Unter Zufallsbefunden werden Pathologien verstanden, die nicht in Zusammenhang mit der klinischen Fragestellung der Untersuchung stehen und keine Symptome verursachen. Im Gegensatz zu anderen Screeningmethoden wie der Endoskopie wird bei CT- und MRT-Untersuchungen das gesamte Abdomen außerhalb des Darmlumens mitabgebildet, es könnte daher jede dieser CT-Untersuchungen als Screening interpretiert werden. Die radiologische Bildgebung ermöglicht eine immer bessere Detektion unbekannter, jedoch klinisch wichtiger Befunde, die therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen. Ein Großteil der Zufallsbefunde verursacht keine für den Patienten relevante Erkrankung, bringt dafür aber neben der psychischen Belastung auch die Gefahr iatrogener Komplikationen durch Folgeuntersuchungen sowie relevante sozioökonomische Kosten mit sich. Der Umgang mit Zufallsbefunden ist nicht standardisiert und führt häufig zu Verunsicherung. Eine zunehmend diskutierte „Less-is-more“-Strategie soll Überdiagnosen und Überbehandlungen zum Wohl des Patienten verhindern.

Hintergrund

Die Zunahme abdomineller Zufallsbefunde in den letzten Jahren ist einerseits auf eine zunehmende Anzahl der Schnittbilduntersuchungen, andererseits auch auf eine Qualitätsverbesserung mit höherer Orts- und Kontrastauflösung zurückzuführen. Auch die Einführung von Picture Archiving and Communication Systems (PACS) hat durch verbesserte Bildbetrachtungsmöglichkeiten und zunehmender Bilddatenverfügbarkeit (inklusive Localizer) zu einer signifikanten Zunahme inzidenteller Befunde geführt, wie eine Studie anhand lumbaler MR-Untersuchungen gezeigt hat [27]. Im CT werden abdominelle Zufallsbefunde am häufigsten gefunden, wobei eine Kontrastmittelgabe die Zahl der Zufallsbefunde auf bis zu 61 % deutlich erhöht [18]. Gleichzeitig liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einer dieser Läsionen um einen malignen Befund handelt, bei Patienten ohne bekannten Primärtumor bei unter 1 % [28]. Andererseits können Zufallsbefunde von substanzieller Relevanz sein. So zeigen Studien die enorme Bedeutung einer frühzeitigen zufälligen Diagnose z. B. eines abdominellen Aortenaneurysmas im Rahmen einer virtuellen Kolonoskopie [12].

Daraus ergibt sich für den untersuchenden und befundenen Radiologen, den Patienten und den behandelnden Arzt ein Dilemma, welches zu einer deutlichen Verunsicherung führen kann. Umfangreiche Abklärungen von Nebenbefunden bei manchen Patienten sind ein Indikator für die mangelnde Bereitschaft, diagnostische Unsicherheiten zu akzeptieren, auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer für den Patienten relevanten Diagnose sehr gering ist. Eine Analyse aus dem Jahre 2009 hat gezeigt, dass sich die Anzahl der Empfehlungen für zusätzliche radiologische Untersuchungen zwischen 1995 und 2008 verdoppelt, allerdings die zunehmende Erfahrung des befundenden Radiologen zu einer signifikanten Abnahme der empfohlenen bildgebenden Verfahren geführt hat [21]. Ein weiterer relevanter Faktor ist die ökonomische Belastung, die durch die nachfolgende Abklärung der zufällig gefundenen Läsionen entsteht. So hatte der finanzielle Aspekt der Folgekosten inzidenteller Befunde einer virtuellen Kolonoskopie ebenfalls Bedeutung bei der Verzögerung der Kostenübernahme dieser Screeninguntersuchung in den USA [8].

In einer Studie von Johnson et al. [14] liegt die Übereinstimmung, ob zufällig detektierte Läsionen befundet werden sollen, zwischen 30 und 85 % und variiert sogar innerhalb einer Institution. In die CRADS-Klassifikation der virtuellen Kolonoskopie haben inzidentelle Befunde bereits Eingang gefunden mit einer Kategorisierung von E 1–4 [29], in Abhängigkeit von der klinischen Bedeutung und der Notwendigkeit einer weiteren Abklärung. Auch bei anderen Screeningverfahren wird eine Kategorisierung der abdominellen und insbesondere hepatalen Nebenbefunde diskutiert. Das American College of Radiology hat mit einem eigenen „Incidental Findings Committee“ ein „white paper“ zum Management abdomineller Zufallsbefunde verfasst [3] und erreicht, dass mehr als die Hälfte derer, die dieses „white paper“ gelesen haben, zusätzliche Untersuchungen nun deutlich seltener empfehlen [4].

