Zusammenfassung
Hintergrund
Moderne Medizin wird digitale Medizin. Damit einher geht eine grundsätzliche Veränderung der Medizin und ihrer Berufe sowie ein verändertes Verhältnis der Akteure im Gesundheitssystem zueinander, insbesondere wird der Patient neu in den Mittelpunkt gestellt. Dabei spielen Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) eine besondere Rolle, die allerdings aus normativer Perspektive durchaus wohlwollend – denn es geht um Heilung – aber auch kritisch – denn jedes Tool lässt sich für falsche Zwecke einsetzen – hinterfragt werden sollten.
Material und Methode
Die moderne Medizin wird ethisch reflektiert basierend auf den philosophischen Vorarbeiten u.a. von Vittorio Hösle sowie eigenen Vorarbeiten, insbesondere einer Erarbeitung der Reflexionsdimensionen einer Ethik der digitalen Medizin.
Ergebnisse
Ohne Ethik wird es nicht gehen, die diversen Initiativen auf Makro‑, Meso- und Mikrolevel sind ein erster Schritt, aber es muss viel weiter gehen. Die Mikroebene wird letztlich wesentlich werden, Patienten werden nicht dauerhaft auf Heilungsgewinne verzichten wollen und Ärzte und Pflegende nicht auf attraktive Arbeitsbedingungen.
Schlussfolgerungen
Ethik ist anstrengend aber notwendig, gerade in einem komplexen und zukunftsprägenden Feld wie der digitalen Medizin. Dabei ist es wesentlich, auf realen Verantwortungsträgern zu bestehen und den dritten Weg der Vernunft („Supertools“) jenseits von Innovationsfeindlichkeit und übertriebenen Heilserwartungen zu wählen und auf die nachhaltige Aufklärung von Patienten und professionellen Akteuren zu setzen.
Abstract
Background
Modern medicine is becoming digital medicine. This is accompanied by a fundamental change in medicine and its professions and an altered relationship between the actors in the healthcare system. In particular, patients become the vital center again. Technologies, such as artificial intelligence (AI) play a crucial role that, however, from a normative perspective has to be questioned critically but benevolently, then every tool can be implemented for false purposes.
Methods
Philosophical reflections based on the ethical theoretical framework of Vittorio Hösle and own preparative work, thereby, in particular processing of the reflection dimensions of ethics in digital medicine.
Results
Ethics is necessary as the various initiatives on the macrolevel, mesolevel and microlevel are important as a first step but it has to go much further. The microlevel will ultimately become the game changer, patients will not want to relinquish health benefits in the long term and physicians and nursing personnel will not want to relinquish attractive working conditions.
Conclusion
Ethics is a demanding enterprise but necessary, especially in a highly complex and future-oriented field, such as digital medicine. Here it is utterly important to choose the third way between innovation xenophobia and over the top healing expectations (supertools), focusing on real personas with real responsibilities. The sustainable education if not enlightenment of patients and professional players is the key.
Notes
Vielleicht eine der spannendsten Fragen überhaupt, deskriptiv wie normativ. Letztlich können wir aktuell allenfalls durch Algorithmen gesteuerte Simulationen entwickeln – möglicherweise ist „Intelligenz“ im natürlichen Sinne logizistischen Grundsystemen prinzipiell verwehrt.
Der Verweis auf eigene Vorarbeiten sei erlaubt, vgl. Heinemann [1,2,3,4,5,6,7, 9]. Wesentlich für diese Art „Ethik“ zu konzipieren ist die intersubjektivstisch-idealistische Denktradition Vittorio Hösles (vgl. [10] zur Technikethik). Die freilich oft mit klugen Argumenten (die allerdings keine Wiederlegung der Position in toto leisten) kritisiert wird, vgl. Lütge [12, S. 75 ff.].
Nach Heinemann [4, S. 83], verändert.
Vgl. zum Folgenden Heinemann [4].
Vgl. Hösle [10, S. 23 ff.].
Vgl. Heinemann [4, S. 85].
Vgl. Hösle [11, S. 127 ff., 204 ff.].
Vgl. [13].
Vgl. [14].
Vgl. beispielsweise das aktuelle BVDW-Paper, S. 13: „Eine zeitgemäße Definition der ärztlichen Sorgfaltspflicht sollte künftig auch die Anwendung von KI mit nachgewiesenem Nutzen umfassen“ [21].
