Wie bei der Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 ist es auch beim Gestationsdiabetes (GDM) wichtig, die verschiedenen Präventions- und Therapieansätze sinnvoll zu kombinieren. Im Folgenden werden die Strategien „Ernährungsberatung“ und „Bewegungsprogramme“ vorgestellt. Welche Gewichtung dieser Strategien für die einzelne Schwangere sinnvoll ist, sollte interdisziplinär zwischen Gynäkolog:in, Hebamme, Ernährungsberater:in und Diabetesberater:in abgesprochen werden. Nach der Diagnosestellung eines GDM muss in erster Linie ein aufklärendes und angstabbauendes Gespräch durch die behandelnden Ärzt:innen erfolgen [1].

Die anschließende Therapie des GDM erfolgt meist ambulant und besteht aus 3 Eckpfeilern [2]:

  • Blutzucker-Selbstkontrolle

  • Lifestyle-Modifikation: Ernährung und Bewegung

  • Gegebenenfalls Insulintherapie

Im Folgenden werden der Schwerpunkt auf die Lifestyle-Modifikation gelegt und die Relevanz von Ernährung und Bewegung erläutert.

Ernährungsberatung

Die Ernährungsberatung stellt einen zentralen Eckpfeiler der GDM-Therapie dar [3]. In einem individuellen Therapieansatz wird die Patientin geschult und befähigt, die Lebensmittelauswahl und den Mahlzeitenrhythmus zu optimieren, um den Blutzucker zu normalisieren und somit die Risiken für Mutter und Kind zu minimieren.

Neben dem zu optimierenden Blutzucker hat die Ernährungsberatung auch die Lebensqualität im Blick

Dabei werden persönliche und kulturelle Glaubensrichtungen und Präferenzen ebenso berücksichtigt wie Überzeugungen, die Lebensweise und die Bereitschaft für eine Veränderung. Neben der Optimierung der Blutzuckerwerte ist ein wichtiges Ziel dabei der Erhalt oder die Verbesserung der Lebensqualität [4].

Nährstoffbedarf

Trotz GDM sollten der wenig erhöhte Nährstoffbedarf berücksichtigt und eine bedarfsdeckende Ernährung angestrebt werden. Als Richtwert gilt folgende Nährstoffaufteilung [1]:

  • Kohlenhydrate: 40–50 %,

  • Protein: 20 %,

  • Fett: 30–35 %.

Die Menge und Verteilung der Kohlenhydrate sollte primär bei erhöhten Blutzuckerwerten angepasst werden [5]. Die Begrenzung der Kohlenhydratmenge auf 40–45 % wirkt sich günstig auf eine Verminderung der postprandialen Blutglukosewerte aus, hat jedoch keinen Einfluss auf die Insulinpflichtigkeit im Vergleich zu einer Kohlenhydratmenge von 55 % [6].

Eine Zufuhr von 40 % Kohlenhydraten sollte dabei nicht unterschritten werden [7].

Um einen möglichst stabilen Blutzuckerverlauf zu gewährleisten, empfiehlt es sich, die Kohlenhydrate auf 3 Hauptmahlzeiten und bei Bedarf 2 kleinere Zwischenmahlzeiten und einem Spätimbiss zu verteilen. Zudem ist es sinnvoll, Kohlenhydrate mit einem tiefen glykämischen Index und einem hohem Nahrungsfasergehalt zu bevorzugen (z. B. Vollkornprodukte). Künstlich gesüßte Getränke können auch in der Schwangerschaft konsumiert werden, sofern die akzeptable tägliche Dosis („acceptable daily intake“, ADI) berücksichtigt wird [8].

Gewichtszunahme

Ein weiteres Ziel der Ernährungsberatung ist die adäquate Gewichtszunahme in der Schwangerschaft. Die Empfehlung, wie viel zugenommen werden soll, richtet sich nach dem Ausgangsgewicht respektive dem Body-Mass-Index (BMI) der Frau vor der Schwangerschaft. Die genauen Angaben können der Tab. 1 entnommen werden. Eine adäquate Gewichtszunahme verbessert den Glukosemetabolismus und steigert die Insulinsensitivität. Sowohl ein starkes Über- als auch ein starkes Unterschreiten der Richtwerte können sich negativ auf die Schwangerschaft und den Fetus auswirken. Unbedenklich ist hingegen, wenn das Gewicht in den ersten Wochen nach der Ernährungsumstellung um 1–2 kg abnimmt [1].