Im Folgenden werden die häufigsten und klinisch relevanten abdominellen Zufallsbefunde der Leber, des Gallensystems, des Pankreas und der Milz zusammengefasst und Informationen zur radiologischen Interpretation und Differenzialdiagnose sowie zu weiteren Managementempfehlungen gegeben.

Leber

Leberläsionen werden im Rahmen von Untersuchungen des Abdomens mit nicht leberspezifischen Fragestellungen häufig zufällig entdeckt und sind, falls nicht als eindeutig simple Zysten oder Hämangiome erkennbar, von unklarer klinischer Relevanz. Radiologische Fehlinterpretationen können durch eine diagnostische Biopsie minimiert werden, allerdings ist diese invasive Maßnahme auch mit einer gewissen Morbidität und Mortalität assoziiert [20] und manchmal aufgrund der Kleinheit der Läsion unmöglich.

Daher sollte das weitere Management einer unklaren Leberläsion neben den CT-Kriterien auch das Risikoprofil des individuellen Patienten mit ins Kalkül ziehen. Die Wahrscheinlichkeit einer bösartigen hepatalen Veränderung bei Patienten mit bekannter maligner Grunderkrankung ist deutlich erhöht (36 % der an einem Malignom verstorbenen Patienten haben Lebermetastasen [3]), andererseits zeigen Autopsiestudien, dass bei 52 % der Patienten ohne Karzinom gutartige oder tumorähnliche Leberläsionen gefunden werden [15]. Kleine hypodense Läsionen bei Patienten mit gastrointestinalen oder mammären Karzinomen haben sich allerdings in großen Studien in überwiegendem Maße (>94 %) als benigne herausgestellt [16].

Risikogruppen

Das ACR Incidental Findings Committee [16] unterscheidet 3 verschiedene Risikogruppen:

  • niedrige Risikogruppe Patienten jünger als 40 Jahre ohne bekannte maligne Grunderkrankung, Leberfunktionsstörung oder erhöhtes Risiko einer hepatalen malignen Erkrankung;

  • mittlere Risikogruppe ältere Patienten ohne bekannt maligne Erkrankung oder Leberfunktionsstörung;

  • hohe Risikogruppe Patienten mit bekannter maligner Erkrankung und Neigung zu hepataler Metastasierung, bekannter Leberfunktionsstörung oder anderen hepatalen Risikofaktoren (Hepatitis, sklerosierende Cholangitis, primär biliäre Zirrhose, Hämosiderose, lang andauernde Therapie mit oralen Kontrazeptiva/anabolen Steroiden).

Allen 3 Gruppen ist gemeinsam, dass Leberläsionen mit bildgebend eindeutig benignen Charakteristika (typisches Hämangiom, scharfe Begrenzung, homogene Dichte <20 Hounsfield Units (HU), keine Kontrastmittel(KM)-Aufnahme) nicht weiter abgeklärt oder verlaufskontrolliert werden sollen.

Suspekte CT-Kriterien

Suspekte CT-Kriterien sind nach den ACR-Empfehlungen [3]:

  • unscharf begrenzter Rand,

  • KM-Aufnahme von >20 HU,

  • heterogener Aufbau und

  • Größenzunahme.

Die vom ACR erstellte Liver-imaging-reporting-and-data-system(LI-RADS)-Klassifikation zeigt ein standardisiertes empfohlenes Work-up fokaler Läsionen, im Besonderen für Patienten mit erhöhtem Risiko für Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) bzw. Patienten mit Leberzirrhose [2]. Die EAASL-EORTC-Richtlinien geben einen Algorithmus für Patienten mit bekannter Leberzirrhose an, wobei sonographisch detektierte Läsionen <1 cm bei Zirrhotikern nach 4 Monaten verlaufskontrolliert und größere Läsionen mit CT und MRT weiter abgeklärt werden sollten [10]. Auch die ACR Appropriateness Criteria geben Empfehlungen, die primär auf der Größe (<1 vs. >1 cm) basieren und im Weiteren zwischen normaler Leber, bekannter extrahepatal maligner Erkrankung und bekannter Lebererkrankung mit hohem Risiko eines hepatozellulären Karzinoms unterscheiden [19]. Ein nach den ACR-Kriterien [3] modifiziertes Diagramm zum Management zufällig detektierter Leberläsionen zeigt Abb. 1.

