Die obere Extremität, insbesondere die Hand, ist nicht nur ein essenzielles Kommunikationsinstrument, sondern auch das primäre Werkzeug des Menschen. Dies führt unweigerlich auch zu einer erhöhten Gefahr von Verletzungen der Hand, welche ca. ein Drittel aller Arbeitsverletzungen ausmachen [9, 11]. Die häufigsten Verletzungsmechanismen hierbei sind Quetschtraumen, Frakturen oder auch Amputationen [11]. Wobei gerade schwerwiegende Quetschverletzungen nicht primär zu einer Amputation führen müssen, jedoch einen massiven Gewebsverlust und infolge auch Funktionsverlust nach sich ziehen können [16].

Die Rekonstruktion derart komplexer Defekte an der oberen Extremität, sei es eine traumatische Amputation oder eine funktionslose Hand, erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und in manchen Fällen auch unkonventionelle Methoden [3]. Diesbezüglich hat die Prothesenversorgung in den letzten Jahren einen immer höheren und besonderen Stellenwert erlangt. Keinesfalls soll und kann diese mit einer soliden biologischen Rekonstruktion konkurrieren, jedoch eine sinnvolle Alternative bzw. Erweiterung des Spektrums zur Wiederherstellung von Extremitätenfunktionen bieten [3].

Durch die technische Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Prothetik und die dadurch verbesserte Akzeptanz von myoelektrischen Prothesen steigen auch die Anforderungen an den Patienten, den Stumpf und letztendlich die Funktionalität [14]. Die größten Fortschritte der letzten Jahre betrafen allerdings die Steuerungsmöglichkeiten und somit die Schnittstelle Mensch-Maschine [1, 13, 14].

In der folgenden Arbeit sollen die Möglichkeiten der prothetischen Rekonstruktion bei hohen Amputationen, aber auch bei erhaltener, jedoch funktionsloser Extremität dargestellt werden.

Die hohe Amputation

Konventionelle myoelektrische Prothesen bei transhumeralen und glenohumeralen Amputationen steuert man mit zwei Muskelsignalen an, welche von zwei getrennt innervierten Muskelgruppen der verbliebenen Stumpfmuskulatur stammen. Auf transhumeralem Amputationsniveau werden der M. biceps und M. triceps, bei glenohumeralen Stümpfen meist der M. pectoralis major und der M. latissimus dorsi dafür verwendet. Die verschiedenen prothetischen Gelenke und Funktionen (Hand, Handgelenk, Ellenbogen) müssen mittels Kokontraktionen der erwähnten zwei Muskeln angewählt und in der jeweiligen Ebene mit denselben Muskeln linear angesteuert werden. Hierbei besteht die Schwierigkeit darin, dass ein und dieselbe kognitive „Bewegung“ mit verschiedenen prothetischen Funktionen belegt und somit für den Patienten nur unter größtmöglicher Konzentration einsetzbar ist. Ein harmonischer, dem natürlichen Bewegungsmuster einigermaßen entsprechender Bewegungsablauf ist mit diesem Steuerungsmechanismus nicht möglich, da eine simultane Bewegung mehrerer prothetischer Gelenke nicht durchführbar ist.

Selektive Nerventransfers – Targeted Muscle Reinnervation

Die chirurgische Multiplikation von Muskelsignalen zur Verbesserung der Prothesensteuerung beschrieben erstmals Kuiken et al. [8]. Hierbei werden die Nerven, die durch die Amputation ihr distales Zielorgan verloren haben, im Wesentlichen N. radialis, N. medianus, N. ulnaris und bei glenohumeraler Amputation auch der N. musculocutaneus, an einzelne Muskeln des Stumpfes transferiert, um ebendort eine suffiziente Anzahl intuitiv steuerbarer Muskelsignale zu kreieren. Diese Technik der selektiven Nerventransfers bei Amputierten nennt man Targeted Muscle Reinnervation (TMR). Die Zielmuskeln spannen sich schließlich entsprechend der Aktivität der Spendernerven an und ihre Muskelpotenziale werden über Oberflächenelektroden an die Prothese weitergegeben. Ziel dieser Operation ist es, den Patienten mit bis zu sechs individuellen Muskelsignalen auszustatten. Auf diese Weise ist eine harmonische, intuitive, dem natürlichen Bewegungsmuster entsprechende Steuerung gewährleistet, ohne dass der Patient zwischen den verschiedenen Steuerungsebenen wechseln muss. Diese beträchtliche Erweiterung der Steuerungsmöglichkeiten führt zu einer deutlich verbesserten Funktionalität und somit zu einer deutlich erhöhten Patientenzufriedenheit und Akzeptanz der Prothese.