Vgl. Heinemann [7].
Vgl. [22].
Vgl. [16].
Vgl. [15].
Siehe auch [8]. Gerade im Bereich der nicht spendengetriebenen Modelle dürften einige Entwicklungen nicht so fragwürdig sein, wie sie prima facie erscheinen mögen. Patienten sollte eine auch monetäre Beteiligung – vom Outcome sowieso – bei der Verwertung ihrer Daten möglich sein. Damit verengt man zudem die Wirkungsräume illegitimer Geschäftsmodelle.
Literatur
Verwendete Literatur
Heinemann S (2011a) Vergütung des Vorstands. In: Grundei J, Zaumseil P (Hrsg) Der Aufsichtsrat im System der Corporate Governance – Betriebswirtschaftliche und juristische Perspektiven, S 113–162
Heinemann S, Krol B (2011b) Nachhaltige Nachhaltigkeit: Zur Herausforderung der ernsthaften Integration einer angemessenen Ethik in die Managementausbildung
Heinemann S, Miggelbrink R (2011c) Medizinethik für Ärzte und Manager. In: Thielscher C (Hrsg) Medizinökonomie, S 107–143
Heinemann S (2013) Godmode? Überlegungen zu Grundfragen und Perspektiven einer Videogamesethik. In: Compagna D, Derpmann S (Hrsg) Soziologische Perspektiven auf Digitale Spiele, S 67–94
Heinemann S (2014) Quo Vadis (Business) Ethics Education? Quo Vadis (Business) Ethics Education? Stand, Kernherausforderungen, Perspektiven. In: Willing H, Seeger N (Hrsg) Responsible Business, S 579–620
Heinemann S (2018a) Future medicine, today’s healthcare—Is the “Smart Hospital” a chance for change? HealthManagementorg 18(1):68–70
Heinemann S (2018b) Smart hospital ethics—Starting the dialogue. HealthManagementorg 18(3):174–177
Heinemann S (2018c) Data Power To The Patients! Patient-Driven Data Business, Not Data-Driven Patient Business. The Centrality of the Patient in the Commerce of Digital Healthcare. Compliance Elliance J 4(2):51–61
Heinemann S (2019) KI, die begeistert? Ethische Reflexionen auf ein unerhört faszinierendes Phänomen. MDI 21(2):49–51
Hösle V (1992) Praktische Philosophie in der modernen Welt
Hösle V (1997) Moral und Politik. Grundlagen einer Politischen Ethik für das 21. Jahrhundert
Lütge C (2007) Was hält eine Gesellschaft zusammen?: Ethik im Zeitalter der Globalisierung
https://ki50.de/ueber-ki50/pressemeldungen/ki50-umfrage-terminator-r2-d2-und-kitt-die-bekanntesten-kis-in-deutschland/ (Zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://ai.uk-essen.de/ (Zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://www2.deloitte.com/de/de/pages/life-sciences-and-healthcare/articles/digitalisierung-des-gesundheitsmarktes.html (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://www.baai.ac.cn/blog/beijing-ai-principles (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/high-level-expert-group-artificial-intelligence (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://www.telekom.com/de/konzern/digitale-verantwortung/ethische-ki-leitlinien-der-telekom (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://news.microsoft.com/de-de/ethik-prinzipien-kuenstliche-intelligenz/ (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://news.sap.com/germany/2018/09/ethische-grundsaetze-kuenstliche-intelligenz/ (zuletzt besucht am 2. Juli 2019).
https://www.bvdw.org/fileadmin/bvdw/upload/dokumente/BVDW_Digitale_Ethik.pdf (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://www.patientenerleben.de/ (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/ethics-guidelines-trustworthy-ai (zuletzt besucht am 2. Juli 2019)
Weiterführende Literatur
Hösle V (1987) Begründungsfragen des objektiven Idealismus. In: Forum für Philosophie Bad Homburg (Hrsg) Philosophie und Begründung, S 212–267
Hösle V (1993) Die Krise der Gegenwart und die Verantwortung der Philosophie
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
S. Heinemann gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Heinemann, S. Nur noch künstliche Intelligenz kann uns heilen?. Urologe 58, 1007–1015 (2019). https://doi.org/10.1007/s00120-019-1011-5
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00120-019-1011-5