Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrages …

  • kennen Sie die aktualisierte CTG(Kardiotokogramm)-Beurteilung nach der FIGO (International Federation of Gynecology and Obstetrics).

  • können Sie einschätzen, welche zusätzlichen Faktoren die CTG-Beurteilung beeinflussen.

  • wissen Sie, welche Maßnahmen bei welchen CTG-Auffälligkeiten notwendig sind.

  • wissen Sie, weshalb das CTG-Simulationstraining notwendig ist.

Einführung

Die Kardiotokographie ist eine Methode zur simultanen Darstellung von fetaler Herzfrequenz und Uteruskontraktionen. „Die neue Methode zur selektiven Registrierung der fetalen Herzschlagfrequenz“, wie von K. Hammacher 1962 beschrieben, „sollten dem Arzt oder der Hebamme in zuverlässiger Weise die Herztonkontrolle unter der Geburt abnehmen und die Beurteilung des Geburtsverlaufes durch eine fortlaufende Registrierung zulassen“ [1]. Mit dieser nichtinvasiven Methode soll das Wohlbefinden des Feten unter der Geburt untersucht und eine drohende Asphyxie rechtzeitig erkannt bzw. durch entsprechende Eingriffe verhindert werden. In den über 50 Jahren seit Hammachers Publikation ist das CTG zu der am häufigsten angewandten geburtshilflichen Maßnahme avanciert und wurde 2004 in den USA bei 86 % aller Geburten eingesetzt [2, 3]. Der Einfluss auf den Geburtsmodus hat sich durch den Einsatz des CTGs deutlich geändert. Barber et al. [4] konnten in einem Zeitraum von 6 Jahren bei einer um 10 % gestiegenen Sectiorate feststellen, dass in einem Drittel die Indikation für eine ungeplante Sectio ein suspektes CTG war. Sectioraten, die über der erwarteten risikoadaptierten Rate lagen, konnten jedoch bisher kein verbessertes maternales oder neonatales Outcome zeigen. Dennoch wird trotz der kontroversen Ergebnisse das CTG ubiquitär eingesetzt. Neben fetaler Herzfrequenz und Uteruskontraktionen nehmen die meisten modernen CTG-Geräte gleichzeitig die fetalen Bewegungen auf (Kineto-CTG ). Zudem wird bei vielen Geräten die maternale Herzfrequenz aufgezeichnet. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn eine Unterscheidung zwischen kindlicher und mütterlicher Frequenz zur Differenzierung bei Dezelerationen notwendig ist.

Evidenz

Insgesamt ist die Sensitivität der CTG-Untersuchung mit 99 % sehr gut, die Spezifität liegt jedoch nur bei 77 %. Die Erwartungen, dass sich die perinatale Morbidität, insbesondere die Rate an Zerebralparesen und Mortalität allein durch den Einsatz einer kontinuierlichen CTG-Ableitung reduzieren lassen, sind unrealistisch. Nur etwa 4 % der Zerebralparesen sind intrapartal verursacht [5]. Das CTG muss vor allem im Kontext mit dem maternalen und fetalen Zustand beurteilt werden. Eine schwere Azidose im Rahmen einer katastrophalen Akutsituation wie z. B. einer vorzeitigen Plazentalösung kann durch die CTG-Ableitung nicht verhindert werden. Vielmehr ist der positiv prädiktive Wert umso höher, je mehr Risiken in einer Schwangerschaft vorliegen. So liefert z. B. bei einer Risikoschwangerschaft mit intrauteriner Wachstumsrestriktion die fetale Herzfrequenzüberwachung einen höheren Vorhersagewert für eine Azidose, ohne die Interventionsrate unnötig zu erhöhen, als dies bei einer physiologisch verlaufenden Schwangerschaft zu erwarten ist (Tab. 1).

