Einleitung

Blasenkatheter werden im klinischen Alltag aus den verschiedensten Gründen häufig gelegt. Der Großteil der Anlagen erfolgt dabei völlig komplikationslos, jedoch kann v. a. bei Harnröhrenengen oder aufgrund einer Schleimhautfalte sehr leicht eine Verletzung der Harnröhre entstehen. Die traumatische Anlage eines Dauerkatheters kann zu Harnröhrenstrikturen, Fistelbildung oder in seltenen Fällen auch zur Ausbildung eines Pseudoaneurysmas führen. Während über die Bildung von Pseudoaneurysmen nach perkutaner Nephrolithotripsie eine Vielzahl an Kasuistiken existieren [2], ist die Entstehung eines Pseudoaneurysmas nach Anlage eines Blasenkatheters eine Rarität.

Falldarstellung

Anamnese

Bei einem 57-jährigen Patienten wurde eine laparoskopische Fundoplikation bei gastroösophagealen Reflux durchgeführt. Es bestanden keine wesentlichen Begleiterkrankungen. Aus urologischer Sicht hatte der Patient zu diesem Zeitpunkt keine Probleme. Intraoperativ wurde zur besseren Überwachung der Harnausscheidung ein Blasenkatheter (Nelaton Charrière 14) gelegt. Bei deutlich erschwerter Anlage des Dauerkatheters gelang es nach mehreren Versuchen, den transurethralen Katheter einzulegen. Initial zeigte sich ein deutlich blutiger Urin, welcher jedoch im weiteren Verlauf ohne Intervention wieder aufklarte. Auch im weiteren postoperativen Verlauf kam es vorerst zu keiner weiteren Blutung.

Klinischer Befund

Zwei Wochen nach Entlassung des Patienten trat erneut eine Makrohämaturie mit konsekutiver Blasentamponade auf. Eine stationäre Aufnahme an einer urologischen Abteilung mit Ausräumung der Blasentamponade und anschließender Anlage eines Spülkatheters war notwendig. Nach passagerer Versorgung mit einem transurethralen Katheter kam es erneut zum Sistieren der Makrohämaturie und der Patient wurde abermals ohne Katheter nach Hause entlassen. Eine Woche nach Entlassung kam es wiederum zu Blutungen aus der Harnröhre, welche auch bereits Auswirkungen auf den Hämoglobinwert hatten.

Diagnose

Aufgrund der rezidivierenden unklaren Blutungen aus der Harnröhre wurde eine Zystoskopie durchgeführt. Hier zeigte sich eine pulsatile Masse im Bereich der bulbären Harnröhre. Zur genaueren Evaluierung wurde zusätzlich eine computertomographische Angiographie (CTA) des Beckens durchgeführt. Hier zeigte sich eine deutliche Kontrastmittelfahne in Richtung linker Peniswurzel, passend zu einer Gefäßverletzung oder einem Pseudoaneurysma (Abb. 1). Der Patient wurde aufgrund dieses Befunds an die Abteilung für Urologie und Andrologie des Landeskrankenhauses Salzburg zur weiteren Therapie transferiert.

Abb. 1
figure 1

Blutungsquelle in der Harnröhre (Pfeil) in der Kontrastmittel(KM)-Computertomographie(CT), arterielle Phase

Therapie und Verlauf

Bei Eintreffen an unserer Abteilung kam es erneut zum vollständigen Sistieren der Blutung, weshalb eine radiologische Intervention vorerst nicht möglich war. Im Rahmen des weiteren stationären Aufenthalts kam es abermals zu einer massiven Blutung aus der Harnröhre. Initial wurde bei liegendem Dauerkatheter ein Druckverband am Penis aufgebracht, wodurch die Blutung jedoch nicht gestoppt werden konnte und es wurde entschieden, eine Angiographie durchzuführen. In der Angiographie der linken Arteria (A.) iliaca interna stellte sich eine aktive Blutung aus einem Ast der A. pudenda interna (Abb. 2), direkt angrenzend an den liegenden Harnblasenkatheter, dar. Die Blutung konnte mittels Embolisation durch Coils in derselben Sitzung versorgt werden (Abb. 3). Nach dem Verschluss des entsprechenden Astes war in der anschließenden Kontrollangiographie keine aktive Blutung mehr nachweisbar. Ergänzend wurde auch eine Kontrollangiographie der rechten A. iliaca interna durchgeführt, hier ergab sich kein Hinweis für eine Blutungsquelle.

