Einleitung

Die Arthrose des Daumensattelgelenks (CMC I) ist eine häufige Pathologie der Hand, die Schmerzen verursacht und in späten Stadien zu einer deutlich reduzierten Beweglichkeit im Daumensattelgelenk führen kann [1]. Das diagnostische Vorgehen besteht meist aus Anamnese, klinischer Untersuchung sowie konventioneller Radiographie des Daumensattelgelenks in 2 Ebenen. Die Ausdehnung der Arthrose im radiologischen Befund wird dabei in Stadien nach Eaton und Littler klassifiziert [2].

In den letzten Jahren spielt die Arthroskopie des Daumensattelgelenks eine zunehmend größere Rolle sowohl bei der Diagnose als auch bei therapeutischen Interventionen im Rahmen der symptomatischen Arthrose [3, 4]. Wie auch bei anderen Arthroskopien kann der Knorpel so direkt dargestellt, mittels Sondierung untersucht und therapeutische Gelenklavagen, Synovialektomie und andere Interventionen können durchgeführt werden. Die Schwere der Arthrose in einer Arthroskopie wird dabei unabhängig vom Gelenktyp nach der Outerbridge-Klassifikation angegeben (Tab. 1).

Tab. 1 Outerbridge-Klassifikation

Nachdem in den letzten Jahren zahlreiche Patienten mittels Daumensattelgelenkarthroskopie behandelt wurden, musste festgestellt werden, dass die Ausprägung der Knorpeldefekte in der Arthroskopie oft vom präoperativen röntgenologischen Schweregrad abweicht. Da es jedoch bisher in der Literatur keine konkreten Daten dazu gibt, zielt diese Studie darauf ab, die diagnostische Exaktheit von konventionellen Röntgenuntersuchungen im Vergleich zur Arthroskopie bei Daumensattelgelenkarthrose zu evaluieren.

Zudem wird postuliert, dass die Outerbridge-Klassifikation, die üblicherweise zur Klassifikation der Knorpelbeschaffenheit am Kniegelenk verwendet wird, nicht zur Anwendung im Bereich des Daumensattelgelenks geeignet ist, da sie auf Parametern wie der Knorpeldicke basiert, die bei einem solch kleinen Gelenk nur schwer beurteilbar sind. Nichtsdestotrotz wird die Eaton-Littler-Röntgenklassifikation oftmals in die Outerbridge-Knorpelklassifikation übertragen. Daraus werden Rückschlüsse für die Therapie gezogen, ohne Kenntnis über die Knorpelbeschaffenheit zu besitzen. Aufgrund dieser inkorrekten Übertragung haben wir eine spezifische Klassifikation für den Schweregrad der Daumensattelgelenkarthrose entwickelt, sowie das bereits für andere Gelenke, die ebenso fälschlicherweise die kniespezifische Outerbridge-Klassifikation genutzt haben, umgesetzt wurde. Wir vermuten, dass die diagnostische Genauigkeit des Knorpelschadens im Daumensattelgelenk im konventionellen Röntgen sehr gering ist und daher ein Bedarf für eine spezifische arthroskopische Klassifikation des Daumensattelgelenks besteht.

Material und Methoden

Zwischen 2015 und 2017 wurden 23 Arthroskopien des Daumensattelgelenks bei 23 Patienten mit symptomatischer Daumensattelgelenkarthrose der Stadien 1 bis 4 nach Eaton und Littler durchgeführt. Alle Arthroskopien wurden von demselben Facharzt für Handchirurgie vorgenommen, wobei die Schweregrade in den jeweiligen Befunden nach Outerbridge klassifiziert wurden. Die präoperativen konventionellen Röntgenbilder der 23 Patienten – allesamt von guter und repräsentativer Qualität – wurden anschließend retrospektiv gesammelt und von 10 erfahrenen Fachärzten für Handchirurgie, die nicht in die Therapie involviert waren, beurteilt. Den Untersuchern, welche gegenüber den Arthroskopiebefunden verblindet waren, wurde bei Beurteilung der konventionellen Röntgenbilder folgende Frage gestellt: „Welches Arthrosestadium nach Outerbridge würden Sie in der Arthroskopie erwarten?“ Die Antworten wurden anschließend mit den in der Arthroskopie festgestellten Outerbridge-Stadien verglichen, welche aus den Patientenakten erhoben wurden.

Operationstechnik

Die Arthroskopie des Daumensattelgelenks wird über 2 Standardzugänge, das 1R- und das 1U-Portal, durchgeführt [3, 4]. Das 1R-Portal befindet sich radial der Sehne des M. abductor pollicis longus (APL), das 1U-Portal ulnar der Sehne des M. extensor pollicis brevis (EPB) [1].

