Mit der Etablierung von Immuntherapien in der Onkologie haben sich neue Ansprüche an die bildgebende Diagnostik ergeben. Für eine präzise Befundung und Beurteilung der Therapieverläufe und der Nebenwirkungen sind eine Kenntnis der Erscheinungsformen, Inzidenzen und zeitlichen Verläufe sowie eine einheitliche Nomenklatur und standardisierte Evaluationskriterien notwendig. In diesem Übersichtsartikel soll aufgezeigt werden, was es im radiologischen Monitoring von Immuntherapien im Hinblick auf Therapieverlauf und Nebenwirkungen zu beachten gilt und wie aktuelle Probleme angegangen werden können.

Überblick Immuntherapien

Als Immuntherapeutika werden in der Onkologie Substanzen bezeichnet, die ihre antitumorale Wirkung über eine Immunreaktion entfalten. Diese kann passiver oder aktiver Natur sein. Passive Immuntherapie bedeutet hierbei die direkte Applikation antineoplastisch wirkender Antikörper – z. B. der Anti-CD20-Antikörper Rituximab zur Therapie bei B‑Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen oder Trastuzumab gegen Her2-Rezeptor-exprimierende Tumoren – auf welche in diesem Artikel nicht näher eingegangen werden soll.

Aktive Immuntherapeutika stimulieren eine körpereigene Abwehrreaktion gegenüber Tumorzellen. Hierbei sind vor allem die sog. Checkpoint-Inhibitoren von radiologischem Interesse. Als Immuncheckpoints werden immunmodulierende, zumeist inhibitorische Signalwege bezeichnet, über welche Immunzellen kontrolliert und überschießende oder autoimmune Reaktionen verhindert werden [34, 47]. Eine der von Tumorzellen genutzten Möglichkeiten zur Unterwanderung des Immunsystems ist die Imitation dieser Checkpoints, wodurch die Tumorabwehr inhibiert wird [47]. Von therapeutischem Nutzen sind bisher die zu dieser Klasse zählenden, auf T‑Zellen exprimierten Rezeptoren CTLA‑4 („cytotoxic T‑lymphocyte-associated protein 4“) und PD‑1 („programmed cell death protein-1“). Auch der Ligand des PD-1-Rezeptors PD-L1, welcher von Stromazellen oder eben von Tumorzellen exprimiert wird, stellt einen pharmazeutischen Angriffspunkt dar. Diese Rezeptoren bzw. der Ligand können mittels monoklonaler Antikörper blockiert werden, wodurch die Inhibition antitumoraler Wirkungen vermindert und eine physiologische, T‑Zell-vermittelte Destruktion neoplastischer Zellen ermöglicht wird [34]. Anders als bei klassischen Chemotherapeutika wirken Immuntherapeutika also nicht durch eine toxische Destruktion von Tumorzellen, sondern durch eine Stärkung der körpereigenen Immunreaktion.

Als erster Vertreter dieser neuen Substanzen wurde der CTLA-4-Antikörper Ipilimumab im Jahr 2011 zunächst zur Behandlung des metastasierten malignen Melanoms zugelassen. Einen Überblick über weitere etablierte Immun-Checkpoint-Inhibitoren und ihre Indikationen gibt Tab. 1. Neben der Behandlung fortgeschrittener Krebserkrankungen nach Versagen anderer Therapieoptionen können unter bestimmten Voraussetzungen Immuntherapeutika auch in der Erstlinientherapie eingesetzt werden, beispielsweise bei PD-1-positiven nichtkleinzelligen Lungenkarzinomen (NSCLC; [23]). Die Ansprechraten der Immuntherapien variieren je nach spezifischem Therapeutikum und Tumorentität, aber auch in Abhängigkeit von den studienspezifischen Evaluationskriterien; für NSCLC liegen sie bei 10–24 % unter Pembrolizumab, für Melanome bei 28–44 % unter Pembrolizumab bzw. 10–11 % unter Ipilimumab [7, 16, 21, 25, 27, 33, 37]. Insgesamt konnte ein therapeutischer Nutzen vor allem hinsichtlich einer verlängerten Überlebenszeit bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumorstadien gezeigt werden [33, 37]. Trotzdem sollte erwähnt werden, dass auch unter Immuntherapie der größte Anteil (je nach Tumorentität 60–90 %) an Patienten einen weiteren Tumorprogress erleidet [16, 21]. Mit Blick auf die zu erwartende Ausweitung des Indikationsspektrums, die Entwicklung neuer Immuntherapeutika sowie die Etablierung von Kombinationstherapien wird die Kenntnis spezifischer immuntherapieassoziierter radiologischer Veränderungen in der klinischen Praxis rasch an Bedeutung gewinnen.

