Hintergrund und Fragestellung

Elektive skrotale Eingriffe wie Hydrozelenresektionen oder inguinale Hodenfreilegungen sind mit einem Risiko für postoperative Komplikationen verbunden. Am häufigsten treten Hämatome, Schwellungen, Infektionen und Schmerzen auf, aber auch Parästhesien und kosmetische Probleme werden verzeichnet [3, 21]. Gerade bei benignen Indikationen scheinen Komplikationsraten von bis zu 27 % kaum akzeptabel, insbesondere im Fall einer notwendigen operativen Revision [11]. Eine besondere Empfehlung zur postoperativen Versorgung nach skrotalen Eingriffen mit dem Ziel, Komplikationen entgegen zu wirken, gibt es nach Leitlinien jedoch nicht [5, 14]. Die postoperative Wundversorgung wird meist vom Operateur oder klinikintern festgelegt und kann vom Kompressionsverband über Suspensorien bis hin zu gar keiner Versorgung alle Möglichkeiten beinhalten [8].

Die bisherige Studienlage zur postoperativen Versorgung nach elektiven skrotalen Eingriffen bezieht sich v. a. auf die Anwendung von komprimierenden Methoden im Genitalbereich. Untersuchungen hierzu sind jedoch rar und von geringer Evidenz, basieren auf Experimenten oder Fallbeschreibungen und treffen keine einheitliche Aussage. Bekannt ist, dass sich Kompression im Genitalbereich positiv auf skrotale Lymphödeme und die damit verbundenen Beschwerden auswirken kann [4]. Al-Abed und Carr untersuchten verschiedene Möglichkeiten der Kompressionen, u. a. mit einer engen Badehose, deren Druckwirkung nachweislich einem simulierten expandierenden Skrotalhämatom entgegenwirkte [1]. Eine weitere Studie beschrieb die Vermeidung von skrotalen Hämatomen nach Skrotalhernienoperation durch Kompression und Nahtfixierung des Hodensackes an der Bauchdecke [22].

Zusammenfassend lässt die vorhandene Literatur vermuten, dass sich komprimierende bzw. stützende Maßnahmen positiv auf die postoperative Komplikationsrate nach skrotalen Eingriffen auswirken könnten. Aus diesem Grund setzten wir in dieser Pilotstudie eine stützende Herrenunterhose zur postoperativen Wundversorgung ein. Ziel war, deren Einfluss auf postoperative Ergebnisse zu untersuchen und zu ermitteln, ob das Tragen der stützenden Herrenunterhose gegenüber der üblichen, nicht standardisierten Wundversorgung einen Vorteil für den Patienten bringen kann. Zudem sollten die Anforderungen der Patienten an eine solche Unterhose erfasst werden.

Methodik

Patienten und Eingriff

Es wurden über 18 Jahre alte Patienten eingeschlossen, die sich zwischen 07/2020 und 11/2021 in der Klinik für Urologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) einem elektiven skrotalen Eingriff unterzogen. Hierzu zählten Hydrozelen- und Spermatozelenresektionen, Varikozelenligaturen, Orchidopexien, Vasovasostomien sowie inguinale Hodenfreilegungen mit oder ohne Ablatio testis. Eine Ablatio testis erfolgte bei dringendem Verdacht auf einen Keimzelltumor bzw. die Bestätigung einer Neoplasie im intraoperativen Schnellschnitt. Hydrozelenresektionen wurden nach von Bergmann durchgeführt. Die Varikozelenligatur erfolgte mikrochirurgisch nach Goldstein et al. [10]. Alle Eingriffe wurden stationär durchgeführt. Nicht eingeschlossen wurden Patienten mit einer Infektion als Grunderkrankung (z. B. Skrotalabszess oder chronische Nebenhodenentzündung), Revisionsoperation oder skrotal voroperierte Patienten, solche mit chronischen Skrotalschmerz, bekannten Wundheilungsstörungen, minderjährige Patienten, ambulante Eingriffe, Notfalleingriffe und nicht einwilligungsfähige Patienten (Flow-Diagramm Studienpopulation). Das Studienvorhaben wurde von der Ethikkommission der Universitätsmedizin Göttingen befürwortet (Antrag 25/3/20).