Ein weiteres radiales Portal kann in der Verlängerung der Sehne des M. flexor carpi radialis (FCR) geschaffen werden, direkt oberhalb des Daumensattelgelenks [5, 6]. Dieses sog. Thenar-Portal steht über dem Thenar im rechten Winkel (90°) zum 1U-Portal [7]. Es wird vom 1U-Portal aus mittels Diaphanoskopie erreicht, was sich aufgrund des sehr engen Raums allerdings schwierig gestalten kann. Dieser Zugang kann durch eine fluoroskopiekontrollierte Kanülierung erleichtert werden. Nach intraartikulärer Platzierung der Kanüle kann der Gelenkspalt mit 2 ml physiologischer Kochsalzlösung gefüllt, wie von anderen Autoren beschrieben [1], werden. Wir bevorzugen jedoch ein trockenes Arthroskopieren. Anschließend wird die Haut mittels Skalpell durch eine kleine Inzision eröffnet, woraufhin das Unterhautgewebe mit einer stumpfen, gebogenen Schere präpariert wird, um Hautnerven und Blutgefäße zu schonen. Dann wird die Gelenkkapsel mit der stumpfen Schere perforiert, der Trokar in den Gelenkspalt platziert und das 1,9-mm-Arthroskop eingeführt. Im Fall einer ausgeprägten Synovitis kann ein Débridement mittels „shaver“ notwendig werden, um die intraartikulären Strukturen besser darstellen zu können.

Die Artikulation wird mit einer Sonde navigiert, welche über das 1U-Portal eingeführt wird. Das 1R-Portal erlaubt die Untersuchung der dorsalen und ulnaren Anteile der Gelenkfläche, der angrenzenden Bänder sowie der ulnaren Anteile des palmaren Gelenkkomplexes. Um die Beurteilung der Gelenksstrukturen zu verbessen, werden die Instrumente mindestens einmal zwischen 1U und 1R ausgetauscht. Falls ein Shaving durchgeführt wurde, wird die Arthroskopie mit der Injektion eines Gemisches aus Steroiden und Lokalanästhetika beendet. Die Portale bleiben offen und werden nur mit sterilen Pflasterstreifen versorgt. Es wird ein steriler Wundverband angelegt und eine palmare Daumenschiene angepasst. Wundkontrollen und Verbandwechsel finden am ersten postoperativen Tag statt.

Ergebnisse

Die Stadien der Arthrose, die in den Arthroskopien der 23 Patienten gefunden wurden, sowie den Anteil der korrekt beurteilten dazugehörigen konventionellen Röntgenbilder zeigt Tab. 2.

Tab. 2 Beurteilung der Daumensattelgelenkarthrose in der Arthroskopie (nach Outerbridge) unserer 23 Patienten im Vergleich zur konventionellen Röntgendiagnostik hinsichtlich der Genauigkeit in der Stadieneinteilung bei isolierter Betrachtung der konventionellen Röntgenbefunde

Von den 23 Daumensattelgelenken hatten 11 Knorpeldefekte 4. Grades nach Outerbridge, 8 Läsionen 3. Grades, 4 Läsionen 2. Grades und keiner Läsionen 1. Grades.

Insgesamt wurden 43 % (95 %-KI 37–49 %) der Knorpeldefekte unter ausschließlicher Verwendung von röntgenologischen Kriterien richtig diagnostiziert. Bei den Grad-4-Läsionen stellten 73 % (95 %-KI 65–81 %) der Untersucher die richtige Diagnose, bei denen 3. Grades waren es 38 % (95 %-KI 27–49 %) und bei denen 2. Grades 13 % (95 %-KI 3–23 %). Bei jeder Fehleinschätzung wurde der Schweregrad der Arthrose unterschätzt, nie jedoch überschätzt.

Diskussion

In der klinischen Routine wird das Daumensattelgelenk meist mittels konventioneller Röntgenaufnahme evaluiert, wobei der Schweregrad nach Eaton und Littler klassifiziert wird [2]. In Spezialfällen wird zudem ggf. eine zusätzliche Magnetresonanztomographie (MRT) zu Diagnosesicherung und Feststellung der Knorpelbeschaffenheit und der Kapsel‑/Bandläsionen durchgeführt [1]. Als Grundlage jeder Therapieentscheidung steht jedoch die klinische Symptomatik des Patienten. Goldstandard in der operativen Therapie der fortgeschrittenen symptomatischen Daumensattelgelenkarthrose (Stadien III und IV) ist die Resektionsarthroplastik. Jedoch ist dieser Ansatz mit mittel- bis langfristigen Komplikationen wie der Proximalisation des Daumens und einer langen Rekonvaleszenzdauer verbunden [8,9,10,11,12,13,14].

Daher spielt die Arthroskopie des Daumensattelgelenks eine zunehmend wichtige Rolle bei Patienten mit Leidensdruck, die röntgenologisch dem Stadium I, II oder III nach Eaton und Littler zugeordnet werden können. Hier erlaubt die Arthroskopie eine eingehendere Diagnostik und die direkte therapeutische Intervention [3, 4], wie z. B. „lipofilling“, Denervation, Entfernung eines freien Gelenkkörpers oder Gelenklavage, die einfach in eine diagnostische Arthroskopie eingebettet werden können.

Unsere Studie zeigt, dass die Auswertung von konventionellen Röntgenbildern während des diagnostischen Prozesses bei Daumensattelgelenkarthrose zu einer Fehleinschätzung des Schweregrads in 57 % der Fälle führen kann, wenn man sie mit den arthroskopischen Befunden vergleicht. Dies war von der Ausprägung der Arthrose abhängig, sodass schwerwiegendere Befunde genauer diagnostiziert wurden als weniger schwere.

