Hintergrund

Nach zwei Jahren COVID(„coronavirus disease 2019“)-19-Pandemie werden die Langzeitfolgen einer akuten SARS-CoV-2(„severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2“)-Infektion zunehmend sichtbar. Vermehrt wird berichtet, dass es nach der Genesung der akuten Erkrankung zu langanhaltenden Symptomen kommen kann. Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) benötigen ca. 40 % der in einer Klinik behandelten COVID-19-Patient*innen längerfristig medizinische Unterstützung [1].

Die Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion werden unter dem Begriff Post-COVID zusammenfasst. In der Literatur sind jedoch auch andere Bezeichnungen wie z. B. „Long-COVID“, „Post-Akute-COVID-Symptome“ oder „chronisches COVID“ zu finden [2]. Grundsätzlich umfasst Post-COVID eine große Bandbreite und Vielfalt an somatischen Symptomen. Darunter sind u. a. Fatigue, Husten, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Myalgien, Geschmacks- und Geruchsverlust sowie Kurzatmigkeit zu nennen [3]. Häufig kommen auch psychische Beschwerden wie Angststörungen, akute Belastungsreaktionen, Anpassungsstörungen, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen vor [4]. In schweren Fällen sind auch Organschäden z. B. am Herzen, an der Lunge oder der Leber nachweisbar [5]. Post-COVID-Patient*innen können sowohl unter einzelnen als auch mehreren komplexen Symptomen leiden, wobei sich im Laufe der Zeit auch neue Symptome entwickeln können. Erste internationale Studien zeigen bereits, dass Menschen aller Altersgruppen und unabhängig vom Schweregrad der akuten SARS-CoV-2-Infektion langfristige Symptome erleiden können, welche zu einer anhaltenden Einschränkung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit führen [6].

Die Langzeitfolgen einer durchlaufenen SARS-CoV-2-Infektion stellen ein relevantes Gesundheitsproblem dar (zur aktuellen Problemstellung siehe Abb. 1). Nach Angaben des Bayerischen Gesundheitsministeriums wurden im ersten Quartal 2021 bereits 18.500 Patient*innen der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund einer Post-COVID-Diagnose behandelt [7]. Basierend auf Studien gehen Experten davon aus, dass ca. 10 % der SARS-CoV-2-Infizierten an Spätfolgen leiden werden. In Bayern wären das derzeit rund 65.000 Betroffene [7]. Besorgniserregend ist zudem, dass der überwiegende Anteil der Patient*innen, die an einem Post-COVID-Syndrom leiden, im Durchschnitt 30 bis 59 Jahre alt sind und sich im erwerbsfähigen Alter befinden [8]. Beeinträchtigungen im Alltagsleben sowie eine verminderte soziale Teilhabe, vermehrte Arbeitsausfälle, Krankmeldungen und Arbeitsunfähigkeit mit volkswirtschaftlicher Relevanz können die Folgen sein.

Abb. 1
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Aktuelle Problemstellung. (Mit freundlicher Genehmigung, © Ludwig-Maximilians-Universität München, alle Rechte vorbehalten)

Patienten mit einem schweren und komplexen Post-COVID-Syndrom können anhand der folgenden Punkte identifiziert werden:

  • im Alltag Funktionseinschränkungen Grad 3–4 (mäßige bis schwere Funktionseinschränkung),

  • schlechter Allgemeinzustand,

  • signifikante Gewichtsabnahme,

  • unerklärliche oder neu aufgetretene neurologische Defizite und Auffälligkeiten,

  • neue Schmerzsymptomatik,

  • schlechte oder sich verschlechternde somatische oder psychische Befunde sowie unerklärliche Symptome in der Basisdiagnostik.

Bei dieser Patientengruppe ist meist eine diagnostische und therapeutische Intervention notwendig, die die Möglichkeiten der hausärztlichen Versorgung übersteigt und deren Behandlung die Expertise mehrerer Fachrichtungen sowie spezielle diagnostische und therapeutische Maßnahmen erfordert.

Betrachtet man die aktuelle Literatur im Einzelnen, so lässt sich feststellen, dass die derzeitige Datenlage zu Post-COVID nur unzureichende und unkonkrete Schlussfolgerungen für die klinische Versorgung ermöglicht:

  1. 1.

    Aufgrund fehlender spezifischer Diagnostik von Post-COVID (inkl. fehlender Screeningmaßnahmen, Diagnosekriterien und Biomarker) ist die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen schwierig, die mit ähnlichen Symptomen einhergehen, wie z. B. das Fatigue-Syndrom, das „intensive care syndrome“ oder eine Depression in Folge von Kontaktbeschränkungen [9, 10].

