Notfallsituationen unter der Geburt haben immer das Potenzial, Mutter und Kind unerwartet in Gefahr bringen, verlangen unter hohem Zeitdruck und Stress rasche, klare Entscheidungen und Handlungen von einem eingespielten Team mit einem Leader, der diese Situationen im Idealfall bereits mehrfach zuvor fehlerfrei bewältigt hat. Das trifft selten zu! Wie können wir zu Routine beim Umgang mit Notfällen durch Simulationstraining gelangen und damit das maternale und neonatale Outcome verbessern?

Die Zusammensetzung des behandelnden Teams in Bezug auf Kompetenz und Routine für die speziellen Situationen ist im 24-h-Betrieb variabel und kann maßgeblich die Qualität der Behandlung beeinflussen. Inadäquates Management beeinflusst nicht nur die maternale und neonatale Morbidität und Mortalität, sondern kann auch ein Grund für Schadensforderungen aufgrund mangelnder Kommunikation und/oder fehlerhaften Verhaltens sein [1].

Bedeutung der Simulation

Eine geburtshilfliche Simulation gibt den Teilnehmenden aktiv die Möglichkeit, möglichst realitätsnah klinische Szenarien durchzuspielen und sowohl technische Skills als auch „non technical skills“ im Team zu trainieren. Mit „non technical skills“ werden eine Reihe allgemeiner kognitiver und sozialer Fähigkeiten bezeichnet, die von Einzelpersonen und Teams gezeigt werden und die technischen Fähigkeiten bei der Ausführung komplexer Aufgaben unterstützen. Es sind Fähigkeiten zur Kommunikation, Teamarbeit, Führung, zur richtigen Einschätzung der Situation und zum Treffen von angemessenen Entscheidungen [2]. Die anschließende Nachbesprechung mit den Teilnehmenden und den Beobachtern evaluiert die Simulation: was war gut, was kann verbessert werden und wo gibt es systemische Mängel (Abb. 1).

Abb. 1
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Ablauf der Simulation und das zeitliche Verhältnis

Somit können theoretisches Wissen gefestigt und Skills und Kommunikation durch Videoaufzeichnungen der „gespielten Notfallsituation“ verbessert werden. Auch das Verständnis für die Entscheidung anderer Teammitglieder kann aufgebracht oder menschliches Fehlverhalten in einer stressarmen Atmosphäre aufgearbeitet werden, ohne dass es zur Schädigung von Patienten kommt. Guidelines nationaler und internationaler Gesellschaften empfehlen die systematische Durchführung von Simulationen neben der studentischen Ausbildung vor allem in der fachärztlichen Weiterbildung und der Subspezialisierung: so z. B. EBCOG (European Board and College of Obstetrics and Gynaecology; [3], Frankreich [4], Kanada [5]). Kanadische Versicherungsgesellschaften bieten eine Prämienreduktion bei Implementierung der Simulationstrainings an, da sie eine Reduktion von Schadensfällen nachweisen konnten [6]. Weniger Krankheitsausfälle, zufriedene Mitarbeiter und eine bessere Patientenversorgung sind Argumente einiger Krankenhausleitungen, welche die Simulation unterstützen und eingeführt haben [7]. Die Durchführung der Simulationen ist personal-, material-, kosten- und zeitintensiv; Teamwork und Kommunikation lassen sich nur im interdisziplinären und interprofessionellen Setting (Hebammen, Geburtshelfer/innen, Anästhesisten/innen) trainieren.

Teamwork und Kommunikation lassen sich nur interdisziplinär und interprofessionell trainieren

Es bestehen große Kostenunterschiede zwischen „low fidelity“ und „high fidelity“ Geburtssimulatoren oder Hybridsimulationen mit Schauspieler und einem Modell, ohne dass bisher gezeigt werden konnte, dass der Erfolg der Simulationen signifikant davon abhängt [8]. Mit zunehmender Verunsicherung im Ausführen geburtshilflicher Manöver durch fehlende praktische Erfahrung und Angst vor der immensen Verantwortung können Aufbau und Erhalt von Simulationstrainings auch ein attraktiver neuer Weg sein, das Interesse für die Geburtshilfe zu fördern. Es ist aber in Zeiten finanzieller Einsparungen im Gesundheitswesen auch eine Herausforderung, die möglichst auf Evidenz basierte Ergebnisse aufbauen sollte.

