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Evaluation der Kosten von polytraumatisierten Patienten insbesondere aus der Perspektive des Krankenhauses

Evaluation of costs incurred for patients with multiple trauma particularly from the perspective of the hospital

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Zusammenfassung

Ziel dieser Arbeit ist es, die Kosten von polytraumatisierten Patienten differenziert nach verschiedenen Merkmalen (Verletzungen, Alter), Funktionsbereichen (Schockraum, Blutbank, OP, Intensiv- und Normalstation) und Kostenarten (fixe Kosten, variable Kosten) anhand des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie auszuweisen und kostenbeeinflussende Faktoren zu bestimmen. Berücksichtigt wurden alle Patienten des Traumaregisters mit einem „Injury Severity Score“ (ISS) von mindestens 16 Punkten. Es konnten so auf Basis des Kostenalgorithmus der Ökonomiegruppe von 3702 Patienten die Kosten ermittelt werden. Die Kosten wurden anhand einer einfaktoriellen Varianzanalyse für unterschiedliche Patientengruppen verglichen, die nach Verletzungsart, Verletzungsschwere und Alter in unterschiedliche Gruppen eingeteilt wurden. Zusammenfassend wurde eine multivariate Regressionsanalyse durchgeführt, um auf den gemeinsamen Einfluss verschiedener Verletzungsmerkmale und demographischer Faktoren auf die Kosten zu kontrollieren. Der durchschnittliche ISS der Patienten liegt bei diesem Kollektiv bei 30,6 (±11,6) Punkten. Die Kosten des Krankenhauses liegen durchschnittlich bei 32.166,00 (±25.404,00) EUR. Mehr als die Hälfte der Kosten fallen dabei auf der Intensivstation und etwa 1/4 im OP-Bereich an. Durchschnittlich entfallen dabei 30,6% auf variable Kosten und 69,4% auf fixe Kosten. Die Varianzanalysen zeigen, dass die Kosten mit zunehmendem Alter und Verletzungsschwere (ISS) steigen. Die multivariate Betrachtung bestätigt diese Ergebnisse und hebt insbesondere Verletzungen im Bereich der Extremitäten als kostenintensiv hervor. Die Kosten hängen aufgrund des hohen Fixkostenanteils sehr stark von der Kapazitätsauslastung und weniger von der Liegezeit ab. Daher könnte es zukünftig notwendig werden, Traumazentren einzurichten, um die Wirtschaftlichkeit der Behandlung von polytraumatisierten Patienten zu wahren. Insgesamt sind auch bei einer starken Differenzierung nach Patientengruppen hohe Standardabweichungen in den Kosten zu beobachten, sodass die Krankenhäuser ein hohes betriebswirtschaftliches Risiko bei der Behandlung dieser tragen und somit für Polytraumapatienten ein differenzierteres Abrechnungssystem notwendig ist als das nach den G-DRG vorgesehene.

Abstract

The aim of this study was to evaluate the costs involved in treating severely injured patients at the clinic differentiated by several characteristics (injury, age), sectors (emergency room, surgery, intensive and normal care), and kinds of costs (fixed costs, variable costs) and to determine influencing factors regarding costs based on the register of the DGU (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie). All patients were taken into account who had an injury severity score (ISS) of at least 16. On this basis costs of 3702 patients were analyzed. They were compared by using analysis of variance for different groups of patients classified according to kind of injury, severity of injury, and age. Moreover, multiple regression was performed to control the common influence of demographic factors and the type of injury on costs. The average ISS of the analyzed patients was 30.6 (±11.6) points. The average costs of the clinic were 32,166 (±25,404) EUR per patient. More than half of the costs was incurred by intensive care and about one-fourth by surgery. On average 30.6% were variable costs and 69.4% were fixed costs. The analysis of variance revealed that costs increased with advancing age and severity of injury (ISS). Multiple regression confirmed these interrelations indicating that extremities are very cost intensive. Due to the high portion of fixed costs, the overall costs strongly depend on the capacity utilization and less on hospital stay. That is why it may be necessary in the future to create centers for trauma care to maintain economic efficiency for treatment of these patients. Besides large differences of costs within closely defined groups of patients, hospitals carry a high economic risk so that a more complex reimbursement system should be discussed than implemented by the German DRGs.