  2. 2.

    Post-COVID kann zudem neuartige und zum Teil komplexe Symptome hervorrufen, wobei hier unklar bleibt, inwieweit Art und Dauer dieser Symptome mit Krankheitszeichen anderer schwerer Infektionserkrankungen übereinstimmen und ob bereits etablierte Therapieansätze anwendbar sind [11].

  3. 3.

    Zudem sind Definitionen, Ursachen, Verlaufsformen und -dauer sowie Prädiktoren für das Post-COVID-Syndrom und insbesondere für seine schwere Form bislang nicht ausreichend präzisiert [11, 12]. Forschungsbedarf besteht vor allem im Hinblick auf die Langzeiterfassung von Symptomen sowie die Häufigkeit von komplexen Post-COVID-Fällen. Auch Daten zur Häufigkeit von Post-COVID-Fällen bei asymptomatischen SARS-CoV-2-Infektionen fehlen.

  4. 4.

    Schließlich fehlt es für dieses unklare, aber durchaus komplexe Krankheitsbild auch an ganzheitlichen Versorgungstrukturen und Therapieformen [14]. Welche Organisationstrukturen, Behandlungsstrategien sowie personelle und materielle Ressourcen langfristig notwendig sind, um Patienten mit schweren Post-COVID-Fällen adäquat behandeln zu können und welche Auswirkungen die Versorgungsangebote auf den Krankheitsverlauf haben, ist bisher unklar.

Um diese Lücken zu schließen, zielt Post-COVIDLMU systematisch auf die Implementierung und Evaluierung eines interdisziplinären und sektorenübergreifenden Versorgungs- und Forschungsnetzwerks für eine evidenzgeleitete Behandlung von Patienten mit komplexem und schwerem Post-COVID-Syndrom ab. Im Folgenden wird das geplante Projekt detailliert beschrieben.

Post-COVIDLMU-KONZEPT

Post-COVIDLMU verortet seine Ziele in den beiden Bereichen

  • klinische Versorgung und

  • klinische Forschung.

Implementierung eines interdisziplinären und sektorenübergreifenden Versorgungsnetzwerks

Post-COVIDLMU umfasst ein interdisziplinäres und intersektorelles Versorgungskonzept. Der Fokus liegt dabei auf den komplexen Fällen, die von niedergelassenen Kolleg*innen zugewiesen werden. Unter komplexem Post-COVID werden Fälle eingeordnet, deren Behandlung die Expertise mehrerer Fachrichtungen sowie spezielle diagnostische und therapeutische Maßnahmen erfordert. Im Raum München haben sich bereits Behandlernetzwerke für Post-COVID-Fälle bei den niedergelassenen Kolleg*innen gebildet. Mit diesen kooperiert Post-COVIDLMU und steht als Ansprechpartner und Mitbehandler für komplexe Fälle zur Verfügung. Für die Identifizierung schwerer Post-COVID-Fällen stellt das LMU-Klinikum basierend auf eigenen Forschungsergebnissen neuartige Screeninginstrumente für die niedergelassenen Kolleg*innen zur Verfügung. Post-COVIDLMU bietet eine differenzierte diagnostische Abklärung nach Sichtung der Vorbefunde und eine interdisziplinäre Fallkonferenz an, in der interdisziplinär Fälle besprochen werden und die auch externen Kolleg*innen in Form telemedizinischer Angebote offensteht. Auf diese Weise wird die universitäre Expertise u. a. in Form von Weiterbildungsangeboten auch in die Breite verfügbar gemacht.

Versorgungskonzept

  • Die Zuweisung schwerer Post-COVID-Patient*innen erfolgt durch ärztliche Kolleg*innen aus den niedergelassenen Bereichen (Hausärzte, Fachärzte).

  • Es wird ein Behandlernetzwerk zwischen den niedergelassenen Bereichen und Post-COVIDLMU etabliert.

  • Basierend auf der universitären klinischen und wissenschaftlichen Expertise im LMU-Klinikum entwickelt Post-COVIDLMU ein Screeninginstrument für die Identifizierung schwerer Post-COVID Fälle und stellt dieses den Zuweisern zur Verfügung.

  • Die erste Vorstellung des Patienten erfolgt in der interdisziplinären Post-COVIDLMU-Ambulanz. Im Rahmen eines dualen Behandlungskonzeptes werden Patienten zeitgleich von einem Infektiologen und einem Psychiater oder Psychologen gesehen, um bei diesen komplexen Fällen eine breite Beurteilung aller relevanten Aspekte erzielen zu können.

