Hintergrund

Im Jahre 2022 wurden in Deutschland 103.927 Schwangerschaften abgebrochen [1]. Dies bedeutet ein Plus von 9,86 % gegenüber dem Vorjahr, wobei im Jahre 2021 der niedrigste Stand seit Beginn der Aufzeichnung vermerkt worden war. Davon wurden 96,2 % auf Grundlage der Beratungsregelung nach § 218a Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) vorgenommen, welcher die Straffreiheit eines Schwangerschaftsabbruchs innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen (SSW) nach Empfängnis (post conceptionem, p. c.) regelt.

Die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruches ist gemäß § 218a Abs. 2 StGB unabhängig von der SSW nicht rechtswidrig, wenn dies nach ärztlicher Erkenntnis der einzige Weg ist, um eine Gefahr für das Leben oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden. Ein Arzt oder eine Ärztin muss eine schriftliche Feststellung bezüglich des Vorliegens einer maternalen Indikation zum Schwangerschaftsabbruch erstellen. Der/die Durchführende muss diese Entscheidung nachvollziehen können. In Deutschland wurden im Jahr 2021 3903 Schwangerschaftsabbrüche mit Vorliegen einer maternalen Indikation durchgeführt, was einem Anteil von 4,1 % aller Schwangerschaftsabbrüche entspricht [2]. Unter Mediziner/Innen wird ab 14 + 0 SSW nach der Menstruation (post menstruationem, p.m.) typischerweise vom „späten Schwangerschaftsabbruch“ gesprochen, eine juristische Definition dieses Begriffes gibt es nicht. Im Folgenden ist im Verlauf, falls nicht anders genannt, die in der Praxis üblicherweise verwendete Angabe der SSW p. m. gemeint.

Schon der einer Indikationsstellung zugrundeliegende Abwägungsprozess ist eine Herausforderung

Bereits der einer ärztlichen Indikationsstellung zum Schwangerschaftsabbruch zugrundeliegende Abwägungsprozess ist eine Herausforderung für die behandelnden Ärzt/Innen, bei der die Gefährdung von Rechtsgütern der Schwangeren im ethischen Konflikt zum Schutz werdenden Lebens steht. Hierzu gibt es hinreichend Literatur, und der Entscheidungs- oder Indikationsstellungsprozess selbst soll nicht im Fokus dieser Arbeit stehen [3].

Schwangerschaftsabbrüche – insbesondere bei Vornahme eines Fetozids – stellen eine große seelische Belastung für das Elternpaar dar. Es wird kritisiert, dass nur wenige Zentren späte Schwangerschaftsabbrüche durchführen, was teilweise zu unzumutbaren zusätzlichen Belastungen für die Schwangere führe, mit weiten Wegen und Wartezeiten [4]. Teils bestehende rechtliche Unklarheiten im Umgang mit späten Schwangerschaftsabbrüchen und fehlende innerklinische Strukturen für die medizinisch-ethische Entscheidungsfindung fördern die Ablehnung von Schwangerschaftsabbrüchen an geburtshilflichen Abteilungen und können die nicht flächendeckende Versorgungslage in Deutschland mitbegründen. Dabei ist es Aufgabe jeder pränataldiagnostischen Abteilung, nicht nur Diagnosen zu stellen, sondern der Schwangeren auch Wege zu zeigen, mit der Diagnose einer schweren fetalen Fehlbildung oder Erkrankung umzugehen. Hier müssen Möglichkeiten und Limitationen der intensivmedizinischen neonatologischen und pädiatrischen Versorgung, der Freigabe des Neugeborenen zur Adoption sowie eine palliative Geburt nach Austragen der Schwangerschaft thematisiert werden. Falls für die Schwangere jedoch keine dieser Optionen vorstellbar ist, muss auch ein später Schwangerschaftsabbruch diskutiert werden.