Abb. 1
figure 1

Empfehlung zum Management inzidenteller Leberläsionen, mod. nach dem Algorithmus des American College of Radiology [3]. 1 gutartige Zeichen: typische radiologische Kriterien eines Hämangioms, FNH, THAD, Adenom, AVM, nodulär regenerative Hyperplasie. Differenzialdiagnose FNH zu Adenom wichtig bei Größe >4 cm und subkapsulärer Lage. 2 fehlende gutartige Zeichen: Verdacht auf HCC oder hypervaskularisierte Metastase. KM Kontrastmittel, FNH fokal noduläre Hyperplasie, THAD „transient hepatic attenuation differences“, AVM arteriovenöse Malformation, HCC hepatozelluläres Karzinom

Dabei werden einerseits zystisch imponierende, im CT hypodense Läsionen von hypervaskularisierten Läsionen unterschieden. Differenzialdiagnostisch sind viele verschiedene Veränderungen zu finden, die meisten von ihnen bei Patienten mit niedrigem oder mittlerem Risiko benigner Genese (Tab. 1). Die gemessenen Dichtewerte kleiner zystischer Leberläsionen können allerdings bei kleinen Läsionen durch Partialvolumeneffekte, Pixelgröße, Schichtdicke, verschiedene Geräteparameter sowie Pseudoenhancement verfälscht werden. Einblutung und Entzündung sind zusätzliche Ursachen einer erhöht gemessenen Dichte des Zysteninhalts.

Tab. 1 Liste der zystisch-hypodensen und der hypervaskularisierten, deutlich Kontrastmittel aufnehmenden Leberläsionen

Fokale Steatoseareale

Fokale Steatoseareale sind häufig auftretende Zufallsbefunde und können bei nodulärer Konfiguration ebenfalls Probleme bei der Abgrenzung zu suspekten Herdbefunden machen. Die Messung der Dichtewerte ist oft unzuverlässig, da eine Fettinfiltration nicht eine im CT fettisodense Läsion verursacht. Hilfreich sind die oft typische Lokalisation im Gallenblasenbett oder nahe des Lig. falciforme, die fehlende Änderung der Außenkontur der Leber und der reguläre intraläsionale Verlauf der portalen und venösen Gefäße (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

43-jährige Patientin mit Zufallsbefund zweier intrahepataler hypodenser Läsionen (Pfeile) (a) im CT Abdomen (venöse Phase). Im MRT weisen beide Läsionen (Pfeile) ein gering hyperintenses Signalverhalten in der T1-gewichteten In-phase-Sequenz (b) und einen deutlichen Signalabfall in der Opposed-phase-Sequenz (c) auf, beweisend für die Fetthaltigkeit der Läsion. Nach 3 Jahren (d) Größenkonstanz der zwischenzeitlich bioptisch verifizierten steatotischen Adenome (Pfeil) (MRT, Opposed-phase-Sequenz)

Eine zunehmende Ursache für Zufallsbefunde sind Perfusionsinhomogenitäten des Leberparenchyms, auch als „transient hepatic attenuation differences“ (THAD) bezeichnet. Die durch die 2fache Blutversorgung der Leber oder zusätzliche Zustromquellen entstandenen segmentalen oder umschriebenen hypervaskulären Veränderungen findet man als Folge einer echten hepatalen Raumforderung oder auch häufiger ohne Tumorassoziation durch portale Hypoperfusion, arterioportale Shunts, Anomalien der Gefäßversorgung oder Entzündung/Obstruktion der Gallengänge oder -blase [6]. Ein deutliches Hyperenhancement des medialen Segments des linken Leberlappens (Segment IV) ist bei Patienten mit Obstruktion der V. cava superior mit Ausbildung von Kollateralvenen zu beobachten.

Für eine weitere Evaluation steht neben einer multiphasischen bzw. Dual-energy-MDCT, einer MRT mit diffusionsgewichteten Sequenzen und einer Positronenemissionstomographie(PET)-CT neuerdings auch die PET-MRT zur Verfügung, die zu bevorzugende Modalität ist in den meisten Fällen die MRT.