Abb. 2
figure 2

Pseudoaneurysma der A. pudenda interna sinistra (Pfeil)

Abb. 3
figure 3

Kontrolle nach Coiling der A. pudenda interna sinistra

Der weitere postinterventionelle Verlauf war komplikationslos. Eine anschießende Miktionszystourethrographie zeigte einen unauffälligen Verlauf der Harnröhre und direkt angrenzend an die Harnröhre waren die eingeführten Coils sichtbar (Abb. 4). Der Patient konnte nach Entfernung des Harnröhrenkatheters restharnfrei miktionieren und wurde nach Hause entlassen. Eine erneute Makrohämaturie trat nicht auf.

Abb. 4
figure 4

Miktionszystourethrogramm, postinterventionelle Kontrolle, Coils in der A. pudenda interna sinistra sichtbar (Pfeil)

Diskussion

Oberflächliche Verletzungen der Harnröhre durch die Anlage eines Blasenkatheters sind eine häufige Komplikation und können meist konservativ behandelt werden. In unserem Fall kam es trotz Versorgung mit einem Dauerkatheter zu intermittierenden starken Blutungen. Initial ist die Durchführung einer Zystoskopie zur Lokalisation der Blutungsquelle eine gute diagnostische Methode. Bei akuter Blutung eignet sich auch eine Angio-CT zur weiteren Diagnostik. In unserem Fall bestätige sich der Verdacht eines Pseudoaneurysmas der A. pudenda interna sowohl im Angio-CT (Abb. 1) als auch in der Zystoskopie. Da es bisher nur vereinzelt Berichte über Pseudoaneurysmen der Harnröhre gibt, ist die Frage der besten Behandlungsmethode aktuell noch nicht eindeutig geklärt. In einem Fallbericht von 2013 [6] wurde ein bulbäres Pseudoaneurysma transurethral koaguliert. Um die Gefahr einer späteren Harnröhrenstriktur zu reduzieren, war unserer Ansicht nach die superselektive Embolisation die geeignetere Therapie. In Medline fanden sich insgesamt drei publizierte Fälle [1, 3, 4], bei denen bisher eine Embolisation eines Astes der A. pudenda interna nach Bildung eines Pseudoaneurysmas erfolgte. In allen Fällen konnte dieser Eingriff komplikationslos durchgeführt werden und die Blutungsquelle erfolgreich ausgeschaltet werden. Insgesamt besteht eine sehr geringe Rate an Komplikationen bei der superselektiven Embolisation von Gefäßen. Bei der gezielten arteriellen Embolisation bei akuten gastrointestinalen Blutungen besteht eine Komplikationsrate von <2 %. Ursächlich hierfür sind meistens kleine, häufig asymptomatische selbstlimitierende Ischämien. Die Kontraindikationen beschränken sich im Wesentlichen auf Kontraindikationen gegen jodhaltiges Kontrastmittel, welche eine entsprechende Vorbereitung des Patienten erfordern, sowie Kontraindikationen gegen eine arterielle Punktion. Für die Lokalisation und entsprechende Intervention ist eine aktive Blutung Voraussetzung [5].

Die traumatische Anlage bzw. lange Liegedauer eines transurethralen Blasenkatheters kann in seltenen Fällen zur Bildung eines Pseudoaneurysmas und in weiterer Folge zu starken Blutungen führen. Insbesondere bei intermittierenden Blutungen sollte an diese Diagnose gedacht werden. Therapeutisch ist unserer Ansicht nach in Anbetracht der möglichen Langzeitkomplikationen die superselektive Embolisation des betroffenen Gefäßes der transurethralen Koagulation überlegen.

Fazit für die Praxis

  • Zur genaueren Differenzierung unklarer Blutungen aus der Harnröhre/Harnblase ist die Zystoskopie eine einfache und effiziente Methode.

  • Bei intermittierenden starken Harnröhrenblutungen nach Anlage eines Blasenkatheters sollte auch an ein Pseudoaneurysma in der Harnröhre gedacht werden.

  • Zur Behandlung eines Pseudoaneurysmas in der Harnröhre ist die superselektive Embolisation des betroffenen Gefäßes unserer Meinung nach einer transurethralen Koagulation vorzuziehen.