Die Sexualaufklärung erfolgt weiterhin primär durch das familiäre und soziale Umfeld, allerdings nehmen das Internet und soziale Medien eine immer größere Rolle ein. Es stellt eine besondere Herausforderung für die Adoleszentinnen dar, wissenschaftlich fundierte Informationen über Sexualität und Verhütung von Falschinformationen, die zu einer enormen Verunsicherung führen können, zu unterscheiden. Daher kommt der kontrazeptiven Beratung in der gynäkologischen Praxis eine besondere Bedeutung zu.

Hintergrund

Als Adoleszenz wird die Zeit zwischen der späten Kindheit und dem jungen Erwachsenenalter (10.–19. Lebensjahr nach WHO [World Health Organization]) bezeichnet. Wichtige körperliche, kognitive, emotionale und soziale Entwicklungen finden hier statt. Neben der Entwicklung einer zunehmenden Autonomie ist die Adoleszenz auch durch das Experimentieren auf unterschiedlichen Gebieten gekennzeichnet. Alkohol, Rauchen und Drogen können dazu gehören, aber auch erste sexuelle Erfahrungen. Eine repräsentative Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) von 2020 ergab, dass im Alter von 15 Jahren 13 % der Mädchen bzw. 10 % der Jungen bereits sexuelle Erfahrungen gemacht haben, mit 17 Jahren 69 bzw. 67 % (Info-Blatt. Neunte Welle der BZgA-Studie „Jugendsexualität“. Bundesweite Repräsentativbefragung zur Jugendsexualität [14- bis 25-Jährige]). 7 % wenden beim ersten Geschlechtsverkehr keine Verhütungsmethode an; mit 75 % ist das Kondom das am häufigsten genutzte Kontrazeptivum. Seit den letzten 5 Jahren ist die Verwendung der Pille als Verhütungsmethode bei Jugendlichen um 19 % zurückgegangen. 33 % der Anwenderinnen befürchten negative Auswirkungen der hormonellen Kontrazeptiva auf Körper und Seele (Info-Blatt. Neunte Welle der BZgA-Studie „Jugendsexualität“. Bundesweite Repräsentativbefragung zur Jugendsexualität [14- bis 25-Jährige]). Häufige Gründe, die dazu führen, eine hormonelle Kontrazeption zu beenden, sind Zwischenblutungen (30 %), Gewichtszunahme (24 %), Kopfschmerzen (16 %) und auch Libidoverlust (15 %; [5]).

Für eine gute Akzeptanz und sichere Anwendung sind auch Ängste und Nebenwirkungen zu berücksichtigen

Um eine möglichst hohe Akzeptanz der Verhütungsmethode zu erreichen und damit auch eine gute kontrazeptive Effektivität, ist es wichtig, bei Verordnung spezifische Risikofaktoren einzuordnen, aber auch Ängste und Nebenwirkungen zu berücksichtigen. Im Folgenden sollen daher wichtige Aspekte bei der Beratung der Jugendlichen und bei der Verordnung hormoneller Kontrazeptiva diskutiert werden.

Erste Vorstellung in der gynäkologischen Praxis

Der erste Besuch in der gynäkologischen Praxis geht oft mit dem Wunsch nach Verhütung einher. Idealerweise sollten die Mädchen sowohl über hormonelle und nichthormonelle Verhütungsmethoden, über langwirksame reversible Methoden („long acting reversible contraceptives“, LARC), aber auch über die zusätzliche Notwendigkeit eines Kondoms zur Vermeidung sexuell übertragbarer Infektionen informiert werden. Im altersangemessenen Gespräch sollten auch die Entwicklung einer selbstbestimmten Sexualität und die Berücksichtigung individueller Interessen und Bedürfnisse bedacht werden. So sollte sondiert werden, welche Anforderungen eines Verhütungsmittels für das Mädchen im Vordergrund stehen: einfache Anwendung, Sicherheit, Kosten oder die Nutzung der positiven Zusatzeffekte hormoneller Kontrazeptiva.

