Inhalt

1.:

Präambel

2.:

Einleitung

3.:

Klinische Evidenz für die koronare Computertomographie

3.1:

Leitlinien

3.2:

Kalzium-Scoring

3.2.1:

Kalzium-Scoring bei asymptomatischen Patienten

3.2.2:

Kalzium-Scoring bei symptomatischen Patienten

3.2.3:

Kalzium-Scoring zur Risikoreklassifizierung und zur Therapiesteuerung

3.3:

Koronar-CT-Angiographie

3.4:

Weiterführende Parameter

4.:

Untersuchungstechnik

4.1:

CT-Kalzium-Scoring

4.2:

CT-Koronarangiographie

4.3:

Pädiatrische Besonderheiten

5.:

Patientensicherheit

5.1:

Ionisierende Strahlung

5.2:

Kontrastmittel

5.3:

Allergoide Reaktion

5.4:

Kontrastmittel-induzierte Nephropathie

5.5:

Schilddrüsenfunktionsstörungen

5.6:

Medikamentöse Gefäßdilatation

5.7:

Medikamentöse Herzfrequenzkontrolle

6.:

Befundung

6.1:

Qualifikationsempfehlungen

6.2:

Befundung

6.3:

Strukturierte Befundung

6.4:

CAC-DRS, MESA-Perzentile und CAD-RADs

6.4.1:

CAC-DRS

6.4.2:

MESA-Perzentile

6.4.3:

CAD-RADS

6.5:

Extrakardiale Befunde

6.6:

Stellungnahme zur radiologischen Befundung

7.:

Versorgungsqualität

8.:

Kostenerstattung

9.:

Zusammenfassung

1. Präambel

Dieses Positionspapier ist eine gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und des Berufsverbandes der Deutschen Radiologen (BDR), die den aktuellen Wissenstand über die koronare Computertomographie (CT) wiedergibt. Es beruht auf präklinischen und klinischen Studien, welche die klinische Relevanz sowie die technischen Voraussetzungen und Grundlagen der kardialen Computertomographie untersucht haben.

2. Einleitung

Die koronare Computertomographie wurde erstmals in den 1980er Jahren zur Beurteilung der Perfusion von koronaren Venenbypassgefäßen angewendet [1]. Bis zum Ende des Jahrtausends stand trotz schlechterer räumlicher Auflösung allerdings vor allem die Elektronenstrahl-CT (EBT) aufgrund der höheren zeitlichen Auflösung mit bis zu 50 ms im Vordergrund [2, 3]. Die technische Weiterentwicklung der Computertomographie, insbesondere mit Einführung der Spiral-CT, ermöglichte es seit den 2000er Jahren, Koronar-CT-Angiographien (cCTA) zunächst nur bei ausgewählten Patienten, spätestens seit Einführung des 64-Zeilen-CTs jedoch mit einer ausreichend hohen diagnostischen Bildqualität bei der Mehrzahl der zu untersuchenden Patienten in der klinischen Praxis durchzuführen. Durch die stetigen technischen Innovationen der CT in den letzten Jahren verbesserte sich die erzielte Bildqualität weiter, welches auch die Durchführung bei vormals limitierenden Konstellationen, wie z. B. Tachykardie oder Arrhythmien bei Vorhofflimmern [4], ermöglichte.

Im gleichen Zeitraum konnte eine deutliche Zunahme der diagnostischen invasiven Koronarangiographien in Deutschland beobachtet werden. So wurden im Jahr 2019 in Deutschland ca. 726.300 invasive Koronarangiographien (1999: 561.623) erfasst, jedoch nur bei ca. 41 % (absolut: 295.799) auch eine perkutane Koronarintervention (PCI; 1999: ca. 30 %, absolut: 166.132) durchgeführt [5, 6]. Bei abnehmender Mortalität der ischämischen Kardiomyopathie in Deutschland zwischen 1999 und 2014 von 356 auf 189 je 100.000 Einwohner, lag Deutschland 2014 im europäischen Vergleich trotz der hohen Anzahl an Koronarangiographien weiterhin nur auf dem 15. Platz [7, 8].

Auch die erstmalig bezüglich der nichtinvasiven Verfahren und insbesondere der cCTA modifizierte Nationale Versorgungsleitlinie – Chronische KHK 2016, die der cCTA aufgrund ihres hohen negativen prädiktiven Wertes vor allem bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit zwischen 15 und 50 % eine maßgebliche Rolle zuordnete, hat daran in Deutschland zunächst wenig geändert [9].

Gestützt durch die Ergebnisse prospektiver klinischer Studien der letzten Jahre mit großen Patientenkollektiven, die einer cCTA-Untersuchung unterzogen wurden, u. a. der SCOT-HEART-Studie [10], der PROMISE-Studie [11] und der ISCHEMIA-Studie [12], sowie den aufgrund dieser Ergebnisse adjustierten Vortestwahrscheinlichkeiten für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit [13], kam es zur einer Paradigmen-Änderung in der aktuellen europäischen ESC-Leitlinie „Chronisches Koronarsyndrom“ (CCS) [14]. In dieser 2019 veröffentlichten ESC-Leitlinie kommt der nichtinvasiven Koronardiagnostik generell mittels funktioneller Tests wie der Stress-MRT, der Stress-Echokardiographie oder der SPECT und dem morphologischen Verfahren der cCTA eine deutlich wichtigere Rolle in der Abklärung des chronischen Koronarsyndroms zu. Die cCTA wird weiterhin vor allem in der Gruppe mit niedriger intermediärer Vortestwahrscheinlichkeit empfohlen. Auch die 2022 publizierte DISCHARGE-Studie unterstützt und bestätigt diesen Paradigmenwechsel. In dieser großen prospektiven multizentrischen Studie wurde Wert der koronaren CT und des invasiven Herzkatheters für die Detektion einer relevanten KHK bei Patienten mit stabilem Thoraxschmerz und intermediärem Risiko untersucht [15].

Auch die Bestimmung der koronaren Kalklast (coronary artery calcium, CAC) mit dem sogenannten „Kalzium-Scoring“ (CASC) findet bei der Risikostratifizierung zunehmende Berücksichtigung in den Leitlinien. Das CASC wird in den aktuellen ESC-Leitlinien [11,12,13] vor allem zur Abschätzung der sogenannten „klinischen Wahrscheinlichkeit“ für das Vorliegen einer KHK eingesetzt ([13]; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Vortest- und klinische Wahrscheinlichkeit. (Nach [16])

Aus den genannten Gründen ist in den kommenden Jahren mit einer Zunahme der cCTAs und einer Abnahme von ausschließlich diagnostischen Koronarangiographien zu rechnen.

Dieses Positionspapier gibt den aktuellen Wissensstand zur koronaren Computertomographie hinsichtlich klinischer Evidenz, Versorgungsqualität, Patientensicherheit, juristischen Aspekten und Kostenerstattung wieder und versucht, einen Ausblick auf die Entwicklung zu geben.

3. Klinische Evidenz für die koronare Computertomographie

3.1 Leitlinien

Die Aktualisierung der ESC-Leitlinien zu Diagnose und Management des chronischen Koronarsyndroms (CCS) und der Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische KHK“ erfolgte 2019. Um die Pathophysiologie der KHK als dynamischen Prozess einer chronisch progredienten, aber auch regredienten Erkrankung in die Nomenklatur einzubeziehen, wurde die ursprüngliche Bezeichnung „stabile KHK“ in der ESC-Leitlinie verlassen. Neu ist die Einteilung anhand der klinischen Manifestation in das akute (ACS) und das chronische Koronarsyndrom (CCS) [14].

Bei Patienten mit Verdacht auf ein CCS erfolgen nach dem Ersteindruck zunächst eine ausführliche Anamnese über die Symptomatik sowie Begleiterkrankungen und mögliche weitere Beschwerdeursachen und die körperliche Untersuchung zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer KHK. Falls die KHK-Wahrscheinlichkeit als gegeben eingeschätzt wird, schließen sich ein EKG und die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines ACS an. Ein mögliches Vorgehen ist in der Leitlinie „Brustschmerz“ (in Aktualisierung) der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) beschrieben [16]. Gegebenenfalls kann die Diagnostik ergänzt werden durch die transthorakale Echokardiographie und Laboruntersuchungen. Bei persistierendem Verdacht auf ein CCS kann die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer KHK anhand von Alter, Geschlecht und Beschwerdesymptomatik des Patienten abgeschätzt werden. Unter anderem auf Basis der CT-Daten der PROMISE- und SCOT-Heart-Studien wurde die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer KHK neu berechnet. Dies hat generell zu einer Reduktion der Vortestwahrscheinlichkeiten um bis zu 66 % im Vergleich zu den Werten in der alten ESC-Leitlinie von 2013 geführt [17]. Die Vortestwahrscheinlichkeiten sind die Basis für die Wahl der weiterführenden Diagnostik, hier gilt z. B. eine invasive Herzkatheteruntersuchung bei einer Vortestwahrscheinlichkeit > 85 % als indiziert. Diese Schwelle wird auf Basis der aktualisierten Werte nun nicht mehr erreicht oder überschritten (Abb. 2), so dass es bei Patienten mit einem Verdacht auf CCS aufgrund der neuen, aktualisierten Vortestwahrscheinlichkeiten prinzipiell zunächst keine primäre Indikation zur Durchführung einer invasiven Herzkatheteruntersuchung gibt. Modifiziert werden kann die Vortestwahrscheinlichkeit durch die Erhebung der neu eingeführten „klinischen Wahrscheinlichkeit“, die neben dem bekannten Dreiklang aus Alter, Geschlecht und Beschwerdesymptomatik u. a. auch noch die kardialen Risikofaktoren oder Voruntersuchungen (Echokardiographie, Belastungs-EKG oder Kalzium-Scoring) mit einbezieht (Abb. 1). Allerdings führt die Berücksichtigung der klassischen Risikofaktoren nicht zu einer besseren Vorhersage über das Vorhandensein von Koronarstenosen [18], so dass „das Konzept der ‚klinischen Wahrscheinlichkeit‘ hinsichtlich seiner Effizienz nur schwer einschätzbar“ ist [19]. Laut der CCS-Leitlinie wird die invasive Herzkatheteruntersuchung nur noch als „alternativer Test zur Diagnose einer KHK bei Patienten mit hoher klinischer Wahrscheinlichkeit und schweren, therapierefraktären Symptomen oder bei typischer Angina bereits bei niedriger Belastungsstufe und klinischer Evaluation, die ein hohes Ereignisrisiko erwarten lässt“, empfohlen [14, 17].