Ziel dieser Arbeit ist es, Perinatalzentren in der Erstellung von Handlungsempfehlungen zu unterstützen, die verhindern, dass die Belastung der Eltern durch prozedurale Widrigkeiten verstärkt wird, die es aber auch durchführenden Kliniken ermöglichen, transparent und sicher zu agieren. Dies ist im Interesse der behandelnden Gynäkolog/Innen und Anästhesist/Innen, Pflegekräfte und Hebammen, wie auch der Kolleg/Innen der Pathologie und Rechtsmedizin sowie der Mitarbeiter/Innen von Staatsanwaltschaft, Kriminalpolizei und Standesamt. Hierbei gilt es, alle relevanten rechtlichen Vorschriften einzuhalten und ein praxistaugliches, die schutzwürdigen Belange des Elternpaares und der übrigen Beteiligten ausreichend sicherndes Verfahren zu gewährleisten.

Rechtlicher Rahmen

Ob und wie Lebend‑, Tot- oder Fehlgeburten zu beurkunden sind, ist bundeseinheitlich im Personenstandsgesetz (PStG) und der Personenstandsverordnung (PStV) geregelt. Welche Modalitäten hinsichtlich einer Bestattung des Kindes einzuhalten sind, ergibt sich aus dem Bestattungsgesetz (BestattG), welches für jedes Bundesland einzeln formuliert ist (s. Zusatzmaterial online).

Tot geborene Kinder mit einem Gewicht von mindestens 500 g oder aber ab 23 + 1 SSW sind nach PStG und PStV meldepflichtig, für das verstorbene Kind müssen Totenpapiere ausgefüllt werden. Nur wenn das Kind über 500 g wiegt, ist der Leichnam individuell bestattungspflichtig, Eltern sind als Bestattungspflichtige kostentragend (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Lebend‑, Fehl- und Totgeburt inklusive Angaben zu Melde- und Bestattungspflicht in Baden-Württemberg. SS Schwangerschaft

Nach der PStV liegt keine „Totgeburt“, sondern eine „Fehlgeburt“ vor, wenn ein Kind weniger als 500 g wiegt und vor 23 + 1 SSW geboren wird. Hier besteht keine Beurkundungspflicht im Personenstandsregister, es muss kein Totenschein ausgefüllt werden, außerdem besteht keine Individualbestattungspflicht (Abb. 1).

Bei einem Schwangerschaftsabbruch hingegen ergeben sich Abweichungen, insbesondere hinsichtlich der Bestattung. Tot geborene Leibesfrüchte aus einem Schwangerschaftsabbruch sind in Baden-Württemberg (BW) gemäß § 30 Abs. 3 und Abs. 2 BestattG BW abhängig von SSW (≥ 23 + 1 SSW) und/oder Gewicht ( 500 g) nicht individuell bestattungspflichtig, aber meldepflichtig (Abb. 2). Fehlgeburten und auch im Rahmen eines Schwangerschaftsabbruchs Totgeborene oder im Verlauf Verstorbene können auf Verlangen eines Elternteils auf Kosten der Eltern individuell bestattet werden. Der Träger des Krankenhauses, in dem der Schwangerschaftsabbruch erfolgt, ist verpflichtet, mindestens einen Elternteil auf diese Bestattungsmöglichkeit hinzuweisen. Sofern sich die Eltern nicht für eine solche Individualbestattung entscheiden, sind diese Leibesfrüchte von Krankenhäusern unter würdigen Bedingungen zu sammeln und anonym zu bestatten. Die Kosten sind nach dem BestattG BW dem Träger des Krankenhauses auferlegt.

Abb. 2
figure 2

Vorgehen bei späten Schwangerschaftsabbrüchen in Abhängigkeit von Schwangerschaftswoche und Geburtsgewicht am Universitätsklinikum Freiburg. SSW Schwangerschaftswoche post menstruationem, SS Schwangerschaft

Bei Schwangerschaftsabbrüchen trifft den/die Leitende des durchführenden Krankenhauses gemäß §§ 15–18 Schwangerschaftskonfliktgesetz die Pflicht, eine anonymisierte Meldung über den Schwangerschaftsabbruch an das statistische Bundesamt in Wiesbaden zu erstatten.