Historischer Hintergrund

1759 entwarf Madame Angélique du Coudray die ersten Geburtsmodelle aus Holz, Stoff und Leder, um Hebammen den Ablauf der Geburt und geburtshilfliche Manöver praktisch zu erklären, damit sie für häusliche Geburten vorbereitet waren [9]. Das Interesse an Simulation wurde durch die Publikation „To Err is Human“ des Institute of Medicine aus dem Jahr 2000 [10] erweckt, in dem Simulation als imperativ notwendig für die Verbesserung der Teamarbeit und Kommunikation in der Medizin aufgelistet wurde [11]. Verschiedene Anbieter entwickelten in den letzten 20 Jahren Modelle, die es ermöglichen, Daten adaptiert auf die jeweilige Situation individuell einzugeben, damit den dynamischen Geburtsvorgang noch realitätsnäher abzubilden und als Team komplexe geburtshilfliche Notfallsituationen zu simulieren (Abb. 2).

Abb. 2
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Historie der Simulation in der Geburtshilfe. SGGG Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

Dies kann in spezialisierten Simulationszentren oder zunehmend direkt in situ in Krankenhäusern durchgeführt werden [12]. Dazu wurden verschiedene geburtshilfliche Mannequins entwickelt, bei denen maternale Kreislaufparameter sowie das CTG (Kardiotokogramm) verändert, Infusionen und Katheter gelegt und spezifische geburtshilfliche Komplikationen, wie Eklampsie, postpartale Hämorrhagie und schwierige Kindsentwicklungen bei eingekeiltem Kopf bei Sectio oder Schulterdystokie, mit Messung der angewandten Kraft trainiert und aufgezeichnet werden können. Analog zu den Entwicklungen in der Aviatik, die ursprünglich ein Cockpit Resource Management Training schon in den 1970-er Jahren propagierte, wurden die „technical skills“ (manuelle Fertigkeiten, Fähigkeiten) kombiniert mit „non technical skills“ wie Closed-loop-Kommunikation, „call outs“, Debriefing und die Anwendung von Checklisten zur Reduktion menschlicher Fehler eingeführt [13]. Typische Szenarien sind kritische Situationen, die per se selten auftreten oder selten geworden sind, da sie nicht mehr routinemäßig angewandt werden, wie z. B. die vaginale Geburt bei Zwillingen oder Geburt aus Beckenendlage.

Datenlage

Ein Cochrane Review und 284 meist retrospektive Arbeiten aus einzelnen Zentren vor und nach Einführung des Simulationstrainings finden sich seit 1998 unter den MESH(Medical Subject Headings)-Begriffen „simulation and obstetrics“ in der Datenbank PubMed – mit deutlichem Anstieg seit 2017. Zur Evaluation der Simulationstrainings werden häufig die 4 Level gemäß Kirkpatrick verwendet: Zufriedenheit des Teilnehmenden, Beurteilung der Skills, Auswirkung auf Verhalten und praktische Anwendung sowie Evaluation des Patienten-Outcome [14]. Eine Reduktion der Mortalität und Morbidität ist aufgrund der Seltenheit der Situationen bzw. der multifaktoriellen Einflüsse darauf schwierig zu erheben und konnte in den randomisierten klinischen Studien nicht nachgewiesen werden [15]. Positive Ergebnisse zeigten sich vor allem in der Zufriedenheit der Teilnehmenden, in der Gewinnung von Sicherheit beim Durchführen der Manöver, in der Verbesserung der interdisziplinären Teamarbeit, aber auch im klinischen Outcome [15,16,17]. Eine Übersicht über Ergebnisse aus kombinierten Szenarien gibt Tab. 1. Die wichtigsten einzelnen Notfallszenarien werden weiter unten ausgeführt.