Bei der Erstvorstellung wird eine Anamnese mit Erfassung der Eigen- und Familienanamnese erhoben, um Risikofaktoren (z. B. venöse, arterielle Thrombosen, Migräne, Diabetes mellitus mit Gefäßschäden, arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, Nikotinkonsum) zu erfassen. Hilfreich ist hier die Checkliste zur Verringerung von Arzneimittel- und Anwendungsrisiken des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Zudem sollte erfragt werden, ob bereits sexuelle Aktivität stattgefunden hat, ob Schwangerschaften oder Schwangerschaftsabbrüche bestanden und ob bereits eine HPV(humane Papillomviren)-Impfung erfolgte.

Es sollte eine Blutdruckmessung erfolgen und der Body-Mass-Index (BMI) dokumentiert werden. Eine gynäkologische Untersuchung vor Verschreibung eines Kontrazeptivums ist nicht unbedingt erforderlich [2, 43]. Bei sexuell aktiven Adoleszentinnen muss nicht bereits bei Erstkontakt eine Krebsvorsorge mittels Papanicolaou-Abstrich erfolgen [2, 43], jedoch sollten die entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen im Verlauf geplant werden. Ein Thrombophilie-Screening wird nicht generell empfohlen, sondern nur bei Vorliegen von Risikofaktoren oder bei positiver Eigen- oder Familienanamnese [15].

Wenn eine kontrazeptive Methode empfohlen und verschrieben wird, sollte eine Kontrolle nach 3 Monaten stattfinden, um die Verträglichkeit, Zufriedenheit, aber auch die Handhabung zu besprechen.

Welche Präparate sind für Jugendliche geeignet?

Laut WHO(World Health Organization)-Kriterien (Medical eligibility criteria for contraceptive use, 5th edn, 2015) ist das Alter allein kein Grund, Adoleszentinnen eine bestimmte Verhütungsmethode nicht zu empfehlen (9789241549158_eng.pdf [who.int], letzter Zugriff am 30.03.2023). Die individuelle soziale Reife und das Verhalten des Mädchens sollten berücksichtigt werden.

Folgende Methoden werden ab der Menarche bis zum 18. Lebensjahr als unbedenklich bezeichnet: kombinierte orale Kontrazeptiva, weitere Kombinationspräparate, wie das Pflaster oder der Vaginalring, reine Gestagenpräparate („progestin only pill“, POP) und sowohl die Kupfer- als auch die Hormonspirale (Tab. 1).

Tab. 1 Empfehlungen der WHO zur Verordnung kontrazeptiver Methoden bei Adoleszentinnen [45]

Generell können sämtliche hormonellen Kombinationspräparate unter Berücksichtigung der Kontraindikationen auch in der Adoleszenz angewandt werden.

Im Hinblick auf die Art des Östrogens gibt es keine klaren Empfehlungen für Jugendliche, geeignet sind Ethinylestradiol, Östradiol‑/Östradiolvalerat und Estetrol.

Die Dosis von Ethinylestradiol hingegen wird kontrovers diskutiert. Für die Blutungsstabilität sind 30 µg zu bevorzugen. Der Einfluss der Ethinylestradiol-Dosis auf Knochen und Knochendichte ist nicht abschließend geklärt [27, 32]; möglicherweise führt hier die Dosis von 30 µg zu einer geringeren Verminderung der Knochendichte.

Primär sollten Gestagene der zweiten Generation bevorzugt werden

Bei Wahl der Gestagenkomponente sollte Gestagene der zweiten Generation primär bevorzugt werden [15]. Bestehen bereits Androgenisierungserscheinungen (z. B. Akne, Hirsutismus oder Seborrhö) kann nach entsprechender Risikoabschätzung und Aufklärung auch ein antiandrogenes Gestagen empfohlen werden.

Gerade bei zyklusabhängigen Erkrankungen, wie dem prämenstruellen Syndrom, Dysmenorrhö oder zyklusabhängiger Migräne, stellt der Langzyklus auch in der Adoleszenz eine Option dar. Hierbei sollte die Off-label-Anwendung beachtet werden. Die kontrazeptive Sicherheit im Langzyklus ist mit der Anwendung im konventionellen Schema (21 Tage Hormoneinnahme gefolgt von 7 hormonfreien Tagen) vergleichbar, wenn nicht besser [14]. Auch das Nebenwirkungsprofil unterscheidet sich nicht wesentlich. Die Mädchen sollten darüber informiert werden, dass in den ersten Monaten der Anwendung Zwischenblutungen bzw. Spotting auftreten kann, welche aber mit Dauer der Behandlung weniger werden [36].