  • Anhand der Ergebnisse der Screeningtests sowie nach Sichtung der Vorbefunde erfolgt eine Zuordnung der Patient*innen in die spezifischen Fachabteilungen des LMU-Klinikums mit deren bereits bestehenden Behandlungsexpertisen.

  • Für die niedergelassenen Kolleg*innen wird die universitäre Expertise u. a. in Form von Weiterbildungen, telemedizinischen Beratungen, Teilnahmen an Post-COVID-Boards und Einbindung in die Forschungsprojekte (App und Smart Watch Monitoring) zur Verfügung gestellt.

  • Komplexe Fälle werden unter Beteiligung der Fachabteilungen des LMU-Klinikums im Post-COVID-Board diskutiert. Auch externe Behandler können hieran teilnehmen und ihre Fälle mit den Experten des LMU-Klinikums diskutieren.

Post-COVIDLMU-Strukturen

An der Behandlung von Post-COVID-Patienten nehmen im LMU-Klinikum Ärzte aus acht Fachkliniken und Fachbereichen teil: Psychiatrie und Psychotherapie, Infektiologie, Neurologie, Pneumologie, Kardiologie, interdisziplinäre Schmerzambulanz, Physikalische Medizin und Rehabilitation, Rheumatologie sowie Kopfschmerzambulanz (Abb. 2). Neben den klinischen Beiträgen zur Versorgungsstruktur im Rahmen von Post-COVIDLMU werden auch Forschungsansätze der Grundlagen- und Versorgungsforschung verfolgt. Post-COVIDLMU dient als Schnittstelle, um diese Forschungsansätze zu realisieren. Die wissenschaftliche Evaluation des Gesamtprojektes erfolgt im Rahmen der Post-COVID-Care-Studie.

Abb. 2
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Strukturübersicht von Post-COVIDLMU. COVID „coronavirus disease“, LGL Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, LMU Ludwig-Maximilians-Universität, NUM Forschungsprojekt „Netzwerk Universitätsmedizin“, RKI Robert-Koch-Institut (Mit freundlicher Genehmigung, © LMU München, alle Rechte vorbehalten)

Am LMU-Klinikum werden sowohl ambulante Behandlungen als auch mehrtägige, tagesstationäre Komplexbehandlungen sowie stationäre Therapien für Post-COVID-Patient*innen angeboten. Die multiprofessionellen Konzepte der einzelnen Fachkliniken bestehen aus einer ausführlichen diagnostischen Einordnung, einem multidisziplinären Assessment sowie ärztlichen und pflegetherapeutischen Behandlungen. Die Symptomenkomplexe Fatigue, muskuloskeletale Schmerzen und eingeschränkte körperliche Belastbarkeit werden u. a. mit einem innovativen robotikassistierten Test- und Trainingsgerät behandelt. Patienten mit komplexen infektiologischen Fragestellungen, wie z. B. chronische Koinfektionen mit HIV (humanes Immundefizienzvirus), Hepatitis oder Tuberkulose, erhalten eine umfassende Abklärung. Den Patient*innen wird eine differenzierte und detaillierte multimodale Diagnostik angeboten, um beispielsweise myokardiale Spätschäden, rhythmologische Folgeerkrankungen sowie eine fortbestehende prothrombotische Gerinnungssituation zuverlässig erfassen zu können. Patienten mit schweren Grunderkrankungen, wie etwa Immundefizienzen oder Autoinflammationssyndromen werden in Kooperation mit ihren Spezialambulanzen therapiert.

Ziel ist der Ausbau der Alltagskompetenz sowie die berufliche und soziale Reintegration

Ziele der Behandlungen sind neben der Reduktion der Symptomatik, ein Ausbau der Alltagskompetenz sowie die berufliche und soziale Reintegration. Eine intensive Nachsorge erfolgt durch systematische ambulante und telemedizinische Visiten. Zusätzlich werden zunächst im Rahmen der begleitenden Post-COVID-Care-Studie neue digitale Technologien (die COMPASS-App des NUM [Forschungsprojekt „Netzwerk Universitätsmedizin“] als Patienten-App und die Smartwatch ScanWatch, Withings) für das Home-Monitoring und angeleitete Selbst-Management der Post-COVID-Patienten verwendet.