Tab. 1 Kombinierte geburtshilfliche Notfallszenarien

Schulterdystokie

Je nach Definition tritt eine Schulterdystokie in 0,2–3 % auf. Daten einer externen Inspektion von geburtshilflichen Komplikationen in Norwegen konnten in 56 % „substandard care“ nachweisen. Bei der Behandlung der Schulterdystokie wurde dies in mehr als der Hälfte durch die Anwendung inadäquater Techniken, der gleichzeitigen Gabe von Oxytocin in 22 % und durch fehlende rechtzeitige Information des Arztes in 7 % verursacht [28]. Draycott et al. konnten aus retrospektiven Beobachtungsdaten vor und nach Einführung eines Team-Simulationstrainings bereits 2008 einen signifikanten Rückgang um 75 % an neonatalen Verletzungen (Humerus- und Klavikulafrakturen, tiefem 5‑min-Apgar, hypoxisch ischämischer Enzephalopathie, Plexusparesen) bei gleichbleibender Inzidenz der Schulterdystokie zeigen [29]. Repetitive Simulationstrainings bei derselben Gruppe führten zu einer signifikanten Zunahme in der Anwendung verschiedener Manöver und zu einer verbesserten Dokumentation. Im Vergleich zu der Zeit vor Einführung der Simulation gab es 12 Jahre nach wiederholtem Training keine bleibende Plexusparese 12 Monate nach Geburt [30]. Ähnlich positive Ergebnisse im Hinblick auf das neonatale Outcome mit dreifachem Rückgang der Plexusparese wurden auch von anderen Gruppen publiziert [31, 32]. Auch Olson et al. konnten eine verbesserte Dokumentation und eine häufigere Auswahl und Anwendung verschiedener Manöver feststellen, was auf eine gewisse Routine im Umgang mit dieser Notfallsituation hinweist [33]. Die Verbesserung der neonatalen Morbidität ließ sich nur durch Simulationstraining, nicht aber durch didaktische Schulung und Manöverübungen allein erzielen [34]. Modellhaft stellten Yau et al. eine Kosten-Nutzen-Analyse auf, bei der die Kosten für ein flächendeckendes nationales jährliches Schulterdystokie-Training mit dem PROMPT(PRactical Obstetric Multi-Professional Training) oder einem „standalone“ Schulterdystokie-Training mit dem derzeitigen nicht flächendeckenden Training verglichen wurden. In Bezug auf vermeidbare Plexusparesen bzw. die „quality adjusted life years“ bei Betroffenen könnten bei einem nationalen Training 1,5 Mrd. Dollar eingespart werden [35]. Wie mit dem Modell Birthing simulator Prompt Flex-advanced® (limbs&things Ltd., Bristol, United Kingdom) eine Schulterdystokie simuliert werden kann, zeigt Abb. 3.

Abb. 3
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Simulation: Schulterdystokie. (Mit freundl. Genehmigung, © C. Monod, alle Rechte vorbehalten)

Postpartale Blutung

Die postpartale Hämorrhagie (PPH) gehört weltweit zu den häufigsten maternalen Todesursachen und ist mit einer hohen maternalen Morbidität assoziiert. Die Inzidenz der PPH > 1000 ml liegt bei ca. 2–3 % und ist in den „high income countries“ steigend [36]. Studien zum Erfolg von Simulationskursen liegen aus Ländern mit hohem und niedrigem Einkommen vor (Tab. 2).