Tab. 1 Empfohlene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft [9]

Bei adipösen Schwangeren ist eventuell eine moderate Restriktion der Kalorien sinnvoll, jedoch sollte die tägliche Kalorienzufuhr nicht unter 1600–1800 kcal/Tag liegen. Weiter soll auf eine ausreichende Kohlenhydrat- (mindestens 175 g/Tag) und Proteinzufuhr (mindestens 60–80 g) geachtet werden [1].

Aufgrund neuer Erkenntnisse hat das Expertengremium der Eidgenössischen Ernährungskommission die Empfehlungen für die Gewichtszunahme für Frauen mit BMI der Adipositasklassen I–III angepasst [10]:

  • I: 5–9 kg

  • II: 1 bis < 5 kg

  • III: keine Gewichtszunahme

Umsetzung der Ernährungsempfehlungen

Die Kost soll möglichst einer ausgewogenen, abwechslungsreichen und gesunden Ernährung entsprechen. Sie setzt sich aus 3 Hauptmahlzeiten und bei Bedarf 2–3 kleinen Zwischenmahlzeiten zusammen. Die Hauptmahlzeiten sollen nach dem Dreikomponentenprinzip gestaltet werden: 1/3 Stärkebeilage, 1/3 Proteinkomponente und 1/3 Gemüse/Salat/Obst (Abb. 1). Werden Stärkebeilagen mit einem hohen Ballaststoffanteil gewählt, kann der postprandiale Blutzuckeranstieg reduziert, d. h. weiter positiv beeinflusst werden.

Abb. 1
figure 1

Nährstoffverteilung bei den Hauptmahlzeiten (Tellermodell). (Quelle: UniversitätsSpital Zürich)

Ballaststoffe können den postprandialen Blutzuckeranstieg positiv beeinflussen

Da der Blutglukoseanstieg morgens am größten ist (gesteigerte Insulinresistenz früh morgens), wird empfohlen, die Kohlenhydratzufuhr beim Frühstück geringer zu halten als beim Mittag- und Abendessen. Eine kohlenhydrathaltige Spätmahlzeit kann zudem eine unerwünschte Ketonkörperbildung während der Nacht verhindern [1].

Zwischenmahlzeiten dürfen bei Bedarf eingeplant werden. Diese setzen sich ebenfalls aus einem kohlenhydrathaltigen Lebensmittel zusammen und sollten mit einer protein- und/oder ballaststoffreichen Komponente kombiniert werden (beispielsweise eine Portion frisches Obst mit Nüssen, ein Quark mit frischem Obst oder Vollkorncracker mit Gemüse). Die Schwangeren werden dazu angehalten, zwischen den einzelnen Mahlzeiten eine Pause von mindestens 2–3 h einzuhalten.

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essenziell. Getränke sollten ungesüßt, oder bei Bedarf künstlich gesüßt sein. Es wird empfohlen, auf Süßgetränke und Fruchtsäfte möglichst zu verzichten. Süßigkeiten hingegen sind erlaubt, sollten aber maßvoll gegessen werden. Damit die postprandialen Blutzuckerwerte nicht zu stark ansteigen, sollten Süßigkeiten am besten nach einer Hauptmahlzeit genossen werden.

Bei erhöhten postprandialen Blutzuckerwerten kann eine moderate Reduktion der Stärkebeilage vorgenommen werden. Jedoch sollte die Stärkebeilage bei den Hauptmahlzeiten mindestens 25 % des Tellers ausmachen. Ein genaues Abwiegen oder Abmessen und Berechnen der Nahrungsmittel ist nicht nötig. In der Regel ist dies aufgrund des hohen Aufwandes sogar kontraindiziert, da es die Lebensqualität mindert ohne nachweislichen Nutzen.