Voraussetzung sind intakte Muskeln im Bereich des Amputationsstumpfes

Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Operation sind intakte Muskeln im Bereich des Amputationsstumpfes sowie ein weitgehend intaktes proximales Armnervengeflecht (Plexus brachialis) mit der Möglichkeit, Spendernerven entsprechend topografisch-anatomisch isolieren zu können. Diesbezüglich ist eine präoperative Magnetresonanztomographie (MRT), hochauflösender Ultraschall sowie bilanzierende Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und Elektromyographie (EMG) des verbliebenen Armnervengeflechtes zu empfehlen. Weiters muss der Patient kognitiv dazu in der Lage sein, die verschiedenen Funktionen seines Phantomarmes zu visualisieren, und gewillt sein, ein intensives und manchmal auch langwieriges Signal- und Prothesentraining zu absolvieren. Da die transferierten Nerven erst in ihre Zielmuskeln einwachsen müssen und das Signaltraining ebenfalls Zeit in Anspruch nimmt, ist mit einer abgeschlossenen TMR-Prothesenversorgung erst etwa 12 Monate nach Operation zu rechnen.

Operative Technik

Das Ziel der TMR-Operation ist es, die einzelnen Nerven des Plexus brachialis aus dem verbliebenen Stumpf bzw. der bestehenden Amputationsnarbe herauszulösen und an vorhandene neuromuskuläre Einheiten anzuschließen. Um die Signalqualität zu optimieren, ist eine möglichst gute topografische Trennung der einzelnen Muskeln notwendig. Die Operation erfolgt in Rückenlage des Patienten mit erhöhtem Oberkörper, der Kopf wird leicht zur Gegenseite gedreht. Je nach Unfallhergang beginnt die Operation mit einer infra- bzw. supraklavikulären Exploration des Plexus brachialis. Dies ist vor allem nach Schleudertraumata bzw. Traktionsschäden des Plexus zu empfehlen, um etwaige proximale Nervenschäden auszuschließen und wenn notwendig zu behandeln. Infolge werden die Nervenäste der Zielmuskulatur dargestellt. Diese unterscheiden sich je nach Amputationshöhe.

Bei transhumeral Amputierten werden die einzelnen Spendernerven des Plexus brachialis in der Regel an die Muskeläste des M. biceps caput breve, M. brachialis, M. triceps caput laterale und wenn vorhanden des M. brachioradialis transferiert. Im Anschluss an die Identifizierung aller Zielmuskeln wird der kurze Kopf des M. biceps von seinem Ansatz am Coracoid gelöst und nach medial abgedrängt, um eine bessere räumliche Trennung zu erreichen. Nach erfolgter mikrochirurgischer Präparation bzw. nach Aufsuchen und Anschlingen der Neurome von N. medianus, N. ulnaris und Ramus prof. N. radialis sowie nach Freilegung der einzelnen Muskeläste von N. musculocutaneus und N. radialis begutachtet man die Situation erneut und erstellt eine sog. Nerventransfermatrix anhand der anatomischen Gegebenheit. Trotz auswärts durchgeführter Neuromrückkürzungen waren aufgrund dieser individuellen Planung bisher noch keine Nerventransplantate notwendig, um eine spannungsfreie Koaptation zu ermöglichen. Es hat sich allerdings mit der Zeit eine Standardnerventransfermatrix sowohl für die transhumerale als auch für die glenohumerale Amputation durchgesetzt (Tab. 1 und 2).