Tab. 2 Postpartale Hämorrhagie

Nachuntersuchungen von Mortalitätsfällen haben gezeigt, dass ca. 50–93 % der blutungsbedingten Todesfälle vermeidbar sind [43]. Daten aus Norwegen ergaben, dass vor allen die inadäquate Gabe von Uterotonika, die fehlende Kollaboration mit dem Arzt und die Verzögerung bei Therapiebeginn die wesentlichen Komponenten des „substandard care“ sind [28].

50–93 % der PPH-bedingten Todesfälle haben sich als vermeidbar gezeigt

Simulationstrainings zur Diagnose und Behandlung der PPH beeinflussen vor allem positiv die Teamkommunikation und führen zur Reduktion von Fehlern. Im Vergleich zu vortragbasierten Training verbesserten die Teilnehmenden von Simulationstrainings signifikant ihre Fähigkeiten in Kommunikation und interdisziplinärr Zusammenarbeit sowie ihr Selbstvertrauen [44]. Einige Studien konnten durch Simulationstraining eine verbesserte Schätzung des Blutverlusts nachweisen [45].

Die Einführung des D-A-CH(Deutschland, Österreich, Schweiz)-Algorithmus zur Behandlung der PPH im Zusammenhang mit Einführung des Simulationstrainings zeigte in einer retrospektiven Arbeit vor und nach Einführung eine signifikante zeitliche Verkürzung beim Legen eines zweiten venösen Zuganges, dem Einsatz von Medikamenten, eine raschere Beiziehung der Anästhesie und einen häufigeren Einsatz von Tranexamsäure und Bakri-Ballon (Abb. 4).

Abb. 4
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Simulation PPH (postpartale Hämorrhagie) mit Schauspielerin und „low fidelity“ Simulator Mamma Natalie (In-situ-Training)

Vor Einführung (2009–2011) kam es bei 141 Fällen mit PPH zu einer PPH-bedingten Hysterektomie, nach Einführung (2012–2014) kam dies im Kollektiv von 176 Frauen nicht vor [46]. Eine prospektive Beobachtungsstudie zeigte eine raschere Gabe von Uterotonika und ECs (Erythrozytenkonzentraten) und einen besser standardisierten Ablauf zwischen den Teams. Der Blutverlust war ebenfalls signifikant tiefer in der Epoche nach Einführung der Simulation. Es kann allerdings aus den Daten nicht differenziert werden, welchen Anteil die Einführung der Simulation und welchen die gleichzeitige Einführung eines Gesamtpakets zur Behandlung von Blutungen auf das klinische Outcome hatte [47]. Die aktuelle deutsche Leitlinie zu peripartalen Blutungen hat das jährliche interdisziplinäre Simulationstraining als konsensbasierte Empfehlung aufgenommen, ebenso wie die internationale Joint Commission 2020 [48, 49].

Herzkreislaufstillstand

Die Fruchtwasserembolie oder das anaphylaktische Syndrom in der Schwangerschaft zählt zu den seltensten Ereignissen mit 1:40.000 Geburten, wird aber am häufigsten als Ursache für einen Herz-Kreislauf-Stillstand in der Schwangerschaft angegeben (257,7 pro 1000; [50]). Die spezifisch an die physiologischen Veränderungen in der Schwangerschaft angepassten Anforderungen an die Reanimation und die Seltenheit des Ereignisses bedeuten, dass die wenigsten Geburtshelfer und Hebammen jemals diese Situation erlebt haben und das Training aus dem CPR(„cardiopulmonary resuscitation“)-Kurs nicht 1:1 übernommen werden kann. Die American Heart Association hat 2020 den Algorithmus zur Reanimation von Schwangeren in ihre Guideline aufgenommen [51]. Wesentlicher Punkt ist die perimortale Sectio (PMCS) innerhalb von 5 min, die zu einem 60–80 % verbesserten kardialen Output führt, die aortocavale Kompression aufhebt und so das maternale Überleben erhöht und die hypoxische Schädigung des Feten reduziert. In einer nationalen retrospektiven Studie aus den Niederlanden wurden alle Fälle von PMCS nach Herz-Kreislauf-Stillstand vor und nach Einführen des Simulationskurses MOET untersucht [52]. Im Verlauf von 15 Jahren wurde bei 12 von 55 Frauen eine PMCS durchgeführt, wobei die PMCS-Rate nach Einführung der Simulationskurse zunahm (4 vor und 8 nach Einführen des MOET-Kurses), in keinem Fall konnte aber das Zeitlimit von 5 min nach Herz-Kreislauf-Stillstand erreicht werden. Zwei Frauen mit PMCS überlebten (17 %), bei beiden lag eine Fruchtwasserembolie vor. Von den 43 Frauen ohne PMCS überlebten 6 (14 %). Die neonatale Mortalität lag bei 58 %. Der Transfer in den Operationssaal und ein fetales Monitoring waren am häufigsten für einen verzögerten Start der PMCS verantwortlich.

