Der ursprünglich zuerst im Dezember 2019 in der Region Wuhan in China aufgetretene neuartige Virus Covid-19 hat sich seitdem mit großer Geschwindigkeit international verbreitet und wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen als Pandemie eingestuft [3]. Dabei hat sich das Virus inzwischen über 100 Länder verbreitet und die WHO stuft die Pandemie als großes Risiko für die internationale Gesundheit ein [8]. Die Pandemie stellt dabei Gesundheitssysteme weltweit vor große Herausforderungen. Gesundheitsfachkräfte aller Berufsgruppen sind in der Bewältigung der Pandemie stark gefordert. Dabei treten für diese zahlreiche psychische Belastungen und Stressfaktoren auf, die potenziell die psychische Gesundheit der Gesundheitsfachkräfte beeinträchtigen könnten [1]. So treten neben allgemeinen Stressoren auch pandemiespezifische Stressoren auf [4] wie beispielsweise:
das Risiko, sich und andere zu infizieren, insbesondere in einer Situation, in der die Übertragung des Virus noch nicht vollständig geklärt ist,
die Fehlinterpretation von Symptomen anderer Erkrankungen (z. B. einer Erkältung) als Symptome einer Covid-19-Erkrankung mit resultierenden Ängsten, infiziert zu sein,
die Sorge um Familienangehörige und Kinder, die zuhause allein sind, z. B. infolge von Schulschließungen,
die Sorge vor Verschlechterungen der physischen und psychischen Gesundheit bei Gesundheitsfachkräften, die vorbestehende Erkrankungen oder Risikofaktoren aufweisen.
Dabei stellt das Auftreten von Stress und psychischen Belastungen und den Bedingungen der aktuellen Pandemie eine weitgehend normale Reaktion auf ein außergewöhnliches Ereignis dar. Im Zusammenhang mit der aktuellen Covid-19-Pandemie ist daher bei Gesundheitsfachkräften, wie bei anderen Bevölkerungsgruppen, ebenfalls mit dem Auftreten von unter anderem folgenden Reaktionen zu rechnen [4]:
Angst, zu erkranken oder zu versterben,
Angst vor sozialer Isolation, wenn man mit der Erkrankung in Verbindung gebracht wird,
Gefühle von Hilflosigkeit, Bezugspersonen nicht beschützen zu können und Sorgen, dass Bezugspersonen versterben könnten,
Angst vor Trennung von Bezugspersonen infolge von Isolations- oder Quarantänemaßnahmen,
Gefühle von Hilflosigkeit, Langeweile und depressive Symptome infolge von Isolation oder Quarantäne,
Reaktivierung bedrohlicher Erfahrungen aus früheren Epidemien oder Gesundheitskrisen größeren Ausmaßes.
Zusätzlich sind Gesundheitsfachkräfte spezifischen weiteren Stressoren während der Covid-19-Epidemie ausgesetzt [2, 4, 6]:
das Erfahren von Stigmatisierung, die Menschen, die mit an Covid-19 erkrankten Patient*innen arbeiten, entgegengebracht wird (z. B. aufgrund von Sorgen Anderer, die Gesundheitsfachkräfte könnten selbst infiziert sein),
strikte Sicherheitsmaßnahmen wie das Tragen von Schutzkleidung, die dauerhafte Notwendigkeit von Konzentration und Wachsamkeit sowie stark regulierte Verfahrensanweisungen, die Spontanität und Autonomie einschränken, und die Reduktion körperlicher Berührungen,
höhere berufliche Belastungen (längere Arbeitszeiten, mehr Patient*innen, hoher Weiterbildungsdruck),
reduzierte soziale Unterstützung infolge langer Arbeitszeiten und Stigmatisierung von Gesundheitsfachkräften im Umgang mit Covid-19-Patient*innen,
reduzierte Selbstfürsorge infolge Zeit- und Energiemangel,
unzureichende Informationen über die Konsequenzen einer längerfristigen Exposition gegenüber Covid-19-infizierter Patient*innen,
Sorgen, die eigene Familie und Bezugspersonen mit Covid-19 anstecken zu können,
Konfrontation mit Ärger und Wut gegen die Regierung oder das Gesundheitssystem durch Patient*innen,
Gefühle von Isolation durch die Separation von dem Team, mit dem man üblicherweise arbeitet,
Sorgen, dass die Kolleg*innen mit zusätzlicher Arbeit konfrontiert werden, falls man sich selbst in Quarantäne befindet.
Wenngleich das Auftreten von Stress, psychischer Belastung und negativen Emotionen unter den aktuellen Umständen grundsätzlich als normale Reaktion zu bewerten ist, haben die Belastungen, denen Gesundheitsfachkräfte im Rahmen ihrer Arbeit in Zeiten der Covid-19-Pandemie ausgesetzt sind, grundsätzlich das Potenzial, das Auftreten psychischer Erkrankungen wie beispielsweise Angststörungen, Depression oder Traumafolgestörungen zu fördern [1]. So wurden beispielsweise im Rahmen des letzten SARS-Ausbruchs in China erhöhte Level von Stress, Ängsten, Depression und allgemein psychischer Belastung bei Gesundheitsfachkräften festgestellt [11, 12].
Im Rahmen früherer Epidemien, beispielsweise des Ebola-Ausbruchs von 2013 bis 2016 in Westafrika, zeigte sich, dass psychische Belastungen und Ängste in einer solchen Situation eine zentrale Rolle spielen können und nicht nur die Verbreitung einer Erkrankung fördern, sondern auch zu Einschränkungen im Gesundheitssystem führen können, wenn Gesundheitsfachkräfte infolge dieser Belastungen nicht mehr zur Arbeit erscheinen [7].