In seltenen Fällen befindet sich eine Schwangere aufgrund einer Mehrlingsschwangerschaft in einer Gefahrensituation entsprechend § 218a Abs. 2 StGB, unabhängig davon, ob Fehlbildungen bei den Feten bestehen. Beantragt die Schwangere einen selektiven Schwangerschaftsabbruch nach o. g. Vorgaben, kann bei Vorliegen einer maternalen Indikation eine Reduktion auf eine Zwillings- oder auch Einlingsschwangerschaft mittels Fetozid indiziert sein. Gemäß § 31 Abs. 3 PStV sind alle Feten, die aus dieser Geburt stammen – unabhängig vom Geburtsgewicht – meldepflichtig und individuell bestattungspflichtig.

Erarbeitung einer Verfahrensleitlinie für alle an Schwangerschaftsabbrüchen beteiligten Berufsgruppen

Methodik

Um Unklarheiten bei den verschiedenen Berufsgruppen zu identifizieren und eine praktische, aber auch rechtlich korrekte Lösung für dieses sensible Thema zu finden, wurde in der Klinik für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg im Breisgau eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe gegründet. Diese Arbeitsgruppe besteht aus Vertreter/Innen der Ärzteschaft, der Hebammen, der Pflege sowie der Mitarbeiter/Innen der psychosozialen Begleitung und der Seelsorge der Frauenklinik, Ärzt/Innen der Pathologie und der Rechtsmedizin, der rechtlichen Vertretung des Universitätsklinikums sowie der Staatsanwaltschaft, der Kriminalpolizei und des Standesamts Freiburg.

Problemstellungen

Einleitung und Ablauf des Todesermittlungsverfahrens

Ein Fetozid, die intrauterine Tötung des Fötus, bewirkt das Sistieren der fetalen Herzaktion und damit den Tod des Feten, der Zeitpunkt wird sonographisch dokumentiert. Dieser stimmt aber nicht mit dem im Totenschein zu notierenden Zeitpunkt des Todes überein, da allgemein gültig erst die Geburt als Beginn des Lebens definiert ist. Beim Ausfüllen der Totenpapiere durch den die Leichenschau durchführenden Arzt kann dies zu Verunsicherung führen. Somit wurde der Konsens gefunden, dass Geburtszeitpunkt und Todeszeitpunkt bei einem Kind aus einem Schwangerschaftsabbruch, welches leblos zur Welt kommt, unabhängig davon, ob ein Fetozid im Vorfeld durchgeführt wurde, identisch behandelt werden. Die Todesart wird als nicht natürlich infolge einer „vorzeitigen Geburtseinleitung im Rahmen eines späten Schwangerschaftsabbruchs gemäß § 218a Abs. 2“ unter Nennung des die Indikation stellenden Arztes angegeben.

Im Totenschein wird die Verpflichtung genannt, bei Hinweisen auf einen nicht natürlichen Tod die Polizei zu informieren. Bei fehlender Rücksprache mit den für eine Klinik zuständigen Stellen der Polizei und Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Beschlagnahme des Leichnams besteht das Risiko des Auslösens einer für alle Beteiligten belastenden Situation. Dabei soll die gefundene Regelung primär den Bedürfnissen der Eltern Rechnung tragen und den würdevollen Abschied von ihrem Kind im Fokus haben. Eine fallbezogene Vorabinformation der Polizei ist nicht zielführend, da Polizei und Staatsanwaltschaft im Rahmen von Schwangerschaftsabbrüchen ein Todesermittlungsverfahren erst dann einleiten können, wenn ein Leichnam vorhanden ist.

