Hintergrund

Die Prävalenz der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) wird mit 3–10 % angegeben, wobei sie mit steigendem Alter deutlich zunimmt und bei Patienten über 70 Jahre bei etwa 15–20 % liegt [1, 2]. Entsprechend der klinischen Symptomatik (Tab. 1) und der stärksten Ausprägung der PAVK unterscheidet man verschiedene Stadien bzw. Verteilungstypen. Die Übergänge der Verteilungstypen (Schultergürtel-, Becken-, Oberschenkel-, Unterschenkel- und akraler Typ) können fließend sein und es kann eine diffuse Verteilung vorherrschen (Mehretagentyp). Etwa 85 % der PAVK manifestiert sich im Bereich der Becken-Bein-Arterien. Je nach Risikoprofil des Patienten kommt es oft zu einer Hauptmanifestation, z. B. Unterschenkeltyp (etwa 20 % der Patienten mit PAVK) bei Patienten mit langjährigem Diabetes mellitus. Der Oberschenkeltyp ist mit 50 % der häufigste Lokalisationstyp.

Tab. 1 Klassifikation der PAVK

In den Stadien II nach Fontaine und Kategorien 1–3 nach Rutherford (Claudicatio intermittens), zeichnet sich die Krankheit durch einen relativ gutartigen Verlauf aus. Bei über zwei Drittel der Personen mit Claudicatio intermittens bleiben die Beschwerden stabil, und das Risiko, dass in den nächsten 5 Jahren ein chirurgischer Eingriff oder eine Amputation nötig ist, liegt lediglich bei etwa 10 %. Die Stadien III und IV dagegen bergen ein beträchtliches Risiko, dass es zum Verlust der betroffenen Extremität kommt. Allgemein liegt die Hauptbedrohung der PAVK indessen nicht in den lokalen Komplikationen, sondern – da sie in vielen Fällen von einer obstruierenden Arteriosklerose der koronaren und intrakraniellen Gefäße begleitet ist – in der deutlich erhöhten Gefahr, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Die PAVK stellt einen prognostischen Marker für die kardiovaskuläre Mortalität dar, indem mit zunehmendem Schweregrad das Sterberisiko ansteigt [2].

Heute ist die perkutane transluminale Angioplastie (PTA), mit und ohne adjuvante Verfahren wie der Stentimplantation, eine Standarttherapie und wird alleine oder simultan während einer Gefäßoperation durchgeführt. In einem gemeinsamen (zwischen Angiologen, Gefäßchirurgen, Kardiologen und Radiologen) regelmäßig überarbeiteten Konsensdokument, TASC I, bzw. TASC II (Trans-Atlantic Inter-Society Consensus Document on Management of Peripheral Arterial Disease), einigte man sich auf eine Klassifizierung und Therapieempfehlung in Abhängigkeit von Lokalisation und Ausprägung der Läsion [4]. Eine Therapieempfehlung für Läsionen der infrapoplitealen Arterien gibt TASC jedoch nicht vor. Wir benutzten deshalb die „Guidelines for Percutaneous Transluminal Angioplasty“ des „Standards of Practice Committee of the Society of Cardiovascular and Interventional Radiology“, da hier klare Vorgaben zur Behandlung von Läsionen der Unterschenkelarterien vorhanden sind [5].

Ziel der Studie

Im Vergleich zur Beckenetage und zum Oberschenkel ist die Datenlage (Langzeitergebnisse mit prognostischen Variablen) zur PTA der Unterschenkelarterien gering. Die Diskrepanz zwischen zunehmendem Einsatz der PTA im Unterschenkelbereich und der Weiterentwicklung des Instrumentariums und trotzdem unsicherer Studienlage motivierte uns zur Aufarbeitung der durch uns durchgeführten Angioplastien am Unterschenkel.

In unserem Haus wurden alle im Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie durchgeführten kruralen Ballondilatationen, mit oder ohne Stentimplantation, zwischen 2001 und 2005 dokumentiert. Prozedurrelevante Daten wurden prospektiv in einer Datenbank dokumentiert und mit Fokus auf klinische Erfolgsrate, Komplikationen und Langzeiterfolg analysiert. In den Jahren 2009 und 2011 wurde versucht, alle Patienten zu kontaktieren und bei Bedarf eine angiographische Vergleichsaufnahme anzufertigen. Von besonderem Interesse war hierbei die Offenheitsrate der behandelten Stellen durch angiographische Kontrolle des PTA-Ergebnisses in Korrelation zur Klinik. Es handelt sich also um eine klinische und statistische Langzeitstudie zur Erfassung der Faktoren, die einen signifikanten Einfluss auf die Erfolgsrate nach PTA kruraler Arterien haben.

Material und Methoden

Patienten

Die 212 Patienten, welche in die Studie aufgenommen wurden (Abb. 1) verteilten sich gleichmäßig auf die 4 Jahre der Behandlung. Der erste Patient wurde am 08.01.2002 und der letzte Patient am 15.12.2005 behandelt. Die Alters- und Geschlechtsverteilung der Patienten sowie Anzahl der behandelten Läsionen und Beine zeigt Abb. 1. Das Durchschnittsalter der behandelten Patienten war mit 77,8 Jahren bemerkenswert hoch.