Tab. 1 Zugelassene Immun-Checkpoint-Inhibitoren mit jeweiligen Indikationen

Typisches und atypisches Therapieansprechen

Bereits in den ersten Studien vor Marktzulassung von Ipilimumab wurde festgestellt, dass sich die Reaktionsmuster der behandelten Malignome von den Reaktionen auf eine zytostatische Chemotherapie unterscheiden [46]. Während bei klassischen Chemotherapien ein Therapieansprechen durch eine rasche Reduktion der Tumorlast charakterisiert ist, können Immuntherapien hiervon abweichende, atypische Verläufe zeigen. In klinischen Studien konnten vier verschiedene Muster eines Therapieansprechens identifiziert werden (relative Häufigkeiten exemplarisch für Patienten mit Therapieansprechen unter Nivolumab in Klammern), dargestellt in Abb. 1 [20, 39]:

  1. 1.

    Reduktion der Tumorlast um mehr als 30 %, analog zum Therapieansprechen unter klassischer zytostatischer Chemotherapie (80 %),

  2. 2.

    stabile Tumorlast gefolgt von einer Reduktion (9 %),

  3. 3.

    Anstieg der Tumorlast um mehr als 20 % gefolgt von einer Reduktion (1 %),

  4. 4.

    Auftreten neuer Läsionen gefolgt von einer Reduktion der Tumorlast (10 %).

Abb. 1
figure 1

Verschiedene Verläufe des Therapieansprechens unter Immuntherapie. a Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC) unter Pembrolizumab mit Abnahme der Tumorlast >30 % in der ersten Verlaufskontrolle und folgendem weiterem Rückgang. b Pulmonale Metastase eines malignen Melanoms unter Ipilimumab mit initial geringer Zunahme der Tumorlast <20 % (SD) und nachfolgendem Regress. c NSCLC unter Pembrolizumab mit initialem Anstieg der Tumorlast >30 % und nachfolgendem Regress. d Malignes Melanom unter Nivolumab mit Auftreten einer neuen paravertebralen Metastase nach Therapieeinleitung bei ansonsten stabilem Befund. Nachfolgend Regress sowohl der neuen Läsion als auch der übrigen Tumorlast

Abb. 1
figure 2

(Fortsetzung)

Nach den aktuellen „Response Evaluation Criteria in Solid Tumors“ (RECIST 1.1), welche in klinischen Studien zur quantitativen Evaluation eines Ansprechens der Tumorerkrankung auf die Studienmedikation genutzt werden [10], entspräche Muster 1 einer partiellen oder kompletten Remission (PR oder CR) und Muster 2 einer stabilen Erkrankung (SD). Muster 3 und 4 hingegen würden primär als Tumorprogress eingeordnet werden, weshalb hierfür der Begriff Pseudoprogress eingeführt wurde. Insgesamt sind nach obiger Definition Muster 2–4 als atypische Reaktionen zu werten. Generell bleibt anzumerken, dass unter Immuntherapie auch eine langfristig stabile Erkrankung als Therapieerfolg gewertet wird [34].

Pseudoprogress

Unter Pseudoprogress versteht man definitionsgemäß eine initiale Zunahme der Tumorlast oder ein Auftreten neuer Läsionen unter Fortführung der Therapie, gefolgt von einem Therapieansprechen im Sinne einer Reduktion der Tumorlast um mehr als 30 % gegenüber der prätherapeutischen Untersuchung (Baseline). Diese Form des verzögerten Therapieansprechens ist mit den etablierten Methoden zum Therapiemonitoring (RECIST) nicht adäquat einzuordnen. Als Ursache hierfür wird zum einen angenommen, dass zunächst das weitere Tumorwachstum abgebildet wird, bevor es zu einer ausreichenden Immunreaktion und Destruktion der Tumorzellen kommt. Zum anderen wird durch die Anregung des Immunsystems die T‑Zell-vermittelte Akkumulation von Immunzellen im Tumor induziert, wodurch es zu einer bildmorphologischen Vergrößerung der Tumormasse oder zum Sichtbarwerden zuvor okkulter Läsionen kommen kann [10]. Ein Pseudoprogress wurde bei verschiedenen Tumorentitäten beobachtet, die Inzidenz ist insgesamt jedoch niedrig: Bei Melanomen liegt sie bei maximal 10 %, bei NSCLC bei 1–5 % [9, 14, 25, 45].

