagnosen vorlagen, die Gesamtverweildauer 25 Tage betrug und der Wiedereinbau der Prothese nach 6 Wochen durchgeführt wurde. Um einen möglichen Einfluss auf den Gesamterlös zu ermitteln, wurden im Fallbeispiel 2b (Tab. 4) zusätzliche Nebendiagnosen in beiden stationären Aufenthalten kodiert und die Gesamtverweildauer auf 42 Tage verlängert. Die Reimplantation der Prothese erfolgte nach 8 Wochen.

Tab. 3 Fallbeispiel 2a: Zweizeitiger septischer Hüftprothesenwechsel als Slow-Track mit zwei stationären Aufenthalten ohne weitere Nebendiagnosen (HD Hauptdiagnose, ND Nebendiagnosen)
Tab. 4 Fallbeispiel 2b: Zweizeitiger septischer Hüftprothesenwechsel als Slow-Track mit zwei stationären Aufenthalten mit weiteren Nebendiagnosen (HD Hauptdiagnose, ND Nebendiagnosen)

Auswertung der Fallsimulationen

Die Gesamterlöse wurden aus dem DRG-Erlös der ermittelten DRG (I03A, I08B, I08C und I04Z) bei einem Landesbasisfallwert von 3660,92 € (LBFW 2020 Bayern) und dem Pflegeerlös (tagesbezogener Pflegeentgeltwert 185 €) berechnet. Zusatzentgelte und Verweildauerzuschläge blieben in der Fallsimulation unberücksichtigt.

Zur Ermittlung der Erlösdifferenz ∆ wurden die Gesamterlöse der Fallbeispiele mit Fast-Track und Slow-Track jeweils miteinander verglichen (Tab. 5).

Tab. 5 Übersicht der Gesamterlöse (Fast-Track vs. Slow-Track) der simulierten Fallbeispiele und der Erlösdifferenz ∆ (ND = Nebendiagnosen, VWD = Verweildauer)

Reale Patientenfälle

Um zusätzlich die reale Erlössituation im aG-DRG-System aufzuzeigen, wurden zwei Behandlungsfälle des Jahres 2020 mit zweizeitigem septischem Hüftprothesenwechsel mit Fast-Track und Slow-Track, die in der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Regensburg behandelt wurden, hinsichtlich der Gesamterlöse miteinander verglichen und die Erlösdifferenz ∆ berechnet. Die Kodierung der Diagnosen (ICD-10-GM) und Prozeduren (OPS) sowie die Eingruppierung der Behandlungsfälle wurden mit der Grouper-Software 3M KODIP Suite (Version 2020) durchgeführt.

Patientenfall 1 (Tab. 6)

Es handelte sich um eine 68-jährige immobile Patientin mit periprothetischer Hüftinfektion links nach auswärtiger Erstimplantation einer zementfreien Hüftprothese im Juli 2020, bei der ein zweizeitiger Prothesenwechsel als Fast-Track mit kurzem Intervall von 3 Wochen in einem stationären Aufenthalt vom 17.09.2020 bis 19.10.2020 durchgeführt wurde. Am 17.09.2020 erfolgte der Hüft-TEP-Ausbau und die Implantation eines antibiotikahaltigen Spacers. Histologisch konnte eine Osteomyelitis im Bereich des proximalen Femurs gesichert werden bei mikrobiologischem Nachweis eines Staphylococcus epidermidis und Cutibacterium acnes. Am 09.10.2020 erfolgte der Wiedereinbau einer zementierten Hüftprothese. Die stationäre Verweildauer betrug 32 Tage. An Komorbiditäten waren eine arterielle Hypertonie, eine Hypothyreose sowie eine Adipositas Grad II bekannt. Postoperativ wurde nach dem zweiten Eingriff eine tiefe Beinvenenthrombose links diagnostiziert und therapiert. Zudem erfolgte eine Kaliumsubstitution und die Transfusion eines Erythrozytenkonzentrates.