Der Vaginalring wird selbständig in die Scheide eingeführt. Die Lage ist nicht entscheidend für die Wirkung; wichtig ist, dass er nicht als störend empfunden wird. Der Ring gibt kontinuierlich Hormone ab, die von der Vaginalschleimhaut aufgenommen werden. Nach 21 Tagen wird der Ring entfernt und in der siebentägigen Pause tritt eine Abbruchblutung auf. Danach wird ein neuer Ring eingelegt. Auch ein Langzyklus ist off-label möglich. Wenn der Ring beim Geschlechtsverkehr als störend empfunden wird, kann er für maximal 3 Stunden entfernt und dann wieder eingesetzt werden. Theoretisch ist die Anwendung auch bei jungen Mädchen möglich, manche sind allerdings gegenüber der eigenen intravaginalen Applikation zurückhaltend.

Bei Risikofaktoren (Tab. 2) können reine Gestagenpräparate und nichthormonelle Verhütungsmethoden diskutiert werden.

Tab. 2 Risikofaktoren, bei denen reine Gestagenpräparate (mit Ausnahme Depot-Medroxyprogesteronacetat, DMPA) angewandt werden können

Derzeit sind als reine Gestagenpräparate mit Ovulationshemmdosis Desogestrel mit 75 µg und Drospirenon 4 mg erhältlich. Als langwirksame Kontrazeptiva können die Hormonspirale mit Levonorgestrel oder das Implantat mit Etonogestrel empfohlen werden. Diese sind besonders geeignet, wenn die Mädchen nicht an die tägliche Einnahme einer Pille denken möchten und eine zuverlässige Verhütung wünschen oder wenn die Compliance aus unterschiedlichen Gründen eingeschränkt ist. Die Dreimonatsspritze mit Depot-Medroxyprogesteronacetat sollte in der Adoleszenz nur in Ausnahmefällen angewandt werden, da ein negativer Effekt auf den Knochen beschrieben ist [18, 23]. Zudem hat sie im Vergleich zu anderen reinen Gestagenpräparaten ein erhöhtes Thromboserisiko [42] und sollte daher nicht verschrieben werden, wenn eine Risikosituation vorliegt [15].

Prinzipiell besteht auch bei Jugendlichen die Möglichkeit der Verwendung levonorgestrelhaltiger Intrauterinsysteme. Diese liegen in unterschiedlichen Größen und Dosierungen von Levonorgestrel vor:

  • 28 × 30 mm,

    • mit 13,5 mg für 3 Jahre,

    • mit 19,5 mg für 5 Jahre und

  • 32 × 32 mm mit 52 mg für 8 Jahre.

Die Komplikationsraten im Hinblick auf Infektionen, Blutungsstörungen, Schwierigkeiten bei der Einlage oder Verlust der Spirale bei Mädchen/Nulliparen unterscheiden sich nicht signifikant von denen erwachsener Frauen [21, 35].

Nebenwirkungen hormoneller Kontrazeptiva

Stimmung und Depression

Die Sorge vor einem Einfluss hormoneller Kontrazeptiva auf die Stimmung wird häufig geäußert. Die Datenlage hierzu ist allerdings kontrovers. Im Jahr 2019 wurde ein Warnhinweis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über diese möglichen Nebenwirkungen der hormonellen Kontrazeption veröffentlicht. Hintergrund für diesen Warnhinweis war die Veröffentlichung von zwei dänischen Registerstudien von Skovlund et al. von 2016 und 2018, die über eine Assoziation von hormoneller Kontrazeption und Depressionen bzw. Suizidversuchen und Suiziden berichteten [38, 39]. Hierbei wurden Daten aus dem dänischen Bevölkerungs- und Gesundheitsregister von insgesamt 1.061.997 Frauen im Alter von 15–34 Jahren ausgewertet. Diese hatten die Erstdiagnose einer Depression erhalten oder bekamen Antidepressiva verschrieben. In der Auswertung zeigte sich unabhängig von Art und Dosis der hormonellen Kontrazeptiva eine erhöhte Rate von Depressionen und verschriebenen Antidepressiva, insbesondere in der Gruppe der Adoleszentinnen zwischen 15 und 19 Jahren [39]. Das höchste Risiko wurde nach 6‑monatiger Behandlung beschrieben unter reinen Gestagenpräparaten und nichtoraler Anwendung.