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Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen.

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Correspondence to T. Schwermann.

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Kommentar

Die Autoren analysieren die Kosten der Versorgung von 3067 polytraumatisierten Patienten auf Grundlage des von ihnen entwickelten Berechnungsmodells im Rahmen einer Durchschnittskostenkalkulation [1]. Die Kosten für die Versorgung eines Schwerverletzten mit einem ISS von 30 werden auf 32.166 EUR berechnet, die Standardabweichung, die 68,26% der Werte umfasst, wird mit ±25.404 EUR angegeben. Diese hohe Standardabweichung besteht auch bei einer Differenzierung der untersuchten Patienten nach unterschiedlichen Verletzungsmustern, Beatmungsdauer, Intensivaufenthalt, Gesamtliegedauer sowie Lebensalter. Die variablen Kosten, die spezifischen Sachausgaben je Patient, werden mit 30,6% angegeben, die fixen Kosten für Personal, Geräte, Labor, Röntgendiagnostik, Verwaltung und sonstige Betriebskosten betragen in dem Modell 69,4% der Gesamtkosten. Die Autoren kommen zu der Schlussfolgerung, dass in Anbetracht der schlecht kalkulierbaren Kosten die Versorgung von polytraumatisierten Patienten für die Krankenhäuser ein erhebliches betriebswirtschaftliches Risiko darstellt. Wegen des hohen Fixkostenanteils wird die Einrichtung von Traumazentren mit entsprechend hoher Kapazitätsauslastung gefordert.

Es ist kritisch zu hinterfragen, ob das von den Autoren entwickelte Berechnungsmodell für die Kostenkalkulation von polytraumatisierten Patienten geeignet ist. Die kalkulierten Kosten für 95% der vorhergesagten Werte werden mit dem 1,96fachen der Standardabweichung erfasst, entsprechend einem errechneten Betrag von ±49.792 EUR. Daraus ergibt sich, dass die nach dem Modell kalkulierten Kosten mit einer 95%igen Konfidenz zwischen 0 und 81.958 EUR betragen. Die Autoren führen an, dass in ihrer Berechung Vorhaltekosten bereits eingearbeitet sind und errechnen für eine Schockraumversorgung durchschnittliche Kosten in Höhe von 1.116 EUR.

Ohne die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und der Rechtssprechung zum Bereitschaftsdienst kalkulierten Haas et al. 1997 [2] Vorhaltekosten für ein Traumazentrum der höchsten Versorgungsstufe in Höhe von 7 Mio. DM. Unter der Annahme, dass die von den Autoren berechneten Kosten von 32.166 EUR pro polytraumatisiertem Patient durch die Kostenträger erstattet werden, decken die Einnahmen für 100 Patienten in Höhe von 3.216.600 EUR nicht einmal die von Haas et al. angegebenen Vorhaltekosten ab.

Die Ergebnisse legen die Frage nahe, ob es überhaupt möglich und sinnvoll erscheint, für die Behandlung polytraumatisierter Patienten Festpreise zu finden. In diesem Zusammenhang gewinnt die vorliegende Untersuchung auch für einen noch ganz anderen finanzierungstechnischen Aspekt an Bedeutung. Es ist absehbar, dass der Europäische Gerichtshof der Beschwerde einer privaten Klinikkette nachkommen wird, aus wettbewerblichen Gründen Subventionen für öffentliche Krankenhäuser zu unterbinden. Über ein DRG-Festpreissystem wird es kaum möglich sein, insbesondere außerhalb von Ballungszentren, unfallchirurgische Schwerpunktzentren in solchen Einheiten zusammenzufassen, dass sie flächendeckend und kostendeckend sind. Für die Sicherstellung der Versorgung von polytraumatisierten Patienten unter den Bedingungen des G-DRG-Systems ist deshalb zu fordern, dass dezidierte Traumazentren einen vorab definierten Pauschalbetrag für die notwendigen Vorhaltekapazitäten erhalten und zusätzlich eine patientenspezifische Einzelfallabrechung unter Berücksichtigung der variablen Kosten erfolgt.