Bei jedem Patienten erfolgte nach der Operation eine sterile Abdeckung der Wunde und ggf. der Drainageaustrittsstelle mittels Pflasterverband. Die Patienten wurden präoperativ in 2 Gruppen 1:1 randomisiert. Patienten der Interventionsgruppe erhielten 2 stützende Herrenunterhosen (zum Wechseln) in angegebener Konfektionsgröße und trugen diese ab der Operation bis 14 Tage postoperativ. Patienten der Kontrollgruppe wurden mit dem vom jeweiligen Operateur festgelegten Verfahren versorgt (Kompressionsverband, Netzunterhose mit Kompresseneinlage [„Wölkchen“] oder nur Pflasterverband).

Eine standardisierte Antikoagulation zur perioperativen Thromboseprophylaxe wurde eingesetzt.

Stützende Herrenunterhose

Die „stützende Herrenunterhose“, eine enganliegende Boxershorts aus Baumwolle mit geringfügigem Elasthananteil, ist im freien Handel erhältlich (Abb. 1a). Sie ermöglicht durch ihre Verarbeitung eine Stützung und Schutz der Genitalien des männlichen Trägers und verhindert zugleich ein Verrutschen der Hose. Die Unterhose besteht aus einem bandförmigen Stützelement und einem vorderen Stützteil. Das vom Schrittbereich der Hose aus verlaufende Stützteil erstreckt sich bis zum Bund der Hose und wirkt somit stützend auf die Genitalien des Trägers der Hose (Abb. 1b). Das bandförmige Stützelement übt ausgehend vom vorderen Stützteil über die Leisten bis zum Rückenbereich einen im Wesentlichen horizontal gerichteten Zug aus. Die Stützfunktion wird durch eine doppelte Stofflage gewährleistet. In Kombination mit dem vorderen Stützteil werden die Stützkräfte somit sowohl auf die Rücken- als auch die Leistenpartien verteilt und verlagert, welches eine Erhöhung des Stützeffekts erzielt.

Abb. 1
figure 1

a Herrenunterhose Super Constellation mit horizontalem Eingriff. b Technische Details: 1 doppellagige 360°-Partie (Komfort und Halt bei Bewegung), 2 Material aus Pima-Baumwolle (Tragegefühl), 3 ergonomisch verlaufende Nähte (Sitz), 4 weicher Bund mit starkem Halt. (Mit freundl. Genehmigung der Firma ANITA Dr. Helbig GmbH.)

Endpunkte

Neben den Basischarakteristika der Patienten wurden intraoperative und postoperative Befunde erfasst. Der primäre Endpunkt umfasste postoperative Komplikationen (u. a. Hämatom/Nachblutung, Wundinfektion, Schwellung, Durchblutungsstörung, Schmerz, Epididymitis). Die Dokumentation erfolgte nach Art der Komplikation, Zeitpunkt (< 30, 30–60, 60–90, > 90 Tage) und des Schweregrades nach Clavien-Dindo-Klassifikation [6]. Sekundäre Endpunkte umfassten einen verlängerten Krankenhausaufenthalt, ungeplante ambulante Wiedervorstellungen, stationäre Wiederaufnahmen und/oder einen Analgetikabedarf, welcher als dokumentierte Einnahme von bei Bedarf angeordneten Schmerzmitteln (z. B. Diclofenac oder Ibuprofen per os) definiert wurde. Ein verlängerter Krankenhausaufenthalt wurde anhand der obersten Quartile definiert (> 2 Tage). Außerdem wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität, welche mittels EQ5D-Fragebogen präoperativ, am 1. Tag und 4 Wochen postoperativ erfasst wurde, erhoben [7]. Der Index erreicht einen Maximalwert von 1,0, der maximal erreichbare Score der visuellen Analogskala (VAS) liegt bei 100. Ebenfalls wurden die Erfahrungen der Studienteilnehmer zu Form/Material/Stützelement der Unterhose anhand eines Trageberichts erfasst.