Gallensystem

Die meisten zufällig detektierten Pathologien des Gallensystems betreffen:

  • Gallensteine,

  • dichten Gallenblaseninhalt,

  • fokale oder diffuse Verdickung der Gallenblasenwand mit oder ohne Verkalkung,

  • Gallenblasenhydrops,

  • Gallenblasenpolypen,

  • Erweiterung der intra- oder extrahepatalen Gallenwege,

  • Cholangiolithiasis sowie

  • Tumoren der Gallenblase oder -wege.

Gallenblase

Asymptomatische Gallensteine ohne Duktektasien erfordern keine weitere Abklärung. Verkalkungen der Gallenblasenwand wurden lange als Risikofaktor für ein Karzinom angesehen, wenngleich Studien mit großen Patientenpopulationen gezeigt haben, dass die Wahrscheinlichkeit mit 7 % deutlich niedriger liegt [24]. Bei fehlenden Daten zu Verlaufskontrollen rechtfertigt diese geringe Wahrscheinlichkeit keine Empfehlung zu einer regelmäßigen Kontrolle [25]. Dichter Gallenblaseninhalt (20–100 HU) sollte mit klinischen Vorinformationen wie zuvor verabreichtem Kontrastmittel, Blutungsanamnese oder bekannten nicht verkalkten Gallensteinen korreliert werden. Bei fehlender Mitreaktion der Gallenblasenwand ist keine weitere Abklärung notwendig.

Eine diffuse Verdickung der Gallenblasenwand kann bei fehlender Klinik auf Herzinsuffizienz, akute oder chronische Lebererkrankung, Pankreatitis, Hypoproteinämie oder Hepatitis zurückzuführen sein und erfordert keine weitere Abklärung. Fokale Verdickungen sind in den meisten Fällen Polypen, seltener eine Cholesteatose, Adenomyomatose oder xanthogranulomatöse Cholezystitis. Corwin et al. [7] haben nachgewiesen, dass Polypen <7 mm kein Risiko darstellen und daher auch kein weiteres Follow-up benötigen. Größere Polypen rechtfertigen eine sonographische Verlaufskontrolle bzw. bei einer Größe von >10 mm auch eine chirurgische Konsultation. Die Differenzierung zwischen Adenomyomatose und kleinem Gallenblasenkarzinom gelingt in der Computertomographie mit relativ großer Sicherheit, insbesondere bei Abgrenzbarkeit zystischer Wandveränderungen und intramuraler Divertikel, bei Unsicherheit ermöglicht die Sonographie eine einfache und sensitive Methode, um eine maligne Veränderung auszuschließen.

Ein Hydrops der Gallenblase wird als Erweiterung auf >4 cm im Querdurchmesser und >9 cm im Längsdurchmesser definiert und kann bei Patienten nach längerer Nahrungskarenz als Normalbefund gesehen bzw. durch eine parenterale Ernährung oder cholestatische Medikamente wie Narkotika ausgelöst werden. Der Ausschluss einer akuten Obstruktion sollte abhängig von den klinischen Symptomen und den Laborbefunden erwogen werden.

Gallengänge

Ein dilatierter Ductus hepatocholedochus (Querdurchmesser >7 mm bzw. >11 mm nach Cholezystektomie) kann nicht nur bei akuter Obstruktion mit klinischen Begleitsymptomen, sondern auch bei asymptomatischen Patienten als Zufallsbefund im Ultraschall oder CT detektiert werden. Zugrunde liegende Ursachen findet man in ca. einem Drittel der Fälle, diese sind häufig eine Choledocholithiasis, chronische Pankreatitis oder ein periampulläres Divertikulum [22]. Für eine pathologische Ursache sprechen erhöhtes Alter, abnorme Leberfunktionsparameter, Ikterus und ein gleichzeitig dilatierter Ductus pancreaticus („double-duct sign“), nicht jedoch das Ausmaß der Gallengangserweiterung [22]. Bei pathologischen Laborwerten ist eine weitere Abklärung mithilfe der Magnetresonanzcholangiopankreatikographie (MRCP), des endoskopischen Ultraschalls (EUS) oder der endoskopischen retrograden Cholangiopankreatikographie (ERCP) indiziert, bei regulären Leberfunktionsparametern kann mithilfe klinischer und laborchemischer Verlaufskontrolle die Notwendigkeit einer weiteren bildgebenden Abklärung beurteilt werden [22, 25].

