Liebe Leserinnen und Leser,

das Aortenaneurysma, definiert als eine Aufweitung des Gefäßlumens auf mehr als 3 cm Durchmesser, hat weltweit eine Prävalenz von ca. 5 % (Asien: 0,5 %, Australien 6,5 %). In Europa hat einer großen Metaanalyse zu Folge die Prävalenz in den Jahren 1998 (5 %) bis 2013 (2,8 %) deutlich abgenommen, was möglicherweise der besseren medizinischen Versorgung der Risikofaktoren (Hypertonie, Diabetes mellitus und Nikotinabusus) geschuldet ist [1]. Das jährliche Rupturrisiko wird dabei für Aneurysmen bis 4 cm mit 0 % angenommen, das auf 3–15 % für Aneurysmen mit 5–5,9 cm Durchmesser und auf 20–50 % für Aneurysmen >7 cm Durchmesser steigt [2]. Da die Mortalität des rupturierten Aneurysmas zwischen 50 und 80 % liegt, kommt der frühzeitigen Entdeckung und passenden Behandlung große Bedeutung zu. Den wesentliche Bestandteil moderner Aneurysmatherapie stellen endovaskuläre Therapieverfahren („endovascular aneurysm repair“, EVAR) dar. Diese Verfahren werden hauptsächlich von interventionellen Radiologen, von in endovaskulären Therapieverfahren trainierten Gefäßchirurgen oder gemeinsam durchgeführt. Entscheidend für den (gemeinsamen) Erfolg bei den meist komplex vaskulär erkrankten Patienten ist dabei die interdisziplinäre Therapieplanung und -entscheidung. Idealerweise wird hierbei die elektive Therapieentscheidung durch ein interdisziplinäres Gefäßboard unter Mitwirkung von Angiologen, Kardiologen und ggf. Neurologen getroffen.

Die Entwicklung der aortalen Endoprothesentechnik zusammen mit einer weltweiten Lernkurve von mehr als 25 Jahren hat dazu geführt, dass die endovaskuläre Aneurysmaversorgung zu einem etablierten Verfahren geworden ist, das an zahlreichen Zentren erfolgreich angeboten werden kann.

Gerade die Entwicklungen der letzten Jahre (z. B. fenstrierte, gebranchte Prothese etc.) haben dazu beigetragen, dass immer komplexere Aneurysmasituationen, die dabei meist mehrere Gefäßterritorien einschließlich der Abgängen von viszeralen und iliakalen Gefäßen umfassen können, mittlerweile endovaskulär sicher behandelt werden können.

Auch wenn nicht jeder Radiologe alleine oder zusammen mit gefäßchirurgischen Kollegen Eingriffe an der Aorta vornimmt, so ist es im Rahmen der Abklärung von Aortenerkrankungen dennoch wichtig, auch die potenziellen Behandlungsoptionen und deren Effekte (z. B. Endoleak) zu kennen, um ggf. die Therapie in die richtigen Bahnen zu lenken.

Im vorliegenden Themenheft stellen Ihnen deshalb auf dem Gebiet der interventionellen Radiologie ausgewiesene Experten aktuelle Entwicklungen und Strategien vor, die eine Anpassung der Behandlungsstrategie auch an schwierige Verhältnisse der aneurysmatisch erweiterten Aorta einschließlich eventueller Komplikationen erlauben.

Ich hoffe, dass Sie die Themen auch so spannend finden, wie es mir bei der Vorbereitung zum Heft erging. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen

Ihr

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Prof. Dr. Thomas Helmberger