Tab. 6 Patientenfall 1: 68-jährige Patientin mit periprothetischer Hüftinfektion links, zweizeitiger Prothesenwechsel als Fast-Track in einem stationären Aufenthalt

Patientenfall 2 (Tab. 7)

Bei der 55-jährigen Patientin bestand eine periprothetische Reinfektion der linken Hüfte mit Nachweis eines Staphylococcus epidermidis bei Zustand nach Reimplantation einer zementfreien Hüftprothese und Cerclagenosteosynthese am proximalen Femur links im März 2020. Es erfolgte ein zweizeitiger Prothesenwechsel mit langem Intervall von 11 Wochen (Slow-Track) in zwei stationären Aufenthalten vom 18.09.2020 bis 09.10.2020 sowie vom 01.12.2020 bis 10.12.2020, wobei die Gesamtverweildauer bei 30 Tagen lag. Am 18.09.2020 wurde der Ausbau der Hüftprothese und die Implantation eines antibiotikahaltigen Spacers durchgeführt. Die Histologie zeigte eine Osteomyelitis im Bereich des proximalen Femurs. Nach 21 Tagen wurde die Patientin entlassen und am 01.12.2020 erneut stationär aufgenommen. Es erfolgte am 02.12.2020 die Implantation einer zementfreien silberbeschichteten modularen Hüftprothese und am 10.12.2020 die Entlassung nach insgesamt 9 Tagen. An Nebendiagnosen lagen eine arterielle Hypertonie, eine multiple Sklerose, eine Adipositas Grad III, eine postoperative Anämie, eine Hyponatriämie und eine Hypokaliämie vor, die jeweils einen entsprechenden Mehraufwand erforderten.

Tab. 7 Patientenfall 2: 55-jährige Patientin mit periprothetischer Reinfektion der linken Hüfte, zweizeitiger Prothesenwechsel als Slow-Track in zwei stationären Aufenthalten (HD Hauptdiagnose, ND Nebendiagnosen)

Auswertung der Patientenfälle

Die Gesamterlöse wurden aus dem DRG-Erlös der zugrundeliegenden DRG (I03A und I03A + I04Z) bei einem Landesbasisfallwert von 3660,92 € (LBFW 2020 Bayern), dem Pflegeerlös (tagesbezogener Pflegeentgeltwert 185 €) und den abrechenbaren Zusatzentgelten ermittelt und die Erlösdifferenz ∆ berechnet. Zu- oder Abschläge auf den DRG-Erlös ergaben sich bei beiden Fällen nicht.

Ergebnisse

In den simulierten Fallbeispielen ergaben sich deutliche Erlösunterschiede für die Behandlungsalternativen.

Fast-Track

Der Gesamterlös lag beim Fast-Track bei einer Verweildauer von 25 Tagen ohne weitere Nebendiagnosen bei 23.965 € (Tab. 1), bei einer Verweildauer von 42 Tagen mit zusätzlichen Nebendiagnosen bei 27.283 € (Tab. 2). Es zeigte sich, dass bei beiden Behandlungsfällen unabhängig von den Nebendiagnosen ein DRG-Erlös von 19.084 € (DRG I03A) erzielt wurde, sodass die im Fallbeispiel 1b kodierten CCL-relevanten Nebendiagnosen beim Fast-Track keinen Einfluss auf den DRG-Erlös hatten. Die Erlösdifferenz von 3318 € zwischen beiden Fallbeispielen mit Fast-Track (Tab. 5) resultierte bei unterschiedlicher Verweildauer aus dem tagesbezogenen Pflegeentgelt (25 Tage VWD: 4880 €, 42 Tage VWD: 8199 €).

Slow-Track

Beim Slow-Track lag der Gesamterlös in beiden Fallbeispielen höher als beim Fast-Track, da hier zwei stationäre Behandlungsfälle abgerechnet werden konnten. Bei einer Verweildauer von 25 Tagen ohne weitere Nebendiagnosen wurde ein Gesamterlös von 27.551 € aus beiden stationären Fällen ermittelt (Tab. 3). Im Fallbeispiel 2b mit zusätzlichen Nebendiagnosen und 42 Tagen Verweildauer wurde ein deutlich höherer Gesamterlös von 40.699 € aus beiden stationären Fällen erzielt (Tab. 4). Die hohe Erlösdifferenz von 13.148 € zwischen beiden Fallbeispielen mit Slow-Track (Tab. 5) war zum einen auf die unterschiedliche Verweildauer mit dadurch differierendem Pflegeerlös zurückzuführen (25 Tage VWD: 4469 €, 42 Tage VWD: 8340 €). Zum anderen wirkten sich beim Slow-Track die kodierten Nebendiagnosen im Fallbeispiel 2b erlössteigernd aus und führten zu einem Anstieg des DRG-Erlöses um 9277 €. Der DRG-Erlös lag beim Slow-Track ohne Nebendiagnosen bei 23.082 € (DRG I08C + I04Z), beim Slow-Track mit Nebendiagnosen bei 32.359 € (DRG I08B + I03A).