Tab. 1 Nerventransfermatrix transhumerale Amputation
Tab. 2 Nerventransfermatrix glenohumerale Amputation

Auf glenohumeraler Ebene werden nach entsprechender Neurolyse des infraklavikulären Plexus aus der Stumpfnarbe die einzelnen Plexusanteile anhand der Medianuszinke identifiziert. Zielmuskeln auf dieser Amputationshöhe sind meist die drei Anteile des M. pectoralis major (Pars clavicularis, Pars sternocostalis, Pars abdominalis), der M. pectoralis minor sowie der M. latissimus dorsi und eventuell der M. infraspinatus. Es werden die segmentalen Nervi pectorales dargestellt und als Zielnerven angeschlungen [4]. Um auch hier eine größtmögliche räumliche Trennung der Muskelsignale zu erreichen, wird der M. pectoralis minor, gestielt an seinem Ast der A. thoracoacromialis, nach lateral verlagert.

Unabhängig von der Amputationshöhe stimuliert man nach Darstellung aller Spender- und Zielnerven die einzelnen Äste und neurotomiert man eventuelle kleine interferierende Äste. Am Ende der Präparation muss jeder Zielmuskel selektiv ausschließlich über seinen Muskelast stimulierbar sein. Die einzelnen Nerven werden anschließend auf entsprechender Höhe neurotomiert, wobei dies möglichst muskelnah durchgeführt wird, um die Regenerationszeit und somit auch die Denervationszeit des Zielmuskels möglichst kurz zu halten. Alle Nerventransfers werden im Sinne einer End-zu-End-Koaptation unter Lupenvergrößerung oder dem OP-Mikroskop je nach Nervenkaliber mit 7‑0- bis 10-0-monofiler Nylonnaht durchgeführt.

Um die Signalqualität und vor allem die Isolierung noch weiter zu optimieren, wird zuletzt die Haut, welche die Zielmuskeln überlagert, radikal entfettet [7] und bei der transhumeralen Amputationshöhe ein subkutaner Fettfaszienlappen zwischen kurzem und langem Kopf des M. biceps eingebracht.

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung von TMR-Patienten ist mindestens so entscheidend wie die Operation selbst. Der Patient muss unter gezielter Anleitung eines/einer Therapeuten/-in die Ansteuerung der einzelnen Muskelsignale erlernen. Dies wird mittels verschiedener technischer Möglichkeiten, wie z. B. EMG-Biofeedbacksysteme, unterstützt [18]. Hier können dem Patienten die einzelnen Signale visualisiert und mittels speziellen kognitiven Trainings an der Signaltrennung gearbeitet werden. Meist ist es für die Patienten zu Beginn einfacher, die einzelnen Bewegungen gleichzeitig mit der Gegenseite durchzuführen. Dies gibt auch dem Therapeuten eine Rückmeldung, an welche Bewegung gerade gedacht wird. Das intensive Signaltraining beginnt etwa drei bis sechs Monate nach erfolgter TMR-Operation, da etwa nach drei Monaten die ersten Muskelsignale aktiv werden. In den meisten Patienten ist die Nervenregeneration nach neun Monaten abgeschlossen, jedoch können sich auch zu diesem Zeitpunkt die Orte der besten Elektrodenpositionen noch ändern und somit eine erneute Schaftkorrektur notwendig machen.

Die Technik eignet sich auch als Behandlungsmethode bei Phantomschmerzen

Bei transhumeral Amputierten bleibt jeweils ein Teil des M. biceps und M. triceps mit seiner ursprünglichen Innervation erhalten, wodurch die prothetische Versorgung mit konventioneller 2‑Signalsteuerung nach Abschwellung des Stumpfes sofort wieder möglich ist. Bei glenohumeral Amputierten werden jedoch alle oberflächlich liegenden Muskeln im Stumpfbereich denerviert und somit ist die Steuerung einer myoelektrischen Prothese erst nach Reinnervation der ersten Muskelsignale möglich.