Auch Suizidversuche und Suizide wurden bei 475.802 Mädchen ab 15 Jahren, die mit einer hormonellen Kontrazeption begannen, analysiert [38]. Das relative Risiko für diese Ereignisse war bei Mädchen, die erstmalig hormonelle Kontrazeptiva einnahmen, gegenüber Mädchen, die nie hormonell verhütet hatten, signifikant um das 2‑Fache erhöht. Das höchste Suizidrisiko bestand nach 2‑monatiger Anwendung, persistierte für etwa ein Jahr nach Anwendungsbeginn und sank danach ab. Das höchste Risiko bestand für die Gruppe der Adoleszentinnen im Alter von 15–19 Jahren.

Andere Studien zeigten jedoch kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer manifesten Depression unter Einnahme hormoneller Kontrazeptiva [13, 22].

In der täglichen Praxis sollte auf die Möglichkeit einer sich entwickelnden Depression und hingewiesen werden und auf Stimmungsschwankungen geachtet werden. Bei Auftreten von Stimmungsveränderungen sollte eine ärztliche Vorstellung erfolgen, sodass ggf. die Kontrazeption umgestellt werden kann und in der individuellen Situation eine interdisziplinäre Betreuung mit einem/r Psychiater/Psychiaterin in Betracht gezogen werden kann.

Kopfschmerzen

Das Auftreten von Kopfschmerzen ist ein häufiger Beweggrund, die Einnahme einer hormonellen Kontrazeption wiedereinzustellen [5]. Insgesamt ist die Studienlage zu Kopfschmerzen unter hormoneller Kontrazeption schlecht, was dadurch bedingt ist, dass häufig bereits in der Vorgeschichte Kopfschmerzen bestanden, welche nicht angegeben wurden. Meist fehlt auch der Vergleich zu nichthormonellen Kontrazeptiva oder ein Placeboarm der Studien. In 2 Reviews zum Thema Kopfschmerzen und hormonelle Kontrazeption konnte keine konsistente Assoziation festgestellt werden, unabhängig von der Art der Anwendung und vom Progesterontyp [26, 29]. Auch geringere Ethinylestradiol-Dosierungen scheinen nicht mit einer Reduktion der Kopfschmerzen einherzugehen. Verlängerte oder kontinuierliche Einnahme hormoneller Kontrazeptiva führen dagegen zu einer Reduktion der Kopfschmerzhäufigkeit [29].

Wichtig zu differenzieren ist auch, um welche Art der Kopfschmerzen es sich handelt, da beispielsweise eine Migräne mit Aura per se mit einem erhöhten Risiko für arterielle Thrombosen assoziiert ist, das durch die zusätzliche Einnahme kombinierter hormoneller Kontrazeptiva noch gesteigert wird (6-fach; [8]). Eine Rücksprache mit den behandelnden Neurolog:innen kann sinnvoll sein, um herauszufinden, ob es sich um eine Migräne mit Aura handelt und ob eine Kontraindikation gegen kombinierte hormonelle Kontrazeptiva besteht.

Einfluss auf Wachstum und Knochen

In der Adoleszenz kommt es zu einem Wachstumsschub. Bei Mädchen setzt dieser zwischen dem 9,5. und dem 13,5. Lebensjahr ein. Wichtigster Einflussfaktor auf das Wachstum sind genetische Faktoren, aber auch Ernährung, Hormone (Wachstumshormone, Schilddrüsenhormone, Sexualsteroide, Glukokortikoide) und psychosoziale Faktoren können die Größenentwicklung beeinflussen. Untersuchungen an Ratten ergaben, dass die Einnahme von Östrogenen zu einem beschleunigten Schluss der Epiphysenfugen führen kann [1]. Allerdings waren die eingesetzten Dosen deutlich höher als in den aktuell vorliegenden Pillenpräparaten. Hohe Östrogengaben (z. B. 100 µg Ethinylestradiol oder 7,5 mg konjugierten Östrogenen, kombiniert mit 10 mg Medroxyprogesteronacetat über 10–14 Tage) können bei „konstitutionellem“ oder „familiären“ Hochwuchs kann bei Mädchen mit einer Endgrößenprognose > 185 cm eingesetzt werden (Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin [DGKJ], 2011 [3]).