Bewegungsprogramme

Bei der diabetischen Stoffwechsellage ist Glukose im Blut erhöht, und der Fetus ist durch die erleichterte Diffusion von Glucose durch die Plazentabarriere exponiert. Das Ziel der Bewegung muss es darum sein, die Glukosehomöostase zu unterstützen und den Glukoselevel im Blut zu senken. Die Hauptregulation der Glukose erfolgt durch die Leber, das Pankreas und das Fettgewebe, die nicht unmittelbar durch Bewegung beeinflusst werden können. Durch Bewegung können aber sowohl die Muskelmasse als auch die Muskelstärke erhöht werden [11]. Durch die Muskelaktivierung erhöhen sich die Glukosetransportproteine aus den intrazellulären Depots an der Skelettmuskelmembran, und die Glukose kann durch vereinfachte Diffusion durch den GLUT4 (Glukosetransporter 4) in die Muskelzellen aufgenommen werden [12, 13]. Dieser Mechanismus gleicht der Reaktion des Muskels auf Insulin. Bewegung kann die Insulinsensitivität auch verbessern. Da die Insulinsensitivität im Verlauf der Schwangerschaft mit dem Wachstum der Plazenta und z. B. dem konsekutiv ansteigenden humanes Plazentalaktogen abnimmt [14], ist es umso wichtiger, die Frauen im dritten Trimenon auch für Bewegung zu motivieren. Die hier skizzierten Abläufe wurden für nichtschwangere Personen beschrieben, aber man nimmt an, dass sie auch für Schwangere mit GDM gelten. Bei Frauen mit DM Typ 2 konnte gezeigt werden, dass mit einem mehrwöchigen, intensiven Bewegungsprogramm praktisch alle Laborwerte verbessert werden konnten [12, 15].

Art der Bewegung

Bewegungsarten können in aerobes Ausdauertraining und Krafttraining unterteilt und beide Trainingsarten können in der Schwangerschaft in angepasster Form durchgeführt werden (Infobox 1). Während das Ausdauertraining eher die kardiovaskuläre Fitness verbessert, führt das Krafttraining zu einer Muskelhypertrophie [16]. Perales et al. konnten zeigen, dass die Kombination beider Trainingsarten optimal war für das maternale wie für das kindliche Outcome [17]. Diesen Zusammenhang haben auch Davenport et al. bestätigt: In einer Kombination von Ausdauer- und Krafttraining konnte das Risiko für GDM um 37 % gesenkt werden (OR [Odds Ratio] 0,63, 95 %-KI [Konfidenzintervall] 0,5–0,78). Die WHO (World Health Organization) hat in ihren neuesten Empfehlungen von 2020 eine separate Empfehlung für die Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt herausgegeben: Schwangere und Mütter sollen sich 150 min pro Woche bei mittlerer Aktivität mit aerobem Ausdauertraining bewegen und zusätzlich leichtes Krafttraining durchführen [18]. Dies wird auch Schwangeren mit GDM ohne weitere Komplikationen empfohlen.

Bewegung als Prävention

Davenport et al. [19] konnte in ihrem systematischen Review (27 Studien) zeigen, dass bei Frauen ohne Vorerkrankungen ein Fitnesstraining in der Schwangerschaft im Vergleich zu keiner Intervention das Risiko für GDM signifikant senken konnte (n = 6934; OR 0,62, 95 %-KI 0,52–0,75). Um die Wahrscheinlichkeit um 25 % zu senken, war es aber nötig, dass sich die Frauen mindestens 600 MET(metabolisches Äquivalent)-min/Woche mit moderater Intensität bewegt haben. Dies entspricht 140 min zügigem Walking, Wassergymnastik, Radfahren oder Krafttraining pro Woche, mit den besten Resultaten bei einer Frequenz von 3‑mal Training pro Woche oder mindestens 25 min pro Fitnesseinheit. Was besonders wirksam scheint, ist ein angeleitetes Training in einer Gruppe oder zuhause [20]. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die Metaanalyse von Sanabria-Martinez et al. [21] mit einer Berechnung des relativen Risikos für die Entwicklung eines GDM von 0,69 (95 %-KI 0,52–0,91) für die Interventionsgruppen. Der Effekt war noch stärker, wenn die Intervention während der ganzen Schwangerschaft durchgeführt wurde. Die gleiche Studie hat auch eine geringere maternale Gewichtszunahme in der Interventionsgruppe nachgewiesen (Differenz −1,14 kg; 95 %-KI −1,5–0,78 kg). Die Studie von Davenport et al. [19] hat aber auch die schwierige Vergleichbarkeit der Studien festgehalten, denn es habe unterschiedliche Interventionszeitpunkte gegeben und Dauer wie Intensität der Intervention seien nicht immer überall gleich gewesen. Die Analyse der Untergruppen (BMI-Klassen, mütterliches Alter, Aktivitätslevel vor der Schwangerschaft) hat keine Unterschiede gezeigt.