Abb. 2
figure 2

Vortestwahrscheinlichkeit einer obstruktiven KHK bei symptomatischen Patienten nach Alter, Geschlecht und Art der Symptome. Dunkelblau Gruppen, in denen nichtinvasive Tests am vorteilhaftesten sind (Vortestwahrscheinlichkeit > 15 %). Hellblau Gruppen mit einer Vortestwahrscheinlichkeit für eine KHK zwischen 5 und 15 %, bei denen ein Test zur Diagnose auf der Grundlage der klinischen Beurteilung in Betracht gezogen werden kann. (Nach [13]).

Somit wird derzeit bei Patienten mit Verdacht auf das Vorliegen eines chronischen Koronarsyndroms (CCS) primär eine nichtinvasive Bildgebung empfohlen. Dies gilt für alle Patienten mit einem intermediären Risiko (Vortestwahrscheinlichkeit 15–85 %). Hierfür können in Abhängigkeit von der lokalen Verfügbarkeit und Expertise entweder nichtinvasive funktionelle, also ischämienachweisende Verfahren, wie die Stress-Echokardiographie, Stress-MRT, Belastungs-PET und -SPECT, oder das morphologische Verfahren, die cCTA, verwendet werden [20, 21]. Entsprechend der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische KHK“ wird die Koronar-CT insbesondere bei einer niedrigen intermediären Vortestwahrscheinlichkeit von 15–50 % bevorzugt empfohlen [22].

3.2 Kalzium-Scoring

Eine native Low-dose-CT-Untersuchung zur Bestimmung des Kalzium-Scores kann ein standardmäßiger Bestandteil einer cCTA-Untersuchung zur Abklärung einer KHK sein. Die am weitesten verbreitete und am besten untersuchte Methode zum Kalzium-Scoring ist die quantitative Agatston-Methode (siehe auch Abschnitt „Untersuchungstechnik“).

3.2.1 Kalzium-Scoring bei asymptomatischen Patienten

Zahlreiche Studien und Metaanalysen konnten zeigen, dass asymptomatische Patienten ohne messbare koronare Kalklast (Agatston-Score 0) mittel- und langfristig nur ein geringes Risiko für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse und keine erhöhte Gesamtmortalität haben [23, 24]. Beispielsweise konnte die Heinz-Nixdorf-Recall-Studie zeigen, dass das relative Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis bei einem Kalzium-Score von 1–99, 100–399, 400–999 und ≥ 1000 um den Faktor 1,7, 4,0, 5,4 bzw. 16,1 erhöht ist [25, 26]. In einer Metaanalyse von 13 Studien mit 71.595 asymptomatischen Patienten kam es während der mittleren Nachbeobachtungsdauer von 50 Monaten bei lediglich 0,47 % der 25.903 Patienten mit einem Kalzium-Score von 0 zu einem kardiovaskulären Ereignis. Im Unterschied hierzu kam es bei 4,14 % der asymptomatischen Patienten mit einem Kalzium-Score > 0 zu einem kardiovaskulären Ereignis, was einem relativen Risiko von 0,15 (95 % CI 0,11–0,21; p < 0,001) entspricht [27].

Ein höherer Anteil atherosklerotischer Veränderungen bei CAC-Score 0 fand sich in der prospektiven multizentrischen SCAPI(Swedish Cardiopulmonary Bioimage)-Studie. Hier wurden bei 25.182 zufällig ausgewählten Individuen zwischen 50 und 64 Jahren, asymptomatisch und ohne bekannte KHK, eine CCTA sowie ein CAC-Scan ausgewertet. In der Gruppe mit einem negativen CAC-Score von 0 fanden sich bei 5,5 % atherosklerotische Veränderungen, signifikant waren diese bei 0,4 %. Höher war der Anteil von Atherosklerose bei Teilnehmern mit einem negativen Kalkscore und einem mittleren 10-Jahres-Risiko aufgrund kardiovaskulärer Risikofaktoren. Hier fand sich eine Atherosklerose bei 9,2 % [28].

Derzeit existieren jedoch noch keine Studiendaten, die eine abschließende Beurteilung des Kalzium-Scorings im Hinblick auf mögliche Screening-Untersuchungen erlauben. Da Früherkennungsuntersuchungen zur Ermittlung nichtübertragbarer Krankheiten, wie bei Kalzium-Scoring-Untersuchungen bei asymptomatischen Individuen z. B. im Rahmen sog. „Manager-Check-ups“, nach geltendem Recht nur im Rahmen von vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit per Rechtsvorschrift (§ 84 StrSCHG) genehmigter kontrollierter Screening-Programme erfolgen dürfen, besteht derzeit keine rechtliche Grundlage zur Durchführung eines Kalziums-Scorings in dieser Patientengruppe.

3.2.2 Kalzium-Scoring bei symptomatischen Patienten

Der Stellenwert des Kalzium-Scorings bei symptomatischen Patienten ist unklar. Eine Metaanalyse der Daten von 10.355 Patienten, welche wegen des Verdachts auf eine koronare Herzerkrankung oder ein akutes Koronarsyndrom eine Koronarangiographie erhalten hatten, zeigte bei 56 % dieser Patienten eine Koronarstenose > 50 %. Das Kalzium-Scoring mit einem Wert > 0 zeigte hierfür eine Sensitivität von 98 %, eine Spezifität von 40 %, einen negativ prädiktiven Wert (NPV) von 93 % einen positiv prädiktiven Wert von 68 % [27].

Unter anderem der hohe NPV dieser Studie wurde oft als Argument herangezogen, bei einen CAC-Score von 0 keine weiteren Zusatzuntersuchungen durchzuführen (sog. Gatekeeper-Funktion) [29]. Demgegenüber zeigte sich in einer Subgruppenanalyse der CORE64-Studie lediglich ein NPV von 68 % für eine koronare Herzerkrankung [30], und im CONFIRM-Register bei Patienten mit einen CAC-Score von 0 in 3,5 % der Patienten eine Koronarstenose ≥ 50 % und in 1,4 % ≥ 70 % [31].

Studien mit CT-Geräten neuester Generation bei Patienten mit hoher Kalklast, wie z. B. bei Patienten vor geplanter TAVI [32, 33], zeigen, dass in auch in diesem Kollektiv mit einem hohen Prozentsatz ein Ausschluss einer relevanten KHK mit der cCTA möglich ist. Deshalb wird in den Empfehlungen der Leitlinien zum chronischen Koronarsyndrom bei hohem CASC in der Vordiagnostik und damit eher höherer klinischer Vortestwahrscheinlichkeit als nächster Schritt ein Funktionstest mit einem ischämienachweisenden Verfahren empfohlen [14].

3.2.3 Kalzium-Scoring zur Risikoreklassifizierung und zur Therapiesteuerung

Eine retrospektive Kohortenstudie mit 13.644 Patienten zeigte den Zusammenhang zwischen Vorhandensein und Ausmaß der Koronararterienverkalkung und dem Nutzen einer Statintherapie zur Risikoreduktion atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankungen [34]. Bereits aus den Daten der MESA-Studie ist bekannt, dass der koronare Kalzium-Score nicht nur eine überlegene Diskriminierung und Risikoklassifizierung im Vergleich zu anderen subklinischen Bildgebungsmarkern oder Biomarkern aufweist [35, 36], sondern auch stark mit dem 10-Jahres-Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert ist. Diese Assoziation ist unabhängig und inkrementell zu traditionellen Risikofaktoren und in abgestufter Weise über das Alter, das Geschlecht und ethnische Gruppen hinweg nachweisbar [37].

Eine Analyse der Heinz-Nixdorf-Recall-Studie konnte zeigen, dass die zusätzliche Bestimmung des Kalzium-Scores (Score = 0 vs. Score ≥ 100) die Stratifizierung von Patienten mit hohem und niedrigem Risiko für koronare Ereignisse verbessert [38]. Mutmaßlich kann so das Kalzium-Scoring dabei helfen, eine intensivierte Risikofaktormodifikation angepasst an die atherosklerotische Plaque-Belastung sowie das tatsächliche Risiko durchzuführen.

Bei Patienten mit einem grenzwertigen (5–7,4 %) oder intermediären (7,5–19,9 %) Risiko für das Vorliegen einer KHK gemäß dem Atherosclerotic-Cardiovascular-Disease(ASCVD)-Risk-Score kann das Kalzium-Scoring bei der individuellen Risikobewertung für eine primäre Prävention z. B. mittels einer Statintherapie [39, 40] hinzugezogen werden. In diesen Gruppen kann die Bestimmung der Koronararterienverkalkung bei einem signifikanten Anteil der Patienten zu einer Reklassifizierung führen, und zwar bei einem Agatston-Score ≥ 100 bzw. ≥ 75. Alters‑/Geschlechts‑/Rassen-Perzentile in eine höhere Risikogruppe und bei einem Score von 0 in eine niedrigere Risikogruppe [40, 41].

Neuste Erkenntnisse bezüglich der präventiven Bedeutung und Anwendung des Kalzium-Scorings in der klinischen Praxis deuten darauf hin, dass das Kalzium-Scoring die derzeitige Risikostratifizierung und Therapieentscheidung bei Personen mit Hypertriglyceridämie ohne klinisch relevantes ASCVD-Risiko verbessert [42].

So betrug die kumulative 5‑Jahres-ASCVD-Inzidenz 15,9 % bei einem Kalzium-Score über 100 und 7,2 % für Kalzium-Score von null bei Patienten, die sich für eine Therapie mit Icosapent-Ethyl (einem seit Ende 2021 zugelassenen Triglyceridstoffwechselmodifikator) qualifizierten, und 13,9 % bzw. 1,5 % bei denen, die sich nicht für diese medikamentöse Intervention qualifizierten. Hieraus berechnet sich eine „number needed to treat“ (NNT) von 29 für einen Kalzium-Score über 100 und von 64 für einen Kalzium-Score von 0 für die Icosapent-Ethyl-Therapie-Qualifikanten, und eine NNT von 33 bzw. 304 für die Patienten, die sich nicht für eine Therapie mit Icosapent-Ethyl qualifizierten. Der Kalzium-Score könnte so beispielsweise bei Unsicherheiten hinsichtlich des Nutzens einer Statintherapie oder zur Entscheidung über zusätzliche Therapien herangezogen werden. Dies birgt jedoch z. B. das Risiko einer Unterbehandlung von Patienten mit Kalzium-Score von null bzw. einer Überbehandlung von Patienten mit erhöhtem Kalzium-Score [43]. So stieg beispielsweise in einem 10-Jahres-Beobachtungszeitraum die ASCVD-Inzidenz für Patienten mit einem Kalzium-Score von 0, welche die Therapieindikationen für Icosapent-Ethyl erfüllten, auf 10,8 % an. Die Ergebnisse der Studie von Cainzos-Achririca et al. können daher insbesondere auch als Planungsgrundlage für randomisiert-kontrollierte Studien zur Klärung dieser Fragen dienen [40].

