Zusammenfassung
Entscheidungen zur Therapiebegrenzung können zu Problemen führen, wenn sie nicht klar und nachvollziehbar dokumentiert werden, und Konflikte im Behandlungsteam verursachen, wenn sie nicht miteinander abgestimmt sind. Die Bedeutung des Patientenwillens, der medizinischen Indikation und der Interaktion im Team beim Zustandekommen von Entscheidungen werden bedacht. Anhand eines Falls werden ethische und juristische Fragen der Dokumentation sowie der Verbindlichkeit einer prospektiv gefassten Entscheidung für die, die später in der konkreten Entscheidungssituation stehen, erörtert. Um eine breite Basis zur Entscheidung zu erreichen, sollten die Argumente im Diskurs aller Beteiligten erörtert werden. Die Entscheidung ist dann im Klartext ohne mehrdeutige Symbole zu dokumentieren. Wer den prospektiv gefassten Beschluss schließlich umsetzen muss, muss jedoch letztlich beurteilen, ob die eingetretene Situation dem entspricht.
Summary
The decision to limit a patient’s therapy can lead to conflicts in the therapeutic team if their views have not been carefully weighed. Further problems also result if they are not clearly and logically documented. The legal authority of patient will, medical indication, and interaction of the care-giving team for arriving at a common decision are examined here. Using a case history as an example, we discuss ethical and legal questions of documentation and obligations on those faced with concrete decisions whether to continue medical procedures. To widen the basis for such decisions, discussion must include the viewpoints of all participants. The final decision must then be clearly documented without any unclarity or ambivalence. Those finally required to carry out that prospective decision, however, must decide whether it actually applies to the situation at hand.
Literatur
Anschütz F (1989) Indikation. In: Eser A, Lutterotti M von, Sporken P (Hrsg) Lexikon Medizin Ethik Recht. Herder, Freiburg Basel Wien, S 537–545
Baskett PJF, Stehen PA, Bossaert L (2006) Ethik der Reanimation und Entscheidungen am Lebensende. Notfall Rettungsmed 9: 155–163
Bergner TMH (2006) Burnout bei Ärzten. Schattauer, Stuttgart
Bierhoff HW (1995) Verantwortungsbereitschaft, Verantwortungsabwehr und Verantwortungszuschreibung – Sozialpsychologische Perspektiven. In: Bayertz K (Hrsg) Verantwortung – Prinzip oder Problem? Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, S 217–240
Bundesarbeitsgericht (20.12.1994) 2 AZR 436/83 (LAG Schleswig-Holstein)
Bundesarbeitsgericht (2007) BAG AP BGB §611 Gewissensfreiheit Nr. 1/27. In: Bauer HJ, Dörner HJ, Hauck F et al. (Hrsg) AP – arbeitsrechtliche Praxis, München
Bundesärztekammer (2004) Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung. Dtsch Arztebl 101: B 1075–B 1077
Bundesgerichtshof (13.09.1994) 1 StR 357/94 (LG Kempten)
Bundesgerichtshof (17.03.2003) XII ZB 2/03 (OLG Schleswig)
Bundesgerichtshof (08.06.2005) XII ZR 177/03 (OLG München)
Dettmeyer R (2006) Medizin & Recht. 2. überarb. Aufl. Springer, Heidelberg
Dieterich T, Müller-Glöge R, Preis U (2007) Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 7. Aufl. Beck, München
Duttge G (2006) Einseitige („objektive“) Begrenzung ärztlicher Lebenserhaltung? NStZ 26: 479–484
Häuser W, Klein W (2002) Gespräche über das Lebensende. Familiendynamik 27: 367–393
Heyers J (2001) Passive Sterbehilfe bei entscheidungsunfähigen Patienten und das Betreuungsrecht. Duncker & Humblot, Berlin
Hoyer A (1998) Die strafrechtliche Verantwortlichkeit innerhalb von Weisungsverhältnissen. C.H. Beck, München
Kurt Rebmann K, Säcker FJ (2004) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Bd. 4: Schuldrecht Besonderer Teil II §§611–704, EFZG, TzBfG, KSchG, 4. Aufl. Beck, München
Lenk H, Maring M (1995) Wer soll Verantwortung tragen? Probleme der Verantwortungsverteilung in komplexen (soziotechnischen-sozioökonomischen) Systemen. In: Bayertz K (Hrsg) Verantwortung – Prinzip oder Problem? Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, S 241–286
Lipp V (2006) Rechtliche Grundlagen der Entscheidung über den Einsatz lebenserhaltender Maßnahmen. In: Kettler D, Simon A, Anselm R et al. (Hrsg) Selbstbestimmung am Lebensende – Ringvorlesung im Wintersemester 2005/06. Universitätsverlag, Göttingen, S 89–114
Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (1998) Beschluss 20 W 224/98 vom 15.7.1998. NJW 51: 2747–2749
Oberlandesgericht Karlsruhe (1983) Beschluss 3 Ws 149/82 v. 26.10.1982. NJW 36: 352–353
Opderbecke HW, Weißauer W (1999) Grenzen der intensivmedizinischen Behandlungspflicht. Leitlinien der DGAI. Anästh Intensivmed 40: 94–96
Rieger D (1999) Verzicht auf lebenserhaltende Therapiemaßnahmen bei moribunden Patienten. Dtsch Med Wochenschr 124: 267–270
Sahm S (2004) Selbstbestimmung am Lebensende im Spannungsfeld zwischen Medizin, Ethik und Recht. Ethik Med 16: 133–147
Salomon F (1996) Leben und Sterben in der Intensivmedizin. 2.Aufl. Pabst Science Publishers, Lengerich
Salomon F (2006) Leben erhalten und Sterben ermöglichen. Anaesthesist 55: 64–69
Salomon F, Ziegler A (2007) Ethische Entscheidungskonflikte in der hierarchischen Struktur Krankenhaus. Ethik Med 19: 174–186
Schöch H, Verrel T et al (2005) Alternativ-Entwurf-Sterbebegleitung (AE-StB). GA S 553–586
Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (1999) Medizinisch-ethische Richtlinien zu Grenzfragen der Intensivmedizin. www.samw.ch
Strätling M, Schmucker P (2005) Entscheidungen am Lebensende in der Intensivmedizin. Teil II: Medizinisch-objektive Grundlagen der Behandlungsbegrenzung. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 40: 361–378
Verrel T (2003) Mehr Fragen als Antworten – Besprechung der Entscheidung des XII. Zivilsenats des BGH vom 17.3.2003 über die Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen bei einwilligungsunfähigen Patienten. NStZ 22: 449–453
Verrel T (2006) Patientenautonomie und Strafrecht bei der Sterbebegleitung. Gutachten C zum 66. Deutschen Juristentag. C.H. Beck, München
Wiese C, Bartels U, Ruppert D et al. (2007) Notärztliche Betreuung von Tumorpatienten in der finalen Krankheitsphase. Anaesthesist 56: 133–140
Wiesing U (1995) Zur Verantwortung des Arztes. Frommann-Holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt
Zöller R, Geimer R, Greger R (2006) Zivilprozessordnung (ZPO) 26. Aufl. München
Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Salomon, F., Salomon, M. Information über Entscheidungen zur Therapiebegrenzung und deren Verbindlichkeit. Nervenarzt 79, 720–727 (2008). https://doi.org/10.1007/s00115-008-2469-3
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00115-008-2469-3