Pankreas

Inzidentelle zystische Pankreasläsionen

Die Häufigkeit zufällig detektierter zystischer Pankreasläsionen liegt in der Literatur bei 1,2–2,6 % für die Multidetektor-CT (MDCT [17, 23]), in der MRT werden deutlich höhere Raten bis 19,9 % beschrieben. In einer großen retrospektiven Studie an 8052 Patienten (davon 2034 mit Zysten) wurde gezeigt, dass das Vorhandensein einer zystischen Pankreasläsion (auch wenn asymptomatisch) mit einer 3fach erhöhten Rate von Pankreaskarzinomen und einer 40 % erhöhten Mortalität bei unter 65-Jährigen im selben Kollektiv vergesellschaftet war [5].

Unabhängig von der Größe der Läsion oder Demographie der Patienten waren in einer Serie von 212 Patienten, bei denen eine zystische Pankreasläsion gefunden wurde, 28 % muzinöse Zystadenome (MCN), 27 % intraduktale papillär/muzinöse Neoplasmen (IMPN), 17 % seröse Zystadenome (SCN) und immerhin 2,5 % Adenokarzinome (PDAC). In der Subgruppe der asymptomatischen Patienten war die Verteilung ähnlich, wenngleich auch weniger Pseudozysten vorzufinden waren (3,8 vs. 19 %) als bei symptomatischen Patienten. Immerhin wurde in diesem chirurgischen Kollektiv bei 42 % der Patienten eine maligne oder prämaligne Diagnose gestellt, was den Stellenwert der Abklärung zystischer Pankreasläsionen unterstreicht [11]. Eine Differenzierung zwischen den häufigsten zystischen Pankreasläsionen zeigt Tab. 2. Simple nichtneoplastische „Pankreaszysten“, wie sie beispielsweise in Leber und Nieren zu finden sind, kommen außer bei Patienten mit von-Hippel-Lindau-Syndrom und polyzystischen Nierenerkrankungen quasi nicht vor.

Tab. 2 Liste zystischer Pankreasläsionen mit Differenzierung nach morphologischen und demographischen Kriterien

Es ist anzumerken, dass die komplette Abklärung einer zystischen Pankreasläsion oft die Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen und auch Untersuchungsmodalitäten (darunter EUS und dezidiertes Pankreas MRT- oder CT-Protokoll) erfordert. Empfehlungen für die Nachsorge bzw. Indikationsstellung einer Resektion sollen daher nur nach abschließender interdisziplinärer Begutachtung erfolgen. In diesem Kapitel wird nur das initiale Management einer zufällig im CT detektierten zystischen Pankreasläsion bei asymptomatischen Patienten diskutiert (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Diagramm mit Managementempfehlungen inzidenteller zystischer im CT detektierten Pankreasläsionen bei asymptomatischen Patienten. HW Hinweis, SCN solid zystische Neoplasie, MCN muzinöse zystische Neoplasie, SPN serös-pseudopapilläre Neoplasie, IPMN intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie, NET neuroendokriner Tumor, MRCP Magnetresonanzcholangiopankreatikographie

Zystengröße

Der Großteil der in der MDCT detektierten inzidentellen zystischen Pankreasläsionen misst unter 10 mm, die Datenlage bzw. Möglichkeit der Abklärbarkeit mithilfe der Bildgebung alleine ist in dieser Subgruppe insuffizient. Es wird daher nach internationalem Konsensus erst die weitere Abklärung mit der MDCT mit Pankreasprotokoll oder MRT asymptomatischer zystischer Pankreasläsionen größer als 10 mm empfohlen (wenn kein assoziiertes Karzinom vorliegt [3, 26]). Eine Nachsorge ist dennoch zu empfehlen, wenngleich keine einheitlichen Intervalle angegeben werden. Die Autoren würden als Follow-up eine Kontrolle in 12 bis 24 Monaten durchführen. Für Läsionen größer als 3 cm (Ausnahme seröses Zystadenom 4 cm) wird die chirurgische Resektion empfohlen.

Zystenmorphologie

Bei Zysten von 1–3 cm Größe ist in weiterer Folge das Erscheinungsmuster in Bezug auf das Malignitätsrisiko abzuschätzen. Obwohl es Überlappungen gibt, sind makrozystische Läsionen (mit Ausschluss der Pseudozysten) und Zysten mit soliden Komponenten weiter abzuklären. Kleinzystische Läsionen bzw. Zysten, die radspeichenartig angeordnet sind, entsprechen in erster Linie SCN und können verlaufskontrolliert werden [3, 26], außer es besteht der Verdacht auf eine IPMN.