Zusammenfassend kann im Rahmen jeder CCS-Abklärung die Durchführung eines nativen CT-Scans zum Kalzium-Scoring vor einer CT-Koronarangiographie empfohlen werden, um einen zusätzlichen Risikoparameter zu bestimmen und Patienten mit einer extrem hohen Kalklast zu identifizieren und ggf. statt der CT-Koronarangiographie eine alternative Diagnostik mittels Funktionstest, wie z. B. einer Stress-MRT, durchzuführen. Kalzium-Scoring-Untersuchungen bei asymptomatischen Individuen, z. B. im Rahmen sog. „Manager-Check-ups“, sind nach geltendem Recht derzeit nicht zulässig.

3.3 Koronar-CT-Angiographie

Mit den adjustierten Vortestwahrscheinlichkeiten für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit [13], die Eingang in die aktuelle europäische Leitlinie „Chronisches Koronarsyndrom“ [14] gefunden haben, ist der nichtinvasiven Koronardiagnostik mittels CT eine deutlich wichtigere Rolle in der Abklärung des chronischen Koronarsyndroms zuerkannt worden.

Ausgangspunkt für diese Entwicklung waren u. a. die COURAGE-Studie [44], die SCOT-HEART-Studie [19], die PROMISE-Studie [45] und die ISCHEMIA-Studie [12]. Mit der Publikation der COURAGE-Studie 2007, welche KHK-Patienten mit positivem Ischämienachweis und einer mindestens 70 %igen, proximalen Koronarstenose untersuchte, wurde erstmalig der prognostische Vorteil einer koronaren Revaskularisation hinterfragt. Im Ergebnis zeigte sich, dass in diesem Patientenkollektiv die Koronarintervention das Risiko von Tod, Herzinfarkt oder anderen schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen zusätzlich zu einer optimalen medizinischen Therapie nicht verringerte.

Die SCOT-HEART-Studie zeigte, dass Patienten mit stabilem Brustschmerz, die zur Abklärung des KHK-Verdachts zusätzlich zur Standarddiagnostik noch eine Koronar-CT erhielten, durch eine aufgrund der CT-Ergebnisse intensivierten präventiven Therapie nach im Mittel 4,8 Jahren eine signifikant geringere Rate an Myokardinfarkten (2,3 % vs. 3,9 %; p = 0,004) erlitten.

2020 wurden die Ergebnisse der randomisierten ISCHEMIA-Studie veröffentlicht [10, 12]. Hier wurden insgesamt 5179 Patienten mit einer nichtinvasiv nachgewiesenen Myokardischämie entweder einer optimierten medikamentösen Behandlung alleine oder zusätzlich auch einer invasiven Koronarangiographie und ggf. einer Revaskularisation zugeführt [12]. Bei 73 % der Patienten diente die Koronar-CT als sog. Gatekeeper, um Patienten mit relevanter Hauptstammstenose (> 50 %) auszuschließen und zumindest eine koronare 1‑Gefäß-Erkrankung mit einer Stenose ≥ 50 % an einer der 3 Koronararterien nachzuweisen. Die Übereinstimmung zwischen Herzkatheter und CT betrug für das Vorhandensein einer relevanten Hauptstammverengung ≥ 50 % 97,1 %, für das Vorhandensein einer signifikanten KHK mit ≥ 50 % Stenose in mindestens einer Koronararterie 92,2 % [46]. In der invasiven Gruppe erhielten 78 % der Patienten eine Revaskularisierung. Die kumulative 5‑Jahres-Ereignisrate (Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, Myokardinfarkt, Hospitalisierung aufgrund instabiler Angina pectoris, akuter Herzinsuffizienz oder überlebtem Herztod) zeigt mit 16,4 % in der invasiven Gruppe und 18,2 % in der konservativen Gruppe allerdings keinen signifikanten Unterschied. Auch bei der Gesamtmortalität fand sich mit 1,7 % vs. 1,0 % nach einem Jahr und 9,0 % vs. 8,3 % nach 5 Jahren kein signifikanter Gruppenunterschied, ebenso für die sekundären Endpunkte kardiovaskulärer Tod oder Myokardinfarkt. Ein Vorteil für das invasive Vorgehen zeigt sich bei den Krankheitssymptomen. Bei Patienten, die zum Studienbeginn unter Angina-pectoris-Beschwerden litten, konnte bei einer um 30 % höheren Patientenanzahl vollständige Symptomfreiheit erreicht werden als durch die alleinige medikamentöse Therapie [12]. Insgesamt hat die ISCHEMIA-Studie gezeigt, dass Patienten mit V. a. KHK von einer initial invasiven Diagnose- und Therapiestrategie nach Ausschluss einer Hauptstammstenose mittels Koronar-CT im Vergleich zum Best Medical Treatment nur symptomatisch, nicht aber prognostisch profitieren. Einschränkend muss ergänzt werden, dass während des Studienverlaufs von etwa 5 Jahren auch 23 % der initial konservativ behandelten Patienten einer Koronarrevaskularisation zugeführt wurden [12].

Wie oben bereits genannt, gibt es aktuell keine rechtfertigende Indikation für das alleinige Kalzium-Scoring als Screening-Methode. Gleiches gilt zum jetzigen Zeitpunkt auch für die CT-Koronarangiographie. Für die Zukunft ist jedoch die CT-Koronarangiographie als einzige nichtinvasive Methode in der Lage, instabile, nicht verkalkte Plaques nachzuweisen bzw. auszuschließen. Daher stellt sich jetzt die Frage, ob die CT-Koronarangiographie zukünftig mit diesen Möglichkeiten als Screeninguntersuchung sinnvoll sein kann. Eine Antwort hierauf kann als ersten Schritt nur eine fundierte wissenschaftliche Überprüfung der Thematik für eine eng definierte Gruppe liefern. Dies wird auch durch die Änderungen im Strahlenschutzgesetz hinsichtlich der Möglichkeit des Screenings ermöglicht, welche eine Einführung nach wissenschaftlicher Prüfung in einem engen rechtlichen Rahmen erlaubt (§§ 84, 14 (3) StrlSchG) [47].

Zusammenfassend lässt sich somit basierend auf den genannten Studien feststellen, dass die kardiale CT in ihrer diagnostischen Aussagekraft in der Primärdiagnostik des CCS anderen diagnostischen Verfahren, invasiv und nichtinvasiv, gleichwertig ist. Die kardiale CT reduziert die Anzahl der invasiven Katheterangiographien sowie die Anzahl der Revaskularisationen und der Zahl myokardialer Infarkte [10, 48]. Basierend auf der aktuellen ESC-Leitlinie gibt es kaum noch eine direkte Indikation zur Durchführung einer invasiven Diagnostik bei Patienten mit Verdacht auf das Vorliegen eines chronischen Koronarsyndroms.

3.4 Weiterführende Parameter

Neben den klassischen und etablierten Parametern in der Analyse einer Koronar-CT wie kalzifizierte, gemischte und nichtkalzifizierte Plaque, Stenosegrad, Länge und Durchmesser der Stenose haben sich auch zunehmend weiterführende Plaque-Parameter zur Abschätzung des kardialen Risikos etabliert. Diese Parameter gehen über den reinen Stenosegrad – wie in der invasiven Koronarangiographie zu sehen – deutlich hinaus und erlauben eine noch differenziertere Charakterisierung von koronaren Läsionen.

Die ROMICAT-II-Studie sowie die PROMISE-Studie konnten verschiedene Plaque-Parameter als unabhängige und inkrementelle Risikofaktoren für das Auftreten eines kardialen Ereignisses definieren. Diese qualitativen Parameter sind (Abb. 3):

  • Positives Remodeling: ein expansives, nach außen gerichtetes Plaquewachstum ohne relevante Stenosierung des Gefäßes.

  • Niedrige Plaquedichte: nichtkalzifizierte atherosklerotische Läsionen mit Arealen mit niedriger Dichte (< 30 HU). Diese entsprechen einem fetthaltigen Kern.

  • Mikrokalzifikationen: kleine Kalzifikationen (< 3 mm) mit hoher Dichte (> 130 HU) innerhalb der atherosklerotischen Läsion.

  • Serviettenring-Zeichen: ringförmige dichteangehobene Areale um einen hypodensen Kern einer nichtkalzifizierten atherosklerotischen Läsion.

Abb. 3
figure 3

Hochrisiko-Plaque-Parameter basierend auf der ROMICAT-II- und PROMISE-Studie: positives Remodelling (a), niedrige Plaquedichte (b), Mikrokalzifikationen (c), Serviettenring-Zeichen (d), jeweils durch Pfeile markiert

Diese Veränderungen gehen sowohl bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom als auch mit chronischem Koronarsyndrom mit einem erhöhten Risiko für ein relevantes kardiales Ereignis einher und werden daher auch als vulnerable oder „high-risk“ Plaque-Eigenschaften bezeichnet. Hier wird eine Überprüfung und ggf. Anpassung der Therapie empfohlen [49].

Das Vorhandensein und Ausmaß der genannten Hochrisiko-Plaque-Parameter sollte essenzieller Bestandteil eines Koronar-CT-Befunds sein. In der aktuellen amerikanischen Leitlinie der Society of Cardiovascular Computed Tomography (SCCT) von 2021 wurden diese bereits berücksichtigt [50]. Der Einfluss dieser Parameter auf das Therapieregime ist aktuell noch Gegenstand intensiver Forschung.

Neben den morphologischen Parametern werden in Zukunft sicher weiterführende quantitative funktionelle Parameter in der Erstellung kardialer CT-Befunde zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das größte Potenzial hat hierbei sicherlich die Bestimmung der CT-basierten fraktionellen Flussreserve oder CT-FFR. Die FFR-Bestimmung erfolgt eigentlich mittels invasiver Druckdrahtmessung im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung. Die FFR gibt das Verhältnis des mittleren intraarteriellen Druckes eines Koronargefäßes direkt nach der Stenose (Pd) im Vergleich zum maximalen Druck ohne Stenosen bzw. vor der Stenose an (Pa) unter maximaler Hyperämie. Dies erfolgt über die intravenöse Gabe von Adenosin im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung. Sie ist seit Jahren der invasive Goldstandard zur Ermittlung der hämodynamischen Relevanz einer Koronarstenose [51].