Nicht als Pseudoprogress, sondern nach aktuellem Konsens noch als stabile Erkrankung gilt eine Zunahme der Tumorlast unter Immuntherapie um weniger als 20 %.

Ebenfalls nicht als Pseudoprogress wird gewertet, wenn die Tumorlast nach initialem Anstieg zwar zurückgeht, die für den Pseudoprogress geforderten 30 %-Rückgang jedoch nicht erreicht und somit keine Unterschreitung der Baseline Tumorlast erzielt wird. Für die prognostische Bewertung der letztgenannten Gruppe, die formell als progredient gewertet werden müsste, fehlen aktuell suffiziente Daten; dagegen zeigen Patienten mit einem initial nur geringen Anstieg der Tumorlast im Sinne einer noch stabilen Erkrankung (<20 %) ein tendenziell verbessertes Gesamtüberleben [25, 32].

Der initiale Anstieg der Tumorlast unter Immuntherapie wird typischerweise zwischen 3 Monaten und 1 Jahr nach Therapieeinleitung beobachtet, die darauffolgende Remission zumeist innerhalb von 3 Monaten. In wenigen Fällen war unter Fortführung der Therapie jedoch auch ein deutlich späterer Rückgang der Tumorlast bis zu mehreren Monaten nach deren initialem Anstieg möglich [14, 27]. Insgesamt erlaubt die aktuelle Datenlage keine einheitliche Festlegung eines Zeitraums, in welchem ein Pseudoprogress auftreten kann. Zusätzlich fehlt derzeit noch die Evidenz, welche Zeitpunkte für Folgeuntersuchungen zur weiteren Differenzierung zu empfehlen sind. Der initiale Vorschlag eines Intervalls von mindestens 4 Wochen durch Wolchok wurde in der nachfolgenden Literatur als Konsensempfehlung zunächst weitgehend übernommen, in neueren Publikation wird eine Verlängerung des Intervalls diskutiert [26, 32, 46]. In jedem Fall ist eine interdisziplinäre, individuelle Entscheidung über Therapiefortsetzung oder -abbruch unter Einbezug des klinischen Verlaufs essenziell [31, 46].

Auch nuklearmedizinische Techniken können bisher nicht sicher zwischen Progress und Pseudoprogress differenzieren: Zwar konnte in einigen Fällen eine erhöhte Traceraufnahme im FDG-PET-CT bei einem echten Progress gezeigt werden, die nur geringe Spezifität einer Stoffwechselsteigerung für einen tatsächlichen Tumorprogress limitiert allerdings einen Nutzen der PET in der klinischen Routine [2, 22]. Die Erforschung neuer Tracer, welche die Immunaktivität oder Zellproliferationen beispielsweise über radioaktiv markierte Anti-CD-8-Antikörper oder markiertes Fluorothymidin (FLT-PET) darstellen, könnte zukünftig die Möglichkeit einer nichtinvasiven einzeitigen Differenzierung eines echten Progresses von einem Pseudoprogress ermöglichen [1, 38]. Auch könnten zukünftig Radiomics-Analysen zur Identifikation bildgebender Biomarker zu einer besseren Differenzierung des Therapieansprechens beitragen [4].