Liegt eine muzinöse Zyste vor?

Besonders wichtig ist die Risikostratifizierung in Bezug auf die potenziell prämalignen muzinösen Subtypen IPMN und MCN. Beim IPMN wird zwischen Hauptgangtyp („main duct“, MD-IPMN) und Seitenasttyp („branch duct“, BD-IPMN) unterschieden, wobei es zu Überlappungen kommt („mixed type IPMN“).

Typische Erscheinungskriterien einer muzinösen Läsion sind:

  • intrazystische Septen,

  • Verkalkungen (MCN peripher, SCN zentral),

  • Lokalisation (95 % der MCN Kauda/Korpus),

  • Verbindung zum Hauptgang (ja beim IPMN/sehr selten beim MCN).

Vorgehen bei MCN

Kann keine Verbindung zum Hauptgang dargestellt werden, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine MCN mit deutlich höherem malignen Potenzial als bei einer BD-IPMN vor. Bis auf wenige Ausnahmen wird bei allen gesicherten MCN aufgrund des oft jungen/mittleren Alters der Patienten und der erhöhten Malignitätswahrscheinlichkeit eine Resektion durchgeführt [26].

Vorgehen bei IPMN

Die Diagnose IPMN ist heute mithilfe einer optimalen koronalen Rekonstruktion der MDCT oder nach Durchführung einer MRT mit Pankreasprotokoll und/oder EUS zu stellen, es soll nur zur Ergänzung die weitere Differenzierung erwähnt werden. Zunächst muss die Frage beantwortet werden, ob es sich um ein MD-IPMN handelt. Als MD-IPMN wird jede segmentale oder diffuse Erweiterung des Pankreashauptgangs über 5 mm in Abwesenheit einer Obstruktion oder einer Veränderung im Rahmen einer Pankreatitis bezeichnet [26]. Dies ist insofern wichtig, weil bereits dieses Kriterium aufgrund des erhöhten malignen Potenzials (ca. 60 % der MD-IPMN haben ein In-situ- oder invasives Karzinom) zu einer Resektion führen kann [26]. Schwieriger ist es bei BD-IPMN: In Anbetracht der Operationsmorbidität und des teils fortgeschrittenen Alters gibt es hier Abstufungen, wie mit den Läsionen verfahren werden soll. Als gute Möglichkeit, dem Kliniker richtungsweisende Hinweise auf die Dignität der Läsion zu geben, wird empfohlen, folgende, das weitere Management beeinflussende Kriterien im Befund zu erwähnen:

  • „Besorgniserregende“ Kriterien („worrisome features“) als Hinweis auf Malignität:

    • Größe >3 cm,

    • verdickte Zystenwand,

    • Durchmesser Pankreasgang 5–9 mm,

    • intramurale Knötchen ohne Kontrastmittelaufnahme,

    • abrupter Kalibersprung mit distaler Parenchymatrophie,

    • Lymphadenopathie.

Bei Hochrisikozysten („high risk features“: Durchmesser Pankreasgang ≥10 mm, intramurale Knötchen mit Kontrastmittelaufnahme und Dilatation des Ductus choledochus) wird aufgrund des hochgradigen Malignitätsverdachts eine chirurgische Resektion empfohlen [26].

Inzidentelle solide Pankreasläsionen

Eine zufällig detektierte solide Pankreasläsion unklarer Dignität erfordert unabhängig von der Größe und der Präsentation eine zeitnahe weiterführende Abklärung, um meistens ein Adenokarzinom und seltener einen neuroendokrinen Tumor (NET) oder Lymphom bzw. eine fokale Pankreatitis auszuschließen oder zu bestätigen. Als Seltenheit sei in diesem Zusammenhang auf die intrapankreatische Nebenmilz verwiesen, die als einer der seltenen benignen soliden Pankreasraumforderungen vorkommen kann (Abb. 4). Auch diese Diagnose ist jedoch nur mit weiterführender MRT-Diagnostik oder nuklearmedizinisch zu stellen.