Die Reanimation am Modell SimMam® (Mannequin der Firma Laerdal MedicalAS, Stavanger, Norwegen, und das Debriefing im Team sind dargestellt in Abb. 5.

Abb. 5
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SimMam® (Mannequin der Firma Laerdal Medical AS, Stavanger, Norwegen) a Reanimation, b Debriefing. (Mit freundl. Genehmigung, ©M. Gisin, S. Gisin, alle Rechte vorbehalten)

Präeklampsie

Die Präeklampsie hat in „high income countries“ eine Inzidenz von 2–8 %, bei 2–3 % aller Präeklampsien kommt es zu einer Eklampsie, die mit einer hohen maternalen und neonatalen Morbidität und Mortalität assoziiert ist. Die Joint Commission empfiehlt auch hier ein jährliches Training, um die Qualität der Behandlung der schweren Präeklampsie zu verbessern und die Anzahl an Eklampsien zu reduzieren [49]. In einem RCT mit 140 Teilnehmenden wurde das Eklampsie-Training im Krankenhaus verglichen mit Training im Simulationszentrum. Zudem erhielt eine Gruppe einen theoretischen Kurs über Teamwork. Insgesamt verbesserte sich die Ausführung von Aufgaben, die Applikation von Magnesium wurde schneller durchgeführt und die „non technical skills“ verbesserten sich. Es gab keinen zusätzlichen Benefit durch das Training im Simulationszentrum und auch keinen durch die zusätzlichen Kurse in Teamwork [53].

Schwierige Kindsentwicklung bei sekundärer Sectio in der Austreibungsphase

Eine prospektive Studie aus Großbritannien zeigte, dass es bei jeder fünften Notfallsectio Schwierigkeiten gab, den fetalen Kopf zu entwickeln. In 63 % war dabei der Muttermund vollständig eröffnet [54]. Zusätzliche schwere neonatale Verletzungen, Weiterreißen der Uterotomie und Blasen- oder Ureterverletzungen traten doppelt so häufig auf wie bei einer Sectio in der Eröffnungsperiode [55]. Inzwischen erfolgen 10 % der Schadensklagen in UK im Zusammenhang mit einer schwierigen Kindsentwicklung [56]. In einer Umfrage gaben 25 % der Assistenzärzte an, sich nicht sicher in den Techniken zur Kindsentwicklung zu fühlen, und nur 4 von 10 fühlten sich sicher, eine Entwicklung aus umgekehrter Beckenendlage durchzuführen [57]. In einem theoretischen und simulationsbasierten Programm mit dem „enhanced Caesarean section module PROMPT Flex“® der Firma limbs&things zeigte sich eine Wissenssteigerung und ein verbessertes Selbstbewusstsein bei den Teilnehmenden 6 Wochen nach dem Training. 40 % gaben an, eine ähnliche Situation nach dem Kurs erlebt zu haben.

Die Sicherheit in der Anwendung der Entwicklung aus umgekehrter Beckenendlage, die mit einer geringeren Verletzungsrate assoziiert ist, nahm von 14,3 auf 66,7 % zu [58]. Als Algorithmus diente der von Zimmermann et al. publizierte Ablauf ([59]; auch Abb. 6a, b).