Die Gegenüberstellung Fast-Track vs. Slow-Track ohne weitere Nebendiagnosen (VWD 25 Tage) zeigte eine Erlösdifferenz von 3586 € zum Vorteil des Slow-Tracks. Beim Vergleich Fast-Track vs. Slow-Track mit zusätzlichen Nebendiagnosen (VWD 42 Tage) war der Gesamterlös beim Slow-Track um 13.416 € höher als beim Fast-Track (Tab. 5).

Auch bei den realen Behandlungsfällen zeigte sich eine große Erlösdifferenz von 12.244 € zugunsten des Slow-Tracks (Tab. 8).

Tab. 8 Übersicht der Gesamterlöse (Fast-Track vs. Slow-Track) der realen Behandlungsfälle und der Erlösdifferenz ∆

Patientenfall 1

Bei einer Verweildauer von 32 Tagen lag der Gesamterlös bei 25.384 €. Dieser errechnete sich aus dem DRG-Erlös von 19.084 € (DRG I03A), dem Pflegeerlös von 6247 € sowie einem Zusatzentgelt von 52,50 € für den Corona-Test (Tab. 6).

Patientenfall 2

Hier lag der Gesamterlös mit 37.628 € für beide stationäre Aufenthalte deutlich höher als beim Fast-Track (Tab. 7). Für den ersten Aufenthalt (VWD 21 Tage) ergab sich aus dem DRG-Erlös von 19.084 € (DRG I03A), dem Pflegeerlös von 4099 € und dem Zusatzentgelt von 52,50 € für den Corona-Test ein Gesamterlös von 23.236 €. Beim zweiten Aufenthalt (VWD 9 Tage) konnte ein Gesamterlös von 14.392 € berechnet werden bei einem DRG-Erlös von 11.722 € (DRG I04Z), einem Pflegeerlös von 1417 € und den Zusatzentgelten von 52,50 € für den Corona-Test und 1200 € für die modulare Prothese (ZE 2020-25).

Diskussion

Die Erlössituation bei der Behandlung periprothetischer Hüftinfektionen ist aufgrund der unzureichenden Abbildung im bisherigen DRG-System nicht angemessen und stellt für die Kliniken eine große ökonomische Belastung dar [11, 14], da die anfallenden hohen Behandlungskosten durch die Fallpauschalen des DRG-Systems nicht ausreichend gedeckt werden und dennoch von den Kliniken getragen werden müssen [2, 15, 17, 27].

Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, die Erlössituation für periprothetische Hüftinfektionen für das seit dem 01. Januar 2020 geltende aG-DRG-System darzustellen. Durch Fallsimulationen einer periprothetischen Hüftinfektion sowie durch den Vergleich von zwei realen Behandlungsfällen des Jahres 2020 konnte gezeigt werden, dass beim Slow-Track mit langem prothesenfreiem Intervall generell ein höherer Erlös als beim Fast-Track mit kurzem Interimsintervall erzielt wurde, indem beim Slow-Track unter Umgehung einer Fallzusammenführung der Gesamterlös aus zwei stationären Fällen berechnet wurde. Beim Fast-Track hingegen konnte nur ein stationärer Fall abgerechnet werden.

In den simulierten Fallbeispielen ohne weitere Nebendiagnosen lag der Gesamterlös beim Slow-Track um 3586 € höher als beim Fast-Track, wobei derartige Fälle im klinischen Alltag eher die Ausnahme darstellen und in der vorliegenden Arbeit vor allem als Vergleichssimulation aufgeführt wurden.