Der 2017 publizierte Cochrane Review [22] hat die Kombination von Ernährungs- und Bewegungsinterventionen als GDM-Präventionsmaßnahme untersucht. Gefunden wurde ein knapp nichtsignifikant geringeres relatives Risiko (RR) bei der Interventionsgruppe gegenüber der Vergleichsgruppe (RR 0,85, 95 %-KI 0,71–1,01). Auch hier wurde angemerkt, dass die Heterogenität der Studien zu einer moderaten Evidenz der Qualität geführt hat. Die Vergleiche von Davenport et al. bei der kombinierten Intervention kommen zu einem ähnlichen Ergebnis wie der Cochrane Review (OR 0,9, 95 %-KI 0,74–1,01).

Die Deutsche S3-Leitlinie [1] zu GDM kommt für Frauen mit einem erhöhten Risiko für GDM (Adipositas) zu dem Schluss, dass die Studienlage widersprüchlich ist. Eines der Probleme ist die Compliance, an den Angeboten regelmäßig teilzunehmen [17]. Es wurde festgehalten, dass die Interventionen in der Schwangerschaft eigentlich zu spät kommen und der Fokus mehr auf die Bewegung vor der Schwangerschaft gerichtet werden sollten.

Bewegung als Therapie

Bewegung wird auch als Sekundärprävention nach der Diagnose eines GDM empfohlen. Hier ist das Ziel, mit der körperlichen Aktivität den Nüchternblutzucker und die postprandialen Glukosewerte zu senken. Im einmaligen Fitnesstest bei Schwangeren mit GDM konnte gezeigt werden, dass die postprandialen Blutzuckerwerte nach einer Stunde besser waren als ohne körperliche Aktivität. Allerdings war bei diesem einmaligen Test die Wirkung nach 2 h nicht mehr nachweisbar [23]. Körperliche Aktivitäten über längere Zeit haben eine Reduktion der Insulinmenge oder einen später einsetzenden Bedarf an Insulin gezeigt.

Nach der Geburt lohnt es sich, die Frauen mit GDM weiter für sportliche Aktivitäten zu motivieren. Ratner et al. [24] konnten zeigen, dass bei Frauen nach GDM mit 150 min mittlerer Aktivität pro Woche das Risiko, einen DM Typ 2 zu entwickeln, 50 % kleiner war als ohne die körperliche Betätigung.

Infobox 1 Bewegungsempfehlungen der DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft; [1])

  • Aerobes Ausdauertraining leichter bis mittlerer Intensität, Training mit einem elastischen Band oder andere Varianten von Krafttraining sollten nach den Präferenzen der Schwangeren empfohlen werden.

  • Als einfachste Art der körperlichen Bewegung ohne Hilfsmittel soll zügiges Spazierengehen von mindestens 30 min Dauer mindestens 3 × wöchentlich durchgeführt werden.

  • Körperliche Aktivität/Training soll bereits präkonzeptionell oder im ersten Trimenon begonnen werden.

Fazit für die Praxis

  • Als therapeutische Maßnahme nach der Diagnosestellung eines GDM (Gestationsdiabetes) soll eine Ernährungsberatung erfolgen. Ziel ist die individuelle Begleitung der Frauen in der Umstellung ihrer Ernährung unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Essgewohnheiten, ihres Tagesrhythmus, ihres Körpergewichts und ihres soziokulturellen Status.

  • Schwangere sollten normoglykäme Werte und eine Gewichtszunahme entsprechend den Empfehlungen des Institute of Medicine und der Eidgenössischen Ernährungskommission erreichen. Die evidenzbasierten Ernährungsempfehlungen bei Diabetes mellitus bilden die Grundlage der Therapie. Eine Evaluation von Schulungsprogrammen bei GDM mit hohem Evidenzniveau findet sich in der Literatur nicht.

  • Der Cochrane Review von 2018 empfiehlt eine Kombination von Blutzuckermessungen, Einhaltung einer Diät und körperliche Aktivität als Grundpfeiler einer GDM-Therapie.

  • Eine wirksamere GDM-Prävention wäre die präkonzeptionelle Gewichtsreduktion bei Adipositas, da dies der größte beeinflussbare Risikofaktor für GDM und fetale Makrosomie ist.