Mit Hilfe von mathematischen Modellen, der sog. „computational fluid dynamics“ (CFD), wurde das Prinzip auf die CT-Daten übertragen und ermöglicht so nichtinvasiv eine Beurteilung der hämodynamischen Verhältnisse bezüglich der Relevanz einer Stenose [52]. Dies spielt insbesondere bei intermediären Stenosen eine Rolle [53, 54]. Die PLATFORM-Studie konnte bei Patienten mit dem Verdacht auf eine KHK zeigen, dass die Rate an Herzkathetern ohne Nachweis einer obstruktiven KHK signifikant durch den Einsatz der CT-FFR reduziert werden kann (CT-FFR: 12 % vs. ICA: 73 %) [55]. Die Limitation ist die fehlende breite Verfügbarkeit, da bisher einzig ein Anbieter eine kommerzielle und klinisch zugelassene Anwendung vertreibt. Diese Anwendung kann nur „off-site“ in Form einer cloudbasierten Lösung durchgeführt werden. Bisher noch nicht kommerziell verfügbare, auf Machine Learning basierende Software-Lösungen verschiedener Hersteller [56, 57], die „on-site“ angewendet werden können, zeigen ebenfalls sehr vielversprechende Ergebnisse und sind möglicherweise bald auch kommerziell verfügbar. Dennoch kann sowohl aus Sicht des Patientenwohls als auch aus wirtschaftlichen Aspekten heraus die Anwendung dieses vergleichsweise teuren Verfahrens in Einzelfällen auch jetzt schon sinnvoll sein.

4. Untersuchungstechnik

Qualitätsstandards in der Untersuchungstechnik der nativen kardialen CT zum Kalzium-Scoring und der Koronar-CTA sind die Grundlage für eine gute diagnostische Aussagekraft. Die Bildqualität der Untersuchung sollte unmittelbar nach Anfertigung der Rekonstruktionen am CT-Scanner von einem fachkundigen Arzt abgenommen werden. Zur visuellen Qualitätsbeurteilung dienen dabei verschiedene anatomische Landmarken, welche detailliert in den beiden Unterkapiteln „CT-Kalzium-Scoring“ und „CT-Koronarangiographie“ aufgeführt werden.

Beide Untersuchungstechniken haben folgende Grundlagen gemein: Um Bewegungsartefakte zu vermeiden, wird eine CT mit mindestens 64 Detektorzeilen und einer Rotationszeit von < 0,35 s gefordert. Eine prospektive EKG-Triggerung oder ein retrospektives EKG-Gating sollte in Abhängigkeit von der Herzfrequenz und dem Vorhandensein von Arrhythmien genutzt werden. Die Lagerung des Patienten erfolgt in Rückenlage mit den Armen über dem Kopf, das Herz sollte sich dabei im Isozentrum des Scanners befinden. Sowohl das Topogramm als auch die Aufnahme sollten in Inspiration durchgeführt werden. Das CTDIvol richtet sich nach den aktuellen Referenzwerten, adaptiert an die Fragestellung. Die Standardmatrix für die Darstellung des Herzens sollte in einem kleinen, auf die Herzgröße angepassten FOV 512 × 512 Pixel betragen. Darüber hinaus ist ein weiteres, großes FOV mit vollständiger Erfassung des Thorax und des Weichteilmantels im Scanbereich anzufertigen, um Nebenbefunde abzubilden. Das Herz wird primär mit glättenden (weichen) Kernels, der Thorax zusätzlich auch mit kantenbetonten (harten) Kernels rekonstruiert. Weiter stehen meist kardio- bzw. stentspezifische Kernels herstellerabhängig zur Verfügung.

4.1 CT-Kalzium-Scoring

Die Lagerung und Vorbereitung des Patienten erfolgen nach oben beschriebenem Schema. Die artefaktfreie Darstellung von Verkalkungen der Koronarien, der Herzklappen und die Identifizierung der Koronarostien sind die Grundlage für die visuelle Qualitätsbeurteilung der Aufnahme.

Die Grenzen des Scanbereichs bilden die Karina und die Herzspitze. Empfohlene Scanparameter sind 100–120 kV, eine Rotationszeit von < 0,35 s und eine Kollimation von < 1 mm im Spiralmodus. Bei Scannern mit einer entsprechenden Detektorbreite sind auch Einzelrotationen mit vollständiger Erfassung möglich. Für das Kalzium-Scoring wird eine einzelne Serie in der Enddiastole benötigt. Für die Rekonstruktion der Aufnahmen des Herzens und des Thorax sollten die Schichtdicke und das Inkrement 3 mm betragen, damit eine Vergleichbarkeit zu den publizierten Kalzium-Scores, hauptsächlich dem Agatson-Score, gegeben ist [58]. Eine exemplarische Fensterung kann mit einer Breite („width“, w) von 400 HE bei einem Zentrum („center“, c) von 100 HE erfolgen, bei Bedarf aber auch variiert werden.

4.2 CT-Koronarangiographie

Eine optimale Bildqualität wird zuverlässig erreicht, wenn der Patient eine niedrige Herzfrequenz von ≤ 65 Schlägen pro Minute und einen regelmäßigen Herzrhythmus während der Untersuchung aufweist. Wird diese Voraussetzung nicht erfüllt, sollte die Gabe eines Betablockers erfolgen (siehe Abschnitt „Medikamentöse Herzfrequenzkontrolle“). Zusätzliche sollten zur Verbesserung der Beurteilung der Gefäßlumina Nitrate verabreicht werden (siehe Abschnitt „Medikamentöse Gefäßdilatation“). Herzrhythmus, Frequenz, Blutdruck sowie alle verabreichten Medikamente sind zu dokumentieren.

Die Grundlage für die visuelle Qualitätsbeurteilung der Aufnahme ist die Abgrenzbarkeit der Koronarplaques sowie der Segel und der Taschen der Herzklappen. Zur adäquaten Kontrastierung der Koronarterien (Bloodpool > 250 HU) sollte das Kontrastmittel gewichtsadaptiert dosiert werden (0,2–0,4 g Jod/kg Körpergewicht). Als Jod-Einbringrate werden 1,2–2,0 g Jod/Sekunde empfohlen [59]. Bei Verwendung eines Kontrastmittels mit 300 mg Jod/ml ergibt sich daraus für durchschnittliche Patienten etwa ein Volumen von 60–80 ml Kontrastmittel und eine Injektionsgeschwindigkeit von 4–6 ml/s. Der Standard für die Triggerung des Scans ist ein Bolustracking (Schwellenwert 120–180 HE), wobei die Positionierung der „region of interest“ (ROI) vom Scannertyp abhängt. Alternativ kann eine Testbolusstrategie verwendet werden [60].

Die Scanstrecke sollte mindestens vom Aortenbulbus bis zur Herzspitze reichen, bei Patienten nach Bypassoperationen, wenn ein arterieller In-situ-Bypass dargestellt werden soll, oder vor TAVI kann diese bis zur A. subclavia erweitert werden. Typische Scanparameter sind 70–120 kV, eine Rotationszeit von < 0,35 s (360°) und eine Kollimation von < 0,7 mm. Bei regelmäßiger, niedriger Herzfrequenz (< 65 Schläge/min) kann eine dosissparende, prospektive EKG-Triggerung eingesetzt werden. Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden, sollte auf die robustere, retrospektive EKG-Triggerung mit oder – in Ausnahmefällen bei ausgeprägten Arrhythmien – ohne EKG-angepasste Dosismodulation zurückgegriffen werden. Diese geht allerdings mit einer höheren Strahlenexposition einher. Die rekonstruierte Schichtdicke zur Beurteilung der CTA sollte ≤ 0,7 mm betragen. Bei der prospektiven EKG-Triggerung sollten mehrere Herzphasen rekonstruiert werden, um die Phasen mit minimalen Bewegungsartefakten zu identifizieren, ggf. verschiedene Phasen für jede Koronararterie. Die Mindestanforderungen bei retrospektivem EKG-Gating sind zwei räumlich überlappende Rekonstruktionen (Inkrement < Schichtdicke) des Herzens. Darüber hinaus sollten gekrümmte oder begradigte MPRs von LAD, CX und RCA angefertigt werden. Eine exemplarische Fensterung ist eine Fensterweite = 600 HE und ein Fensterzentrum = 200 HE, diese kann aber ebenfalls nach Bedarf angepasst werden. Unterstützende Rekonstruktionsalgorithmen, z. B. zur Artefaktreduktion oder Qualitätsverbesserung durch iterative Rekonstruktion, sind optional.

4.3 Pädiatrische Besonderheiten

Für das pädiatrische Patientenkollektiv sollten geeignete, altersadaptierte Protokolle mit verminderter Dosis verwendet werden (z. B. möglichst niedrige Röhrenspannung). Bei optimalen Untersuchungsvorrausetzungen stehen auch je nach Scanner High-pitch‑/Single-shot-Protokolle zur Verfügung. Kontrastmittelmenge und Flussrate sind alters- und größenadaptiert zu reduzieren. Native Untersuchungen zum Kalzium-Scoring sind bei jungen Patienten in der Regel nicht indiziert.

5. Patientensicherheit

Die Computertomographie ist bei Beachtung der zur Anwendung ionisierender Strahlung empfohlenen Sicherheitsmaßnahmen bei gegebener rechtfertigender Indikation eine sichere Untersuchungstechnik. Mögliche Risiken können aus der Anwendung ionisierender Strahlung, der Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel und Nitrogglycerin sowie einer eventuell erforderlichen medikamentösen Herzfrequenzkontrolle resultieren.

5.1 Ionisierende Strahlung

Wie jede Untersuchung mittels ionisierender Strahlung unterliegt auch die CT dem Strahlenschutzgesetz und der Strahlenschutzverordnung [61]. Bei sach- und fachgerechter Anwendung können aufgrund der geringen Dosen neuer Computertomographen keine akuten, deterministischen Strahlenschäden auftreten. Hinsichtlich chronischer bzw. verzögerter Strahlenschäden ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich.