Tab. 1 Abhängigkeit des positiv prädiktiven Wertes vom Risikokollektiv [6]

Die in Tab. 2 dargestellten Ergebnisse der Cochrane-Analyse bestätigten bereits aus älteren randomisierten Studien die signifikante Zunahme an Sectiones und vaginal-operativen Entbindungen in der Gruppe mit kontinuierlicher CTG-Ableitung bei gleichzeitig signifikanter Reduktion neonataler Krampfanfälle . Ein signifikanter Einfluss auf die perinatale Mortalität und Zerebralparese war jedoch nicht zu verzeichnen. Die Ergebnisse sind insofern mit Vorbehalt zu interpretieren, als nur 2 Studien von hoher Qualität waren und die Studien nicht genügend Teststärke hatten, um einen Einfluss auf die perinatale Mortalität und Zerebralparesen zu zeigen.

Tab. 2 Einfluss kontinuierlicher CTG-Untersuchung vs. intermittierender Auskultation, Ergebnisse der Cochrane-Metaanalyse [7]

Nicht nur das Untersuchungskollektiv und die Terminologie sind für den positiv prädiktiven Wert des CTG relevant

Physiologische Faktoren

Die Physiologie der uteroplazentaren und fetalen Einheit wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst (Tab. 3).

Tab. 3 Faktoren, die den maternalen Sauerstofftransport zur Plazenta beeinflussen

Der fetale Sinusknoten ist der erste Schrittmacher und wird vom autonomen Nervensystem gesteuert. Der Sympathikus steigert die fetale Herzfrequenz, das Herzminutenvolumen und den Blutdruck durch die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin. Der Parasympathikus senkt die Herzfrequenz, das Herzminutenvolumen und den Blutdruck durch Acetylcholin. Die fetale Herzfrequenzkontrolle unterliegt einer Balance zwischen Sympathikus und Parasympathikus, bestimmt die Baseline und generiert die normale Baseline-Variabilität. Der Sympathikus führt zu einem Anstieg der Baseline und Zunahme der Variabilität, der Parasympathikus wirkt entgegengesetzt. Eine normale Baseline-Variabilität ist der wichtigste Marker des fetalen Wohlbefindens.

Terminologie

Ein Expertenpanel hat im Auftrag der FIGO 2015 die Terminologie der CTG-Begriffe revidiert und den FIGO-Score angepasst. Fokussiert wird nun auf die Baseline, die Variabilität und Dezelerationen. Nach Beurteilung dieser 3 Variablen erfolgt die Einteilung in normale, suspekte und pathologische Muster und daraufhin eine direkte Anweisung zum weiteren Vorgehen (Tab. 4).

Tab. 4 FIGO(International Federation of Gynecology and Obstetrics)-Score 2015 (von den Autoren übersetzt)

Bei der Beurteilung des CTGs müssen folgende Punkte immer mitberücksichtigt werden: Aufnahmequalität, maternale Position, Anamnese, Gestationsalter, fetale Aktivität und uterine Aktivität.

CTG-Beurteilung nach FIGO (2015)

Bevor die einzelnen Parameter genau betrachtet werden, lohnt ein Blick auf die Kontraktionen: Die physiologische uterine Aktivität liegt bei <5 Kontraktionen innerhalb von 10 min. Spontane Tachysystolien treten in bis zu 23 % der Fälle auf, unter Oxytocin in bis zu 30% und unter Misoprostol in bis zu 40 % [8]. Bei ≥5 Kontraktionen in 10 min besteht eine Tachysystolie (Abb. 1). Fehlende Ruhephasen können den uterinen Blutfluss und dadurch die fetale Oxygenierung reduzieren. Eine Tachysystolie sollte in Zusammenhang mit fetalen Herzfrequenz-Dezelerationen betrachtet werden. Maßnahme zur Verminderung einer Tachysystolie bestehen in der Reduktion bzw. dem Stoppen von Oxytocin, einem Flüssigkeitsbolus (i. v.), der Seitenlagerung und eventuell einer Tokolyse.