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Pape HC, Grotz M, Schwermann T et al. (2003) Entwicklung eines Modells zur Berechnung der Kosten der Versorgung schwer Verletzter—eine Initative dees Traumaregisters der DGU. Unfallchirurg 106: 348–357

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K.-G. Kranz

Chirurgische Klinik, Klinikum der LMU

München

E-Mail: kanz@ch-i.med.uni-muenchen.de

AG Polytrauma der DGU: Priv.-Doz. Dr. M. Aufmkolk (Essen), Priv.-Doz. Dr. B. Bouillon (Köln), Dr. A. Euteneier (München), Dr. S. Grote (Köln), Priv.-Doz. Dr. M. Grotz (Hannover), Dr. S. Guenther (Essen), Dr. S. Huber (München), Dr. G. Kanz (München), M. Kleiner (Köln), Prof. Dr. C. Krettek (Hannover), Dr. C. Kuehne (Essen), Dr. C. Lackner (München), Dr. R. Lefering (Köln), Dr. U. Lewan (Essen), Prof. Dr. W. Mutschler (München), Prof. Dr. D. Nast-Kolb (Essen), Prof. Dr. E. Neugebauer (Köln), Prof. Dr. H.-J. Oestern (Celle), Dr. T. Paffrath (Essen), Prof. Dr. H.-C. Pape (Hannover), N. Pirente (Köln), Dr. M. Raum (Köln), Dr. G. Rieger (Celle), Priv.-Doz. Dr. D. Rixen (Köln), Priv.-Doz. Dr. S. Ruchholtz (Essen), Dr. S. Sauerland (Köln), L.E. Schlosser (Köln), T. Schwermann (Hannover), Dr. O. Steitz (Celle), B. Strohecker (Hannover), T. Tjardes (Köln), Prof. C. Dr. Waydhas (Essen), Priv.-Doz. Dr. E. Wiedemann (München), Dr. M. Wittke (Celle), Dr. B. Zelle (Hannover).

Am Traumaregister beteiligte Kliniken: Chirurgische Klinik, Klinikum Innenstadt der Ludwig Maximilian Universität München; Unfallchirurgische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover; II. Chirurgischer Lehrstuhl der Universität Köln; Unfallchirurgische Klinik der Universität Essen; Unfallchirurgische Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Celle; Unfallchirurgische Klinik der Universität Zürich; Universitätsklinik Bonn; TU-Dresden; Unfallchirurgische Klinik der Universität Homburg-Saar; Chirurgische Klinik, Klinikum Großhadern der Ludwig Maximilian Universität München; Unfallchirurgische Abteilung, Klinikum München-Harlaching; Unfallchirurgische Klinik der Universität Göttingen; Chirurgische Abteilung des Evangelischen Krankenhauses Hattingen; BG-Klinik Ludwigshafen; Klinik für Unfallchirurgie-Magdeburg; Klinikum Magdeburg-Altstadt; Klinikum der Phillips-Universität Marburg; BG-Unfallklinik Murnau; Unfallchirurgische Klinik der Universität Würzburg; Unfallchirurgische Klinik, I. Chirurgischer Lehrstuhl der Universität Köln; Unfallchirurgische Klinik des Zentralkrankenhauses Reinekenheide Bremerhaven; Klinikum Remscheid; Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum Rosenheim; Klinikum Stendal; Klinikum Traunstein; Unfallchirurgische Abteilung, Krankenhaus Gummersbach; RWK Ulm; Unfallchirurgie, Klinikum Weiden i.d. Oberpfalz; Klinikum Wuppertal; Chirurgische Klinik, Klinikum Frankfurt-Oder-Markendorf; Unfallchirurgie Diakonie, Krankenhaus Schwäbisch-Hall; Chirurgische Klinik der Universität Augsburg.

Gefördert mit Mitteln der DFG Nr. NE 385/5.

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Schwermann, T., Grotz, M., Blanke, M. et al. Evaluation der Kosten von polytraumatisierten Patienten insbesondere aus der Perspektive des Krankenhauses. Unfallchirurg 107, 563–574 (2004). https://doi.org/10.1007/s00113-004-0778-y

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