Statistische Analyse

Kontinuierliche Parameter werden als Mittelwert (MW) und Standardabweichung (SD) bzw. Median mit Range (Spannweite) angegeben, kategoriale Daten als Absolutwert und Prozent. Statistische Vergleiche der beiden Gruppen (Interventionsgruppe vs. Kontrollgruppe) erfolgten mithilfe des χ2-Tests. Bei einer geringen Anzahl von Beobachtungen (< 5) wurde der exakte Fischer-Test herangezogen. Für die normal verteilten Variablen wurde ein t‑Test durchgeführt, den Mann-Whitney-U-Test verwendeten wir für die nicht normalverteilten Variablen. Verteilungen wurden mithilfe des Shapiro-Wilk-Tests überprüft, Korrelationsanalysen mithilfe der Rangkorrelation nach Spearman. Komplikationen wurden einzeln aufgelistet und für Berechnungen als kumulative Variable verwendet. Subgruppenanalysen wurden für Patienten jünger als 45 Jahre mit einem Body Mass Index (BMI) > 30 kg/m2 nach Zugangsweg und durchgeführter Ablatio testis unternommen. Ebenso wurde die Erfahrung des Operateurs berücksichtigt. Hier wurde die Anzahl der insgesamt durchgeführten Operationen pro Operateur nach Quartilen in < 50, 50–75, 75–100 und > 100 eingeteilt. Die statistische Auswertung erfolgte mit der Statistiksoftware von IBM (2017, SPSS, Inc., Chicago, IL, USA, Version 27). Das Signifikanzniveau wurde mit p = 0,05 definiert. Alle statistischen Tests sind zweiseitig. Multivariable Modelle erbrachten keine signifikanten Assoziationen.

Initial war ein 1:1 Zuteilungsverhältnis geplant mit dem Ziel, pro Studienarm je 25 Patienten einzuschließen. Operationsausfälle trafen insgesamt n = 4 der Kontrollgruppe zugeteilte Patienten. Die COVID-19-Pandemie („coronavirus disease 2019“) führte zu einer deutlich erschwerten Patientenrekrutierung, insbesondere da elektive Operationen mit benigner Indikation aufgrund geringer Priorität über längere Zeiträume teilweise komplett zurückgestellt wurden oder auch tagesaktuell aufgrund fehlender Kapazitäten oder festgestellter COVID-19-Infektion beim Patienten ausfielen.

Ergebnisse

Patienten

Insgesamt konnten Daten von 50 Patienten ausgewertet werden, wobei 27 Probanden in die Interventionsgruppe und 23 in die Kontrollgruppe randomisiert worden waren. Das mittlere Alter betrug insgesamt 46,7 (SD 18,6) Jahre, der mittlere BMI 25,56 (SD 3,42) kg/m2. 30 % der Patienten waren Raucher, 6 % vorerkrankt an Diabetes mellitus Typ II. Die Patienten konnten der ASA-Gruppe I (48 %), II (40 %) und III (12 %) zugeordnet werden. Im präoperativ erhobenen Karnofsky-Index gaben die Mehrzahl der Patienten keine (40 %) oder geringe Einschränkungen der Aktivität (52 %) an. Perioperativ war mehr als die Hälfte der Patienten (56 %) antikoaguliert. In 48 % der Fälle erfolgte die Antikoagulation als prophylaktische Maßnahme (40 mg Enoxaparin-Natrium s.c., einmal/Tag abends). Am häufigsten wurden inguinale Hodenfreilegungen mit oder ohne Ablatio testis (52 %; davon erfolgte bei 80,8 % aufgrund einer Neoplasie eine Ablatio testis), Hydrozelenresektionen (22 %) und Varikozelenligaturen (14 %) durchgeführt. Die mittlere Operationsdauer betrug 62,8 (SD 35,2) min, die stationäre Verweildauer 2,6 (SD 1,2) Tage. Der inguinale Zugang wurde bei 64 % der Patienten gewählt, während 36 % der Operationen über einen skrotalen Zugang durchgeführt wurden. Die Mehrzahl der Studienteilnehmer (80 %) erhielt im Anschluss an die Operation eine Drainage. Hinsichtlich biometrischer und perioperativer Daten zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe. Eine Zusammenfassung der Daten ist Tab. 1 und 2 zu entnehmen.