Abb. 1
figure 1

Tachysystolie mit mehr als 5 Kontraktionen in 10 min

Simpson et al. [9] konnten den negativen Effekt einer Oxytocin-induzierten Hyperstimulation auf die fetale Sauerstoffsättigung bei 56 Schwangeren demonstrieren. Bei 6 oder mehr Kontraktionen in 10 min über einen Zeitraum von 30 min sank die O2-Sättigung um 29 %, bei 5 Kontraktionen um 20 %. Im Vergleich zur Normalgruppe mit weniger als 5 Kontraktionen in 10 min nahm die Anzahl wiederholter Dezelerationen zu und die Anzahl an Akzelerationen ab. Die effektivste Methode zur Behandlung der Oxytocin-induzierten Hyperstimulation war eine Kombination aus Oxytocin-Stopp, 500 ml Ringer als Bolusinfusion und die Umlagerung auf die linke Seite. Die Tachysystolie war im Durchschnitt nach 6 min behoben.

Baseline

Die physiologische Baseline der fetalen Herzfrequenz liegt bei 110–160 SpM, Dezelerationen und/oder Akzelerationen werden dabei nicht mitgezählt. Liegt die fetale Herzfrequenz über 160 SpM, spricht man von Tachykardie (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Fetale Tachykardie (schwarz). Zusätzlich Aufzeichnung der maternalen Herzfrequenz (grüne Linie)

Fetale und maternale Ursachen für eine Tachykardie (>160 SpM) sind in Tab. 5 aufgeführt.

Tab. 5 Ursachen für eine Tachykardie

Von einer Bradykardie spricht man bei einer fetalen Herzfrequenz von <110 SpM (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Bradykardie

Maternale und plazentare Ursachen für eine Bradykardie (<110 SpM) sind aufgeführt in Tab. 6.

Tab. 6 Ursachen für eine fetale Bradykardie

Gerade bei der Bradykardie kann es zu Verwechslungen mit der mütterlichen Herzfrequenz kommen. Die meisten Geräte bieten deshalb als zusätzliche Kurve die Aufzeichnung der maternalen Herzfrequenz an (Abb. 4). Wird beim CTG gleichzeitig die maternale Herzfrequenz mitaufgezeichnet, kann eine Fehlinterpretation ausgeschlossen werden. Paquette et al. [10] untersuchten 1313 intrapartale CTG-Streifen und fanden in 55 % der Fälle in mindestens einem CTG die Aufzeichnung des maternalen Pulses als Artefakt ; in 2,7 % hätte dies zu einem pathologischen Ausgang (falsch-positiv oder falsch-negativ) führen können.

Abb. 4
figure 4

a Durch die gleichzeitige Aufzeichnung von kindlicher Herzfrequenz (schwarz) und mütterlicher Herzfrequenz (grün) kann zwischen fetaler und maternaler Frequenz unterschieden werden. b Typisches CTG der Austreibungsphase: Es zeigt sich während der Wehe eine kindliche Dezeleration (schwarze Linie) bei gleichzeitiger mütterlicher Akzeleration (grüne Linie)

Eine längere Behandlung mit β-Mimetika kann ebenfalls zu fetaler Bradykardie führen. Krankheitsbilder wie ein kompletter oder inkompletter drittgradiger AV-Block bei verschiedenen Antikörpern im Rahmen eines systematischen Lupus, beispielsweise bei Ro(Anti-SS-A)- oder La(Anti-SS-B)-Antikörpern, sind selten und können sich in einer persistierenden Bradykardie manifestieren.

Variabilität

Unter Variabilität versteht man kurzfristige fetale Herzfrequenzveränderungen rund um die Baseline. Hiermit kann man eine Aussage über die Reaktionsfähigkeit des Fetus auf exogene und endogene Reize treffen. Normal ist eine Bandbreite zwischen 5 und 25 SpM. Liegt die Bandbreite unter 5 SpM, spricht man von einer verminderten Variabilität (Abb. 5). Eine vermehrte Variabilität von >25 SpM wird saltatorisch genannt (Abb. 6).