Abb. 1
figure 1

Alters und Geschlechtsverteilung der 212 behandelten Patienten (239 Beine sowie 378 behandelte Läsionen infragenual) im Zeitraum 2002–2005 mit Nachbeobachtung bis 2011

Die Verteilung der Risikofaktoren ist in Abb. 2 dargestellt. Ein Diabetes mellitus lag bei 124 Patienten (58,5 %) und eine Raucheranamnese bei 46 Patienten (21,7 %) vor. Eine Dialysepflicht bestand bei 14,2 % der Männer und bei 7,1 % der Frauen. Einen Herzschrittmacher hatten 18 Patienten (8,5 %).

Abb. 2
figure 2

Risikofaktoren für die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) bei 212 Patienten

Klassifikation der behandelten Läsionen nach SIR

Die behandelten Läsionen wurden entsprechend den Leitlinien zur PTA der SCVIR („Guidelines for Percutaneous Transluminal Angioplasty“ des „Standards of Practice Committee of the Society of Cardiovascular and Interventional Radiology“) eingestuft [5, 6], da in dieser Klassifikation auch Empfehlungen speziell für den Unterschenkel existieren. Die SCVIR wurde 2002 in die SIR (Society of Interventional Radiology) umbenannt, weshalb wir im Weiteren von der SIR-Klassifikation sprechen. Die SIR-Klassifikation für den kruralen Bereich zeigen Tab. 2 und 3 die Therapieempfehlung der SIR entsprechend der Läsionskategorie.

Tab. 2 Klassifikation der Stenosen und Verschlüsse der Unterschenkelarterien nach SIR [5]
Tab. 3 Therapieempfehlung der SIR entsprechend der Läsionskategorie [5, 6]

Die SIR-Klassifikation der behandelten Läsionen in unserem Patientenkollektiv zeigt Abb. 3. Am häufigsten wurden Läsionen vom Typ SIR 4 (32,8 %) und SIR 3 (26,2 %) behandelt. Typ SIR 1 lag bei 21,2 % und SIR 2 bei 19,8 % der behandelten Läsionen vor.

Abb. 3
figure 3

Prozentuale Verteilung der 4 Läsionstypen nach Society of Interventional Radiology (SIR [5]) an den einzelnen Unterschenkelarterien. ATA A. tibilalis anterior, ATP A. tibialis posterior, AF A. fibularis

PAVK-Stadium vor Therapie und behandelte Arterien

Die Verteilung des PAVK-Stadiums der Patienten (n = 212) nach Fontaine bezogen auf die behandelten Beine (n = 239) zeigt Abb. 4 Im Stadium II wurden 78 (32,6 % von 239 Beinen) Behandlungen durchgeführt, im Stadium III wurden 30 Patienten behandelt (12,6 % von 239 Beinen) und im Stadium IV erfolgten 131 (54,8 % von 239 Beinen) Behandlungen.

Abb. 4
figure 4

PAVK-Stadium (periphere arterielle Verschlusskrankheit) der Patienten nach Fontaine bezogen auf die behandelten Beine

Es wurden 378 Dilatationen im Bereich der Unterschenkelarterien durchgeführt, Tab. 4 zeigt Anzahl und Lokalisation der behandelten Läsionen und Gefäße. Am häufigsten wurden Läsionen im Bereich der A. tibialis anterior (28 %) und A. fibularis (26,2 %) behandelt.

Tab. 4 Lokalisation und Anzahl der behandelten Läsionen und Gefäße im Unterschenkel

Mehretagenbefall

Ein klinisch relevanter Mehretagenbefall wurde bei 36 Patienten (17 %) diagnostiziert. Es handelt sich um 2 Patienten mit Läsionen im arteriellen Beckenstrombahn und 34 Patienten mit Stenosen und Verschlüsse im Bereich der Oberschenkelarterien. Alle Läsionen wurden erfolgreich mithilfe endovaskulärer Behandlungsmethoden therapiert. Die Technik dieser Methoden ist in mehreren Publikationen detailliert beschrieben worden [7, 8].

Verlaufsbeobachtung

Die Zeiträume der Datenerhebung zeigt Tab. 5. Um die Daten besser zuordnen zu können, definierten wir 3 Zeiträume. Der Einschlusszeitraum umfasst jeweils einschließlich Januar 2002 bis Dezember 2005 und damit die Zeit des Studieneinschlusses, in welcher eine krurale PTA stattgefunden haben muss. Der Abschlusszeitraum erstreckt sich über die Jahre 2009 bis 2011, in welchem bei Überleben des Patienten ein Kontakt stattfinden musste oder bei Ableben die entsprechenden Informationen eingeholt werden mussten. War dies nicht möglich, so wurde dies als Verlaufsabbruch („lost to follow-up“) gewertet, auch wenn in der Zeit zwischen Einschluss- und Abschlusszeitraum ein Kontakt stattfand. Zwischen 2009 und 2011 (dies ist der Abschlusszeitraum) war das Ziel, alle in die Studie eingeschlossenen Patienten per Telefon, Brief, Fax oder Email zu erreichen. Die Kontaktdaten ergaben sich aus der Krankenakte, über den Hausarzt oder die weiterbehandelnde Klinik. Nach Kontaktaufnahme wurden alle krankheitsrelevanten Informationen über den Verlauf seit der letzten Vorstellung und der aktuelle Befund erfasst und in eine Datenbank eingetragen.