In den simulierten Fällen mit zusätzlichen Nebendiagnosen zeigte sich eine große Erlösdifferenz von 13.416 € zugunsten des Slow-Tracks. Diese Fälle spiegeln die Realität wider, da Patienten mit periprothetischen Hüftinfektionen meist multiple Komorbiditäten aufweisen und einen hohen Pflegeindex haben [18]. Gerade bei multimorbiden Patienten wäre eine Fast-Track-Behandlung mit kurzem prothesenfreiem Intervall von 2–4 Wochen in einem stationären Aufenthalt durchaus vorteilhaft. Eine zwischenzeitliche Unterbringung der Patienten, die häufig in Form einer Kurzzeitpflege erfolgt, und sowohl Kliniken, Kostenträger als auch die Patienten selbst teilweise vor große organisatorische und finanzielle Herausforderungen stellt, wäre damit vermeidbar. Weitere Vorteile des Fast-Track-Konzeptes sind die Verkürzung der Gesamtbehandlungsdauer und die Reduktion der Gesamtkosten pro Behandlungsfall [20].

Durch die Analyse der realen Behandlungsfälle konnte der ökonomische Vorteil einer Slow-Track-Behandlung im aG-DRG-System unterstrichen werden, indem auch hier aufgrund des langen Intervalls von 11 Wochen eine Fallzusammenführung verhindert und zwei stationäre Behandlungsfälle abgerechnet werden konnten. Somit resultierte ein deutlicher Erlösunterschied von 12.244 € inklusive der abrechenbaren Zusatzentgelte zwischen Fast-Track und Slow-Track, wobei in beiden Fällen therapiebedürftige Nebendiagnosen bei nahezu gleich langer Verweildauer vorlagen.

Als weiteres wesentliches Ergebnis unserer Arbeit konnten wir mittels Fallsimulation zeigen, dass die zusätzlich kodierten Nebendiagnosen beim Fast-Track keinen Einfluss auf den DRG-Erlös hatten, sich jedoch beim Slow-Track in beiden Aufenthalten erlössteigernd auswirkten und zu einem höheren DRG-Erlös führten. Dies ist ein Hinweis darauf, dass eine periprothetische Hüftinfektion bei multimorbiden Patienten mit Fast-Track-Behandlung auch im aG-DRG-System nicht adäquat abgebildet wird, sodass dieses Konzept wegen der enormen Kostenbelastung und der unzureichenden Erstattung für die Kliniken nicht profitabel ist. In einer früheren Arbeit von Lieb et al. konnte durch eine Kosten-Erlös-Analyse gezeigt werden, dass beim Fast-Track eine deutliche Kostenunterdeckung im Vergleich zum Slow-Track resultiert [20]. Daher bedarf es hier einer Anpassung des Systems, um eine Fast-Track-Behandlung für die Kliniken aus ökonomischer Sicht attraktiver zu machen.

Limitationen

Einschränkend muss gesagt werden, dass ausschließlich eine periprothetische Hüftinfektion mit Nachweis eines multisensiblen Staphylococcus aureus (MSSA) simuliert wurde. Andere Erregerspektren, wie multiresistente Keime, oder Infektionen ohne Keimnachweis blieben unberücksichtigt. Dies wäre zusätzlich zu untersuchen, um die Heterogenität der periprothetischen Infektionen abzubilden. Es wurde rein die Erlössituation beim zweizeitigen septischen Hüftprothesenwechsel dargestellt, ohne die jeweiligen Gesamtbehandlungskosten (Personal- und Sachkosten) für Fast-Track und Slow-Track zu berücksichtigen. Zur Ermittlung einer positiven bzw. negativen Kostendeckung sollte daher eine Kosten-Erlös-Analyse folgen.

Fazit für die Praxis

  • In dieser Arbeit konnten wichtige Einflussfaktoren auf den Erlös beim zweizeitigen septischen Hüftprothesenwechsel im aG-DRG-System (aG-DRG: ausgegliederte German Diagnosis Related Groups) dargestellt und deren unterschiedliche Auswirkung beim Fast-Track und Slow-Track analysiert werden.

  • Im Fast-Track-Modell mit der Gesamtbehandlung des Falls inklusive der Reimplantation der Prothese in einem einzigen stationären Aufenthalt werden Kliniken vor allem bei multimorbiden Patienten finanziell deutlich schlechter gestellt als beim Slow-Track mit zwei separaten stationären Aufenthalten. Hierdurch wird das Fast-Track-Verfahren in seiner praktischen Umsetzung sehr benachteiligt.

  • Daher gilt es, bei der Behandlung periprothetischer Hüftinfektionen durch Vermeidung ökonomischer Fehlanreize eine Veränderung und Anpassung der Erlössituation seitens der Kostenträger zu bewirken.