Hyperprogress

Neben atypischen Verläufen bei Therapieansprechen wurde auch bei echtem Tumorprogress ein neues Phänomen beobachtet: eine übermäßige Zunahme der Tumorzelllast unter Immuntherapie, welche unter konventioneller Chemotherapie nicht erwartet würde. Für diesen sogenannten Hyperprogress existiert bisher keine einheitliche Definition – je nach Autor wird eine doppelte Wachstumsrate im Vergleich zur Wachstumsrate vor Therapieeinleitung oder ein >50 %iger Anstieg der Diameter in 2 verschiedenen Läsionen innerhalb von 2 Monaten als solcher definiert [8, 17]. Die Inzidenzen bewegen sich je nach Definition und Tumorentität im Bereich von 6–14 %, bei Plattenepithelkarzinomen des Kopf- und Halsbereichs sogar bei 29 % [6, 8, 17]. Es konnte eine Assoziation mit einem erhöhten Lebensalter (>65. Lebensjahr) gezeigt werden, außerdem prädisponieren eine vorangegangene Radiotherapie, multiple Metastasenlokalisationen oder bestimmte Genmutationen für einen Hyperprogress [8, 13, 17]. Unklar ist, ob die deutliche onkologische Verschlechterung durch die Immuntherapie induziert bzw. verstärkt wird, oder ob sie lediglich den natürlichen Verlauf unter ineffizienter Therapie darstellt. Da es an einer strukturierten Aufarbeitung des Phänomens derzeit mangelt, steht eine Beantwortung dieser Frage aus.

Neue Evaluationskriterien des Therapieansprechens

Aufgrund der beschriebenen Therapieverläufe wurde schon in den ersten klinischen Studien vermutet, dass eine Evaluation des Therapieansprechens mittels klassischer Kriterien problembehaftet sein würde. Retrospektive Analysen ergaben bei 15 % der Patienten, welche in der der ersten Bildgebung nach Therapieeinleitung als Progress nach RECIST 1.1 gewertet wurden, unter Fortführung der Therapie einen nachfolgenden Rückgang [15]. Als erster Versuch einer Lösung wurden daher 2009 „immune-related Response Criteria“ (irRC) vorgeschlagen, die eine Bestätigung des Progresses nach mindestens 4 Wochen fordern. Bei Auftreten neuer Läsionen führt dies jedoch nicht automatisch zur Feststellung eines Progresses, sondern dazu, dass deren Maße lediglich der Gesamttumorlast zugeschlagen werden [46]. Da die Kriterien jedoch auf einer bidimensionalen Messung, analog zu den WHO-Kriterien, beruhen und somit die Vergleichbarkeit gegenüber RECIST 1.1 deutlich eingeschränkt ist, wurden bald die „immune-related RECIST“ (irRECIST) entwickelt [26], welche die gleichen Neuerungen enthalten, jedoch basierend auf eindimensionaler Messung der Längsachse bei Tumorknoten und Kurzachse bei Lymphknoten, analog zu RECIST 1.1. Im Jahr 2017 wurden durch die RECIST-Arbeitsgruppe zusätzlich die „immune RECIST“ (iRECIST) veröffentlicht [36]. Diese enthalten neben den Änderungen wie in irRECIST neue Kategorien zur Beurteilung des Therapieansprechens, welche in Tab. 2 genauer erläutert werden. Wesentliche Neuerung ist die Unterteilung der Kategorie „Tumorprogress (PD)“ in einen unbestätigten (iUPD, U: „unconfirmed“) und einen bestätigten Progress (iCPD) (C: „confirmed“). Dabei ist ein Zeitintervall von 4–8 Wochen zur Bestätigung des Progresses vorgesehen, für den eine weitere Größenzunahme einer Läsion um mindestens 5 mm oder das Auftreten weiterer neuer Läsionen gefordert ist. Ergibt sich in der Folgeuntersuchung ein unveränderter Befund, so bleibt die Kategorie iUPD bis zu dessen Bestätigung bestehen [6].

Tab. 2 Charakteristika verschiedener Evaluationskriterien für solide Tumoren

Obwohl für irRECIST im Vergleich zu den iRC zu einem verlängerten Intervall bis zu einer Progress-bestätigenden Untersuchung geraten wird, können selbst 8 Wochen in Einzelfällen nicht sicherstellen, dass ein verzögertes Therapieansprechen adäquat gewürdigt wird.

Einen Überblick über die verwendeten Evaluationskriterien gibt Tab. 2.