Tab. 5 Zeiträume der Datenerhebung

Der Beobachtungszeitraum ist die Zeit von der ersten kruralen PTA, welche zum Studieneinschluss führte, bis zum letzten dokumentierten Lebenszeichen bzw. dem Tod des Patienten. 118 Beine (49,9 %) mit insgesamt 188 behandelten Läsionen wurden während der Nachbeobachtung durch Angiographie (digitale Subtraktionsangiographie oder MR-Angiographie) untersucht.

Statistische Auswertung

Alle erhobenen Daten wurden bereits beim ersten Patientenkontakt prospektiv in einer Microsoft-Excel-Datei (Interventionsdatenbank) aufgenommen (Microsoft Excel 2002 SP3). Aus dieser Datenbank erfolgte die weitere Verarbeitung der Daten. Die Summen, die Prozente, die arithmetischen Mittel und die Mediane wurden mit dem Programm Excel berechnet.

Zur weiteren Bearbeitung wurden die Originaldaten in das Statistikprogrammpaket SAS, release 9.3 (SAS Institute Inc., Car,y NC, USA) importiert. Die statistischen Analysen wurden in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Medizinische Statistik, Biomathematik und Informationsverarbeitung der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg durchgeführt. An Endpunkten analysierten wir das Überleben und das amputationsfreie Überleben, die Minor- und die Majoramputation sowie die Amputation generell und außerdem die primäre Offenheit. Mit Kaplan-Meier-Kurven erfolgte die graphische Darstellung. Zum Vergleich der Kaplan-Meier-Kurven wurde der Log-rank-Test herangezogen, d. h. es wurde überprüft, ob eine bestimmte Einflussgröße den Endpunkt beeinflusst. Um unerwartete Zusammenhänge zu erkennen, wurde eine multiple Analyse durchgeführt. Wenn bei Parametern ein statistisch signifikanter Einfluss vorhanden war, wurde die Hazard Ratio (momentane Ausfallrate) errechnet. Zusätzlich wurden mit einer Cox-Regression mehrere Einflussgrößen simultan analysiert. Das Ergebnis eines statistischen Tests wurde als signifikant bezeichnet, wenn der p‑Wert unter 0,05 lag. Bei einem p‑Wert zwischen 0,05 und 0,10 wurde das Ergebnis als schwach signifikant gewertet.

Ergebnisse

Frühergebnisse

Die Frühergebnisse zeigt Tab. 6. Die technische Erfolgsrate und die Anzahl der Reststenosen sind bezogen auf behandelte Läsionen, während die Anzahl der Komplikationen sich auf behandelte Patienten bezieht. Die aufgeführten Komplikationen beziehen sich auf die SIR-Klassifikation [6]. Diese Klassifikation spiegelt die Folgen der Komplikation in Bezug auf Weiterbehandlung und bleibende Schäden wider. Majorkomplikationen werden in 4 Schweregrade (C, D, E und F) eingeteilt:

  • C ausgiebige Therapie notwendig oder ungeplanter Krankenhausaufenthalt (24–48 h),

  • D ausgiebige Therapie notwendig mit erhöhtem Behandlungsaufwand und verlängertem Krankenhausaufenthalt (über 48 h,

  • E permanente Folgeschäden,

  • F Tod.

Tab. 6 Frühergebnisse

Bei 11 schweren Komplikationen in unserem Patientenkollektiv handelte es sich in 7 Fällen um Schweregrad C (Embolie [n = 6] und Aneurysma spurium) und in 3 Fällen um Schweregrad D (Embolie [n = 2] und Nierenversagen). Im Rahmen einer PTA kam es zum Tod des Patienten (Schweregrad E). Damit betrug die 30-Tage-Letalität 0,5 % (1 von 212). Hierbei handelte es sich um eine 80-jährige Patientin nach ambulant geplanter PTA mit langstreckigem Verschluss. Nach Prostavasingabe entwickelte sich eine kardiale Insuffizienz, welche die stationäre Aufnahme zur Folge hatte. Im weiteren Verlauf kam es zur Tracheotomie, Vorfußamputation und schließlich 24 Tage nach PTA zum Tod durch Herzversagen. Acht Monate zuvor wurden dieselben Stellen mittels PTA ohne Probleme ambulant behandelt.

Spätergebnisse

Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 3,7 Jahre (Spannweite bis etwa 9 Jahre). Achtundvierzig Patienten (22,6 %) erhielten Minor- oder Majoramputationen an 53 Beinen (Minoramputationen 20/212 [9,4 %], Majoramputationen 28/212 [13,2 %]). Die Beinerhaltungs- bzw. mediane Überlebensraten nach Kaplan-Meier zeigen Abb. 5 und 6. Die Beinerhaltungsrate (Kaplan-Meier-Analyse) betrug nach 5 Jahren 85,4 %, die mediane Überlebensrate nach Kaplan-Meier 79,7, 72,2, 67,3 und 51,4 % nach 1, 2, 3 und 5 Jahren.

Abb. 5
figure 5

Kaplan-Meier-Analyse der Beinerhaltungsrate (s. Text)

Abb. 6
figure 6

Kaplan-Meier-Darstellung des Überlebens getrennt nach Geschlecht. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied (p = 0,8912). w weiblich

Die primäre Offenheitsrate der behandelten Unterschenkelarterien bis einschließlich 3 Jahre ist in Tab. 7 dargestellt. Alle symptomatischen Läsionen konnten erfolgreich mit PTA behandelt werden.