Abb. 5
figure 5

Fehlende Variabilität

Abb. 6
figure 6

Saltatorisches Kardiotokogramm

Gründe für eine fehlende oder verminderte Variabilität können sein:

  • fetale Ruhe- oder Schlafphase,

  • Medikamente (z. B. Magnesiumsulfat, Opioid, Kortikosteroide),

  • Drogen,

  • Hypoxie,

  • Frühgeburt vor 32 SSW (Schwangerschaftswochen),

  • kongenitale Malformationen (Hydrozephalus) und

  • Plazentainsuffizienz.

Mögliche Gründe für ein saltatorisches CTG mit einer vermehrten Variabilität sind:

  • vermehrte fetale Aktivität,

  • fetale Hypoxie,

  • Übertragung,

  • erhöhte uterine Aktivität und

  • bei mekoniumhaltigem Fruchtwasser ein erhöhtes Risiko für Mekoniumaspiration.

Akzelerationen

Akzelerationen sind Beschleunigungen der fetalen Herzfrequenz von mindestens 15 SpM über mindestens 15 s und weniger als 10 min (Abb. 7). Das Auftreten von Akzelerationen (spontan oder stimuliert – z. B. vibroakustisch, Scalpstimulation) ist ein positiver Vorhersagewert für das kindliche Wohlergehen bzw. das Fehlen einer fetalen metabolischen Azidose. Streng genommen sind Akzelerationen jedoch nicht Teil des revidierten FIGO-Scores von 2015; fehlende Akzelerationen gehen demnach nicht in die Bewertung ein. Liegen jedoch sporadische Akzelerationen vor, dann darf dies als positives Zusatzkriterium gesehen werden.

Abb. 7
figure 7

Akzelerationen

Dezelerationen

Von einer Dezeleration spricht man, wenn es zu einer intermittierenden Verlangsamung der fetalen Herzfrequenz von mindestens 15 SpM über 15 s bis 10 min kommt. Man unterscheidet hierbei frühe, variable und späte Dezelerationen je nach ihrem Zusammenhang mit den uterinen Kontraktionen.

Frühe Dezelerationen setzen gemeinsam mit der Wehe ein und enden auch mit dem Abklingen der Wehe; sie spiegeln die Kompression des kindlichen Kopfes wider. Durch die Drucksteigerung intrakranial kommt es zu einem Absinken des Sympathikotonus, daraufhin zu einem Überwiegen des Vagotonus und zu einem Absinken der Herztöne.

Variable Dezelerationen sind sowohl hinsichtlich der Form als auch im Bezug zur Wehe wechselnd. Typischerweise kommt es zu einem steilen, mehr oder weniger tiefen Abfall. Grund hierfür ist meistens eine Kompression der Nabelschnur. Durch die Kompression wird zunächst die Nabelvene komprimiert, anschließend die beiden Arterien, die aufgrund ihrer Wandstruktur später auf den Druck reagieren (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

Variable Dezelerationen: a Nabelschnurumschlingung. b Ausgangslage vor der Wehe, beide Umbilikalarterien und die Umbilikalvene sind nicht komprimiert. c Mit Wehenbeginn wird die Umbilikalvene zuerst komprimiert, d dann die beiden Umbilikalarterien, e nach der Wehe dilatieren zuerst die Umbilikalarterien, f dann die Umbilikalvene. (Adaptiert nach [11])

Späte Dezelerationen setzen nach der Kontraktion ein, der Tiefpunkt wird nach der Wehenakme erreicht, und auch die Erholung hinkt dem Wehenende hinterher (Abb. 9). Grund hierfür ist ein reduzierter Blutfluss im uteroplazentaren Raum. Das wiederholte Auftreten von späten Dezelerationen ist ein Indiz für eine drohende fetale Asphyxie.