Tab. 1 Basischarakteristika der Gesamtkohorte und der Studiengruppen im Vergleich
Tab. 2 Perioperative Daten der Gesamtkohorte und der Gruppen im Vergleich

Komplikationen und weitere Ergebnisse

Insgesamt erlitten 20 % der Patienten eine postoperative Komplikation (Tab. 3). Diese konnten entsprechend ihres Schweregrades den Kategorien Grad I (10 %), II (6 %) und IIIb (4 %) zugeordnet werden. Am häufigsten traten Hämatome (14 %), Schwellungen (8 %), Schmerzen (6 %) und Epididymitiden (4 %) auf. Seltenere Komplikationen stellten eine revisionspflichtige aktive Blutung, Wundinfektionen, Durchblutungsstörungen und eine Begleithydrozele mit jeweils 2 % dar (Tab. 3). Über 90 % der Komplikationen traten innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingriff auf. In der Interventionsgruppe erlitten 7 Patienten eine Komplikation, während in der Kontrollgruppe 3 Fälle auftraten. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Studiengruppen und der Anzahl der aufgetretenen Komplikationen, der Art, des Zeitpunktes oder des Schweregrades.

Tab. 3 Komplikationen der Gesamtkohorte und im Vergleich

Die Art des Eingriffs korrelierte signifikant mit postoperativen Komplikationen (p = 0,010), wobei insbesondere die inguinale Freilegung (p = 0,034) mit Ablatio testis (p = 0,022) mit dem Auftreten einer Komplikation assoziiert war (s. Online-Tab. 1). Bezüglich einzelner Komplikationen und Schweregrad mit der Art des Eingriffs zeigten sich bis auf eine Assoziation zwischen Vasovasostomie und Blutung (p = 0,041) keine signifikanten Ergebnisse (s. Online-Tab. 2). Auch eine Antikoagulation (p = 0,022) war signifikant mit dem Auftreten einer Komplikation verbunden.

Postoperativ verlangten 35 Teilnehmer (70 %) ein Schmerzmittel, wobei der Befund eines Keimzelltumors mit dem Schmerzmittelbedarf korrelierte (p = 0,015). Es zeigte sich eine signifikante Korrelation von Analgetikabedarf und der Liegedauer (p = 0,013). Während Patienten ohne Analgetikabedarf eine Verweildauer von 1 bis 3 Tagen aufwiesen, verblieben Patienten mit Schmerzmittelbedarf 2 bis 8 Tage.

Während der Studie wurden vier ungeplante ambulante Wiedervorstellungen sowie zwei ungeplante Wiederaufnahmen dokumentiert. Die Art der Operation (p = 0,036) und das Auftreten postoperativer Komplikationen (p = 0,037) zeigten insgesamt einen signifikanten Zusammenhang mit der stationären Wiederaufnahme.

Ein signifikanter Unterschied in den Studiengruppen konnte wiederum nicht ermittelt werden, auch zeigten sich keine signifikanten Prädiktoren für eine verlängerte Liegedauer oder eine ungeplante Wiedervorstellung.