Monitoring immuntherapieinduzierter Nebenwirkungen

Aufgrund des Wirkmechanismus unterscheiden sich auch die unter Immuntherapie auftretenden Nebenwirkungen von denjenigen der klassischen zytostatischen Chemotherapie. Schwere bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen (Grad 3–4), welche einen Therapieabbruch nötig machen, treten dabei in 9–15 % der Fälle auf und sind für CTLA-4-Inhibitoren häufiger als für PD-1- oder PD-L1-Inhibitoren [7, 11, 16, 40]. Da es sich bei vielen der Nebenwirkungen um entzündliche Reaktionen handelt, liegt es nahe, dass es sich um Autoimmunphänomene handelt [28]. Die häufigsten Manifestationen sind Diarrhöen, Dermatitis und andere Hautreaktionen, Hypophysitis, Hypothyreose, Pneumonitis, Hepatitis und Lymphadenopathie, seltener treten Entzündungen von ZNS, Augen, Gelenken, Nieren, Pankreas oder des Myokards auf [5, 28]. Von Bedeutung ist die Bildgebung vor allem in der Diagnostik der Pneumonitis und der Hypophysitis, weshalb auf diese noch genauer eingegangen wird. Darüber hinaus ist die therapiebegleitende Bildgebung hilfreich bei der Differenzierung von Nebenwirkung und Komplikation der Grunderkrankung.

Die mit ca. 20 % häufigste Nebenwirkung einer Diarrhö ist zwar eine rein klinische Diagnose, bei abdominellen Beschwerden kann jedoch eine CT-Untersuchung des Abdomens indiziert sein [5, 7]. Im Fall einer Kolitis stellt sich diese in der Regel als diffuse, ödematöse Schwellung der Darmwand mit Kontrastmittelaufnahme und begleitender Umgebungsreaktion dar. Zeigt sich das Bild einer klassischen Divertikulitis, so ist auch hier die Differenzialdiagnose einer immuntherapieassoziierten Nebenwirkung zu nennen, eine Unterscheidung ist allein anhand der Schnittbildgebung nicht möglich [19, 44]. Auch eine Lymphadenopathie mit meist hilärer und/oder mediastinaler Manifestation, auch als Sarkoidose-ähnliche Reaktion bezeichnet, ist mit einer Häufigkeit von etwa 5 % eine häufige Nebenwirkung von Immuntherapien [28]. In der radiologischen Diagnostik sollte diese als Differenzialdiagnose eines möglichen malignen Befalls oder einer chronisch-entzündlichen Lymphknotenvergrößerung anderer Ursache in Erwägung gezogen werden.

Pneumonitis

Die Pneumonitis ist als Nebenwirkung von Immuntherapien mit Inzidenzen bis 3 % insgesamt eher selten, aufgrund des oft schwerwiegenden und mitunter letalen Verlaufs kommt ihr jedoch eine besondere Bedeutung zu [5, 18]. Gehäuft tritt sie bei respiratorisch vorerkrankten Patienten (inklusive NSCLC), bei Patienten nach thorakaler Bestrahlung sowie bei Behandlung mit PD-1-Inhibitoren oder einer Kombinationstherapie mehrerer Immuntherapeutika auf [18, 30], zumeist 2 Wochen bis 12 Monate (Median: 2,6 Monate) nach Therapieeinleitung [30]. Klinisch stehen ein trockener Husten, Dyspnoe und eine Verschlechterung der respiratorischen Funktion im Vordergrund. Radiologisch kann sich eine Pneumonitis in den unterschiedlichsten Formen präsentieren, wobei die computertomographischen Erscheinungsbilder den Mustern der verschiedenen interstitiellen Pneumonien entsprechen. Gemeinsames Merkmal in den meisten Fällen sind dabei milchglasartige Dichteanhebungen des Lungenparenchyms [29]. Die weiteren häufigsten Veränderungen entsprechen denen einer organisierenden Pneumonie (COP) oder einer unspezifischen interstitiellen Pneumonie (NSIP; [3, 24]). In Abb. 2 und 3 sind typische Erscheinungsformen dargestellt. Einen Überblick über die Schweregrade und die Erscheinungsformen der immuntherapieinduzierten Pneumonitis geben Tab. 2, 3 und 4 [24, 41,42,43].