Postmenarchal führen niedrigdosierte hormonelle Kontrazeptiva nicht zum Epiphysenfugenschluss

Hormonelle Kontrazeptiva in niedrigen Dosierungen bei Einsatz postmenarchal führen jedoch nicht zu einem Schluss der Epiphysenfugen. Grund ist, dass mit Menarche bereits den Schluss der Epiphysenfugen durch endogene Östrogenproduktion induziert [20].

Im Hinblick auf die Knochendichte ist die Datenlage kontrovers [17, 44]. Es ist nicht abschließend geklärt, ob ein höherer Ethinylestradiolanteil in einer Pille einen besseren Effekt auf das Erreichen der maximalen Knochendichte hat und ob dies nachfolgend das Frakturrisiko senken kann [4, 17]. Auch wenn in Studie insbesondere bei Adoleszentinnen eine verminderte Knochendichte im Bereich der Lendenwirbelsäule gezeigt wurde, ist dieser Effekt möglicherweise nach Absetzen der kombinierten Kontrazeptiva reversibel [17]. Insbesondere für die Dreimonatsspritze mit DMPA (Depot-Medroxyprogesteronacetat) sind negative Effekte beschrieben, sodass diese in der Adoleszenz nur in Ausnahmefällen angewandt werden sollte [18, 23].

Gewicht

Eine Gewichtszunahme gehört zu den häufigsten Gründen, dass eine hormonelle Kontrazeption wieder abgesetzt wird oder aus Angst davor erst gar nicht begonnen wird. Das Körpergewicht wird multifaktoriell reguliert. Wichtige Einflussgrößen sind genetische Faktoren, aber auch Lifestyle (Ernährung, körperliche Aktivität) und Entwicklungsprozesse in der Pubertät [25, 30].

Ob eine Kausalität zwischen einer Gewichtszunahme und der Anwendung hormoneller Kontrazeptiva besteht, wurde bereits in zahlreichen, leider häufig qualitativ schlechten Studien untersucht.

Ein Kausalzusammenhang zwischen KHK und BMI-Zunahme hat sich in einer Cochrane-Analyse nicht gezeigt

Eine Cochrane-Analyse zur Wirkung von kombinierten hormonellen Kontrazeptiva (KHK) auf das Körpergewicht konnte keinen kausalen Zusammenhang mit einer Zunahme des Körpergewichts bzw. des BMI nachweisen [16]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine Cochrane-Analyse zu oralen/subkutanen Gestagen-Monopräparaten [28]. Dagegen konnten einige Studien bei adoleszenten DMPA-Anwenderinnen einen Gewichtsanstieg in Abhängigkeit der Dauer der Anwendung beobachten [6]. Dies war insbesondere der Fall, wenn die jungen Frauen (< 18 Jahre) bereits adipös waren.

Blutungsstörungen

Insbesondere unter reinen Gestagenpräparaten treten vor allem in den ersten 3–6 Monaten der Einnahme Zwischenblutungen, Spotting oder Dauerblutungen auf [46], die im Laufe der Anwendung dann abnehmen. Wichtig ist die Information hierüber. Bei länger andauernden Blutungsstörungen sollten andere Ursachen der Blutung, wie Entzündungen, Zervixdysplasie, mögliche Medikamenteninteraktionen oder auch eine Schwangerschaft, ausgeschlossen werden.

Libido

Hormonelle Kontrazeptiva können eine Auswirkung auf die Libido [7, 34] haben, die Mehrzahl der Frauen erlebt laut aktueller begrenzter Datenlage aber keine Veränderung ihrer Sexualität [15]. Insbesondere für Adoleszentinnen gibt es hier keine spezifischen Daten.