Ein möglicher Lösungsansatz kann in einer gemeinsam mit den Mitarbeitern von Polizei und Staatsanwaltschaft zu treffenden Vereinbarung münden, dass zunächst die telefonische Information des Kriminaldauerdienstes über die Geburt eines Kindes aus spätem Schwangerschaftsabbruch erfolgt. Schriftlich folgen mit einer von der Schwangeren im Vorfeld unterschriebenen Schweigepflichtentbindung der Ärzte gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und Rechtsmedizin alle relevanten Informationen, welche die „nichtnatürliche“ Todesursache klären können (Arztbrief, ärztliche Indikation und Totenschein). So kann das Todesermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der elterlichen Bedürfnisse eingeleitet und abgeschlossen werden.

Kosten

Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs aufgrund einer medizinischen Indikation werden bei in Deutschland krankenversicherten Frauen von der Krankenkasse getragen. Die (anonyme) Sammelbestattung von Kindern aus Schwangerschaftsabbrüchen ist vom Klinikträger zu organisieren und zu finanzieren. Die Kosten der Individualbestattung allerdings, auch im Falle einer Lebendgeburt, müssen von den Eltern getragen werden.

Im Sinne der Eltern gilt es, die Kosten so gering als möglich zu halten. Generell erfolgt im Rahmen eines Todesermittlungsverfahrens die Untersuchung bzw. die Obduktion eines Leichnams zur Klärung der Todesursache in der Rechtsmedizin.

Zur Diagnosesicherung sollte der Fetus in der spezialisierten Paidopathologie obduziert werden

Die Obduktion von Feten zur Diagnosesicherung aus pränataldiagnostischer Sicht sollte jedoch in der spezialisierten Paidopathologie stattfinden. Möglichkeiten der Kostenreduzierung, insbesondere beim Transport des Leichnams, sollten mit den zuständigen Instituten im Vorfeld geklärt werden.

Schwangerschaftsabbruch mit Geburt eines lebenden, postpartal versterbenden Kindes

Liegt einer vorzeitigen Geburtseinleitung eine Indikation zum Schwangerschaftsabbruch zugrunde, so gilt auch für diese erst nach Geburt verstorbene Leibesfrüchte die Einstufung des Todes als „nicht natürlich“ in den Totenpapieren und es erfolgt die Einleitung des Todesermittlungsverfahrens. Die Eltern müssen ihr mit Lebenszeichen geborenes Kind nach Freigabe durch die Staatsanwaltschaft individuell bestatten.

Unterscheidung später Schwangerschaftsabbruch und Palliativgeburt

Es gibt keine klare rechtliche Vorgabe, ab welchem Schwangerschaftsalter bei Vorliegen einer nicht mit dem Leben zu vereinbarenden kindlichen Fehlbildung eine Geburtseinleitung als palliative Geburt mit natürlicher Todesursache oder aber als vorzeitige Geburtseinleitung im Rahmen eines Schwangerschaftsabbruchs mit nicht natürlicher Todesart einzuordnen ist. Hier wäre eine Klärung z. B. im Rahmen einer Leitlinienerstellung seitens der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hilfreich.

Jede Geburtseinleitung bei Vorliegen einer nicht mit dem Leben zu vereinbarenden oder nur mit intensivmedizinischen, lebensverlängernden Maßnahmen ohne Aussicht auf Heilung verbundenen kindlichen Fehlbildung, bei der mit Geburt eines über einen gewissen Zeitraum lebensfähigen Kindes zu rechnen ist, sollte von palliativmedizinisch geschultem, kinderärztlichen Personal begleitet werden. Bespielhaft gelten Trisomie-13- und -18, Fehlbildungen, die mit letalen Lungenhypoplasien vergesellschaftet sind, komplexe Herzfehlbildungen sowie letale Stoffwechselstörungen und andere komplexe Fehlbildungssyndrome.

Ein Vorschlag in diesem Kontext wäre, ab 34 + 0 SSW p. m. nach Geburtseinleitung aus maternaler Indikation geborene Kinder, welche peripartal versterben, in die Kategorie „natürliche Todesart“ einzuordnen, während die vor der 34 + 0 SSW im Rahmen einer induzierten Frühgeburt auf Basis eines Schwangerschaftsabbruchs geborenen Leichname der „nicht natürlichen Todesart“ zuzuordnen sind.