Tab. 7 Primäre Offenheit am Unterschenkel

Statistische Auswertung der beeinflussenden Faktoren bzgl. Beinerhaltungs-, Überlebens- sowie Offenheitsraten

Die Risikofaktoren Dialyse, Nikotinkonsum und Diabetes mellitus, die Abstromverhältnisse, das PAVK-Stadium nach Fontaine, die Lokalisation und der Läsionstyp wurden statistisch ausgewertet, um die Endpunkte zu ermitteln und Einflussparameter zu analysieren. Wenn bei Parametern ein statistisch signifikanter Einfluss vorhanden war, wurde die Hazard Ratio (momentane Ausfallrate) errechnet. Die prognostische Relevanz der Behandlung und der selektionierten Variablen in Bezug auf Offenheit, Beinerhaltungs- und Überlebensrate wurde mithilfe multipler logistischen Regression analysiert. Die Regressionsanalyse (Cox-Regression) macht es möglich, mehrere Einflussgrößen simultan zu analysieren.

Primäre Offenheit

Der Nikotinkonsum hatte keinen signifikanten Einfluss auf die primäre Offenheit (p-Wert = 0,8981). Auch das Geschlecht, die SIR-Klasse, der Abstrom und Diabetes mellitus hatten keinen signifikanten Einfluss auf die primäre Offenheit. Mit steigender SIR-Klasse nimmt zwar die primäre Offenheit ab und bestätigt damit die Erwartungen, allerdings ohne statistische Signifikanz. Ein Vergleich der 3 Unterschenkelarterien ergab im Log-rank-Test keine signifikanten Unterschiede (p = 0,9224).

Die primäre Offenheit nimmt mit steigendem Fontaine-Stadium ab. Am Unterschenkel ergab sich sogar zwischen Stadium II und III im Log-rank-Test ein signifikanter Unterschied (p = 0,0350, Hazard Ratio 0,534). Allerdings verliert das Fontaine-Stadium seinen signifikanten Einfluss in der multiplen Analyse, da eine Abhängigkeit von der Dialyse festgestellt wurde. Diese stellt eine eigenständige signifikante Beeinflussung der primären Offenheit dar. Für Dialysepatienten war die nachgewiesene primäre Offenheit hoch signifikant kürzer als für Nichtdialysepatienten (p = 0,0207). Bei dieser Auswertung ist zu bedenken, dass die beiden Endpunkte Rezidiv und Beobachtungsende gleichgesetzt wurden.

Amputationsraten

Der Diabetes mellitus hatte keinen Einfluss auf die Amputations- und Überlebensraten. Zwar erhielten mehr Diabetikerpatienten eine Majoramputation (14,7 vs. 9,4 % Nichtdiabetiker), allerdings war der Unterschied nicht signifikant (p = 0,1661).

Tibiale Arterien

Erwartungsgemäß kam es bei 3 offenen Unterschenkelarterien zu keiner Majoramputation, und mit sinkendem distalem Abstrom stieg die Majoramputationshäufigkeit. Zu beachten sind Ausreißer bei geringer Fallzahl. So kam es bei der Kombination aus nur offener A. tibialis anterior et posterior in nur 2 Fällen zu einer Majoramputation, wobei aber auch insgesamt bei 239 behandelten Beinen nur 3‑mal isoliert diese Kombination aus offener A. tibialis anterior et posterior vorkam. Für die Minoramputationen erhielten wir ähnliche Ergebnisse. Es fällt auf, dass die Majoramputationshäufigkeit sinkt, sobald die A. fibularis offen ist. Betrachtet man die 239 Beine und vergleicht die Offenheit der einzelnen Unterschenkelarterien mit der Majoramputationshäufigkeit, wird die Bedeutung der A. fibularis noch deutlicher. Die Korrelation zwischen Häufigkeit einer Majoramputation und Offenheit der 3 Unterschenkelarterien zeigt Abb. 7. Auch bzgl. der Minoramputationen sticht der Vorteil einer frei durchgängigen A. fibularis hervor. Bei offener A. fibularis kam es deutlich seltener zu einer Minoramputation als bei verschlossener A. fibularis. Bei den tibialen Arterien stellte sich dieser Unterschied nicht so ausgeprägt dar.

Abb. 7
figure 7

Majoramputationshäufigkeit in prozentualer Abhängigkeit vom Offenheitszustand der einzelnen Unterschenkelarterien (s. Text)

A. fibularis

Während zwischen den beiden tibialen Arterien kein wesentlicher Unterschied bestand, ereigneten sich bei offener A. fibularis (unabhängig vom Offenheitsstand der tibialen Arterien) deutlich weniger Majoramputationen bzw. bei verschlossener A. fibularis deutlich mehr. In 239 behandelten Beinen war die A. fibularis in 156 Fällen offen, hierbei kam es in 5,1 % der Fällen zu einer Majoramputation (8 von 156). Das bedeutet, bei offener A. fibularis konnte in 94,9 % der Fälle (148 von 156) eine Majoramputation verhindert werden. In 83 Fällen der 239 Beine war die A. fibularis verschlossen, hierbei kam es in 26,5 % der Fälle zu einer Majoramputation (22 von 83). Von den 239 Beinen waren in 140 Fällen mindestens eine tibiale Arterie offen (unabhängig vom Offenheitsgrad der A. fibularis) und hiervon kam es im weiteren Verlauf bei 12,9 % der Fälle zu einer Majoramputation (18 von 140). Das heißt, wenn eine oder beide tibialen Arterien offen waren (mit offener oder verschlossener A. fibularis), konnte in 87,1 % (122 von 140) eine Amputation vermieden werden. Die Offenheit der tibialen Arterien hatte keinen Einfluss auf das Eintreten einer Majoramputation (p-Werte im Log-rank-Test bei beiden über 0,7). Die Offenheit der A. fibularis hingegen stellte einen starken Einfluss auf das Risiko einer Majoramputation dar. Die Wahrscheinlichkeit war statistisch hoch signifikant mit einem p‑Wert von < 0,0001 und einer Hazard Ratio von 0,136. In der multiplen Analyse stellte sich der Offenheitszustand der A. fibularis als eigenständiger signifikanter Faktor dar mit p < 0,0001 und Hazard Ratio = 0,159. Dies zeigt deutlich die große Bedeutung der A. fibularis für die Versorgung und den Erhalt des Unterschenkels und des Fußes (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