Infobox 1 Post-COVIDLMU umfasst:

  • Ein sektorenübergreifendes und interdisziplinäres Versorgungskonzept für schwere Post-COVID-Fälle

  • Sowohl ambulante Behandlungen als auch mehrtägige, tagesstationäre Komplexbehandlungen sowie notwendige stationäre Therapien für Post-COVID-Patient*innen

  • Eine ausführliche und erweiterte diagnostische Einordung mit interdisziplinärer Betreuung

  • Telemedizinische Patientenbetreuung im Verlauf

  • Kooperation mit Rehabilitationseinrichtungen

  • Begleitende Evaluierung der durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Krankheitsverlauf zur Optimierung zukünftiger Behandlungsempfehlungen

  • Möglichkeit zur Teilnahme an medizinischen Forschungsprojekten zur Optimierung der Versorgung des Post-COVID-Syndroms

Wissenschaftliche Evaluierung

In die interdisziplinäre klinische Versorgung integriert Post-COVIDLMU zudem translationale Forschungsansätze. Die Konzeptevaluierung der neu geschaffenen Versorgungstrukturen, die Auswirkungen interdisziplinärer Behandlungsstrategien auf den Krankheitsverlauf sowie die Entwicklung diagnostischer Leitfäden und neuer Therapien für komplexe Post-COVID-Fälle stehen dabei im Vordergrund. Ziel ist es, wissenschaftlich begründete Empfehlungen für Versorgungsstrukturen, Diagnostik und Behandlungsstrategien zu unterbreiten. Sowohl eine Querschnittserfassung als auch eine longitudinale und tiefgreifende Datenerhebung („deep phenotyping“) werden zur klinischen Charakterisierung schwerer Post-COVID-Fälle durchgeführt. Als Kontrollpopulationen sind Patienten mit Fibromyalgiesyndrom, Chronic-Fatigue-Syndrom und Depression sowie Patienten nach anderen akuten Infektionserkrankungen vorgesehen. Zur Phänotypisierung werden neben den im Rahmen der klinischen Versorgung erhobenen Untersuchungsbefunden auch standardisierte und validierte Fragebogeninstrumente eingesetzt (u. a. Patient Reported Outcomes Measurement Information System [PROMIS], Montreal Cognitive Assessment Scale [MoCA], Beck Depression Inventory [BDI], Fatigue Symptom Inventory [FSI], Patient Health Questionnaire‑9 [PHQ9]). Basierend auf wissenschaftlichen Daten können im zeitlichen Verlauf Empfehlungen für neuartige Screeninginstrumente und Therapieformen unterbreitet werden.

Zentrale Strukturen fördern interdisziplinäre Interaktionen zwischen Klinikern und Forschungsgruppen

Die zunehmende Komplexität von Post-COVID erfordert eine zentralisierte Infrastruktur, nicht nur für die Versorgung, sondern auch für die Forschung und dies auf dem technisch neuesten Stand. Eine solche zentralisierte Infrastruktur fördert zukunftsorientierte, bidirektionale und translationale Ansätze, indem sie die interdisziplinäre Interaktion zwischen dezentralen Versorgungs- und Forschungsaktivitäten in den einzelnen Instituten und klinischen Versorgungseinrichtungen bündelt. Post-COVIDLMU führt deshalb die bestehende Forschungsexzellenz (NUM, NAPKON, COMPASS, CEO-Sys, egePan, CORKUM) des LMU-Klinikums in einer Post-COVID-Forschungsstruktur zusammen. Zentrale Strukturen fördern interdisziplinäre Interaktionen zwischen Klinikern und Forschungsgruppen nicht nur intern, sondern überdies auch extern in Form von Kooperationen. Neuartige digitale Techniken zur Aufzeichnung und Übertragung von Gesundheitsparametern kommen hier zum Einsatz, die im Rahmen des Netzwerkes Universitätsmedizin (NUM) entwickelt wurden. Mithilfe der Smartwatch-Technologie werden Vitalwerte und weitere Gesundheitsdaten des Patienten longitudinal erfasst und ausgewertet, um den Verlauf des Krankheitsbildes besser beschreiben und analysieren zu können. Um die Voraussetzung für den Einsatz dieser Technologien in der Regelversorgung zu schaffen, werden mit Experten des LMU-Klinikums entsprechende Datenschutzkonzepte und Handlungsanweisungen entwickelt.