Ergebnis: praxisnahe Verfahrensleitlinie

Der Fokus des „Freiburger Wegs“ liegt auf einer offenen Kommunikation gegenüber den Eltern bereits im Vorfeld eines späten Schwangerschaftsabbruches darüber, was seelisch und körperlich, aber auch bürokratisch und finanziell auf sie zukommen kann. Es werden sämtliche Alternativen zum späten Schwangerschaftsabbruch genannt. Sieht eine Schwangere für sich nach ausführlicher Bedenkzeit und psychosozialer Beratung keinen anderen Ausweg als einen Schwangerschaftsabbruch, so kann ein Arzt oder eine Ärztin auf dieser Grundlage eine Indikation zum Schwangerschaftsabbruch stellen. An der Klinik für Frauenheilkunde in Freiburg erfolgt dies durch Vorstellung eines jeden Falles in der Klinikkonferenz. In ausgesuchten Fällen wird ein Ethikkonsil einberufen.

Eltern werden über die rechtlichen Grundlagen von Melde- und Bestattungspflicht in Baden-Württemberg aufgeklärt sowie bei Verzicht auf einen Fetozid über mögliche Lebenszeichen des Kindes. Insbesondere werden sie in Erfüllung der den Träger der Klinik treffenden Hinweispflicht auf die Möglichkeit der Individualbestattung hingewiesen. Ihnen wird aufgezeigt, dass ansonsten eine anonyme, für Eltern kostenlose Bestattung im Rahmen der Sammelbestattung der Stadt Freiburg erfolgen wird. Diese findet 3‑mal jährlich statt. Die Kinder werden ohne Namensnennung gesammelt auf dem Hauptfriedhof der Stadt Freiburg erdbestattet, um möglichst viele Bestattungsformen verschiedener Religionsgemeinschaften zu vereinen. Bereits im Vorfeld wird das Paar beraten, ob eine Obduktion, eine humangenetische Beratung oder eine Diagnostik post mortem sinnvoll sein kann oder gewünscht ist. Dies alles wird mittels einer Checkliste dokumentiert (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Checkliste „später Schwangerschaftsabbruch“ am Universitätsklinikum Freiburg

Bei Vorliegen einer ärztlichen Indikation zum Schwangerschaftsabbruch und klinikinternen Vorstellung erfolgt prästationär unter ärztlicher Aufsicht die orale Einnahme von Mifepriston 200 mg und die Patientin wird für 1‑3 Tage nach Hause entlassen. Der Aufnahmetag wird in Rücksprache mit dem Bettenmanagement geplant, um eine Einzelzimmerversorgung gewährleisten zu können. Der Partner oder eine Begleitperson kann auf Patientinnenwunsch zur Unterstützung zusätzlich mit Eigenkostenbeteiligung aufgenommen werden.

Bereits prästationär erfolgt ein ärztliches Aufklärungsgespräch über den zu erwartenden Ablauf inklusive Einleitungsmethode, großzügige Möglichkeiten der Analgesie, die indizierte Abrasio postpartal und die Prämedikation durch die Anästhesie. Auch praktische Dinge werden geklärt und für Kolleg/Innen dokumentiert: möchte das Paar das Kind postpartal sehen, sind Fußabdrücke gewünscht, ist eigene Kleidung gewünscht, möchte das Paar ehrenamtliche Sternenkinderfotografen involvieren? Schon während dieser Gesprächstermine werden Betroffene von der Klinikseelsorge betreut.

Etwa bis 20 SSW erfolgt die Geburt meist auf der geburtshilflichen Station bei Bedarf mit intravenöser Analgesie im Beisein von examiniertem Pflegepersonal unter Hinzurufen eines Arztes/einer Ärztin. In höheren SSW oder bei weiterem Analgesiebedarf ist die Betreuung im Kreißsaal üblich, da hier auch die Möglichkeit der Anlage eines Periduralkatheters unter Monitorüberwachung besteht.