Abb. 9
figure 9

Späte Dezelerationen: Der Tiefpunkt der Dezeleration kommt erst nach der Wehenakme

Prolongierte Dezelerationen sind Dezelerationen mit einer fetalen Herzfrequenz <100 SpM, welche zwischen 3–10 min anhalten (Abb. 10). Bei einer Dauer über 10 min wird hingegen von einer Bradykardie gesprochen.

Abb. 10
figure 10

Prolongierte Dezeleration

Ursachen für eine prolongierte Dezeleration sind

  • Nabelschnurkompression/Nabelschnurvorfall,

  • Abruptio placentae (Abb. 11),

  • uterine Hyperstimulation,

  • Narbenruptur,

  • Epiduralanästhesie und

  • vagale Stimulation (z. B. durch vaginale Untersuchung, Mikroblutuntersuchung, MBU).

Abb. 11
figure 11

Plazenta nach vorzeitiger Lösung

Sinusoidales Muster

Langzeitschwankung um die Baseline von mindestens 10 min mit relativ fixer Wiederkehr von 3–4 Zyklen/min werden als sinusoidal bezeichnet (Abb. 12). Die Amplitude schwankt um 5–10 SpM ober- bzw. unterhalb der Baseline. Eine Grundvariabilität lässt sich nicht nachweisen.

Abb. 12
figure 12

Sinusoidales CTG

Liegt ein sinusoidales Muster vor, kann die Geschwindigkeitsmessung (Vmax) in der A. cerebri media Hinweise auf eine fetale Anämie geben. Ursachen für ein sinusoidales Muster sind

  • schwere fetale Anämie (z. B. fetomaternale Transfusion),

  • fetomaternale Transfusion,

  • Abruptio placentae und

  • Daumenlutschen des Kindes.

Zusatzuntersuchungen bei suspektem CTG

Ein CTG mit normalem Muster schließt eine fetale Hypoxie mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus. Wie bereits erwähnt ist aber die Spezifität nicht sehr hoch. Das bedeutet, dass nicht jeder Fetus mit einem suspekten CTG eine Hypoxie oder eine Azidose aufweist. Um die Rate an unnötigen Interventionen zu reduzieren, stehen verschiedene nichtinvasive bzw. invasive zusätzliche Untersuchungen zur Verfügung. Sie sollten möglichst frühzeitig eingesetzt werden, um eine Hypoxie zu verhindern, und nicht, um sie vorherzusagen [12].

Lagerung, Entfernung wehenstimulierender Medikamente, Flüssigkeitsgabe

Die Umlagerung der Schwangeren in Seitenlage wirkt insbesondere einem Vena-cava-Syndrom und damit einer maternale Hypotonie entgegen. Des Weiteren kann eine maternale Hypotonie durch Infusion von 500 ml Ringerlaktat oder die Gabe von Ephedrin beeinflusst werden. Die uterine Aktivität kann durch das Entfernen von wehenauslösenden Medikamenten wie Oxytocin oder Prostaglandinen vermindert werden. Ebenso können die Gabe von β‑Mimetika oder ein i. v.-Bolus Flüssigkeit die uterine Aktivität verringern. Die Nabelschnurkompression lässt sich durch eine vaginale Untersuchung, die Veränderung der mütterlichen Lage beim Pressen oder eine Amnioninfusion vermindern. Bei maternaler Tachykardie, z.B. im Rahmen einer fieberhaften Infektion, sind die antibiotische und antipyretische Therapie sowie die Volumengabe sinnvoll.

Amnioninfusion

Als Optionen zur Vermeidung von Nabelschnurkompressionen werden die Amnioninfusion und die Veränderung der mütterlichen Lage beim Pressen beschrieben. In einer Cochrane-Analyse [13] mit 19 Studien zur Amnioninfusion mit jeweils einer geringen Anzahl Patientinnen zeigten sich eine signifikante Reduktion an fetalen Dezelerationen, eine Reduktion der Sectiones, weniger Apgar-Werte unter 7 nach 5 min und eine geringere Rate an postpartaler Endometritis . Die Rate an pH-Werten unter 7,2 war nicht beeinflusst. Die Maßnahme ist spezifischen klinischen Situationen vorbehalten [13].