Die Evaluation der Effektivität und Effizienz in der Patientenversorgung erfolgt im Rahmen der prospektiven Post-COVID-Care-Studie. Aufgrund der aktuell begrenzten Erfahrung in der Behandlung von Post-COVID-Patient*innen und der dafür erforderlichen Ressourcen wird im Rahmen von Post-COVIDLMU eine fortlaufende, kritische und wissenschaftliche Evaluation des Projektes durchgeführt. Die Hauptziele der Studie sind:

  • Behandlungskonzepte im Rahmen von Post-COVIDLMU zu identifizieren, die mit einer Verbesserung der Outcomeparameter (s. unten) assoziiert sind,

  • Ressourcen zu ermitteln, die für ein wirksames und effizientes Patientenmanagement erforderlich sind,

  • das Post-COVID-Syndrom genauer zu charakterisieren und zu klassifizieren, um Risikofaktoren und Subgruppen für ein differenzialtherapeutisches Vorgehen zu definieren.

Allen Patient*innen wird eine Nachsorge von mindestens 6 Monaten angeboten. Die Outcome Parameter sind:

  • Veränderung der Lebensqualität, Partizipation und subjektives Gesundheitsempfinden (erhoben durch PROMIS-Instrumente),

  • Veränderung der klinischen Symptomatik (Beschwerdegrad, Funktionseinschränkungen),

  • Veränderung der Vitalwerte und der körperlichen Aktivität.

Über die Post-COVID-Care-Studie hinaus wird eine laufende und strukturierte Evaluation durch Befragungen von Patienten, Mitarbeitern und Kooperationspartnern hinsichtlich des Nutzens und der Zufriedenheit zu Post-COVIDLMU durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Evaluationsmodalitäten (bspw. neue Evidenz/Leitlinien oder Vorschläge/Anmerkungen von Ärzten oder Patienten) werden im Post-COVID-Board gesammelt.

Kooperation mit Rehabilitationseinrichtungen

Post-COVIDLMU unterhält Kontakte zu Rehabilitationseinrichtungen, welche Patient*innen mit erhöhtem Rehabilitationsbedarf weiter versorgen können. Ein Schwerpunkt ist die enge Kooperation mit bestehenden medizinischen Einrichtungen durch den Einsatz und Ausbau einer modernen, digitalen Infrastruktur für Versorgung und Forschung. Post-COVIDLMU übernimmt somit eine steuernde Funktion bei der Versorgung von Post-COVID-Patient*innen in enger Kooperation mit bestehenden Strukturen des Gesundheitssystems. Telemedizinische Angebote und Kooperationen mit Rehabilitationseinrichtungen ermöglichen eine Begleitung der Patient*innen über eine längere Zeit. Die zentrale Koordination und die enge, gemeinsame Abstimmung der Behandlung komplexer und schwerer Fälle sollen unnötige und redundante Maßnahmen vermeiden und Patient*innen schnellstmöglich der individuell am besten geeigneten Behandlung zuführen.

Ausblick

Post-COVIDLMU übernimmt gleich zu Beginn eine relevante Versorgungsfunktion am LMU-Klinikum. Die erarbeiteten und etablierten neuartigen Versorgungs- und Forschungsstrukturen können ggf. im zeitlichen Verlauf auch auf andere Krankheitsbilder angewendet werden. Die Versorgung komplexer Post-COVID-Patient*innen mit einem hohen diagnostischen und therapeutischen Aufwand sollte jedoch für die Hochschulambulanzen kostendeckend vergütet werden. Mit der aktuellen Hochschulambulanzpauschale ist dies aufgrund des hohen diagnostischen Aufwands und der notwendigen interdisziplinären Versorgung oft nicht möglich. Ein adäquates Vergütungskonzept für schwere Post-COVID-Fälle wird im Verlauf angestrebt, um eine langfristige Übernahme der neu geschaffenen Strukturen in die Regelversorgung erreichen zu können.

Fazit für die Praxis

  • Post-COVID(„coronavirus disease“)-Fälle sind häufig komplex und gehen mit schweren somatischen Komplikationen und psychischen Belastungen einher. Sie können eine deutliche Minderung der Lebensqualität, sozialen Teilhabe und Leistungsfähigkeit der Betroffenen nach sich ziehen.

  • Wir empfehlen eine duales Behandlungskonzept mit zeitgleicher Beurteilung des Patienten durch einen somatischen und psychiatrischen Experten, um das komplexe Krankheitsbild adäquat zu erkennen und unnötige und redundante Maßnahmen zu vermeiden sowie Patienten schnellstmöglich der individuell am besten geeigneten Behandlung zuzuführen.

  • Für eine evidenzgeleitete Behandlung von Patienten mit schwerem Post-COVID-Syndrom ist die Implementierung und Evaluierung interdisziplinärer und sektorenübergreifender Versorgungs- und Forschungsnetzwerke notwendig.