McCollough et al. schätzen, dass eine CT mit einer Dosis zwischen 1 und 10 mSv mit einem Risiko für ein tödliches Karzinom von 1:2000 einher geht [62]. Das allgemeine Risiko für ein tödliches Karzinom von ca. 400:2000 (20 %) erhöht sich in diesem Dosisbereich also um 0,2 % auf 20,02 % (401:2000) [63]. Für bestimmte Tumorentitäten ergeben sich in Abhängigkeit von der Gesamtdosis möglicherweise andere additive Risiken, wobei sich auch hier für Dosen unter 30 mSv kein gesteigertes Karzinomrisiko fand [64]. Bei einer durchschnittlichen Dosis von ca. 4,4 mSv für eine diagnostische Koronarangiographie [65] und einer mittleren Dosis von 0,63–4,7 mSv für eine Koronar-CT [66] ergibt sich daher hinsichtlich des Risikos für ein tödliches Karzinom ein niedrigeres oder annähernd gleiches Risiko für die Koronar-CT im Vergleich zur diagnostischen Koronarangiographie.

Allerdings besteht für die diagnostische Koronarangiographie ein zusätzliches Komplikationsrisiko durch die Invasivität der Untersuchung selbst. Dieses wird bei der Koronarangiographie für nichttödliche Komplikationen (z. B. asymptomatische Okklusion der A. radialis, Hämatom der Punktionsstelle) mit 1–30 % und für tödliche Komplikationen mit 0,08–0,1 % angegeben [67,68,69]. Daher weist die Koronar-CT – unabhängig von möglichen therapeutischen Konsequenzen – bei Vergleich der Komplikationshäufigkeit und -schwere ein für den Patienten deutlich günstigeres Sicherheitsprofil auf.

Dies schließt auch ein, dass eine korrekte Indikationsstellung und Durchführung der koronaren CT-Untersuchung nur durch Ärztinnen und Ärzte mit der entsprechenden CT-Fachkunde möglich ist. Neben der Regulierung im Rahmen des Strahlenschutzgesetzes ist basierend auf dem Strafrecht (§ 299a StGb) auch eine so genannte Selbstzuweisung, das heißt eine Eigenüberweisung des Patienten nicht zulässig. So darf der überweisende Arzt, i. d. R. Allgemeinmediziner, Internist oder Kardiologe, keinen direkten oder indirekten persönlichen Vorteil aus der Durchführung einer CT-Untersuchung ziehen. Diese Trennung dient der Patientensicherheit mit kritischer Prüfung der Indikationsstellung und durch Anwendung des sog. 4‑Augen-Prinzips auch der allgemeinen Wirtschaftlichkeit. In der gesetzlichen Krankenversicherung werden radiologische Verfahren, wie z. B. MRT, CT und Angiographien, über die Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V (in Verbindung mit den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern) auf die hierfür speziell qualifizierten Fachärzte für Radiologie beschränkt [70, 71].

5.2 Kontrastmittel

Insgesamt sind die heute meist eingesetzten nichtionischen niederosmolaren jodhaltigen Kontrastmittel sehr sicher. Die Häufigkeit akuter unerwünschter Nebenwirkungen insgesamt beträgt ca. 0,2–0,7 % [72,73,74] und die schwerer akuter Nebenwirkungen ca. 0,04 %; tödliche Kontrastmittelreaktionen sind mit einer Inzidenz von 1:170.000 sehr selten [75].

5.3 Allergoide Reaktion

Die Prävalenz allergoider Reaktionen wird auf 0,05–0,1 % nach intravenöser Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel geschätzt und ist für nichtionische Kontrastmittel, wie sie heute in der Regel benutzt werden, mit 0,03–3 % noch einmal geringer [76,77,78,79]. Die Risikofaktoren für eine Überempfindlichkeit gegenüber jodhaltigem Kontrastmittel sind nicht vollständig geklärt [78].

5.4 Kontrastmittel-induzierte Nephropathie

Die kardiale CT weist im Vergleich zur invasiven Koronarangiographie ein vorteilhaftes Sicherheitsprofil in Bezug auf das Risiko einer Kontrastmittel-induzierten Nephropathie (KIN) auf. Aktuell wird davon ausgegangen, dass es, insbesondere in der CT, sehr selten zu einer Kontrastmittel-induzierten Nephropathie kommt. Die tatsächliche Häufigkeit einer KIN ist jedoch trotz zahlreicher Studien weiterhin nicht hinreichend bekannt. Die vorhandenen Daten deuten jedoch daraufhin, dass die intravenöse Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel bei Patienten mit einer eGFR ≥ 45 ml/min/1,73 m2 kein unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten eines PKM-AKV ist, und dass ein PKM-AKV bei Patienten mit einer eGFR zwischen 30 und 45 ml/min/1,73 m2 sehr selten auftritt [80,81,82,83]. Zwei Studien haben ein erhöhtes Risiko für eine KIN bei Patienten mit einer eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 gezeigt [80, 81].

Im Vergleich zu anderen Untersuchungen mit Kontrastmittelgabe scheint die invasive Koronarangiographie ein erhöhtes Risiko für eine KIN zu tragen. Möglicherweise verantwortlich hierfür sind die intraarterielle und suprarenale Kontrastmittelinjektion, die einen kurzen und nicht wesentlich verdünnten Kontrastmittelbolus in den Nieren zur Folge hat. Zusätzlich ist das Risiko arterioarterieller Thrombembolien durch Kathetermanipulation zu nennen [82, 84,85,86].

5.5 Schilddrüsenfunktionsstörungen

Jodhaltige Röntgenkontrastmittel können zu einer Schilddrüsenfunktionsstörung i. S. einer Hyperthyreose führen bzw. beim Vorliegen einer latenten Hyperthyreose eine manifeste Hyperthyreose triggern. Des Weiteren ist die weiterführende szintigraphische Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen, z. B. eines autonomen Adenoms, für mindestens 3 Monate durch eine Jodgabe blockiert.

Obwohl klinisch relevant, ist die Prävalenz der durch jodhaltige Kontrastmittel verursachten Schilddrüsenfunktionsstörungen wenig untersucht. Die publizierten Daten weisen auf eine Prävalenz zwischen 0,05 und 5 % hin, höher ist sie bei Patienten mit vorbestehender Schilddrüsenerkrankung [87,88,89,90]. Obwohl selten, kann die Erkrankung schwerwiegende oder sogar lebensbedrohliche Folgen haben, wenn sie unbehandelt bleibt. In der Regel wird daher vor der Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittels eine Schilddrüsenfunktionsstörung ausgeschlossen, meist über die laborchemische Bestimmung des basalen TSH-Wertes, allerdings existieren derzeit keine diesbezüglichen allgemein anerkannten Empfehlungen [89, 91].

5.6 Medikamentöse Gefäßdilatation

Vor der CTA der Koronargefäße sollte nach dem Prüfen von Kontraindikationen die Gabe von Nitraten erfolgen, um durch Vasodilatation eine optimale Beurteilung der Gefäßlumina zu ermöglichen [92]. Ein häufig verwendetes Schema sind 400–800 mg sublinguales Nitroglycerin, das entweder als Tabletten oder Spray verabreicht werden kann (üblicherweise 1–2 Tabletten oder 1–2 Sprayhübe) [93]. Die 800-mg-Dosierung und die Applikationsform als Spray werden auf Grund der einfachen Durchführbarkeit in der Regel bevorzugt [94]. Dies sollte ca. 5 min sublingual vor der Durchführung der Untersuchung zur Gewährleistung einer optimalen Wirksamkeit erfolgen. Die Wirkdauer beträgt nach Gabe ca. 20–30 min [95]. Es wird empfohlen, die Gabe nach Durchführung einer Blutdruckmessung auf dem CT-Tisch durchzuführen, um synkopale Ereignisse durch plötzliche Blutdruckabfälle zu vermeiden [96]. Eine Übersicht über Kontraindikationen und häufigere Nebenwirkungen findet sich in Tab. 1.

Tab. 1 Kontraindikationen und häufigere Nebenwirkungen der Prämedikation mit Nitroglycerin

5.7 Medikamentöse Herzfrequenzkontrolle

Für eine optimale Bildqualität ist auch bei modernen Computertomographen in der Regel eine Herzfrequenz ≤ 65 Schläge pro Minute mit möglichst geringer Frequenzvariabilität anzustreben [97] (siehe Abschnitt „Untersuchungstechnik“). In der Regel erfolgt diese Frequenzregulation über die Gabe eines kardioselektiven Betablockers (z. B. Metoprolol) vor Beginn der Untersuchung [98]. Unter Berücksichtigung von Komorbiditäten und Kontraindikationen (Tab. 2) kam es in mehreren großen Studien zu keinen klinisch relevanten Komplikationen. Raju et al. haben retrospektiv die Daten von 662 Patienten auswerten können, die im Mittel 19 mg Metroprolol (Maximum: 67 mg) bis zum Erreichen der Zielherzfrequenz unter 60 Schläge pro Minute erhalten haben [99]. Hier zeigten sich keine unerwünschten Wirkungen. Ähnliches berichten Kassamali et al. von 679 Patienten, bei denen eine CT-Koronarangiographie durchgeführt wurde. Hier lag die mittlere Dosis Metoprolol bei 20 mg (Maximum: 70 mg); bei 10 (1,47 %) Patienten kam es zu Komplikationen, wobei dies lediglich bei 3 (0,44 %) Patienten interventionsbedürftige Komplikationen waren [99]. Zu diesen Komplikationen gehörte bei zwei Patienten ein atrioventrikulärer Block zweiten Grades.

Tab. 2 Kontraindikationen und Nebenwirkungen für eine Betablockergabe zur Frequenzkontrolle

Etabliert ist die titrierte Applikation von Metoprolol i.v. Ein mögliches Schema ist die Gabe von initial 5 mg i.v., gefolgt von jeweils 2,5 mg i.v. nach 3–5 min bis zum Erreichen der Zielherzfrequenz. Die empfohlene Höchstdosis liegt bei 15 mg i.v. Möglich ist auch eine orale Gabe von 100 mg eine Stunde vor der Untersuchung zur Verringerung der Vorbereitungszeit im Scanner, falls die örtlichen Gegebenheiten dies zulassen [98]. Der kardioselektive Betablocker Esmolol i.v. ist eine Alternative bei Patienten mit therapiepflichtigem Asthma bronchiale. Dieser hat einen raschen Wirkeintritt mit jedoch geringer Halbwertszeit von nur 9 min. Die Gabe erfolgt körpergewichtsadaptiert, empfohlen sind hier 50–100 µg/kg Körpergewicht. Das etwas ungünstigere Risikoprofil im Vergleich zu Metoprolol muss bei der Gabe beachtet werden. Daher sollte die Anwendung auf das genannte Patientenkollektiv begrenzt werden. Eine weitere Möglichkeit der Herzfrequenzsenkung ist die Gabe von Benzodiazepinen, z. B. 1 mg Lorazepam sublingual, oder Ivabradine (If-Kanal Inhibitor) per os.