Mikroblutuntersuchung

Die invasive Blutuntersuchung zur Bestimmung des fetalen pH-Wertes ist eine Zustandsdiagnostik , die bei suspektem CTG eingesetzt werden kann (Abb. 13). Gemäß einer älteren randomisierten Studie [14] und mehrerer kontrollierter Studien kann die Rate an operativen Geburten durch den Einsatz von pH-Messungen intrapartal reduziert werden. Voraussetzung ist eine gewisse Muttermunderöffnung und ein erreichbarer vorangehender Teil. Infektionen mit HIV(humanes Immundefizienzvirus)-, Herpes-simplex- oder Hepatitisviren, fetale Blutungsstörungen oder eine Geburt vor 34 SSW sind Ausschlusskriterien. Das fetale Laktat korreliert mit dem fetalen pH und dem umbilikalen Laktat [15]. Bei der Laktatmessung ist die Blutmenge wesentlich geringer (pH 50–90 µl, Laktat 25 µl) und die Fehlerquote signifikant geringer. Im Vergleich zwischen der Messung des pH und des Laktats zeigte sich in einer randomisierten kontrollieren Studie [16] kein Unterschied in der Rate an Azidosen . Je nach pH-Wert bzw. Laktatkonzentration müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden (Tab. 7).

Abb. 13
figure 13

Darstellung der MBU (Mikroblutuntersuchung) am Phantom

Tab. 7 Fetale pH- bzw. Laktatbestimmung und Vorschläge zum Management [17, 18]

Scalpstimulation

Weniger invasiv ist die fetale Scalpstimulation (Abb. 14). Vor allem bei eingeschränkter Variabilität und fehlenden Akzelerationen kann die taktile Reizung des vorangehenden kindlichen Teils, beispielsweise im Rahmen einer vaginalen Tastuntersuchung, zur Unterscheidung zwischen fetalem Schlafrhythmus und Hypoxie herangezogen werden. Beobachtungsstudien haben gezeigt, dass eine CTG-Normalisierung mit Auftreten von Akzelerationen einen positiver Vorhersagewert für das kindliche Wohlergehen bzw. das Fehlen einer fetalen metabolischen Azidose hat, ähnlich einer MBU mit einem pH > 7,25 [18]. Die Aussage einer fehlenden Reaktion auf die taktile Stimulation ist allerdings begrenzt [19]. In diesen Situationen sind zusätzliche Maßnahmen notwendig. Es gibt Hinweise darauf, dass der Einsatz der fetalen Scalpstimulation die Rate an MBU um 50 % reduziert [20].

Abb. 14
figure 14

Darstellung der Scalpstimulation am Phantom

„Human factors“

Mehrere Arbeiten haben gezeigt, dass die Beurteilung des CTGs sehr unterschiedlich sein kann. Nielsen et al. [21] untersuchten, wie verschiedene Untersucher 50 identische CTG-Abschnitte bewerten. Die Interobserver-Übereinstimmung bei der Bewertung lag bei nur 22 %. Nach 2 Monaten gaben 21 % der Untersucher eine von der ersten eigenen Befundung divergierende Beurteilung ab (Intraobserver-Abweichung). Ayres de Campos et al. [22] konnten bei normalem CTG eine gute Überstimmung zeigen, bei suspekten oder pathologischen CTG-Untersuchungen war die Übereinstimmung signifikant geringer. Sowohl bei der Beurteilung des CTGs als auch bei der Vorhersage für eine Notfallsectio oder einen pH-Wert unter 7 gab es in der Untersuchung von Chauhan et al. [23] nur eine geringe Übereinstimmung. Einzig die Beurteilung der Tachykardie zeigte eine gute Interobserver-Übereinstimmung. Besonders kritisch ist die retrospektive Beurteilung des CTGs in Kenntnis des neonatalen Outcome. Reviewer, denen das schlechte neonatale Outcome bekannt war, beurteilten das CTG signifikant häufiger als pathologisch und die ärztlichen Maßnahmen als inadäquat als die Reviewer, die das Outcome nicht kannten [24]. Im Jahr 2016 untersuchten Reif et al. [25] in einer Online-Studie, an der 7 europäische Universitätskliniken beteiligt waren, wie sich die Beurteilung des CTGs und das weitere Vorgehen verändern, wenn das Outcome des Kindes unbekannt bzw. bekannt ist. Es zeigte sich, dass die Untersucher ein CTG deutlich pessimistischer beurteilten, wenn die Information über ein ungünstiges fetales Outcome, etwa ein pH-Wert < 7,05, bekannt war. Hierbei ist insbesondere die Interobserver-Übereinstimmung niedrig. Insbesondere beim medikolegalen Einsatz des CTGs im Rahmen von Gutachten ist dies nicht zu unterschätzen.