Kaplan-Meier-Darstellung der Majoramputationen in Abhängigkeit vom Offenheitszustand der A. fibularis. Der Unterschied ist in der Regressionsanalyse statistisch hoch signifikant (eigenständiger p‑Wert < 0,0001, Hazard Ratio = 0,159). o offen, no nicht offen

Dialysepatienten

Dialysepatienten hatten ein höheres Risiko für eine Majoramputation als Nichtdialysepatienten (p < 0,0001). Isoliert betrachtet (Regressionsanalyse) hatte die Dialyse einen eigenständigen Einfluss mit einem p‑Wert = 0,0133 und einer Hazard Ratio = 2,781. Das bedeutet ein 2,781-fach erhöhtes Risiko für eine Majoramputation.

Überleben und Todesfälle

Während des Beobachtungszeitraums wurden 108 Todesfälle (50,9 % von 212) von uns registriert, wobei unabhängig davon für 8 (3,8 %) der 212 beobachteten Patienten keine Verlaufsangaben bis in den Abschlusszeitraum existierten (Verlaufsabbruch). Der jüngste verstorbene Patient war 46 Jahre alt und starb im Multiorganversagen bei Infekt und Gangrän beider Füße. Der älteste verstorbene Patient wurde 95 Jahre alt und verstarb an Nierenversagen nach arteriellem thrombembolischem Verschluss eines Beins. Der Median des Todesalters lag bei 79,5 Jahren und der Mittelwert bei 77,8 Jahren. Bei lediglich 6 Patienten (5,6 % von 212) konnte der Tod einer direkten Folge der PAVK der Beine zugeordnet werden. In allen 6 Fällen war dies ein Infekt, welcher von den Beinen ausging.

Es wurde ein Einfluss der Amputation auf das Überleben gefunden. In der statistischen multiplen Analyse wurde die generelle Amputation (Minor- oder Majoramputation) als eigenständiger Einfluss auf das Überleben erkannt. Es ergab sich ein signifikanter Unterschied (p = 0,0017, Hazard Ratio = 1,955) zwischen Patienten mit Zustand nach Amputation vs. Patienten mit amputationsfreiem Überleben. Ein signifikant erhöhtes Risiko zum vorzeitigen Versterben hatten Dialysepatienten (nach 3 Jahren waren 60,9 % der Dialysepatienten verstorben vs. nur 27,5 % der Nichtdialysepatienten). In der Regressionsanalyse bestätigte sich die Dialyse als eigenständiger Einfluss mit einem p‑Wert = 0,0005 und einer Hazard Ratio von 2,631.

Fontaine-Stadium II

Bemerkenswert ist, dass es auch in der Patientengruppe im Fontaine-Stadium II in 5,1 % der Fälle (4 von 78 Beinen) Majoramputationen kam, die Hintergründe dafür haben wir näher analysiert.

Fall 1.

Bei einem dieser 4 Patienten musste bereits nach 160 Tagen eine Majoramputation bei einem vorbestehenden verschlossenen Bypass und akuter kardialer Dekompensation vorgenommen werden. Bei diesem 64 Jahre alten Patienten mit Nikotinabusus und Diabetes mellitus als Risikofaktoren in der Anamnese kam es trotz gutem angiographischem Ergebnis zu rapider Verschlechterung der Klinik mit Nekrose und Osteomyelitis, Infektausbreitung und Pneumonie, was eine rasche Infektsanierung mit Unterschenkelamputation erforderlich machte.

Fall 2.

Im 2. Fall wurde bei einer 78-jährigen Patientin ohne Risikofaktoren und ohne zuvor durchgeführte Behandlungen an den Beinarterien 6 Monate nach Erst-PTA des Truncus tibiofibularis ein Bypass auf die A. poplitea angelegt. Etwa weitere 2,5 Jahre später folgte die Neuanlage des Bypasses weiter distal auf die A. fibularis, womit die PTA-Stelle umgangen wurde. Es kam zum erneuten Bypassverschluss mit Knieexartikulation (1145 Tage nach Erst-PTA), Stumpfinfekt mit multiresistenten Keimen und schließlich Tod durch Multiorganversagen.

Fall 3.

Ein 81 Jahre alter Patient, Raucher, erhielt eine PTA der A. tibialis anterior bei vorbestehendem Bypass auf den Truncus tibiofibularis. Im weiteren Verlauf entwickelte sich ein Infekt am Unterschenkel, welcher mehrere Jahre persistierte. Es erfolgte keine weitere Vorstellung in der interventionellen Radiologie oder Gefäßchirurgie. Drei Jahre und 3 Monate später kam es zur Unterschenkelamputation bei septischer Gangrän und wenige Tage später zum tödlichen Mesenterialinfarkt.