Lebensqualität

Der durchschnittliche präoperative EQ5D-Index in der Gesamtkohorte betrug 0,927 (SD 0,13). Am ersten Tag nach der Operation fiel der Index auf 0,664 (SD 0,29). Nach 4 Wochen erholte sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität und stieg auf den durchschnittlichen Wert von 0,962 (SD 0,07; Rücklaufquote n = 37; 74 %). Einen ähnlichen Verlauf zeigten die mittleren Werte auf der VAS. Bei einem Ausgangswert von 80,24 (SD 16,95) fiel der Wert am ersten Tag nach der Operation auf durchschnittlich 62,51 (SD 24,37), um sich anschließend nach 4 Wochen wieder zu erholen (mittlerer VAS-Score von 83,5; SD 14,88). In beiden Studiengruppen zeigte sich ein ähnlicher Verlauf (Abb. 2a,b). Es konnten insgesamt keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Lebensqualität im Gruppenvergleich festgestellt werden (Abb. 2). Jedoch zeigten Patienten, welche per skrotalen Zugang operiert wurden und postoperativ eine Unterhose erhielten am ersten Tag nach der Operation eine höhere Lebensqualität im Vergleich zu Patienten, die inguinal operiert worden waren (EQ5D-Index: p = 0,045; EQ5D-VAS: p = 0,006; Abb. 2c,d).

Abb. 2
figure 2

a,b Verlauf der Lebensqualität (Index und visuelle Analogskala [VAS]) der Studiengruppen (Kohorte: n = 50); die Unterschiede zeigten keine Signifikanz. c,d Verlauf der Lebensqualität (Index und VAS) in der Subgruppe Interventionsgruppe (n = 27) in Abhängigkeit vom operativen Zugangsweg (inguinal: n = 19 vs. skrotal: n = 8); statistische Signifikanz am ersten postoperativen Tag zugunsten des skrotalen Zugangsweges (Index Median p = 0,045; VAS Median p = 0,006)

Bei Patienten, welche eine postoperative Komplikation erlitten, wurden Einschränkungen in Bezug auf die Lebensqualität beobachtet. Das Auftreten von Komplikationen beeinflusste das subjektive Empfinden von Gesundheit 4 Wochen nach der Operation signifikant (EQ5D-VAS: 72,14 [18,2] vs. 86,13 [12,9], p = 0,026; Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Verlauf der Lebensqualität (Index und visuelle Analogskala [VAS]) in Abhängigkeit vom Auftreten postoperativer Komplikationen (Patienten mit Komplikation: n = 10); statistische Signifikanz für die Verteilung des VAS 4 Wochen nach der Operation zugunsten der Patienten ohne postoperative Komplikationen (n = 40; p = 0,026)

Diskussion

Trotz hoher Komplikationsraten gibt es bisher keine standardisierte postoperative Versorgung von Patienten nach skrotalen Eingriffen. Dabei zeigen komprimierende bzw. stützende Maßnahmen einen protektiven Effekt gegen die Bildung von Hämatomen und bei Schmerzen [1, 4, 16, 22]. Aus diesem Grund versprachen wir uns durch die Versorgung von Patienten mit einer stützenden Herrenunterhose bessere postoperative Ergebnisse und eine höhere Lebensqualität im Vergleich zu einer nicht standardisierten, individuellen Versorgung.

Hohe Komplikationsrate nach skrotalen Eingriffen beeinträchtigt die Lebensqualität