Insgesamt scheint die röntgenologische Befundung jedoch den Schweregrad zu unterschätzen. Daher sollte die Schwelle zu invasiver Diagnostik und Therapie bei symptomatischen Patienten niedrig sein. Es darf nämlich auch nicht vergessen werden, dass diese diagnostische Fehlinterpretation durchaus Einfluss auf die Therapieentscheidung haben kann.

Zudem postulieren wir, dass die Outerbridge-Klassifikation zur Beurteilung von Athroskopiebefunden des Daumensattelgelenks nicht ausreichend ist, da diese zur Beurteilung kleiner Gelenke ungeeignet ist. Stadien II und III werden anhand der Knorpeldicke eingeteilt, mehr bzw. weniger als 50 % der Ausgangsdicke. Unserer Ansicht nach ist es erschwert, dies am Daumensattelgelenk sicher zu beurteilen, da hier die Knorpelschicht generell sehr dünn ist. Außerdem können die Defekte sich auch in frühen Stadien schon auf die gesamte Knorpeldicke ausdehnen, wenn nur kleine Bereiche betroffen sind, wobei deren Größe das ausschlaggebende Kriterium zu sein scheint. Die arthroskopische Klassifikation der Daumensattelgelenkarthrose nach Badia dürfte ebenfalls zu grob sein, da sie nur 3 Stadien unterscheidet [15]. In unserer Patientenklientel bestanden große Unterschiede bezüglich Läsionen des Stadiums II nach Badia, welcher „fokale Knorpeldefekte“ beschreibt.

Aufgrund unserer Beobachtungen und der Limitationen der bestehenden arthroskopischen Klassifikationssysteme schlagen wir deshalb ein neues Klassifikationssystem vor (Tab. 3; Abb. 1).

Tab. 3 Arthroskopieklassifikation der Daumensattelgelenkarthrose
Abb. 1
figure 1

Neue Arthroskopieklassifikation der Daumensattelgelenkarthrose anhand von Arthroskopie-Bildern. a Stadium I, b Stadium II, c Stadium III, d Stadium IV

Prinzipiell sollten alle symptomatischen Patienten mit Daumensattelgelenkarthrose, egal welchen Eaton-und-Littler-Stadiums, mittels konventionellem Röntgen untersucht werden. Allerdings gewinnt man durch die röntgenologische Untersuchung hauptsächlich Informationen anhand des Subluxationsgrades zu der Gelenksstabilität, während die Arthroskopie den Knorpelschaden akkurater darstellen kann. Die Kombination dieser diagnostischen Herangehensweisen kann neue Erkenntnisse ermöglichen. Daher kann zusammenfassend festgestellt werden, dass beide diagnostischen Mittel sinnvoll sind: die Arthroskopie für die Beurteilung des Arthrosegrads anhand des Knorpelzustands und das konventionelle Röntgen für die Gelenkstabilität. Ergänzt wird dies durch die klinische Untersuchung, die Auskunft über das Ausmaß der Gelenkinstabilität und der Alltagseinschränkung gibt.

Auch im Fall, dass Unsicherheiten oder Differenzen zwischen klinischem Bild und Röntgenklassifikation bestehen, sollte eine zusätzliche Arthroskopie durchgeführt werden. Insbesondere bei grenzwertigen Fällen zwischen Stadien II und III nach Eaton und Littler sollten alle verfügbaren diagnostischen Ressourcen ausgeschöpft werden, bevor die Indikation zur Resektionsarthroplastik gestellt wird. Unser Vorschlag bezüglich eines Therapiealgorithmus im Rahmen unseres spezifischen Klassifikationssystems wird daher in Abb. 2 gezeigt.

Abb. 2
figure 2

Algorithmus für die Therapie der Daumensattelgelenkarthrose, Stadieneinteilung nach der neuen Arthroskopieklassifikation (Tab. 3; Abb. 1)

Limitationen

Eine Schwäche unserer Studie besteht darin, dass keiner der Patienten eine arthroskopisch gesicherte Daumensattelgelenkarthrose 1. Grades nach Eaton und Littler hat. Jedoch sind diese Patienten meist klinisch asymptomatisch und werden daher nicht arthroskopiert.

Fazit für die Praxis

Die Beurteilung der Knorpelläsionen am Daumensattelgelenk mittels konventioneller Röntgenaufnahme ist nicht ausreichend. Die Arthroskopie kann zur Abschätzung von Knorpeldefekten und zur Prognosevorhersage eine sinnvolle Ergänzung darstellen und sollte daher zusätzlich in der Routinediagnostik verwendet werden, besonders bei Unsicherheiten oder Diskrepanzen zwischen klinischem Bild und radiologischem Befund.

Unser arthroskopisches Klassifikationssystem und unser Behandlungsalgorithmus sollten die Diagnose und Therapie der Daumensattelgelenkarthrose verbessern. Wir empfehlen, diese Herangehensweise in zukünftigen Studien weitergehend zu evaluieren.