Zusammenfassend hat die CT-Koronarangiographie bei korrekter Indikationsstellung gemäß CCS-Leitlinie im Vergleich zur invasiven Koronarangiographie ein sehr günstiges Risiko-Nutzen-Profil. Dies gilt sowohl für die möglichen Folgen ionisierender Strahlung als auch für unerwünschte Kontrastmittel-Nebenwirkungen. Die Applikation von Kontrastmittel im Rahmen der CT-Diagnostik ist weltweit etabliert und weist eine sehr niedrige Komplikationsrate auf. Prädisponierende Faktoren müssen im Aufklärungsgespräch abgefragt und entsprechend beachtet werden. Die Anwendung sollte im Rahmen der Zulassung erfolgen und das Kontrastmittel-Applikationsprotokoll der Fragestellung und dem CT-Scanner angepasst sein.

Eine adäquate Herzfrequenzkontrolle im Rahmen der kardialen CT-Bildgebung ist für eine diagnostisch gute Bildqualität wichtig. Hierfür kommen verschiedene Präparate und Applikationsformen in Frage, welche in Abhängigkeit von der individuellen Erfahrung, dem Patienten und der Anwendbarkeit vor Ort gewählt werden sollten. Alle gängigen Präparate zeigen ein günstiges Risikoprofil und sind im klinischen Alltag etabliert. Durch die Medikamentengabe bedingte Majorkomplikationen wurden nicht beobachtet [99]. Hingegen liegt die Häufigkeit einer relevanten Komplikation im Rahmen einer diagnostischen Koronarangiographie (Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Perikarderguss oder -tamponade, perkutane Koronarintervention aufgrund einer iatrogenen Koronardissektion oder ungeplante Bypassoperation innerhalb von 72 h nach diagnostischer Linksherzkatheteruntersuchung) bei 0,082–0,44 % [100, 101].

6. Befundung

6.1 Qualifikationsempfehlungen

Die CT des Herzens ist integraler Bestandteil des von der deutschen Röntgengesellschaft und dem Forum Junge Radiologie veröffentlichten Weiterbildungscurriculums, und das Modul „M5 Herz und Gefäße“ beschreibt ausführlich die Weiterbildungsinhalte in der kardialen Bildgebung ([102]; https://www.forum-junge-radiologie.de/de-DE/4927/curriculum/). Um den Qualitätsstandard in der Schnittbildgebung des Herzens zu sichern, hat die AG Herz- und Gefäßdiagnostik der DRG ein stufenweises Zertifizierungsprogramm für die Herzbildgebung geschaffen, welches ab der zweiten Qualifizierungsstufe deutlich über die notwendigen Kenntnisse zum Erwerb des radiologischen Facharztes hinausgeht. Die Qualifikationsstufen können dabei getrennt für CT und MRT erworben werden und umfassen folgende Abstufungen:

  • Die Qualifizierungsstufe Q1 entspricht grundlegenden Kenntnissen der Herzanatomie, der (Patho)physiologie, der Indikationen, technischen Durchführung und Befundung bei Erwachsenen.

  • Die Qualifizierungsstufe Q2 befähigt zur eigenständigen Durchführung und Interpretation kardialer Schnittbilduntersuchungen. Die Q2 Qualifizierungsstufe baut auf Q1 auf und setzt dementsprechend fundierte Kenntnisse der oben beschriebenen Lerninhalte voraus.

  • Die Qualifizierungsstufe Q3 dokumentiert und setzt umfassende Kenntnisse in der Herz-Schnittbildgebung voraus. Sie qualifiziert zur Begutachtung von Anträgen im Rahmen des Zertifizierungsprogramms der AG Herz- und Gefäßdiagnostik.

Die Voraussetzungen für den Erwerb der entsprechenden Qualifizierungsstufe sind eine bestimmte Anzahl von CME-Punkten aus einem von der AG Herz- und Gefäßdiagnostik zertifizierten Q‑Kurs, eine festgesetzte Anzahl von befundeten und dokumentierten Untersuchungen und ab Q2 eine erfolgreich abgelegte Prüfung. Einzelheiten hierzu sind auf der Seite der AG Herz- und Gefäßdiagnostik (https://www.ag-herz.drg.de/de-DE/1201/ueberblick/) einsehbar. Die Untersuchungszahlen können anteilig online durch Bearbeitung der Conrad Fallsammlung und optional durch das European Cardiac MR/CT Registry (https://www.mrct-registry.org/) der European Society of Cardiovascular Radiology dokumentiert werden. Eine Anmeldung im ESCR MR/CT Registry ist verpflichtend.

Neben der Zertifizierung von ärztlichen Einzelpersonen wird auch die Zertifizierung von Zentren, Kursen und in Kooperation mit der Vereinigung der technisch medizinischen Berufe in der DRG für MTRA angeboten. Die ausführlichen Informationen und Dokumente zu den jeweiligen Zertifizierungsprozessen finden sich auf dem Internetauftritt der AG Herz- und Gefäßdiagnostik (https://www.ag-herz.drg.de/de-DE/129/zertifizierung/).

6.2 Befundung

Die Untersuchungsbefundung sollte hierbei mindestens enthalten: klinische Angaben, um die rechtfertigende Indikation zu stellen und die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer KHK abschätzen zu können, wie Beschwerdesymptomatik, Beschwerdebeginn, kardiovaskuläre Risikofaktoren und bekannte Voruntersuchungen; Angaben zur Untersuchungstechnik einschließlich Akquisitionstechnik und verabreichter Medikation, Bildnachverarbeitung, Untersuchungsqualität und Befunde: Kalzium-Score, Vorhandensein von Koronaranomalien und Versorgungstyp, Plaques (verkalkt, gemischt, nichtverkalkt, Risikoplaques), Koronarstenosen, Herzklappen, Perikard, extrakardiale Befunde; Angaben zur Strahlenexposition. Zusätzlich sollten für den Zuweiser wichtige Entscheidungshilfen in Form einer Klassifikation oder von Perzentilen in den Befund inkludiert werden, damit wichtige klinische Konsequenzen standardisiert und leicht erkennbar berichtet werden.

6.3 Strukturierte Befundung

Neben der traditionellen Fließtextbefundung etabliert sich die strukturierte Befundung zunehmend im klinischen Alltag. Verschiedene Studien belegen, dass eine strukturierte Befundung zu einer geringeren Rate von diagnostischen Fehlern, einer besseren Vollständigkeit und Verständlichkeit des radiologischen Befundes sowie einer höheren Zufriedenheit der Zuweiser und weiteren fachspezifischen Kollegen führt [103, 104]. Ghoshhajra et al. konnten in einer Studie zur CT-Koronarangiographie etwa zeigen, dass die Kommunikationssicherheit von Radiologen und Zuweiser für die Anzahl der hochgradig stenosierten Koronararterien signifikant zunahm (53 % [Prosa] vs. 68 % [strukturierter Befund]; p = 0,04; κ = 0,31 vs. 0,52) [105]. Gerade im Kontext medizinisch und technisch hochanspruchsvoller Untersuchungen mit intensiver interdisziplinärer Kommunikation wie der Computertomographie des Herzens gewinnen diese Charakteristika eminent an Bedeutung.

Neben zahlreichen allgemein-radiologischen Gesellschaften [106, 107] unterstützen insbesondere mehrere Gesellschaften aus dem Bereich der kardiovaskulären Bildgebung in einem gemeinsamen Konsensuspapier die strukturierte Befundung [108]. Von der European Society of Cardiovascular Radiology wurde eine konkrete Empfehlung zur strukturierten Befundung von Prä-TAVI-Schnittbildgebung gegeben [109].

Um strukturierte Befundungstemplates in der Breite verfügbar zu machen, hat die AG Herz- und Gefäßdiagnostik eine Vielzahl dieser Templates im Rahmen einer Konsensuskonferenz erarbeitet [110]. Diese basieren, je nach Pathologie, auf den entsprechenden Empfehlungen der Fachgesellschaften und sollen einen hohen Qualitätsstandard der Befundung unterstützen. Alle bisher erarbeiteten Templates sind mittels einer Open-source-Lizenz online öffentlich verfügbar (www.befundung.drg.org) und können unmittelbar für die Befundung verwendet werden. Englischsprachige Befundvorlagen der Radiological Society of North America (RSNA) und der European Society of Radiology (ESR) können auf der Plattform www.radreport.org abgerufen werden.

6.4 CAC-DRS, MESA-Perzentile und CAD-RADs

Für das Kalzium-Scoring bzw. die CT-Koronarangiographie haben sich mit den Klassifikationen nach CAC-DRS und CAD-RADS zudem strukturierte „decision support tools“ in der klinischen Routine etabliert [111]. Insbesondere der CAD-RADS-Klassifikation kommt hier eine wesentliche Bedeutung für die Befundung zu. Bezüglich der koronaren Kalklast sollte hingegen aus o. g. Gründen die Angabe der MESA-Perzentile gegenüber der Klassifikation nach CAC-DRS präferiert werden.

6.4.1 CAC-DRS

Als strukturiertes Befundschema erlaubt das Coronary Artery Calcium Data and Reporting System (CAC-DRS) eine Klassifikation der Agatston-Werte, jedoch ohne Anpassung an das Alter oder Geschlecht ([58]; Tab. 3). Hierbei erfolgt eine Einteilung entweder präferiert anhand des Agatston-Scores (A0: Score 0, A1: Score 1–99, A2: Score 100–299, A3 ≥ 300) oder alternativ, vor allem für nicht EKG-gegatete Untersuchungen, visuell (V0: keine Koronarverkalkungen bis V3: ausgedehnte Kalklast) [112, 113]. Der Modifikator N beschreibt die Anzahl der affektierten Koronargefäße (Beispiel: Agatson-Score 287 in 2 Gefäßen = CAD-DRS 2/3). Zusätzlich können sich aus der CAC-DRS-Klassifikation pharmakopräventive Maßnahmen ableiten (Tab. 3).

Tab. 3 Klassifikation nach CAC-DRS und Therapieempfehlungen. (Nach [105])

Mit der Vereinheitlichung der Klassifikation wird eine standardisierte und zielgerichtete Beurteilung der koronaren Kalklast gewährleistet und die Information kompakt und eindeutig an die weiterbehandelnden Fachdisziplinen weitergegeben.