Bei 20 % der Patienten unserer Untersuchung wurden postoperative Komplikationen beobachtet, dies wird von vorangegangenen Ergebnissen untermauert [3, 11, 21]. Das Skrotum zeigt aufgrund seiner Beschaffenheit eine hohe Anfälligkeit zur Hämatombildung, insbesondere im Rahmen von operativen Eingriffen. Eine ausgiebige intraoperative Blutstillung ist deshalb unbedingt erforderlich [16]. Trotzdem sind Hämatome die häufigsten postoperativen Komplikationen sowohl nach Eingriffen bei benignen (5 %) sowie malignen (15 %) Erkrankungen, welches auch unsere Untersuchung mit einem Anteil von 14 % bestätigen konnte [3, 21]. Wundinfektionen sind mit 3–5 % dahingegen gering, welches im Vergleich auch den allgemein in Deutschland beobachteten Infektionsraten nach einer Operation entspricht [3, 9, 13]. 2 Patienten unserer Studie erlitten eine höhergradige Komplikation. Wir konnten beobachten, dass die Art des Eingriffs signifikant mit dem Auftreten von postoperativen Komplikationen korrelierte. In unserem Fall bezog sich diese Beobachtung insbesondere auf die inguinalen Eingriffe mit Ablatio testis. Im Vergleich treten auch bei inguinalen Hernienoperationen in bis zu 32 % der Fälle Komplikationen auf [12].

Lebensqualität kann eng mit der körperbezogenen Wahrnehmung und Gesundheit zusammenhängen. Deshalb besteht die Möglichkeit, dass skrotale Eingriffe und die damit verbundenen Nebenwirkungen und Komplikationen sowie die Angst vor einer onkologischen Erkrankung einen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten haben. Der Verlust eines Hodens beispielsweise kann mit Problemen sexueller, körperlicher, emotionaler oder psychischer Genese einhergehen. Patienten fühlen sich aufgrund fehlender Information zur Situation unzufrieden und geben eine reduzierte Lebensqualität an [2]. Auch kämpfen Männer mit einem verminderten Männlichkeitsgefühl und einer Angst vor Verlust des Selbstwertgefühls nach Therapie [20]. Wir konnten beobachten, dass skrotale Eingriffe die Lebensqualität der Patienten beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang beeinflusst vor allem das Auftreten von Komplikationen das subjektive Empfinden von Gesundheit noch 4 Wochen nach der Operation.

Kompression und Stützung als potenzielle Faktoren zu verbesserten Operationsergebnissen

Komprimierende Maßnahmen haben sich v. a. nach Brusteingriffen, abdominellen Operationen und Varizenoperationen bewährt. Obwohl sich die Studienlage heterogen zeigt, wird von einer Schmerzreduktion, verbesserter Mobilität, erhöhter Patientenzufriedenheit und reduzierter psychologischer Belastung in Verbindung mit dem postoperativen Einsatz von Bandagen oder Binden ausgegangen [17]. Paasch et al. vermuten eine Schmerzreduktion durch den Einsatz eine Bauchbandage nach laparoskopischer Narbenhernienversorgung [18].

Unsere Untersuchung zeigt, dass das Tragen einer stützenden Herrenunterhose scheinbar nicht das Auftreten von Komplikationen i. Allg. und auch nicht die Art, Schweregrad und Anzahl der aufgetretenen Komplikationen beeinflusst. Auch der Schmerzmittelbedarf wurde durch den Einsatz der Unterhose nicht reduziert. Jedoch scheint die Unterhose die Lebensqualität bei Patienten mit skrotalem Zugang positiv zu beeinflussen. In der Therapie des Mammakarzinoms hat das Tragen eines Stütz-BHs oder einer externen Prothese nach Mastektomie gezeigt, dass dies zu einer besseren psychologischen Verarbeitung der Krankheit und der damit verbundenen Therapie führen [19]. Die Verwendung einer Prothese und die geeignete Wahl dieser kann die psychologische und soziale Rehabilitation sowie das persönliche Wohlbefinden verbessern [15]. Eine prospektive Untersuchung zum direkten Einsatz einer Hodenprothese nach Ablatio testis gibt es bisher nicht. Der Einsatz der Unterhose scheint diesen Effekt in unserer Kohorte leider nicht zu erzielen.

