Zusammenfassung
Bei der Einschätzung von „Willensanspannung“ und „Zumutbarkeit“ im Rahmen der sozialmedizinischen Beurteilung geht es nicht um abstrakte oder philosophische Erörterungen, sondern um die empirische Erfassung konkreter psychopathologischer und/oder körperlich-funktioneller Symptome und deren Relevanz für die Erwerbsfähigkeit. Für den Umgang mit diesen komplexen Begriffen wird als psychiatrischer Lösungsvorschlag ein mehrschrittiges Vorgehen bei der Begutachtung vorgeschlagen.
Summary
The assessment of „effort of will“ and „reasonableness“ in the social medical expert opinion needs the empirical recording of concrete psychopathological and/or physical symptoms and its connection to fitness for work. The discussion of abstract, philosophical problems is not necessary. From the psychiatric point of view, a proposal for handling these complex terms is presented. The expert assessment should be carried out in several steps.
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Foerster, K., Dreßing, H. Die „zumutbare Willensanspannung“ in der sozialmedizinischen Begutachtung. Nervenarzt 81, 1092–1096 (2010). https://doi.org/10.1007/s00115-010-2990-z
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00115-010-2990-z
Schlüsselwörter
- Sozialmedizinische Beurteilung
- Willensanspannung
- Neurotische Störungen
- Zumutbarkeit
- Mehrschrittiger Ablauf der Begutachtung