Alternativ wird in der klinischen Praxis und in Studien wie Nachauswertungen der SCOT-Heart-Studie [114] der Kalkscore in 6 Kategorien eingeteilt: 0: keine; 1–10: minimale; 11–100: geringe; 101–400: mäßige; > 400: ausgeprägte; > 1000: stark ausgeprägte Koronarsklerose.

6.4.2 MESA-Perzentile

Darüber hinaus wird eine strukturierte Einteilung anhand der Perzentilenkurven basierend auf den Ergebnissen der Multi-Ethnic-Study-of-Atherosclerosis(MESA)-Studie empfohlen [113]. Diese erlauben so eine Einordnung des Agatston-Scores in der jeweiligen Referenzgruppe gewichtet nach Alter, Geschlecht und Ethnie. Während nämlich ein Agatston-Score von 100 für einen 84-jährigen Patienten als niedrig im Rahmen des atherosklerotischen Alterungsprozesses zu werten wäre, wäre der gleiche Agatston-Score für einen 45-jährigen Patienten hoch. Eine Verdopplung des Agatston-Scores geht mit einer um 15–35 % gesteigerten Wahrscheinlichkeit für ein relevantes kardiales Ereignis (Schlaganfall, Myokardinfarkt, kardiovaskulär bedingter Tod) einher [27, 113].

Ein Online-Rechner zur Berechnung der MESA-Perzentile steht kostenfrei zur Verfügung (unter https://www.mesa-nhlbi.org/Calcium/input.aspx). Im Befund sollte die errechnete Perzentile angegeben werden.

6.4.3 CAD-RADS

Die CAD-RADS-Klassifikation ist abhängig vom Stenosegrad und der Anzahl der betroffenen Gefäße. Der Stenosegrad wird hierbei anhand der prozentualen Lumen-Diameter-Stenose eingeteilt (Tab. 4). Hierbei sollen alle Gefäße mit einem Durchmesser von mehr als 1,5 mm zur Beurteilung herangezogen werden. Für Gefäße mit einem Durchmesser unter 1,5 mm gilt die CAD-RADS-Klassifikation nicht, eine Beurteilung wird nicht empfohlen. Die Zuordnung zur einer der CAD-RADS-Klassen erfolgt dabei im Wesentlichen anhand des maximal detektierten Stenosegrads (Tab. 5; [115]). Eine Besonderheit ist hierbei die Kategorie „CAD-RADS 4“ mit der Unterteilung in 4A (70–99 %ige Stenose) und 4B (Stenosen in 3 Koronararterien > 70 % oder > 50 %ige Stenose des Hauptstamms) [115]. Die CAD-RADS-Kategorien gehen mit Empfehlungen zum weiteren diagnostischen Vorgehen und Patientenmanagement einher (Tab. 5; [115]).

Tab. 4 Stenosegrad wird hierbei anhand der prozentualen Lumen-Diameter-Stenose. (Nach [110])
Tab. 5 CAD-RADs-Kategorien beim chronischen Koronarsyndrom. (Nach [109])

Ergänzt wird die CAD-RADS-Gradierung um sog. Modifikatoren. Die Kategorie „CAD-RADS N“ ist für Untersuchungen, die eine nichtdiagnostische Qualität aufweisen, hierbei kann der Modifikator sowohl alleine als auch in Kombination mit einer der numerischen Kategorien stehen (Beispiel: CAD-RADS 4/N = Hauptstammstenose > 50 %, die übrigen Koronarsegmente sind nicht auswertbar). Weitere Modifikatoren, die in analoger Weise ergänzt werden, sind „S“ (Stent), „G“ („Graft“ = Bypass) und „V“ (Vulnerabel). Bei Letzterem weist der Plaque zwei oder mehr der o. g. High-risk-Plaque-Eigenschaften (Plaque geringer Dichte, positives Remodelling, Mikrokalzifikationen, Serviettenring-Zeichen) auf, es handelt sich also um einen vulnerablen Plaque (Abb. 3).

6.5 Extrakardiale Befunde

Neben dem Herz sind in kardialen Schnittbilduntersuchungen auch immer weitere anatomische Strukturen erfasst, was in einer signifikanten Anzahl der Untersuchungen zu entsprechenden Zufalls- und Nebenbefunden führt [116]. Die Literaturangaben zum Auftreten von Zufallsbefunden reichen von 6 bis 58,5 % [117, 118]. Die Art der durchgeführten Bildgebung beeinflusst die Prävalenz von inzidentellen Befunden. Am seltensten treten sie bei der nativen CT zum Kalzium-Scoring und häufiger bei Untersuchungen zur Beurteilung von Bypassgefäßen oder Pulmonalvenen auf [119]. Ein systematisches Review von 13 Studien bezifferte die Häufigkeit von Zufallsbefunden in kardialen CT-Angiographien insgesamt auf 41 %, hiervon 16 % als klinisch relevant [120]. Verdächtige Lungenrundherde (26,6 %), Hiatushernien (20,8 %), Aortenanomalien (10,8 %) traten dabei mit einer kumulativen Häufigkeit von 58,2 % unter den insgesamt 2160 klinisch signifikanten extrakardialen Zufallsbefunden am häufigsten auf. In einer Studie zur Notfallversorgung von Onuma et al. konnte basierend auf der kardialen Schnittbildgebung bei 16 % der Patienten eine alternative, extrakardiale Erkrankung als Ursache einer akuten Angina-pectoris-Symptomatik identifiziert werden, so dass eine weitere bildgebende Diagnostik nicht notwendig war [121]. Dewey et al. konnten dies mit 12,9 % detektierter extrakardialer Ursachen für eine atypische Angina pectoris bestätigen [122]. In einer weiteren Studie von Lehmann et al. änderten extrakardiale Befunde das Krankenhausmanagement bei 1,3 % der Patienten und lieferten eine alternative Erklärung für eine Angina-pectoris-Symptomatik bei 4,1 % der Patienten [123]. Die Detektionsrate von Zufallsbefunden liegt außerdem höher, wenn ein großes, die gesamte akquirierte Anatomie repräsentierendes, „field of view“ rekonstruiert wurde [124].

Während lebensbedrohliche Krankheiten wie etwa Lungenkarzinome frühzeitig detektiert werden können, entstehen potenziell auch zusätzliche Strahlenbelastung und Kosten durch Folgeuntersuchungen ohne nachgewiesenen Nutzen [119, 125]. Der Radiologe besitzt aufgrund der Breite seiner Ausbildung als einziger Facharzt das notwendige breite medizinische Fachwissen, um entsprechende Zufallsbefunde beurteilen zu können und die oben beschriebenen Nachteile zu minimieren. Die Rekonstruktion eines großen „field of view“ zur vollständigen Erfassung des gesamten Scanvolumens und aller relevanten Befunde ist daher obligat.

6.6 Stellungnahme zur radiologischen Befundung

Zusammenfassend bedarf es für eine kardiale Computertomographie zur qualitativ hochwertigen Patientenversorgung der Kompetenzen eines fachkundigen und fachärztlichen Radiologen, um den methodischen und inhaltlichen Ansprüchen einer kardialen CT und deren strukturierter Befundung, dem Aspekt des Strahlenschutzes, und extrakardialer Befunde und des notwendigen Überblicks über nichtorganbezogene pathophysiologische Zusammenhänge des Thorax und Oberbauch gerecht zu werden. Eine Versorgung durch Fachfremde wird diese Ansprüche nicht vollumfänglich erfüllen können. Neben der fachlichen Kompetenz soll auch das 4‑Augen-Prinzip der Indikationsstellung der Radiologie in der kardialen CT eingehalten werden, um die Untersuchungsqualität entsprechend zu sichern. Die richtige Indikationsstellung sowie das Abschätzen der Strahlungsexposition und der -folgen, nicht nur bezüglich des Herzens, sondern auch der anderen miterfassten Organe, ist ein essenzieller Bestandteil des radiologischen Facharztwissens. Ebenso wichtig ist die regelmäßige Fort- und Weiterbildung in diesem sehr dynamischen Bereich der Medizin. Für die Befundung der kardialen CT sollte ein Radiologe mindestens den Q2-Status der AG Herz- und Gefäßdiagnostik der DRG erreicht haben.

Aus Qualitätssicherungsgründen ist nicht nur eine regelmäßige Besprechung der Befunde mit den zuweisenden nichtradiologischen ärztlichen Kolleg*innen sinnvoll, sondern auch die entsprechende selektive Expertise der anderen kardiovaskulären Fachdisziplinen aus Herzchirurgie, Kinderkardiologie und Kardiologie. Dieser Austausch leistet einen wesentlichen Beitrag zur wechselseitigen Qualitätssicherung der Patientenversorgung und dient der gezielten und möglichst vollumfänglichen Diagnostik jedes einzelnen Patienten.

Trotz der vielfältigen diagnostischen Möglichkeiten der Koronar-CT müssen auch die Limitationen beachtet werden. Bei der klassischen Koronar-CT ist wie bei der invasiven Koronarangiographie auch die diagnostische Beurteilung des Myokards nicht möglich. Entzündliche Veränderungen des Myokards, beispielsweise im Rahmen einer Myokarditis, Fibrosen oder Myokardnarben können nicht diagnostiziert werden. Anpassungen des CT-Protokolls bei spezifischen Fragestellungen sind zwar prinzipiell möglich, z. B. die Akquisition einer späten Kontrastmittelphase zur Beurteilung der myokardialen Kontrastmittelanreicherung bei der Frage nach Entzündung, einer Kontrastmitteldynamik zur Detektion hypoperfundierter Bereich im Rahmen der Ischämiediagnostik oder mittels Funktionsbildgebung zum Nachweis von Bewegungsstörungen bei Myokardnarben [126,127,128]. Dies ist jedoch im klinischen Alltag die Ausnahme. Vielmehr ist es wichtig, die weiteren zur Verfügung stehenden diagnostischen Verfahren wie die MRT oder SPECT mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen adäquat zu kennen und einzusetzen. Nur so können die Patienten mit entsprechenden klinischen Beschwerden und Fragestellung dem jeweils bestmöglichen diagnostischen Verfahren zugeführt und die korrekte Indikation gestellt werden.