Fall 4.

Im 4. Fall erhielt eine Patientin mit Diabetes mellitus im Abstand von 2 Tagen eine PTA im P3-Segment rechts sowie eine PTA der A. tibialis anterior links ohne vorherige oder nachfolgende Gefäßinterventionen. Ohne weitere Vorstellung in unserer Klinik wurde auswärts 10 Monate später eine Oberschenkelamputation rechts durchgeführt und etwa 6,5 Jahre später auf der linken Seite, jeweils bei peripherem Infekt mit multiresistenten Keimen. Der Tod durch Herzversagen folgte weitere 2 Wochen später.

Diskussion

Im Vergleich zur Beckenetage und zum Oberschenkel existieren zur PTA von Unterschenkelarterien nur wenige Studien. Wagner u. Rager [9] beschrieben dies treffend in ihrem Übersichtsartikel „Infrapopliteale Angioplastie – die vergessene Region“ bereits 1998. Während sich die PTA im iliakalen und auch im femoropoplitealen Bereich bei entsprechender Indikation als Standardtherapie etabliert hat, fehlen Richtlinien für die Behandlung von Läsionen im Unterschenkel. Unter Berücksichtigung der damals aktuellen Studienlage kamen die damaligen Autoren zu dem Schluss, dass die krurale Angioplastie gute kurzfristige Ergebnisse liefere, allerdings langfristig mit einer hohen Restenoserate behaftet sei und weitere Studien und Entwicklungen nötig wären [8]. Auch in den TASC-Dokumenten I und II von 2000 bzw. 2007 fehlen Empfehlungen zur Therapie infrapoplitealer Läsionen [4].

PTA im Unterschenkelbereich

Die Diskrepanz zwischen zunehmendem Einsatz der PTA im Unterschenkelbereich und der Weiterentwicklung des Instrumentariums und trotzdem unsicherer Studienlage motivierte uns zur Aufarbeitung der durch uns durchgeführten Angioplastien am Unterschenkel. Für die Beschreibung und Analyse der behandelten Läsionen benutzten wir die „Guidelines for Percutaneous Transluminal Angioplasty“ des „Standards of Practice Committee of the Society of Cardiovascular and Interventional Radiology“, da in der Literatur nur hier klare Vorgaben zur Behandlung von Läsionen der Unterschenkelarterien vorhanden sind [5, 6].

Bull et al. [10] konnten schon vor mehr als 2 Jahrzehnten zeigen, dass durch PTA von Unterschenkelarterien ein hoher kumulativer klinischer Erfolg insbesondere bei kurzstreckigen Läsionen erzielt werden kann. Interessant war unsere Beobachtung im Rahmen der angiographischen Verlaufskontrollen, dass selbst bei komplettem Reverschluss der A. femoralis superficialis mit PTA behandelte Läsionen am Unterschenkel offen bleiben können (Abb. 9). In diesem Fall reichte also der Zustrom über Kollateralen aus, um eine dilatierte Läsion am Unterschenkel offen zu halten.

Abb. 9a–g
figure 9

73-jährige Patientin mit AVK Stadium III (Fontaine) des linken Beins. Angiographische Verlaufskontrolle vor und nach PTA der Aa. femoralis superficialis und fibularis. Zustand nach Kniegelenkprothesenimplantation links. Es konnte langfristig das Fontaine-Stadium II gehalten werden bei Befundprogredienz der zuführenden Arterien. a Digitale Subtraktionsangiographie (DSA) mit Darstellung diffuser Plaquebildungen femoropopliteal und hochgradiger Stenose im Adduktorenkanal (Pfeil). b DSA der A. poplitea und der angrenzenden infrapoplitealen Arterien links. Die A. fibularis ist im Abgangsbereich hochgradig stenosiert im Sinne einer SIR-Läsion Typ 1 (Pfeil) bei Eingefäßversorgung (die Aa. tibialis anterior et posterior sind komplett verschlossen). c–d DSA nach PTA der oben beschriebenen Stenosen mit gutem Ergebnis ohne Reststenosen. e–g Kontrolle 5 Jahre und 1 Monat nach PTA der Aa. femoralis superficialis und fibularis mit klinischer Besserung zum Fontaine-Stadium II. Angiographisch deutliche Befundprogredienz im Bereich der Oberschenkelarterien mit Verschluss der A. femoralis superficialis links oberhalb der behandelten Läsionen. Die A. poplitea wird links teilweise durch die Kniegelenkprothese verdeckt (e).  Seitliche Angiographie der linken Kniegelenkregion (f) ohne Hinweis auf hochgradige Stenosen der A. poplitea infragenual. Trotz Befundprogredienz mit Verschluss der vorgeschalteten A. femoralis superficialis ist die A. fibularis 5 Jahre und 1 Monat nach PTA offen geblieben (g). PTA perkutane transluminale Angioplastie, SIR Society of Interventional Radiology

AVK-Stadium II

Im AVK-Stadium II ist das Ziel, die schmerzfreie Gehstrecke zu erhöhen. Bei etwa einem Drittel unserer Patienten wurde die Indikation zur PTA bei AVK-Stadium II gestellt. Die Indikation wurde immer vorher intensiv interdisziplinär diskutiert, und alle Patienten boten ein Bild der schweren Claudicatio intermittens (Kategorie 3 nach Rutherford) bei hoher Erfolgsaussicht des endovaskulären Eingriffs. Bei keinem dieser 78 Eingriffe wurden klinisch relevante Komplikationen beobachtet. Die oben beschriebene Amputationen bei 4 Patienten mit ursprünglichem AVK-Stadium II wurden Monate und Jahre später im Rahmen einer Progredienz der AVK bei Multimorbidität und Zustand nach operativen Eingriffen klinisch notwendig.