Die Technik der TMR-Operation hat sich mittlerweile auch als solide Methode zur Behandlung von Neurom- bzw. Phantomschmerzen etabliert [17]. Denn schon ein einzelnes hypersensibles Neurom am Amputationsstumpf kann das Tragen einer Prothese unmöglich machen [2]. Die End-zu-End-Nervenkoaptation mit einem distalen Zielorgan ist die einzige bekannte Behandlungsmöglichkeit eines Neuroms, welche das grundlegendste Bedürfnis eines Nerven respektiert: das Vorhandensein eines funktionellen Endorgans [15]. Selektive Nerventransfers, wie bei einer TMR-Operation durchgeführt, stellen wieder eine sinnvolle Verbindung des betroffenen Nerven zu einem Endorgan her. Dadurch erhält das zentrale Nervensystem wieder eine brauchbare Rückmeldung, die schmerzhafte Lücke schließt sich und es kommt zu keiner erneuten Neurombildung.

Phantomschmerzen sind im Gegensatz zu den Neuromschmerzen deutlich schwieriger zu verstehen und auch zu behandeln. Als Hauptauslöser wird das Zentralnervensystem angenommen, welches aufgrund der fehlenden Afferenz ein meist schmerzhaftes Phantom der verlorenen Extremität kreiert [6]. Deshalb stellt der Phantomschmerz primär keine chirurgische Indikation dar, ist allerdings auch konservativ kaum behandelbar. Die klinische Erfahrung mit diesem Patientengut hat allerdings gezeigt, dass die durch selektive Nerventransfers neu geschaffenen Efferenzen und Afferenzen, in Kombination mit der prothetischen Versorgung, zu einer deutlichen Schmerzreduktion führen. Dem Gehirn wird, ähnlich dem Prinzip der Spiegeltherapie, durch die Prothese eine sensorische wie auch visuelle Rückmeldung geboten und somit eine funktionstüchtige Extremität simuliert.

Fehler und Gefahren

Da bei einer Amputationsverletzung das Endorgan der Spendernerven (N. medianus, N. ulnaris, N. radialis bzw. dessen R. profundus und N. musculocutaneus) fehlt, sind diese nicht stimulierbar. Somit ist die Identifizierung lediglich durch profunde anatomische Kenntnis möglich sowie die Funktionstüchtigkeit der Nerven nur klinisch, makroskopisch bzw. haptisch zu beurteilen. Dies ist vor allem bei eventuellen Traktionsschäden entscheidend, da ein proximaler Nervenschaden ausgeschlossen und der Spendernerv auf Höhe makroskopisch vitaler Faszikel rückgekürzt werden muss. Deshalb sollte die Technik der TMR-Operation nervenchirurgisch versierten Ärzten/-innen vorbehalten bleiben, welche auch regelmäßig am Plexus brachialis operieren.

Weiters ist die Bedeutung der physiotherapeutischen und orthopädietechnischen Nachbetreuung nicht zu unterschätzen. Sie macht einen Großteil des funktionellen Outcomes aus und kann, bei mangelnder Betreuung des Patienten, eine gute Operation zunichtemachen.

Die funktionslose Hand

Manche schwerwiegenden Verletzungen der oberen Extremität führen zwar nicht notwendigerweise zu einer Amputation der Hand oder des Armes, ziehen aber einen mehr oder weniger großen Funktionsverlust nach sich. Dies gilt z. B. für massive Verletzungen des Plexus brachialis, aber auch für elektrische Verbrennungs-, Explosions- oder Avulsionstraumen, um nur ein paar wesentliche Verletzungsmuster zu nennen [3]. Auch in diesen Fällen hat die prothetische Rekonstruktion in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert erlangt [3]. Keinesfalls sollen und können prothetische Möglichkeiten mit einer suffizienten biologischen Rekonstruktion konkurrieren, jedoch sollen sie das Spektrum erweitern und am Ende der biologisch rekonstruktiven Leiter eine sinnvolle Alternative bzw. Erweiterung zur Wiederherstellung einer Extremitätenfunktion bieten [3]. In diesen Fällen dient die Prothese als Rekonstruktion einer Hilfshand bzw. eines Hilfsarms, um den Patienten im täglichen Leben und bei der Arbeit zu unterstützen.