Abb. 6
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a Entwicklung aus umgekehrter Beckenendlage (Pfeil Zug nach kaudal) mit Modell enhanced Caesarean section PROMPT Flex® der Firma limbs&things, PROMPT PRactical Obstetric Multi-Professional Training. (Aus [57]. Mit freundl. Genehmigung, © 2019 Walter de Gruyter GmbH, alle Rechte vorbehalten). b Simulation der schwierigen Kindsentwicklung

Simulationstraining und der Einfluss auf Schadensforderungen

Bei der Analyse perinataler Todesfälle bzw. schwerer bleibender Behinderung ergab sich in 72 % eine mangelhafte Kommunikation bzw. die Unfähigkeit im Team zusammenzuarbeiten und eine dysfunktionale Hierarchie in 55 % [60]. In einer retrospektiven Beurteilung von Schadensfällen von 290 beim gleichen Anbieter versicherten Ärzten zeigte sich ein signifikanter Rückgang an Schadensforderungen in einer 2‑Jahresperiode vor und nach einem Simulationstraining von 9,2 auf 5,4 Arztversicherungsjahre und nach einem, 2 oder mehr Jahren an Simulationstrainings (6,3, 2,1 und 1,3 Klagen pro 100 Arztversicherungsjahre, p < 0,001). Auch wenn insgesamt die Rate an Schadensmeldungen zurückging und das Studiendesign Diskussionen offenlässt, kann doch angenommen werden, dass das Simulationstraining einen signifikanten Einfluss hatte [61].

Voraussetzungen und Barrieren

Grundvoraussetzungen der Simulation sind die Unterstützung des Simulationstrainings durch die Klinikleitung, die Motivation der Teilnehmenden und der Trainer, die über klinische Erfahrung verfügen und in Debriefingverfahren geschult sind. Simulationen sind aber auch nicht reine Magie und führen nicht in jedem Fall zu einem verbesserten klinischen Outcome. Das Simulationstraining sollte möglichst in den klinischen Alltag integriert werden.

Das Simulationstraining sollte möglichst in den klinischen Alltag integriert werden

Die größten Barrieren für den Einsatz von Simulationsprogrammen sind Zeit und Kosten [62]. Bis auf einzelne Ausnahmen haben die bisherigen Studien eine zeitlich begrenzte Verbesserung der Fähigkeiten gezeigt, deshalb sind regelmäßige Repetitionen wichtig. Daten zu langanhaltenden Ergebnissen fehlen. Die COVID(„coronavirus disease“)-19-Pandemie hat zudem gezeigt, dass der Fokus auch auf videobasierte Simulationsprogramme gelegt werden muss.

Fazit für die Praxis

  • Theoretisches Wissen, „technical and non technical skills“ können durch interdisziplinäre Simulation von geburtshilflichen Notfällen gefestigt und verbessert werden, ohne dass es zur Schädigung von Patientinnen kommt.

  • Typische Szenarien sind kritische Situationen, bei denen Kommunikationsfehler häufig auftreten, oder Notfälle, die per se selten auftreten.

  • Grundvoraussetzungen für ein Simulationstraining sind die Unterstützung durch die Klinikleitung sowie die Motivation der Teilnehmenden und der Trainer, die über klinische Erfahrung verfügen und in Debriefingverfahren geschult sind.

  • Repetitive Simulationstrainings können neonatale Verletzungen reduzieren und verbessern das neonatale Outcome bei der Schulterdystokie.

  • Simulationstrainings zur PPH (postpartale Hämorrhagie) verbessern Dokumentation, Einhalten von Checklisten und Teamkommunikation.

  • Das Durchführen von Manövern, wie die Kindsentwicklung bei eingekeiltem Kopf bei Sectio, gelingt nach Simulation deutlich besser und erhöht die Selbstkompetenz.