Limitationen und Stärken

Unsere Untersuchung ist limitiert durch die heterogene Kohorte der skrotalen Interventionen, auch die niedrige Fallzahl stellt eine Schwäche dar. Die Ergebnisse unserer Studie erlauben uns jedoch die Planung einer Folgestudie, welche sich auf Eingriffe mit skrotalem Zugang konzentrieren wird, da diese Subgruppe von einer stützenden postoperativen Versorgung zu profitieren scheint. Die Durchführung des Eingriffs soll hier besser eingegrenzt werden indem insbesondere die Anwendung einer Drainage vereinheitlicht und zudem die Art der postoperativen Versorgung in der Kontrollgruppe standardisiert und prospektiv erfasst werden soll. Auch der Mobilitätsgrad bzw. das Aktivitätslevel der Patienten sollte mit erhoben werden.

Auch soll eine präoperative Anpassung der Unterhose im Sinne einer Abmessung der Maße erfolgen, da beobachtet wurde, dass die Größe der Unterhose teilweise nicht mit der angegebenen Konfektionsgröße des Patienten übereinstimmte. Obwohl die Passform von den Trägern entweder als „sehr gut“ oder „gut“ bewertet wurde, wünschten sich die Patienten, mehr in die Größenauswahl mit einbezogen zu werden (Daten nicht gezeigt). Hier sehen wir Verbesserungspotential. Komfort, Optik und Verarbeitung wurden ebenfalls mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet. Ebenso soll die Möglichkeit extern behandelter Komplikationen im FU-Fragebogen mit aufgenommen werden. Auch die beobachtete höhere Komplikationsrate der Interventionsgruppe muss weiter untersucht werden.

Im Hinblick auf die zunehmende Ambulantisierung der hier diskutierten Eingriffe sollte die Kontrolle der häufigen postoperativen Komplikationen an oberster Stelle stehen. Um die chirurgische Qualität auch bei ambulanten Eingriffen zu gewährleisten, wird sowohl eine gute Verlaufsdokumentation (z. B. Online-PROM) als auch die Definition von Qualitätsindikatoren notwendig sein.

Schlussfolgerung

Elektive skrotale Eingriffe sind mit einer hohen Anzahl an postoperativen Komplikationen verbunden. Die Art des Eingriffs mit dem Auftreten von postoperativen Komplikationen, verlängerter Liegedauer, ungeplanter Wiedervorstellung oder stationärer Wiederaufnahme assoziiert. Skrotale Eingriffe beeinträchtigen die Lebensqualität der Patienten, wobei das Auftreten von Komplikationen das subjektive Empfinden von Gesundheit noch 4 Wochen nach der Operation beeinflusst. Die postoperative Versorgung mit einer stützenden Unterhose scheint insgesamt keinen Einfluss auf die postoperative Komplikationsrate bei elektiven skrotalen Operationen zu haben, wobei Patienten, welche per skrotalen Zugang operiert wurden und postoperativ eine Unterhose erhielten, am ersten Tag nach der Operation eine höhere Lebensqualität im Vergleich zu inguinal operierten Patienten angaben.

Fazit für die Praxis

  • Elektive skrotale Eingriffe sind mit einer hohen Anzahl an postoperativen Komplikationen verbunden.

  • Die Art des Eingriffs korreliert signifikant mit postoperativen Komplikationen, verlängerter Liegedauer, ungeplanter Wiedervorstellung oder stationärer Wiederaufnahme.

  • Skrotale Eingriffe beeinträchtigen die Lebensqualität der Patienten, wobei das Auftreten von Komplikationen das subjektive Empfinden von Gesundheit noch 4 Wochen nach der Operation beeinflusst.

  • Die postoperative Versorgung mit einer stützenden Unterhose scheint insgesamt keinen Einfluss auf die postoperative Komplikationsrate bei elektiven skrotalen Operationen zu haben.

  • Patienten, welche per skrotalem Zugang operiert wurden und postoperativ eine Unterhose erhielten, hatten am ersten Tag nach der Operation eine höhere Lebensqualität im Vergleich zu jenen, welche über einen inguinalen Zugang operiert wurden.