Eine austherapierte, nichtfunktionstüchtige Extremität mit einem Stück Technik zu ersetzen, stellt einen neuen Ansatz in der Extremitätenrekonstruktion dar, jedoch auch die Verschmelzung von Biologie und Technik, eine „bionische Rekonstruktion“ mit notwendiger elektiver Amputation der Hand oder Teilen davon unterliegt dem Grundsatz Primum non nocere. Somit stellt die adäquate Indikationsstellung sicherlich die größte Herausforderung dar.

Eine bionische Rekonstruktion unterliegt dem Grundsatz Primum non nocere

Im Folgenden wird anhand eines Patientenbeispiels der Prozess der prothetischen Rekonstruktion bei funktionsloser Extremität dargestellt.

Es handelt sich um einen 27 Jahre alten Mann, welcher im Rahmen eines Arbeitsunfalles in eine Walzmaschine gekommen ist, wodurch es zu einer Ablederung des gesamten Haut-Weichteil-Integuments, von der Axilla bis zu den Fingerspitzen, des adominanten Armes gekommen ist. Es wurde versucht, die Extremität zu erhalten und den avulsierten Hautmantel im Sinne einer Vollhauttransplantation zur Deckung zu verwenden.

Aufgrund mangelnder Weichteildeckung kam es zu rezidivierenden Infekten und der Notwendigkeit multipler Fingerstrahl- bzw. Endgliedamputationen. Bis auf kleinste Wackelbewegungen war die linke Hand funktionslos und aufgrund der mangelnden Innervation, dystroph und asensibel. Ein prothetischer Aufbau auf die vorhandenen Fingerstummel bzw. Teilhand wurde versucht, war allerdings aufgrund der schlechten Hautqualität bzw. des eingeschränkten Bewegungsausmaßes erfolglos (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Funktionslose Hand nach massiver Weichteilverletzung

Daraufhin wurde der Patient mit einer sog. Hybridprothese provisorisch versorgt. Hier wird eine myoelektrische Prothese mithilfe einer Schienenkonstruktion unter der existierenden Hand montiert, um die vorhandenen Myosignale zu testen und zu trainieren sowie dem Patienten die zu erwartende prothetische Funktion vor Augen zu führen (Abb. 2). Dies stellt einen wichtigen Schritt in der Entscheidungsfindung sowohl für den Patienten als auch für den Arzt dar. Erst wenn der Patient mit dieser Versorgung einen deutlichen Funktionsgewinn wahrnehmen kann und dieser auch objektiv in Handfunktionstests belegbar ist (s. Video online), kann eine elektive Amputation, auf Wunsch des Patienten, geplant werden. Weiters wird der Patient präoperativ einer psychologischen Evaluation unterzogen, um Copingmechanismen entsprechend abzuklären.

Abb. 2
figure 2

Hybridprothesenversorgung

Aufgrund der beeindruckenden Handfunktion dieser Hybridprothese hat sich der Patient für eine transkarpale Amputation entschieden, um Platz für eine prothetische Handfunktion zu schaffen und eine suffiziente, ausreichend sensible Weichteildeckung zu gewährleisten. In etwa 6 Wochen nach Amputation war der Stumpf ausreichend abgeschwollen, die Wunden waren gut verheilt und es konnte mir der prothetischen Versorgung begonnen werden. Kurze Zeit nach der Prothesenanpassung ist der Patient wieder in seinen alten Beruf als Fliesenleger eingestiegen (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Funktionstests nach elektiver Amputation und Prothesenversorgung

Patienten mit Nervenausrissverletzungen leiden meistens an enorm quälenden Deafferenzierungsschmerzen, welche aufgrund der inneren nervalen Amputation mit Phantomschmerzen verglichen werden können. Die klinische Erfahrung mit solchen Patienten nach elektiver Amputation und Prothesenversorgung hat allerdings gezeigt, dass aufgrund derselben Prinzipien wie bei der TMR-Operation diese Schmerzen in den meisten Patienten deutlich besser werden, sobald die Prothese täglich verwendet und somit vollständig in das Körperbild integriert wird.