Abb. 2
figure 3

Immuntherapieassoziierte Pneumonitis mit Muster einer kryptogenen organisierenden Pneumonie (COP): basal betonte Konsolidierungen (Pfeile) sowie hierin liegende Milchglasverdichtungen (Stern). Patient mit malignem Melanom unter Ipilimumab in der 22. Therapiewoche

Abb. 3
figure 4

Immuntherapieassoziierte Pneumonitis mit Muster einer akuten interstitiellen Pneumonie: mosaikartig angeordnete Milchglastrübungen (Pfeile). Patientin in der 14. Woche Pembrolizumab bei Bronchialkarzinom

Tab. 3 Gradeinteilung der Pneumonitis nach CTCAE (Common Terminology Criteria for Adverse Events)
Tab. 4 Erscheinungsformen und relative Häufigkeiten der immuntherapieassoziierten Pneumonitis

Außerdem kann bei thorakal bestrahlten Patienten durch Immuntherapien eine Verschlimmerung oder ein Wiederauftreten abgeklungener radiogener Pneumonitiden induziert werden, welche sich als rasche Zunahme bzw. ein Wiederauftreten typischer radiogener Veränderungen im Bestrahlungsfeld mit oder ohne begleitende Zeichen der immuntherapieinduzierten Pneumonitis außerhalb des Bestrahlungsfelds darstellen [35]. Vergleichbare Reaktionen – die neuerliche Aggravation radiogener Veränderungen im Rahmen einer Immuntherapie – kann auch in anderen Körperregionen beobachtet werden.

Ein weiteres Phänomen ist das sog. „pneumonitis flare“, mit welchem ein erneutes Auftreten von pneumonitischen Symptomen und bildmorphologischen Veränderungen nach Beendigung einer Immuntherapie bei vorangegangener, steroidal behandelter Pneumonitis beschrieben wird.

Die Kenntnis dieser Erscheinungsformen ist von radiologischer Seite insbesondere bei thorakalen Tumoren notwendig, da die Differenzierung pneumonitischer Veränderungen von einer progredienten oder neuen Tumormanifestation oft eine diagnostische Herausforderung darstellt und einer gründlichen Befundung und Expertise bedarf. Darüber hinaus stellt eine infektiöse Ursache der Lungenparenchymveränderungen eine häufige Differenzialdiagnose dar, welche meist nur im interdisziplinären Zusammenhang ausgeschlossen werden kann.

Hypophysitis

Die Hypophysitis tritt bei 10–13 % der mit Ipilimumab behandelten Patienten auf und stellt damit eine häufige Nebenwirkung dar; unter PD-1- bzw. PD-L1-Inhibitoren ist sie mit <1 % hingegen eher selten [5, 12]. Klinisch präsentiert sie sich als neu aufgetretene Hypophysenvorderlappeninsuffizienz meist mit Kopfschmerzen und/oder Fatigue 1 bis 9 Monate (Median: 9 Wochen) nach Therapieeinleitung. Zeigt sich zusätzlich in der MRT das Bild einer vergrößerten Hypophyse, ggf. mit homo- oder heterogener Kontrastmittelaufnahme und verdicktem Infundibulum, so kann von einer immuntherapieinduzierten Hypophysitis ausgegangen werden. Eine neu aufgetretene Hypophysenvergrößerung kann auch ohne zuvor aufgefallene hormonelle Störung auf eine Hypophysitis hindeuten. Therapeutisch reichen Kortison und ein Hormonersatz zumeist aus, um eine Remission zu erzielen, wobei die Hypophyseninsuffizienz bei drei Viertel der Patienten persistiert [12].

Fazit für die Praxis

  • Eine adäquate Verlaufsbeurteilung ist nur unter Berücksichtigung des Immuntherapeutikums, der Therapiedauer sowie etwaiger Vortherapien im Vergleich mit allen vorliegenden Voruntersuchungen möglich.

  • Die Gesamttumorlast und ihre Änderung werden durch Messung einzelner Läsionen unter Berücksichtigung des Gesamtbilds eingeschätzt.

  • Je nach Beurteilung ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: a) Zunahme der Gesamttumorlast um ≥ 100 % bzw. mehr als ohne Therapie erwartet: V. a. Hyperprogress. b) Deutliche Zunahme der Gesamttumorlast (um ≥ 20 %) und Zunahme einer Läsion um ≥ 5 mm oder Auftreten neuer Läsionen: Folgeuntersuchung in 6–8 Wochen zur Bestätigung eines Progresses. Gegebenenfalls sind weitere Verlaufskontrollen notwendig. c) Weitgehend unveränderter Befund oder Rückgang der Tumorlast: reguläre Verlaufskontrolle nach 12 Wochen.

  • Beachte: Mit einer Inzidenz von < 10 % bleibt der Pseudoprogress selten.

  • Auf typische Veränderungen im Rahmen immuntherapieassoziierter Nebenwirkungen ist zu achten.