7. Versorgungsqualität

Die Versorgungsqualität in Deutschland hinsichtlich der Koronar-CT wird auf unterschiedlichen Ebenen und durch verschiedene Strukturen sichergestellt. Zum einen sind dies die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG), federführend durch die Arbeitsgruppe Herz- und Gefäßdiagnostik (AG Herz), zum anderen der Bund Deutscher Radiologen (BDR). In diesen Gesellschaften sind die Radiolog*innen klinisch, akademisch-wissenschaftlich und zu regelmäßigen Aus- und Fortbildung organisiert. Eine Umsetzung erfolgt in allen Organisationsformen der ambulanten und stationären Radiologie in Deutschland.

Die breit und auf hohem Niveau sichergestellte klinische Versorgung erfolgt u. a. über die derzeit 89 kardiovaskuläre Zentren und 1750 Personen in Deutschland (Stand 11/22), die von der AG Herz DRG zertifiziert sind. Hierbei halten 11,7 % den kardiovaskulären Ausbilderstatus Q3, 16,6 % das Q2-Level und 71,7 % das Initialzertifikat Q1. Seit 2015 hat die Anzahl der zertifizieren Zentren um 300 % (2015: 21) und die Anzahl der zertifizierten Spezialisten um 235 % (2015: 475) zugenommen. Die Daten der Vorjahre mit Darstellung des entsprechenden Zuwachses sind in Abb. 4 dargestellt [129]. 56 der 99 (56,6 %) Postleitzahlregionen in Deutschland haben einen direkten Zugang zu einem zertifizierten Zentrum, wobei sich in 9 Regionen zwei Zentren und in 4 Regionen 3 Zentren befinden. Abb. 5 zeigt die Versorgungsdichte in Deutschland anhand von 30-min-, 45-min- und 60-min-Isochronen [129]. Diese Zahlen belegen, dass für die Koronar-CT der Übergang von einer begrenzten lokalen Verfügbarkeit zu einer breit gestreuten Expertise bereits erfolgreich vollzogen worden ist.

Abb. 4
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Anzahl der für kardiovaskuläre Bildgebung zertifizierten DRG-Zentren und Personen (2015–2021)

Abb. 5
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Übersicht über die für kardiovaskuläre Bildgebung zertifizierten Zentren (rote Kreuze) in Deutschland im Januar 2021 und ihre entsprechenden Einzugsgebiete in 30/45/60 min Fahrzeit (dunkelblau/hellblau/türkis). Dreiecke stehen für CT-Q2- und Q3-zertifizierte Radiologen, Kreise für MRT-Q2- und Q3-zertifizierte Radiologen. (Berechnung der Isochronen mittels openrouteservice, © openrouteservice.org by HeiGIT | Map data © OpenStreetMap contributors)

Zukünftig sollten analog zu anderen bereits etablierten qualitätssichernden Maßnahmen (beispielsweise analog den Verfahren bei der Schlaganfallbehandlung oder den Chest-Pain-Units, für die anerkannte Zertifizierungsverfahren existieren) [130, 131] auch für die Durchführung von Koronar-CTs qualitätssichernde Maßnahmen entwickelt, etabliert und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Mögliche Benchmarking-Parameter könnten z. B. > 90 % gute oder sehr gute Bildqualität oder bei > 95 % der Patienten die sublinguale Gabe von Nitroglycerin und/oder Betablockern sein. Auch der europäische Vergleich ist an dieser Stelle interessant. Foldyna et al. [132] haben die CT des Herzens hinsichtlich der Bildqualität und Sicherheit in über 64.000 Patienten basierend auf der ESCR MR/CT Datenbank in akademischen und nicht-akademischen Krankenhäusern analysiert. Eine diagnostische Bildqualität wurde in > 98 % der Fälle berichtet, die Scan-bezogenen Komplikationen sind mit 0,4 % sehr gering.

Mit der Gründung der AG Herz- und Gefäßdiagnostik 2001 und der Etablierung einer kontinuierlichen, zertifizierten Aus‑, Fort- und Weiterbildung wurde 2010 die Grundlage für die mittlerweile erreichte breit verfügbare und qualitätsgesicherte Herz- und Gefäßbildgebung in Deutschland geschaffen. Die kontinuierliche Zunahme an zertifizierten Zentren und Personen (Abb. 4) ist ein starker Indikator für einen etablierten effektiven Spezialisierungsprozess sowie den Erfolg der dezidierten Aus‑, Fort- und Weiterbildung. Diese Entwicklung wurde auch durch ein strukturiertes Fortbildungsprogramm der DRG als Grundlage für die Zertifizierung von Zentren gefördert. Kardiovaskuläre Fortbildungen werden über ganz Deutschland verteilt, lokal und national, teils als separate Fortbildungen und Workshops, teils im Rahmen von Kongressen (z. B. Jahreskongress der ESCR, Deutsche Kardiodiagnostiktage [DKDT: https://www.kardiodiagnostik.de] und Deutscher Röntgenkongress) angeboten. Unterstützt wird dies durch ein umfangreiches Online-Programm, sowohl in Deutschland wie auch und international, beispielsweise die Kurse der ESR. Zusätzlich ermöglicht die vollständig digitalisierte Lernplattform CONRAD mit ausgesuchten und vielfältigen DICOM-Daten-basierten realen kardiovaskulären Falldarstellungen eine flexible Aus‑, Fort- und Weiterbildung sowie Zertifizierung auch, aber nicht nur, während der weltweiten COVID-19-Pandemie-Restriktionen.

Zusammenfassend wird durch die Radiologie in Niederlassung und Klinik eine qualitativ hochwertige, spezialisierte Patientenversorgung in der Breite gewährleistet. Wichtige Bausteine zur Sicherstellung dieser Versorgungsgüte wurden seit 2010 u. a. durch die AG Herz- und Gefäßdiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft etabliert und kontinuierlich weiterentwickelt. Die Zertifizierung, sowohl von Einzelpersonen als auch von Zentren, ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung. Das mehrstufige Kurssystem mit den geforderten Anforderungen sichert eine flächendeckend hohe Qualität in der Radiologie und der kardialen Bildgebung. Weitere Maßnahmen der Qualitätssicherung sind regelmäßige wissenschaftliche Kongresse, Fortbildungsveranstaltungen sowie eine digitale Lernplattform der AG Herz- und Gefäßdiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft.

8. Kostenerstattung

Die Untersuchungen des Herzens mit der Computertomographie sind bislang weder in der GOÄ noch im EBM adäquat abgebildet. Im Rahmen der andauernden Arbeiten zur Novellierung beider Gebührenordnungen wurden vom BDR konkrete Leistungslegenden und Bewertungsvorschläge vorgelegt. Der Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) von 2020 empfahl eine entsprechende Nutzenbewertung der Herz-CT [133], woraufhin 2021 die Einstufung als neue Untersuchungsmethode im Sinne des § 135 Absatz 1 Satz 1 SGB V durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erfolgt ist. 2022 hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Prüfung aufgenommen, ob die „Computertomographie-Koronarangiographie (CTA) bei einem Verdacht auf eine chronische koronare Herzkrankheit (KHK)“ die derzeitige Diagnosestellung verbessert und zukünftig als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Verfügung steht [134]. Es ist jedoch weiterhin nicht absehbar, wann die entsprechenden Neuerungen tatsächlich umgesetzt werden. Daher ist im ambulanten Bereich eine Abrechnung derzeit nur nach GOÄ möglich.

Hierzu hat der BDR mit der DRG, der AG Herz- und Gefäßdiagnostik und dem FuNRAD (Forum der Niedergelassenen Radiologen in der DRG) eine gemeinsame Empfehlung zur Abrechnung der Herzuntersuchungen mit CT und MRT veröffentlicht [135]. Die Empfehlung beschränkt sich auf die Darstellung der regelmäßig abrechenbaren Gebührenordnungspositionen und der im Einzelfall zusätzlich erforderlichen bzw. abrechenbaren Leistungen. Die CT-Koronarangiographie wird demnach aktuell als CT im Thoraxbereich mit ergänzenden Aufnahmen, mehreren Kontrastmittel-Hochdruckinjektionen, EKG und computergestützter Analyse sowie ausführlichem Befundbericht abgerechnet, ggf. ergänzt um die Pulsoxymetrie. Die Frage der Gebührenhöhe ist im Einzelfall durch Bestimmung des geeigneten Steigerungsfaktors zu bestimmen (§ 5 GOÄ).

9. Zusammenfassung

  • Die Koronar-CT hat in aktuellen nationalen und internationalen Leitlinien der Diagnostik des chronischen Koronarsyndroms bzw. der chronischen KHK bei allen Patienten mit intermediärem Risiko den Stellenwert des diagnostischen Verfahrens der ersten Wahl eingenommen und bei diesen die diagnostische Koronarangiographie, insbesondere bei Patienten mit niedrigem intermediärem Risiko (15–50 %), ersetzt.

  • Grundlage hierfür waren die PROMISE-Studie, die SCOT-HEART-Studie und die ISCHEMIA-Studie sowie die daraus abgeleiteten Risikotabellen.

  • Die Koronar-CT hat bei korrekter Indikationsstellung und technischer Durchführung ein geringes Risiko für Komplikationen, insbesondere im Vergleich zur diagnostischen invasiven Koronarangiographie.

  • Technische Mindestvoraussetzung zur Durchführung ist ein CT-Scanner mit mindestens 64 Zeilen und einer Rotationszeit unter 0,35 s.

  • Im Rahmen der CCS-Abklärung sollte die Durchführung eines nativen CT-Scans zum Kalzium-Scoring vor einer Koronar-CTA erfolgen.

  • Die Koronar-CT bedarf der Kompetenzen eines fachkundigen, fachärztlichen und Q2-zertifizierten Radiologen, um den methodischen Ansprüchen der kardialen CT, deren strukturierter Befundung, dem Aspekt des Strahlenschutzes und extrakardialer Befunde zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung gerecht zu werden.

  • Die Kostenerstattung muss derzeit als nicht ausreichend bezeichnet werden.

  • Die Versorgungsqualität in Deutschland ist durch eine gute räumliche Abdeckung mit speziell qualifizierten Radiologen schon jetzt als sehr gut zu bezeichnen.

  • Auch bei steigendem Bedarf ist die flächendeckende Versorgung durch qualifizierte Radiologen sichergestellt. Da keine zusätzlichen CT-Geräte installiert werden müssen und die Leistungserbringung zur Vermeidung nichtindizierter Mengenausweitungen ausschließlich auf haus- und fachärztliche Zuweisung erfolgt, ist dieser Prozess auch wirtschaftlich sinnvoll.