Es bleibt die Frage, ob eine Majoramputation hätte verhindert werden können, wenn nach erfolgter PTA im Stadium II eine engmaschigere Kontrolle stattgefunden hätte. Unsere Patienten im Stadium IV stellen teilweise eine Negativauswahl dar, da auch Notfallpatienten aufgenommen wurden, welche mit schweren Ulzerationen bis hin zu Knochennekrosen behandelt wurden. In diesen Fällen handelte es sich um eine zu späte interventionelle Therapie, um eine Amputation zu vermeiden. Teilweise wurde lediglich versucht, der bereits indizierten Amputation eine bessere Wundheilung zu ermöglichen. Dies erklärt, warum 14 von 30, also fast die Hälfte (46,7 %) der durchgeführten Majoramputationen, innerhalb der ersten 3 Monate nach PTA stattfanden.

AVK-Stadium III und IV

Ab Stadium III geht es um die Schmerzaufhebung oder zumindest Schmerzreduktion, die Ulkusabheilung und den Extremitätenerhalt. Wie lange die konservative Therapie ausreicht und ab wann eine Intervention nötig ist, sollte interdisziplinär diskutiert und vom Leidensdruck des Patienten abhängig gemacht werden [11]. Maßgebende Gesichtspunkte sind die Beschwerden und die Prognose einer konservativen Therapie des Patienten einerseits und die Erfolgsaussicht eines lumeneröffnenden Eingriffs andererseits. Das wichtigste Grundprinzip für die Revaskularisation im Stadium der kritischen Ischämie („critical limb ischemia“, CLI) ist der Anschluss der Fußarkade. Bei Patienten mit PAVK und CLI mit chronischer Perfusionsstörung ist die Wiederherstellung des Fußpulses das wichtigste Therapieziel zur Vermeidung einer Majoramputation [12].

Einige Studien im Rahmen einer endovaskulären Therapie haben einen Zusammenhang zwischen schlechtem Abstrom und frühem Rezidiv sowie Beinerhaltungsrate festgestellt [1316].

Unterschenkelarterien

Faglia et al. [14] untersuchten 2007 in einer Studie Diabetiker mit kritischer Extremitätenischämie, welche mittels peripherer PTA behandelt wurden. Von 420 Patienten erhielten 22 Patienten eine Majoramputation, wobei 15 dieser majoramputierten Patienten keine offene Unterschenkelarterie hatten, bei den restlichen 7 Unterschenkelarterien war nur die A. fibularis durchgängig, weshalb daraus geschlossen wurde, dass mindestens eine tibiale Arterie nötig sei, um einen Extremitätenerhalt zu gewährleisten [14]. Redlich et al. [16] stellten fest, dass mindestens eine tibiale Arterie offen sein sollte, da somit in 88,2 % der Fälle (15 von 17) eine Majoramputation vermieden werden konnte, während die allein offene A. fibularis in 72,7 % (8 von 11) zur Majoramputation führte. Allerdings wurde hier mit relativ kleinen Fallzahlen gearbeitet.

Es gab in den letzten Jahren aber auch Untersuchungen, welche die A. fibularis mit den tibialen Gefäßen gleich bzw. als vorteilhaft einschätzten [1719]. Abularrage et al. [17] führten eine Studie zur Langzeitoffenheit nach PTA am Bein bei Eingefäßversorgung des Unterschenkels durch und fanden keinen Unterschied gegenüber dem Abstrom über die tibialen Unterschenkelgefäße. Da die A. fibularis seit langem als distaler Bypassanschluss geschätzt wird, als endovaskuläres Zielgefäß aber wenig untersucht ist, führten Dosluoglu et al. [18] hierzu eine Studie durch und fanden keinen Unterschied zwischen den Gruppen mit Eingefäßversorgung über die A. fibularis und den restlichen Abstromvarianten. Hering et al. [19] untersuchten bei 44 Patienten die Langzeitergebnisse nach PTA der A. fibularis bei Eingefäßversorgung und fanden einen Zusammenhang zwischen klinischem Erfolg und Kollateralisation vom Knöchel zum Fuß, welcher über den Phasenverlauf der Dopplerkurve gemessen wurde. Beim Vergleich mit anderen Studien, insbesondere englischsprachigen, ist zu beachten, dass manchmal der Ausdruck „tibiales Gefäß“ als Synonym für Unterschenkelgefäß (also auch der A. fibularis) gebraucht wird.