Zukünftige Weiterentwicklungen

Zum jetzigen Zeitpunkt werden die Muskelsignale mittels Oberflächenelektroden aufgenommen und an die Prothese weitergeleitet. Aufgrund von Weichteilverschiebungen über einem Muskel, der variablen Elektroden- bzw. Stumpfposition im Schaft, Kontaktverlust durch Hebelwirkungen und der Impedanzschwankungen je nach Temperatur und Transpiration der Haut kann es zu Fehlschaltungen kommen, welche die Prothesenfunktion negativ beeinflussen. Durch intramuskulär implantierte Elektroden kann das Signal direkt aus dem Muskel an die Prothese weitergeleitet und somit auch die Signalqualität deutlich verbessert werden [12].

Unabhängig von der Signalextraktion wird die Verarbeitung der verschiedenen Muskelsignale mittels Mustererkennung eine noch intuitivere Prothesensteuerung ermöglichen, welche zusätzlich durch simple Feedbackmechanismen verfeinert werden wird [5, 13].

Diskussion

Funktionsverlust oder Amputationen der oberen Extremität stellen für betroffene Patienten einschneidende und traumatische Erlebnisse dar, welche oft mit massiven Einbußen in der Lebensqualität einhergehen [10]. Der prothetische Ersatz, auch wenn in manchen Fällen mit einer notwendigen Amputation einhergehend, solch funktioneller Defizite ermöglicht eine Reintegration ins Arbeits- und Sozialleben und somit eine verbesserte Lebensqualität.

Die TMR-Operation ermöglicht eine verbesserte Prothesensteuerung

Die TMR-Operation ermöglicht Patienten mit hohen Amputationen der oberen Extremität eine deutlich verbesserte und vor allem intuitive Prothesensteuerung und behandelt gleichzeitig vorhandene Neurome am Amputationsstumpf. Die Möglichkeit der simultanen Ansteuerung der einzelnen prothetischen Gelenke beschleunigt die Durchführung verschiedenster Tätigkeiten, bei denen die Prothese als Hilfshand dienen kann, sowohl im Privat- als auch im Berufsleben.

Der prothetische Extremitätenersatz bei funktionsloser Hand stellt einen neuen Ansatz der funktionellen Wiederherstellung dar, welcher vor allem für Patienten infrage kommt, bei denen alle Möglichkeiten der biologischen Rekonstruktion ausgeschöpft sind und trotzdem eine funktionslose, asensible und somit unbrauchbare Hand besteht. In diesem Konzept spielt die Hybridversorgung, wie oben beschrieben, eine entscheidende Rolle und dient als zentrales Instrument in der Entscheidungsfindung, sowohl für den Patienten als auch für das behandelnde Team.

Fazit für die Praxis

Die dargestellten Konzepte des prothetischen Extremitätenersatzes erfordern eine funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedenster Disziplinen wie Chirurgie, Physiotherapie und physikalische Medizin, Techniker und Orthopädietechniker, aber auch Psychologen und Wissenschaftler. An der Medizinischen Universität Wien ist hierfür ein eigenes Zentrum (Christian Doppler Labor für Wiederherstellung von Extremitätenfunktionen) gegründet worden, welches aus einem ca. 15-köpfigen Team besteht, um diese aufwendigen Therapien anbieten zu können. Somit sollte die komplexe Rekonstruktion mit oben vorgestellten Methoden von Zentren durchgeführt werden, die über solch personelle aber auch infrastrukturelle Ressourcen verfügen.