Nach der Geburt besteht für die Eltern ausreichend Möglichkeit, das Kind zu sehen und sich von ihm zu verabschieden. Dem Paar steht zusätzlich ein Segnungsraum zur Verfügung, den – außerhalb der Coronapandemie – auch weitere Angehörige betreten dürfen und der einen persönlichen, würdevollen, zeitlich unbegrenzten Abschied ermöglicht. Religiöse Zeremonien sind möglich. Die Patientin erhält eine Zusammenstellung mit Kontaktdaten und Unterstützungsmöglichkeiten, wie z. B. Einzelbetreuung bei Rückbildungsgymnastik.

Damit im Einzelfall keine Unsicherheiten beim ärztlichen Personal auftreten, wurden übersichtliche Abbildungen über die rechtlichen Grundlagen zusammengestellt (Abb. 1 und 2). Ebenso wurden die Ergebnisse der Arbeitsgruppe in strukturierten, internen Fortbildungen dem ärztlichen und pflegerischen Personal präsentiert. An unserer Klinik konnten durch klar definierte Verantwortlichkeiten der administrative Aufwand auf ein Minimum reduziert, Abläufe transparenter strukturiert und Unklarheiten vermindert werden.

Diskussion

Für die Begleitung von Schwangeren im Rahmen eines Schwangerschaftsabbruchs ermöglicht die Erarbeitung einer transparenten, den rechtlichen Vorgaben genügenden Verfahrensanweisung allen Beteiligten eine Nachvollziehbarkeit sowie eine rechtliche Absicherung. Die Anwendung einer Checkliste sowie ärztliche Fortbildungen gewährleisten neben einer individuellen Betreuung ein standardisiertes Vorgehen, sodass bei dieser wichtigen Arbeit im ethischen Konfliktfeld keine Unsicherheiten entstehen und Fehler vermieden werden können.

Eine offene Kommunikation des konfliktträchtigen Themas ist auch gesamtgesellschaftlich unerlässlich

Kosten und Leid der Eltern sollen so gering wie möglich gehalten werden. Ärzt/Innen, Pflege und Hebammen sollen vor zusätzlicher Belastung geschützt werden, um die bestmögliche Betreuung des Elternpaares zu gewährleisten. Das am Universitätsklinikum Freiburg erarbeitete Vorgehen kann eine Orientierungshilfe für die praktische, transparente Umsetzung von späten Schwangerschaftsabbrüchen darstellen und so möglicherweise auch an anderen Perinatalzentren eine Standardisierung des Ablaufs erleichtern. Für die Gewährleistung einer deutschlandweit flächendeckenden Durchführbarkeit später Schwangerschaftsabbrüche ist eine offene Kommunikation dieses konfliktträchtigen Themas auch gesamtgesellschaftlich unerlässlich.

Fazit für die Praxis

  • Nach 12 Schwangerschaftswochen p. c. (post conceptionem) wird typischerweise vom „späten Schwangerschaftsabbruch“ gesprochen, der in Deutschland nicht rechtswidrig ist, wenn er den einzigen Weg darstellt, eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden.

  • Für die Gewährleistung einer flächendeckenden Durchführbarkeit später Schwangerschaftsabbrüche sind eine gesamtgesellschaftliche Thematisierung dieses ethischen Konfliktfelds und praktisch anwendbare Handlungsempfehlungen unerlässlich.

  • Es gilt, den Schutz betroffener Eltern, effektive Ermittlungsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft sowie die rechtliche Absicherung der durchführenden Ärzt/Innen und des Pflegepersonals zu vereinen.

  • Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit konnten praktisch anwendbare und rechtlich korrekte Lösungen für dieses sensible Thema gefunden werden, um Unsicherheiten des Personals und Fehler zu vermeiden.