Die mechanische Thrombektomie hat die Behandlung des akuten Schlaganfalls revolutioniert. Patienten mit akutem Verschluss einer großen intrakraniellen Arterie, welche in früheren Jahren in der Mehrzahl große Infarkte mit nachfolgender schwerer Behinderung entwickelten, können bei rechtzeitiger endovaskulärer Behandlung inzwischen vielfach ohne relevante Einschränkungen das Krankenhaus verlassen. Die Basis für die Erfolgsgeschichte der Thrombektomie ist eine Serie randomisierter Studien, die den klaren Nachweis für den Nutzen der Thrombektomie erbracht haben [1, 2]. In der Folge wurden die bereits bestehenden Kapazitäten an interventioneller Schlaganfallbehandlung zu einem nahezu flächendeckenden Netz von Thrombektomiezentren ausgebaut [3, 4].

Die gute Kooperation zwischen Neurologie und Neuroradiologie bestimmt den Behandlungserfolg

Dabei ist die Akutbehandlung des Schlaganfalls ein dynamisches Feld. In den vergangenen Jahren brachten jedes Jahr neue klinische Studien neue Erkenntnis mit häufig direkten Auswirkungen auf die klinische Praxis. Das aktuelle Themenheft bietet eine Übersicht zu neuen Entwicklungen wie auch zu offenen Fragen zur Thrombektomie. Die hier gesammelten Artikel sollen Ihnen helfen, auf dem neuesten Stand der Entwicklung zu bleiben und die aktuellen Diskussionen zu verfolgen, die derzeit zu dem Themenfeld geführt werden.

Die Behandlung des akuten Schlaganfalls ist immer interdisziplinär, und insbesondere die gute Kooperation zwischen den zwei Disziplinen Neurologie und Neuroradiologie ist die Grundlage für eine gute Organisation der Behandlung. Aus diesem Grund freuen wir uns besonderes, dass wir für dieses Themenheft nicht nur ausgewiesene klinische und wissenschaftliche Experten/innen auf dem Gebiet der Thrombektomie gewinnen konnten, sondern dass jeder Beitrag von einem Tandem aus einem/r Neurologen/in und einem/r Neuroradiologen/in verfasst wurde.

Der letzte große Meilenstein in der Thrombektomie kam durch zwei klinische Studien, DAWN und DEFUSE‑3, welche eindrücklich gezeigt haben, dass bei Verwendung erweiterter Bildgebung zur Patientenauswahl der Behandlungserfolg der Thrombektomie nicht an ein festes Zeitfenster gebunden ist [5, 6]. Die verschiedenen Ansätze zur Bildgebung in den positiven Studien werfen dabei die Frage auf, wie die Patientenauswahl zur Thrombektomie in der klinischen Praxis erfolgen soll. Cheng und Broocks geben in ihrem Artikel eine Übersicht über die Daten hierzu, diskutieren Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze und geben praktische Empfehlungen für die Auswahl der Bildgebung in der klinischen Routine.

Registerdaten dokumentieren die Ergebnisse der Thrombektomie im klinischen Alltag

Die häufig hoch selektierten Patientenpopulationen in klinischen Studien unterscheiden sich in vieler Hinsicht von den Patienten, bei denen wir im Alltag vor der Frage stehen, ob eine Thrombektomie indiziert ist. Beim Transfer von Studienergebnissen in die klinische Praxis stoßen wir daher immer wieder an Grenzen bzw. auf Fragen, die sich anhand der Studiendaten nicht beantworten lassen. Hier können Registerdaten helfen, die Ergebnisse der Thrombektomie im klinischen Alltag zu dokumentieren. In Deutschland wurde mit dem German Stroke Registry – Endovascular Treatment (GSR-ET) hier aus akademischem Antrieb und unabhängig von der Industrie ein einmaliges Register etabliert [7], welches inzwischen bereits Datensätze von mehr als 10.000 Thrombektomien enthält. Auch aus anderen Ländern gibt es vergleichbare Daten. In ihrem Artikel präsentieren Tiedt und Dorn eine Übersicht über Daten zur Thrombektomie aus der klinischen Praxis und zeigen auf, wie uns diese Daten helfen können, offene Fragen zu beantworten.

Die erste dokumentierte endovaskuläre Rekanalisationsbehandlung beim akuten Schlaganfall wurde vor mehr als 40 Jahren (Ende 1980) von Zeumer et al. im vertebrobasilären Stromgebiet durchgeführt, wenn auch lange vor der Ära der Thrombektomie mittels moderner Stentriever [8]. Leider sind bis heute die Daten aus klinischen Studien zur Thrombektomie im vertebrobasilären Stromgebiet limitiert. Auch die kürzlich präsentierten Daten der BASICS-Studie haben hier mit ihren neutralen Ergebnissen nur begrenzt Abhilfe schaffen können und viele Fragen offen gelassen. Maegerlein und Pütz adressieren dieses Thema in ihrem Artikel und diskutieren die aktuellen Ergebnisse zur Thrombektomie bei Verschluss der A. basilaris und A. vertebralis.

Abschließend erörtern Psychogios und Kollegen die Grenzbereiche der Thrombektomie. Nach wie vor sind relevante Fragen zur Thrombektomie beim akuten Schlaganfall ungelöst, die Indikation zur Thrombektomie in Grenzfällen wie bei Patienten mit großer Infarktläsion, Patienten mit geringem klinischem Defizit oder peripheren Gefäßverschlüssen unklar. Laufende Studien werden hoffentlich in den kommenden Jahren hier weitere Klärung bringen.

Mit dieser Sammlung von Beiträgen bietet das Themenheft eine praktisch hoch relevante aktuelle Übersicht und kritische Diskussion der aktuellen Datenlage zur Thrombektomie beim Schlaganfall.

Eine interessante Lektüre wünschen

Götz Thomalla und Jens Fiehler