A. fibularis

Besonders hervorzuheben ist jedoch in unserer Studie die Bedeutung der A. fibularis, welche gegenüber den beiden tibialen Arterien in Bezug auf den Beinerhalt offen einen deutlichen Vorteil darstellte. War u. a. die A. fibularis nach der ersten PTA offen (unabhängig von der Offenheit der tibialen Arterien), kam es nur bei 5,1 % (8 von 156) der Beine zu einer Majoramputation. War die A. fibularis verschlossen (unabhängig von der Offenheit der tibialen Arterien), war im weiteren Verlauf in 26,5 % (22 von 83) der Fälle eine Majoramputation nötig. War hingegen u. a. eine der tibialen Arterien offen oder verschlossen (unabhängig von der A. fibularis), bewegte sich die Majoramputationshäufigkeit zwischen 11 und 14 %. Somit bestand in unserer Studie ein vermindertes Risiko, eine Majoramputation zu erleiden, sobald die A. fibularis offen war. Der Unterschied war auch statistisch hoch signifikant, sowohl in der Einzelanalyse (p < 0,0001, Hazard Ratio = 0,136), als auch in der Multivarianzanalyse (p < 0,0001, Hazard Ratio = 0,159). Dies stellt einen erstaunlichen Unterschied zu vergleichbaren Studien dar.

Wir haben 2 nahe liegende Erklärungen für die zentrale Bedeutung der A. fibularis in Bezug auf den Beinerhalt. Erstens ist die A. fibularis entwicklungsgeschichtlich die älteste Arterie, sodass atherosklerotische und degenerative Wandveränderungen spät auftreten und somit wahrscheinlich ein fortgeschrittenes Stadium der Makro- und Mikroangiopathie widerspiegeln. Zweitens kann bei Verschlusssymptomatik der A. tibialis anterior und/oder A. tibialis posterior eine offene und gut perfundierte A. fibularis kräftige Kollateraläste (Abb. 10a) abgeben und die Fußarterien auffüllen [19]. Auch wenn die A. fibularis primär im distalen Unterschenkel verdämmert und keine kräftige Strombahn in den Fuß besitzt, hat sie oft ein breit gefächertes feines Abstromgebiet und die Möglichkeit zu zahlreicher Kollateralenausbildung auch nach ventral und dorsal und auch zu der Fußarkade, wenn beide tibialen Arterien verschlossen sind (Abb. 10b). Diese Kollateralisationsbereitschaft macht die A. fibularis zu einer wichtigen Strombahn und trägt maßgeblich zum peripheren Gewebeerhalt bei, insbesondere bei Beeinträchtigung der tibialen Gefäße [19].

Da die Durchblutung des Fußes so abhängig ist von einer freien Strombahn, ist vor einer Intervention die Analyse der angiographischen Versorgung des Fußes unbedingt erforderlich. Nur so kann ermittelt werden, inwieweit eine Kollateralisation der Fußarterien von den Unterschenkelarterien her möglich ist. Hilfreich sind hier die Untersuchungen von Alexandrescu u. Hubermont [20] zur Ulkusabheilung. Die Autoren zeigten, dass mit gezielter PTA der beeinträchtigten Gefäße eines Angiosoms, in dem sich ein Ulkus befindet, dieses schneller zur Abheilung gebracht werden kann.

Abb. 10a–b
figure 10

Beispiele für die Kollateralisationsbereitschaft der A. fibularis bei Verschlusssymptomatik der Aa. tibialis anterior und posterior mit Ausbildung kaliberkräftigen Kollateraläste und Auffüllung der Aa. tibialis anterior und posterior kurz oberhalb der Fußarkade (a). Auch wenn die A. fibularis primär im distalen Unterschenkel verdämmert und keine kräftige Strombahn in den Fuß besitzt (b), hat sie oft ein breit gefächertes feines Abstromgebiet und die Möglichkeit zur zahlreichen Kollateralenausbildung auch nach ventral und dorsal mit Auffüllung der Fußarkade, auch wenn die tibialen Arterien verschlossen sind (b)

Unser Nachweis, dass eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz eine negative prognostische Variable für das Überleben und für den Beinerhalt darstellt bzw. der Zustand nach Majoramputation eine negative prognostische Variable für das Überleben ist, deckt sich mit den Erfahrungen von Schwarzbach et al. [21] sowie den früheren Zahlen von Leers et al. [22].

Fazit für die Praxis

  • Die PTA ist die Standardtherapie zur Klaudikationsbehandlung.

  • Die SIR-Klassifikation beinhaltet auch Empfehlungen speziell für den Unterschenkel.

  • Mit steigender SIR-Klasse ebenso wie mit steigendem Fontaine-Stadium nimmt die primäre Offenheit ab.

  • Bei Dialysepatienten ist die nachgewiesene primäre Offenheit hoch signifikant kürzer als für Nichtdialysepatienten.

  • Bei offener A. fibularis sinkt die Majoramputationshäufigkeit.

  • Dialysepatienten haben ein signifikant erhöhtes Risiko zum vorzeitigen Versterben.

  • Im AVK-Stadium II ist das Ziel, die schmerzfreie Gehstrecke zu erhöhen.

  • Ab AVK-Stadium III geht es um Schmerzaufhebung oder zumindest Schmerzreduktion, Ulkusabheilung und Extremitätenerhalt.

  • Zur Vermeidung einer Majoramputation ist bei Patienten mit PAVK und CLI mit chronischer Perfusionsstörung die Wiederherstellung des Fußpulses wichtigstes Therapieziel.

  • Die Durchblutung des Fußes ist abhängig von einer freien Strombahn, deshalb ist vor einer Intervention die Analyse der angiographischen Versorgung des Fußes unbedingt erforderlich.