Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate! Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!

Dante Alighieri, Die göttliche Komödie, Inferno III, 9 (das Höllentor)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

wer unter Ihnen kennt jemanden, der vom Bauchspeicheldrüsenkrebs geheilt wurde? Die beiden Herausgeber (SD und TH) dieses Heftes graben in ihren Erinnerungen. Ja, sagt SD, zwei immerhin kennt er. Einen Mann, Gründer eines großen Finanzdienstleisters, vor Jahrzehnten erkrankt und operiert, der heute ein großzügiger Förderer der Forschung und Klinik auf diesem Gebiet ist – und der auch in der Öffentlichkeit keinen Hehl um seine geheilte Krankheit macht. Und eine Frau, bei der er selbst den Tumor zufällig im Ultraschall entdeckte, eigentlich im Rahmen der Nachsorge eines Schilddrüsenkarzinoms. Dies war auch das einzige Pankreaskarzinom, das er je zufällig fand. Zwei Überlebende, ein Tumor als Zufallsbefund und dies in fast 30 Jahren Tätigkeit in der onkologischen Radiologie.

Es gibt nur wenige ähnlich düstere Themen wie das Pankreaskarzinom, jenen Tumor, der allen Fortschritten in der Medizin weiterhin hartnäckig trotzt. Einen Tumor, für den bis heute keine wirksame Früherkennung in Sicht ist und dem man durch seine Lebensgewohnheiten nur in sehr beschränktem Maße vorbeugen kann. Nicht rauchen – gut, das wäre schon ein wichtiger Beitrag, aber auf der sicheren Seite ist man auch hierdurch nicht.

Betrachtet man allein seine Inzidenz, so belegt das Pankreaskarzinom mit bescheidenen 3,2 % aller Tumorneuerkrankungen beim Mann den zehnten, bei der Frau mit 3,6 % den sechsten Platz (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Krebsinzidenz in Deutschland. Prozentualer Anteil der häufigsten Tumorlokalisationen an allen Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2010 nach Geschlecht (aus [1] mit freundl. Genehmigung)

Anders als bei vielen anderen Tumoren in dieser Statistik liegt aber beim Pankreaskarzinom die Mortalität nur wenig unter der Inzidenz. Knapp gesagt: Wer es hat, stirbt auch daran. Dementsprechend steht es in der Statistik der Krebstodesfälle bereits an vierter Stelle (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Die 20 häufigsten Krebstodesursachen im Jahr 2012

Nicht nur das. Werfen wir einen weiteren Blick auf den Verlauf dieses Wettlaufs der Killer, so finden wir, dass beispielsweise Prostata-, Magen-, Mamma-, Ovarial- und bei Männern sogar Lungenkarzinome zurückfallen. Nur das Pankreaskarzinom (bei Frauen leider auch das Lungenkarzinom) ist langsam aber stetig auf dem Vormarsch (Abb. 3a und b).

Abb. 3
figure 3

Die 5 häufigsten Krebstodesursachen in Deutschland. Für Männer (a) und für Frauen (b)

Die Gründe für diesen Trend sind schwer auszumachen. Möglicherweise ist ein Teil davon der steigenden Qualität und dem zunehmenden Einsatz bildgebender Diagnostik zuzuschreiben, wodurch die Diagnose heute in den allermeisten Fällen noch zu Lebzeiten erfolgt. Vor der Ära von Ultraschall, CT, MRT und PET blieb die Ursache der Symptome und der Kachexie oft bis zum Tod im Dunkeln und konnte allenfalls autoptisch ermittelt werden.

Als Radiologen sehen wir viele Krebspatienten, und es sind vor allem jene mit Pankreaskarzinom, die uns besonders im Gedächtnis haften bleiben. Wir sehen sie zum Zeitpunkt der Diagnose, nach außen hin bis auf vielleicht einen Ikterus scheinbar gesund, und ahnen ihren Verfall voraus, dessen Zeugen wir ebenfalls sein werden. Diese schreckliche Krankheit trifft den Menschen erbarmungslos in der Mitte seines Leibes und oft auch in der Mitte seines Lebens.

Für uns Ärzte heißt dies, nicht aufzugeben, nicht in der Forschung, nicht in der Behandlung und eben auch nicht in der Diagnostik. Das Pankreas ist Hort vieler Krankheiten, nicht alle so gnadenlos tödlich wie das Adenokarzinom. Teils handelt es sich um Erkrankungen, die ihrerseits eigene Probleme machen – so z. B. endokrine Tumoren oder das breite Spektrum an Schweregraden der Pankreatitis –, teils sind es Veränderungen, die uns die Diagnose des Karzinoms erschweren. So haben wir in den vergangenen Jahren auch dazulernen müssen, z. B. dass nicht jede „Zyste“ harmlos ist – Stichwort intraduktale papillär-muzunöse Neoplasie (IPMN). Übrigens hat auch die Chirurgie beträchtliche Fortschritte gemacht und wagt sich heute an Tumoren, die zuvor als nicht resektabel galten. Ein Funken Hoffnung für zumindest einen Teil unserer Patienten.

Von alldem handelt dieses Heft.

Ihre

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Prof. Dr. Stefan Delorme

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Prof. Dr. Thomas Helmberger