Thromboembolierisiko

Die Thromboseinzidenz bis zum 20. Lebensjahr wird mit etwa einer pro 100.000 Frauen pro Jahr angegeben [40]. Die Anwendung kombinierter hormoneller Kontrazeptiva steigert – unabhängig von der Anwendungsform (auch Pflaster, Ring) das Thromboembolierisiko, je nach Zusammensetzung um den Faktor 2–4 [9, 11, 24, 31]. Das Risiko ist am höchsten in den ersten Monaten nach Start der Einnahme oder auch bei einem Wechsel mit mehr als 4‑wöchiger Einnahmepause [10]. Das Thromboembolierisiko wird durch die Wechselwirkung von Gestagen und Östrogen beeinflusst, jedoch maßgeblich durch den Östrogenanteil bestimmt. Abgesehen von DMPA haben reine Gestagenpräparate kein erhöhtes Thromboserisiko [41].

In Kombination mit einem Östrogen haben die verschiedenen Gestagene ein unterschiedliches Thromboserisiko. Die Inzidenz ist bei Levonorgestrel am niedrigsten, gefolgt von Dienogest [37]. Die Gestagene Gestoden, Desogestrel, Drospirenon, Cyproteronacetat und Etonogestrel haben ein höheres thromboembolisches Risiko (Tab. 3, [12, 31]). Dieses ist bei der Verordnung zu berücksichtigen [15].

Tab. 3 Risiko, innerhalb eines Jahres, eine venöse Thromboembolie zu erleiden. (Adaptiert nach [19])

Rechtliche Aspekte

Bei der Verschreibung von Kontrazeptiva bei Mädchen stellt sich die Frage, ob Minderjährige in die Behandlungsmaßnahme einwilligen kann, da jeder medizinische Eingriff und auch die Verordnung von Medikamenten juristisch den Tatbestand einer Körperverletzung erfüllen (§ 630d BGB [Bürgerliches Gesetzbuch]). Für die Bewertung der Einwilligungsfähigkeit gilt, dass Kinder unter 14 Jahren als nicht einwilligungsfähig anzusehen sind und dass ab 16 Jahren eine Einwilligungsfähigkeit meist gegeben ist. Im Alter von 14–16 Jahren, in denen sich viele Mädchen zur kontrazeptiven Beratung vorstellen, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Als ausschlaggebendes Kriterium gilt die individuelle „geistige und sittliche Reife“, das heißt, ob ein Verständnis über die Tragweite der Behandlung besteht [33].

Daneben stellt sich die Frage, inwieweit Minderjährige einen Behandlungsvertrag abschließen können. Zwischen Vollendung des 7. und 18. Lebensjahrs sind Minderjährige beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB). Somit kann die Minderjährige zwar grundsätzlich allein und ohne Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter einen Behandlungsvertrag abschließen und sich somit auch über kontrazeptive Maßnahmen informieren. Das Geschäft sollte jedoch rechtlich vorteilhaft sein oder die Minderjährige sollte die Kosten der Behandlung aus eigenen Mitteln tragen [33]. Meist liegen beide Voraussetzungen nicht vor, sodass ein Behandlungsvertrag bei privat versicherten Patienten nur mit vorheriger Zustimmung oder nachträglicher Genehmigung der Erziehungsberechtigten wirksam abgeschlossen werden kann. Bei Behandlung ohne Zustimmung der Eltern oder fehlender nachträglicher Genehmigung besteht kein Anspruch auf Honorierung der Leistung.

Gesetzlich versicherte Jugendliche können bereits von der Vollendung des 15. Lebensjahrs an selbstständig alle Sozialleistungen ohne Einwilligung oder Genehmigung ihrer Erziehungsberechtigten in Anspruch nehmen (§ 36 SGB I [Sozialgesetzbuch]).

Bis zum Erreichen des 22. Geburtstags erstatten die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland die Kosten für verschreibungspflichtige Kontrazeptiva (§ 24a SGB V), wobei ab dem 18. Lebensjahr eine Zuzahlung von maximal € 10 anfällt.

Fazit für die Praxis

  • Das Alter allein ist kein Grund, Jugendlichen von hormonellen Kontrazeptiva abzuraten.

  • Es gelten dieselben Kontraindikationen wie für erwachsene Frauen.

  • Die Beratung sollte altersangemessen erfolgen und die individuellen Bedürfnisse des Mädchens und ihre Wünsche an ein Kontrazeptivum berücksichtigen.