Die bis zu 60 % vermeidbaren intrapartalen Todesfälle , wie sie bei den Perinatal Confidential Enquiries aus Großbritannien beschrieben werden, sind weniger ein Problem der CTG-Methode an sich, sondern eher ein zu spätes Erkennen von multiplen Risikofaktoren und der rechtzeitigen Einleitung entsprechender Maßnahmen [26]. Die Interpretation des CTG und damit sein Beitrag zu vermeidbaren geburtshilflichen Komplikationen ist also weiterhin untersucherabhängig.

Möglichkeiten, die Aussagekraft des CTGs zu verbessern, sind

  • eine einheitliche Terminologie,

  • ein standardisiertes Vorgehen und

  • kontinuierliches Training.

Training

Der beschriebene „menschliche Faktor“ zeigt, wie unterschiedlich die Bewertung des CTGs ist. Aus diesen Überlegungen heraus ergibt sich die Notwendigkeit, die CTG-Beurteilung immer wieder zu üben und sich im Team auszutauschen. Durch Training ergibt sich ein besseres Wissen über das CTG und die Interpretation von Pathologien, es wird eine größere Übereinstimmung zwischen verschiedenen Untersuchern erreicht, eine höhere Sicherheit und damit auch ein besseres Outcome für Mutter und Kind. Pehrson et al. [27] fanden in ihrem systematischen Review, dass Training das Wissen über das CTG und die Interpretation von Pathologien verbessert. Regelmäßiges Training führt zu einer höheren Übereinstimmung zwischen verschiedenen Untersuchern und zu einem besseren Management mit einer höheren Behandlungsqualität . Das direkte Teaching ist zeitaufwendig, daher wurden computerbasierte Trainings entwickelt. Nachweislich nehmen die klinischen Fähigkeiten schneller ab als das theoretische Wissen. Deshalb ist es notwendig, auch in Simulationstrainings Teamwork und konkrete Skills immer wieder zu üben. Die Interdisziplinarität der Veranstaltung mit Ärzten und Hebammen, Kollegen mit einem oder mehreren Jahren Berufserfahrung, Assistenzärzten und Oberärzten ist gleichzeitig Herausforderung und Chance. (Abb. 15). Nur durch ein interdisziplinäres Training kann dem interdisziplinären Arbeiten im Gebärsaal Rechnung getragen werden.

Abb. 15
figure 15

CTG(Kardiotokogramm)-Workshop

Fazit für die Praxis

  • Das CTG ist ein ubiquitär eingesetztes Instrument zur Überwachung des Feten unter der Geburt.

  • Es darf nicht als alleinige Methode angesehen werden, sondern muss in Zusammenhang mit der klinischen Situation betrachtet werden.

  • Vereinfachte adaptierte Leitlinien, die international akzeptiert sind, helfen bei der Beurteilung.

  • Das CTG bleibt abhängig von der Interpretation des Untersuchers.

  • Regelmäßige CTG-Trainings helfen dabei, eine höhere Übereinstimmung zwischen den Untersuchern und damit ein besseres Management für die Patientinnen zu erreichen.