Abb. 4
figure 4

69-jähriger Patient mit Zufallsbefund einer intrapankreatischen soliden Läsion (Pfeile) im CT Abdomen (a). Die anschließend durchgeführte MRT zeigt ein milzisointenses Kontrastmittelverhalten mit inhomogen starker arterieller Aufnahme (b) vergleichbar zur Milz („Tigermilz“) und homogenem venösem Enhancement (c), charakteristisch für intrapankreatisches Milzgewebe

Milz

Zufallsbefunde der Milz sind in 1–2 % der Fälle zu finden und großteils als unspezifische hypodense Läsionen im CT erkennbar [9]. Die häufigsten asymptomatischen Milzläsionen sind kleine Zysten. Diese können erst bei zunehmender Größe zu unspezifischen abdominellen Symptomen bzw. sehr selten zu Komplikationen wie Blutung, Ruptur oder bakterielle Superinfektion führen. Man findet kongenitale und posttraumatische Zysten, Pankreaspseudozysten, Echinokokkuszysten, Abszesse oder eine Mitbeteiligung bei Candidasepsis. Die häufigste solide oder komplex zystische Veränderung ist ein Hämangiom, oft mit im Vergleich zur Leber atypischem Kontrastmittelverhalten. Zu den primär vaskulären Neoplasien der Milz zählen neben den Hämangiomen die benignen Hamartome, Lymphangiome, Hämangioendotheliome, Hämangioperizytome, Littoralzellangiome, die Peliose sowie das maligne Angiosarkom, das Lymphom und Metastasen. Diese Tumoren sind sehr selten, das Hämangiom bei weitem das am häufigsten gefundene. Die meisten aller zufällig gefundenen Milzläsionen sind benigne und ohne klinische Bedeutung [1]. Man kann anhand der bildgebenden Charakteristika benigne, suspekte oder nicht sicher benigne Gruppen unterscheiden [13]:

  • benigne homogener Aufbau, Dichtewerte <20 HU, kein Enhancement, glatter Rand,

  • suspekt heterogener Aufbau, Enhancement, unregelmäßiger Rand, Nekrosen, Parenchym- oder Gefäßinfiltration, Größenzunahme,

  • nicht sicher benigne heterogener Aufbau, mittlere Dichtewerte (>20 HU), Enhancement, glatter Rand.

Läsionen aus der benigne imponierenden Gruppe erfordern keine weitere Verlaufskontrolle. In allen anderen Fällen sollte ein Größenvergleich mit eventuell vorhandenen Voruntersuchungen erfolgen, bei Größenstabilität über 12 Monate ist ebenfalls keine weitere Maßnahme erforderlich. Liegt allerdings keine frühere Bildgebung vor, sollte das individuelle Risikoprofil des Patienten in Betracht gezogen werden: bei fehlender bekannter maligner Erkrankung müssen suspekte Läsionen abgeklärt und unklare Läsionen verlaufskontrolliert werden. Hat der Patient eine bösartige Grunderkrankung, wird eine Kontrolle der kleinen Läsionen (<1 cm) und eine weitere Abklärung der >1-cm-Läsionen empfohlen [13]. Das Risiko einer isolierten Milzmetastase ist relativ gering, da die Milz an 10. Stelle der Häufigkeit einer Metastasenlokalisation liegt, eine isolierte Streuung wird am häufigsten bei einem kolorektalen und ovariellen Karzinom gefunden [1].

Die optimale Verlaufskontrolle erfolgt durch eine MRT nach 6 und anschließend 12 Monaten, die weitere Abklärung mithilfe von PET, MRT oder Biopsie.

Fazit für die Praxis

  • Strategien für ein optimales Management von Zufallsbefunden erscheinen zunehmend bedeutsam, um zu entscheiden, welche dieser Nebenbefunde ignoriert werden können, welche verlaufskontrolliert werden sollen und welche eine direkte Abklärung verlangen.

  • Radiologische Empfehlungen für das weitere Management von Zufallsbefunden beinhalten neben morphologischen Kriterien für die klinische Entscheidungsfindung auch die Einbeziehung des individuellen Patientenrisikos.

  • Radiologen sollten neben der Erkennung und Bewertung von Nebenbefunden auch Empfehlungen für die weitere Therapie bzw. die Verlaufskontrolle in den radiologischen Befund inkludieren.

  • Eine enge Zusammenarbeit mit dem betreuenden Arzt und Zuweiser erleichtert die Entscheidungsfindung in der Klassifizierung der individuellen Risikostratifizierung.